„Meine Schönen!“ Die raue Stimme von Fürst Senion von Raja-Grüneneb ließ das Getuschel der Hofdamen verstummen. Sie saßen alle zusammen in einem der sonnigen Innenhöfe und genossen das warme Licht und die blumige Luft.
Ria hatte sich nach ihrer Rückkehr zu ihnen gesellt, um von den neusten Entwicklungen bei Hofe zu erfahren. Die gesprächigen Frauen waren neben den Dienstboten dafür die beste Quelle und taten ihrem Ruf alle Ehre.
Doch gerade als es interessant wurde und Ria diese Zusammenkunft nicht mehr für eine Verschwendung ihrer Lebenszeit hielt, unterbrach der Fürst sie mit seinem plötzlichen Auftauchen. Gerade hatte eine der Damen von dem bevorstehenden Fest gesprochen, dass der Fürst zu Ehren seiner hochschwangeren Frau veranstaltete, die schon in ein paar Tagen niederkommen würde.
Sie warf ihm einen schnellen Blick zu bevor sie sich wieder den Spatzen widmete die quiekend nach nach den Brotkrumen pickten, die sie ihnen hinwarf. Ihr lief ein Schauder über den Rücken, als sie an ihre letzte Begegnung mit ihm zurückdachte. An seine Küsse, Versprechen und seine Liebeserklärung.
Sie konnte seinen Blick auf ihrem Hinterkopf fast körperlich spüren.
„Welch Ehre, mein Fürst!“, durchbrach eine der Frauen die Stille mit einer unterwürfigen Geste. Sie knickste tief und schenkte Senion ein strahlendes Lächeln, dass er erwiderte.
„Eine schöne Frau zum lächeln zu bringen ist die größte Ehre“, er zwinkerte einer der jüngeren Mädchen zu und brachte es zum erröten.
„Womit können wir ihnen dienen?“, fragte die Hofmeisterin, die älteste der Frauen mit einem verkrampften Lächeln. Sie war von allen am längsten am Hof und hatte genug Erfahrung, um hinter jedem Wort und Lächeln eines Adligen eine versteckte Drohung, Aufforderung oder Falle zu wittern.
Senion betrat den Kreis aus Frauen und neigte den Kopf als das errötende Mädchen ihm eine selbst geflochtene Blumenkrone aufsetzte.
„Ich hörte von der Abwesenheit und Wiederkehr einer meiner Hofdamen.“ Er suchte erneut Rias Blick, doch sie hielt nach wie vor den Kopf gesenkt. Die Hofmeisterin folgte seinem Blick und sah sich in der Gruppe Frauen um. Einige betrachteten den Fürsten noch immer lächelnd, andere bemerkten den Gemütswechsel ihrer Anführerin und warteten gespannt auf ihre Antwort.
Sie straffte die Schultern und legte ihren Arm um ein junges Mädchen, welches noch immer eifrig Blumen verknotete.
„Ich versichere Euch, dass ...“, sie verstummte als Senion die Hand hob und sie mit einem kalten Lächeln betrachtete.
„Danke Viena. Ihr könnt nun gehen. Alle.“
Viena, die Hofmeisterin, knickste erneut und zog das Mädchen neben sich hoch, welches erschrocken den Kopf hob. Auch die anderen Frauen erhoben sich, manche verwirrt, andere bestürzt und wieder andere warfen Ria einen mitleidigen Blick zu, bevor sie den Hof mit gesenkten Kopf verließen. Viena blieb noch einen Moment stehen, um Ria ein aufmunterndes, doch zugleich besorgtes Lächeln zu schenken, bevor auch sie den Fürsten und Ria allein ließ.
Ria hob nicht den Kopf, sie hatte keine Lust ihr Verschwinden zu erklären oder sich erneut ausladende Liebeserklärungen anzuhören. Senion schwieg ebenfalls, seufzte lediglich und setzte sich neben Ria auf die steinerne Bank. Sie blieben noch eine Weile so sitzen, schweigend und beobachteten die Spatzen bis sich Senion schließlich räusperte und Ria direkt ansah.
„Es tut mir Leid Riane.“
Ria hob vor Verwirrung nun doch den Kopf. Sie hätte einen Wutausbruch erwartet, eine tränenreiche Liebeserklärung, doch eine Entschuldigung?
„Ich habe euch mit meinem Worten verschreckt. Ihr sagtet ihr bräuchtet Zeit, und die wollte ich euch geben, aber eure überstürzte Abreise war mir Antwort genug“
Senion blickte nun seinerseits mit gesenktem Kopf zu Boden, seine verschränkten Hände zitterten leicht. Ria überschlug ihre Handlungsmöglichkeiten, verwarf jedoch eine nach der anderen und schwieg den Fürsten weiterhin abwartend an.
Was kann ich auch schon antworten? Ach mein Fürst, ihr versteht mich falsch! Ich bin euch ganz und gar verfallen! Oder, Ach mein Fürst, es tut mir leid dass ich mir eurer nicht würdig erscheine?
Ria warf die letzten Brotkrümel zu Boden und faltete ihre Hände so wie Senion es tat, in gespielter Schüchternheit wandte sie den Kopf leicht ab und seufzte vernehmend.
Der Fürst von Grüneneb setzte sich, von dem Geräusch aus den Gedanken gerissen, wieder aufrecht und räusperte sich.
„Nichts desto trotz würde ich mich über eure Anwesenheit bei dem großen Fest in ein paar Tagen freuen. Ich lasse es zu Ehren meiner Frau ausrichten, die, wenn man den Ärzten glauben schenkt, einen Jungen in sich trägt“, er lächelte bei den letzten Worten grimmig, „Natürlich haben sie das auch bei meinen letzten Frauen prophezeit, doch vielleicht sind mir die Götter dieses mal wohlgesonnen. Wenn sie mir noch eine Tochter aufbürden, wird mir wohl kein Sohn mehr vergönnt sein. Ich ahne schon wie sich meine Brüder nach meinem Tod um die Thronfolge reißen.“
Er erhob sich und betrachtet Ria nachdenklich, die seinen Blick zaghaft erwiderte.
„Kommt zu dem Fest Riane. Seid mir bei dem Trauerspiel eine Stütze.“
„Ich werde es versuchen“, hauchte Ria, ganz in Manier einer verschreckten kleinen Jungfer.
Als Senion den Hof verlassen hatte, kamen die anderen Hofdamen hinter den Säulen und Torbögen hervor und schlichen sich vorsichtig an Ria heran. In ihren Augen brannte die Neugier, natürlich hatten sie dem Gespräch gelauscht.
Viena setzte sich neben sie und legte ihr tröstend einen Arm um die Schultern, bevor die anderen sie mit Fragen bedrängten. Es dauerte eine Weile bis Ria ihre Fragen umgangen hatte und sie das Thema erneut auf das bevorstehende Fest lenken konnte, bei dem die Augen der Frauen um sie herum, bei den Gedanken an Kleider, Schuhe und edle Herren aufleuchteten.
Die Hofdamen behielten mit ihren übertriebenen Erzählungen von den Vorbereitungen recht, anders als die Ärzte der Fürstin.
Man konnte keinen Gang mehr entlang gehen ohne einer Schar von Dienern über den Weg zu laufen, die schwer bepackt, über die Gänge in Richtung Festsaal huschten oder Küchenmägden, die mit ausgerupften Federn gefüllte Körbe aus der Burg trugen. Überall wurde über das Fest gesprochen und die Fürstin die zwei Tage vor der Feierlichkeit in den Wehen lag.
Der ganze Hofstab bangte um das Geschlecht des Kindes und erfuhr es erst durch die persönlichen Dienerinnen der Fürstin, die hinter vorgehaltener Hand darüber flüsterten, dass dem Fürsten gleich nach der Geburt, der Zugang zu seiner Frau und dem Kind verwehrt wurde. Sie erzählten die Fürstin selbst hätte es verboten und sich stundenlang weinend in ihrem Zimmer eingeschlossen, bis Senion des Wartens überdrüssig wurde und die Tür eintreten ließ. Als er seine Frau und die Tochter in ihren Armen sah, hätte er jeder einen Kuss auf die Stirn gegeben und sei danach wortlos verschwunden.
Ria erschauderte bei dem Gedanken an die Fürstin, die Gerüchten zu Folge noch immer in ihren Gemächern war.
Sie wurde erst wieder am Tag des Festes gesehen, als sie mit versteinerter Miene und dem eng an die Brust gedrücktem Kind neben ihrem Mann an der erhöhten Tafel saß. Senion beachtete seine Familie nicht und widmete sich lieber dem Narrenspiel, welches auf dem frei geräumten Platz vor ihm stattfand.
Ria ignorierte die missgestalteten Zwerge, die schlechte Possen rissen und schenkte ihre Aufmerksamkeit lieber der Fürstin. Lange würde sie nicht mehr am Hof sein, so wie jede von Senions Frauen würde auch sie krank werden oder sich in einem Anflug religiösem Wahns von ihrem Mann abwenden und weit weit weg ziehen, von wo sie ihren ehelichen Pflichten nicht mehr nachkommen konnte, wodurch die Vermählung früher oder später gelöst werden musste. Ihre Tochter dagegen würde in die Arme einer guten Amme übergeben werden, in einen Bund des Glaubens eintreten müssen oder sonst wie aus dem Weg geschafft werden, bis Senion Verwendung für sie fand.
Die Fürstin schaute blind in den Saal hinein und schien die zahllosen Blicke die auf ihr ruhten nicht zu bemerken. Jeder der Gäste schien sie die ganze Zeit über im Blick zu haben, manche begutachteten sie mitleidig wie Ria, andere dagegen höhnisch und manch junge Frau kreiste um Senion wie ein Geier, der nur auf den Fall der Fürstin geiferte.
Ria stand an einer der Säulen gelehnt, die in zwei Reihen den großen Festsaal in verschiedene Bereiche, zum Essen, Tanzen oder Entspannen einteilten. Die Gäste schlenderten, die meisten davon leicht angetrunken, durch den Saal und applaudierten dem Fürsten, der gerade sein Glas zu einem Trinkspruch hob.
„Man kann sie nur bemitleiden, nicht wahr?“
Der stattliche Mann der seine Hand um ihren Ellbogen legte und sie mit einem charmanten Lächeln betrachtete, trat einen Schritt zurück als er Ria zusammenzucken sah und fuhr sich durch das dichte braune Haar, „Es freut mich aufrichtig euch wieder zu sehen, wir hatten das letzte Mal nicht sehr viel Zeit.“
„Fürst Dalibor, welch Überraschung“, heuchelte Ria, sie hatte seine Blicke schon seit langer Zeit im Nacken gespürt, „Die Freude ist ganz Meinerseits.“
„Und was sagt ihr?“ Er deutete mit seinem Glas in Richtung Fürstin, „Eine Tragödie, nicht wahr?“
„Wenn ihr die Geburt eines Kindes als solche bezeichnen wollt?“, erwiderte Ria herausfordernd und entlockte dem Fürsten ein überraschtes Auflachen.
„Senion würde es wohl tun. Wir wissen doch beide, dass die Fürstin nicht mehr lange in den Genuss kommt, neben ihm zu sitzen. Wie lange denkt ihr dauert es, bis dort eine andere sitzt und sie ersetzt hat?“
„Ist das nicht das Schicksal aller Fürstinnen? Ersetzt zu werden? Ich habe noch von keinem Fürsten gehört der seiner Frau bis zum Tod treu war.“
Dalibor pfiff durch die Zähne, „Ich hätte euch nicht für eine solch Schwarzseherin gehalten.“
Ria lächelte amüsiert auf. Es ist doch immer das Selbe.
„Für was hättet ihr mich gehalten?“
Dalibor erwiderte ihr Lächeln auf seine charmante Art, die ihr schon damals bei Senions politischen Treffen aufgefallen war.
„Für wunderschön, geheimnisvoll, unschuldig, sittsam, wohlerzogen ...“ Er trat näher an sie heran bis sie seinen Atem auf ihren Wimpern spüren konnte.
„Und vielschichtig“, so abrupt, dass es selbst Ria überraschte trat er einen Schritt zurück, „Ihr wollt nicht, dass jemand sieht wie intelligent ihr tatsächlich seid, oder dieses düstere Funkeln in euren Augen bemerkt. Was verbergt ihr hinter eurem bildhübschem Gesicht?“ Er betrachtete sie nicht länger anzüglich, in seinem Blick lag nun offene Neugier und der Ehrgeiz hinter ihre Fassade zu blicken.
Ein echtes Schmunzeln stahl sich auf ihre Lippen und sie überdachte ihre Meinung über diesen Mann. Sie ließ ihre gespielte Unsicherheit fallen und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Selbstbewusst erwiderte sie den Blick Dalibors bevor sie antwortete: „Nichts unsittliches.“
„Ist das die Wahrheit?“
„Vielleicht.“
Sie zwinkerte ihm zu und wollte ihn schon mit seiner Verwirrung allein lassen, doch Dalibor griff nach ihrer Hand bevor sie sich davonstehlen konnte und zog sie zurück an seine Brust. Ihm war das Interesse an ihr deutlich anzusehen. Echtes, aufrichtiges Interesse an ihr, keine Gier, wie in den Augen Senions.
„Ich hoffe es ist beides!“ Er raunte die Worte so leise, dass sie fast im Lärm des Festes untergingen, „Kommt mit mir, damit ich es herausfinden kann.“
Ria stockte, sollte sie diese Chance ergreifen? Dalibor schien … nett zu sein, aufrichtig und um einiges interessanter als der Fürst, dem sie momentan die Treue hielt.
Sie schaute hinüber zu Senion, der noch immer in seiner feurigen Rede über das Geschenk der Geburt steckte. Dennoch schüttelte sie den Kopf und versuchte sich sanft aus seinem Griff zu winden.
„Weshalb? Was hält euch noch hier?“ Dalibor umschloss nun ihre Oberarme und folgte ihrem Blick. Sein Gesichtseindruck wechselte von verwirrt, zu entsetzten und dann, als er sich wieder ihr zuwandte zu noch größerem entsetzten. Er schluckte schwer und räusperte sich bevor er antwortete: „Ich verstehe.“ Er ließ von ihr ab.
Ria verschlug es die Sprache, als sie seinen Gedankengang mit Ekel und Verwirrung nachvollzog und sie musste an sich halten, um die folgende Worte nicht entsetzt zu kreischen. Es beleidigte sie fast, dass er so von ihr denken konnte, auch wenn er sie nicht kannte und es niemals tun würde.
„Nein, ihr glaubt …? Bei den Göttern, nein!“ Sie trat schockiert einen Schritt von Dalibor zurück, der sich bei ihren Worten wieder zu ihr wandte. Verwundert runzelte er die Stirn.
„Ihr mein, dass Senion und ihr nicht ...“
„Nein!“
„Aber dann verstehe ich nicht?“ Wieder sah er sie verständnislos an, „Warum legt sich eine Frau wie ihr freiwillig zu diesem Mann? Ich verspreche euch an meinem Hof alle Freiheiten, die sich eine Hofdame nur wünschen kann. Niemand wird euch zu etwas zwingen was ihr nicht wollt, ich gebe euch mein Wort als Ehrenmann.“
„Das geht nicht.“
„Weshalb? Wenn es nicht euer Herz ist verstehe ich nicht was euch hier hält. Kommt mit mir, in Kalatas würdet ihr in Freiheit leben.“
Ria trat einen Schritt zurück und biss sich auf die Lippe.
Dalibor führte sie in Versuchung, ein Leben ohne jeden Tag von einem Senions Freunden als Freiwild betrachtet zu werden, ohne das scheue Mädchen zu spielen, das nichts von der Welt wusste, wie sehr sie diese Rollen hasste. Sie hatte nicht ihr halbes Leben in Freiheit mit Kampfkünsten, Politik und Lernen verbracht, nur um hier ihr Dasein zu fristen und zu wissen was sie dafür hatte opfern müssen.
Wenn sie nur die Chance hatte, ein kleines bisschen davon zurück zu holen … Was würde es der Institution schaden eine Spionin in den engsten Reihen eines Fürsten zu haben?
Erkennen, Akzeptieren, Anpassen.
Sie nickte zaghaft und wurde mit Dalibors strahlendem Lächeln belohnt, er wollte sie schon wieder an sich drücken, doch sie hob abwehrend die Hände. Verdutzt hielt er inne und nickte nach kurzem Zögern anerkennend, „Ich habe euch mein Wort gegeben. Niemand zwingt euch zu irgendetwas, auch ich nicht. Ab sofort seid ihr frei.“
Das Fest dauerte noch bis tief in die Nacht hinein und wurde mit jeder vergangenen Stunde ausgelassener, bis am Ende nur noch die Trinkfestesten auf den Beinen standen. Es war nicht verwundernd, dass auch der Fürst von Grüneneb selbst unter den Letzten war.
Ria selbst hielt sich die meiste Zeit in den Schatten, nach ihrem Gespräch mit Dalibor, vermied sie es in Senions Blickfeld zu geraten und beobachtete lieber die Feierlichkeiten. Sie konnte hören wie Intrigen gesponnen wurden, Feinde sich wieder vertrugen und Freunde sich entzweiten.
Sobald der letzte Gast gegangen war und Senion von den Dienstboten in seine Gemächer getragen wurde, verließ auch Ria den Festsaal und eilte zu ihrem eigenen Zimmer, um sich ohne Umschweife sofort über ein Papier zu setzten und die Institution über die neusten Entwicklungen zu informieren. Erst am Schluss erwähnte sie das Angebot Dalibors und von ihrem Entschluss mit ihm zu gehen. Auch schrieb sie, dass Fürst Senion sie nach einem unbeabsichtigten und unvermeidlichen Streits ohnehin lieber vergessen sollte.
Nach ihren letzten Sätzen lehnte sie sich erschöpft zurück und las den Brief noch etliche Male durch, bevor sie ihn versiegelte und mit einem Falken zurück schickte.
Die Antwort der Institution ließ nicht lange auf sich warten. Nur drei Tage nach ihrem Brief, drei Tage in denen Ria jede freie Sekunde über die verschiedensten Szenarios nachgedacht hatte, flatterte ein sandfarbener Vogel durch ihr Fenster und streckte ihr sein dünnes Bein hin. Mit zitternden Händen löste sie das dünne Band und Siegel, mit dem der Brief verschlossen hatte und überflog die Zeilen.
Aniji,
da sich ihr eigenmächtiges Handeln nicht mehr rückgängig machen lässt, wird ihnen hiermit die offizielle Erlaubnis erteilt mit Fürst Dalibor von Darid-Kalatas nach Kalatas zu reisen und ihre dortige Position mit allen den zur Verfügung stehenden Mitteln zu nutzen, um die Institution über gesinnungswidrige Entwicklungen zu informieren.
Bringen Sie in Erfahrung was die Ziele der machthungrigen Bestrebungen des Fürsten sind und ob sie den unseren entsprechen, falls nicht, nutzen sie ihren Einfluss um seine Ziele den unseren anzupassen. Überzeugen sie ihn von den alten Werten und dem bestehenden System.
Finden sie falls nötig Erklärung für ihr Verschwinden aus Ukoon, eine neue Aniji wird ihren Platz dort einnehmen.
Nok Aniji
Persönliche Anmerkung:
Aniji,
Sie hatten klaren Befehl ihre Position mit allen Mitteln zu festigen und uns in der Hauptsatdt Grünenebs eine sichere Operationsbasis zu ermöglichen.
Einzig ihr Erfolg im Fall Abal in Nahnhafen und der Bericht des dortigen Taju sind der Grund für die Aussetzung eines Strafverfahrens.
Enttäuschen sie uns nicht noch einmal.
Taju Clysapna
Ria starrte stumm und bewegungslos die Nachricht an, unfähig etwas zu tun, geschweige denn zu sprechen oder gar zu denken. Langsam setzten die tief verwurzelten Mechanismen der Institution ein und sie unterteilte die Nachricht in kleinere Informationsteile, um sie besser zu verstehen und zu verarbeiten.
Der Schattenmeister hatte ihr die Erlaubnis gegeben nach Kalatas zu reisen – gut.
Sie sollte ihre dortige Position festigen und die Institution über alles in Kenntnis setzten – das hatte sie erwartet.
Mit allen den zur Verfügung stehenden Mitteln? - Ein solch direkter Befehl? Weniger gut.
Die Institution hielt Dalibor für machthungrig und vermutete irgendwelche diabolischen Pläne, die sie überprüfen sollte? – Über so viel Paranoia konnte sie nur schmunzeln, doch sie würde wenigstens zum Schein ein wenig nachforschen.
Sie sollte ihn von den alten Werten überzeugen – Überzeugen oder Überzeugen? Sicher würde sie, wenn es der Wunsch der Institution war, versuchen den Fürsten zu überzeugen, doch nie und nimmer würde sie erneut versuchen jemanden zu überzeugen. Sie erschauderte bei der Erinnerung an Senion, der nach ihrem Gespräch zitternd zusammengebrochen war, allein durch ihre Worte.
Dass eine neue Aniji ihren Platz einnehmen würde war ihr weitestgehend egal, doch die persönliche Anmerkung, die mit einer anderen Handschrift in die untersten Ecken der Nachricht geschrieben wurde, musste sie erst mehrmals lesen, um den Mut zu fassen, die Worte auch zu verstehen.
Allein der Mord an Zerian von Abal und Leanders Bericht hatten sie davor bewahrt bestraft zu werden. Hart bestraft. Vielleicht sogar mit dem Tod.
Und die persönliche Erinnerung des Taju Clysapna, des Wächters des Institution, ihrer Gesinnung treu zu bleiben und nicht zu Versagen, verschärfte diese Ermahnung noch.
Zitternd nahm sie Luft und hielt den Brief in die Kerzenflamme, bis sie die Asche mit der Hand zu Boden fegte und sich zurück in die Kissen sinken ließ.
Morgen würde sie Dalibor aufsuchen und ihn darum bitten so schnell mit ihr nach Kalatas zu reisen wie irgend möglich. Keinen Tag mehr wollte sie in dieser Stadt verbringen, wenn eine neue Aniji auf dem Weg war, sollte sie fort sein, bevor diese eintraf.
Außerdem wollte sie nach den letzten Sätzen auf der Nachricht, so schnell wie möglich mit ihrer Arbeit in Kalatas beginnen, wo sie hoffentlich eine neue Chance bekam das Vertrauen des Taju Clysapna zu verdienen und wo sie hoffentlich in Freiheit und Sicherheit leben konnte.