«Du lehnst mein Angebot also ab und lässt mich hier unten verrotten!» Balorion kochte nun förmlich vor massloser Wut.
Er nahm seine Augenbinde ab und ein gewaltiger Feuerstrahl, schoss zwischen seinen Augenlidern hervor, der Malek nur knapp verfehlte!
Dieser sprang entsetzt zur Seite und suchte hinter einigen Felsbrocken Deckung.
Doch Balorion feuerte erneut auf ihn und die Felsen zersprangen in tausend Stücke! Malek hob die Hände und schützte sich mit einem magischen Schild. Doch die gewaltige Attacke des schrecklichen Auges, zerschmetterte diesen ebenfalls, in Windeseile.
«Nun willst du mich also töten!?» rief er dem Riesen zu «dachte ich mir doch, dass du nicht besser bist als der Herr der Finsternis!»
Doch der Jähzorn des alten Gottes, kannte keine Grenzen und wieder feuerte er auf Malek. Dort wo der Feuerstrahl den Boden oder die Wand berührte, splitterten Steine und wirbelte Erde auf. Die Höhle erzitterte unter der gewaltigen Wucht. Malek schaute sich hilfesuchend um. Er überlegte sich, sein Heil in der Flucht zu suchen und ins blutige Wasser zu springen, doch dort hatten sich bereits wieder die weissen Gestalten versammelt, deren Leiber mit den toten Augen und aufgerissenen Münder, ihm den Weg abschnitten.
Immer wieder griff der Riese ihn an und nur seine Schnelligkeit, seine Schilde und die Gewänder der Klarheit, schützten ihn vor schwerwiegenden Verletzungen.
«So kommen wir doch nicht weiter!» versuchte er Balorion erneut zu erreichen. «Das was du hier tust, dient niemandem.»
«Wenn du nicht für mich bist, bist du gegen mich!» brüllte der Gott. «Dabei solltest du mir treu ergeben und dankbar für die Kräfte sein, die ich dir geschenkt habe.» Ein weiterer Feuerstrahl drang aus dem riesigen, starren Auge und Malek wurde diesmal von seiner Wucht gegen die Wand der Höhle geschleudert. Benommen blieb er liegen.
«Ich werde hier unten nicht noch länge bleiben!» donnerte der Riese «Ich will hier endlich raus! Wenn du mir nichts hilfst, dann finde ich einen anderen.»
«Gerade bin ich aber deine einzige Chance,» versuchte es der Magier nochmals. «Wenn ich dein Avatar in der Oberwelt bin, dann sowieso. Willst du einen Teil deiner selbst vernichten?»
Balorion hielt nun inne, endlich schienen ihn Maleks Worte zu erreichen.
Und dann geschah etwas Unerwartetes. Der Riese liess sich zu Boden sinken und senkte seinen todbringenden Blick. Mit masslosem Erstaunen sah Malek, wie auf einmal dicke Tränen aus dem Auge des Riesen kullerten. Dieser schob nun die Augenbinde wieder darüber und blickte Malek traurig an.
«Ich bin hier… nun schon so lange gefangen, ich will endlich fort von diesem Ort…» sprach er mit gebrochener Stimme. «Ich gehöre nicht hierher. Ich war einst ein so mächtiger Gott und sieh mich heute an…» Der Magier spürte auf einmal Mitgefühl mit dieser einsamen Kreatur, welche hier seit Äonen gefangen war.
«Damals war alles noch so viel schöner,» erzählte Balorion weiter. «Der grosse Weltenbaum nährte alle Wesen. Alle Welten, ob unten an seiner tiefsten Wurzel oder oben an seiner mächtigen Krone, waren Teil von ihm und jedes Wesen, jedes Ding hatte seinen Platz.
Alles ist durcheinander geraten, seit sich die Machtverhältnisse geändert haben. Es ist mir klar, dass ich nur sehr wenig von der neuen Welt da oben weiss, aber ich würde sie gerne kennen lernen. Dafür würde ich auch auf meine göttlichen Ansprüche verzichten. Ich werde alles tun, was du mir rätst und ich werde meine Macht nicht missbrauchen, das verspreche ich dir!»
Malek schwieg einen Moment lang nachdenklich. Konnte er dem Riesen wirklich vertrauen?»
«Ich verstehe dich gut,» sprach er schliesslich «und ich würde dir ja gerne helfen, aber ich weiss ehrlich gesagt nicht wie. Ich kann nicht in die Oberwelt zurückkehren und dich als oberste Gottheit preisen. Denn mein Glaube ist ein anderer. Ich glaube an das göttliche Licht und dieses Licht ist voller Liebe und Güte, es kennt keinen Hass, keine Unbarmherzigkeit und alle sind gleich vor ihm. Es gibt so viele, die ihre Macht missbrauchen, die Leid und Schmerz in die Welt bringen. Ich selbst habe das einst getan, aber nun stehe ich an einen ganz anderen Punkt.
Das einzige, was ich dir versprechen kann ist, dass, wenn du mir hilfst und mich zurück zu Pia und Benjamin gehen lässt, dann werde ich mir eine Lösung überlegen.»
«Balorion senkte nachdenklich sein mächtiges Haupt, man merkte, dass er darüber nachdachte, ob er Malek vertrauen konnte. Doch ihm war klar, dass ihm wohl nichts anderes übrig blieb. Es wäre ausserdem wirklich unvernünftig gewesen, seinen eigenen Avatar zu töten oder ihn schwer zu verletzen.
Darum sprach er: «Also gut, ich werde dir helfen!» Ich werde meinen Dienern befehlen, dich wieder an die Oberfläche zu bringen und hoffe du hältst dein Wort.»
«Das werde ich.»
«Nun denn, so warte ich hier eben noch etwas länger, auch wenn mich die Untätigkeit langsam verrückt macht.»
«Ganz untätig müssten du und deine… glibbrigen Diener, nun auch nicht unbedingt sein. Vielleicht könntet ihr uns sogar etwas helfen…»
«Helfen?» Balorion wurde hellhörig. «und wie könnten wir das tun?» «Das werde ich dir gleich erzählen. Nachher aber muss ich zu Pia und Benjamin zurück!»