Während Mantodea damit begonnen hatte, ihre Vorbereitungen zu treffen, ihre Strategie zu entwickeln und zu perfektionieren, wurde auf der Baustelle des Hotels munter gearbeitet. Alle Welt wusste, dass hier ein Riesen-Schwarzbau entstand... Niemand jedoch hatte den Schneid, dagegen vorzugehen. Gut, die ganze Gemeinde wartete auf die öffentliche Gemeindesitzung, aber keiner traute sich in Wirklichkeit persönlich, die unhaltbaren Zustände aufzudecken.
Wie es nun mal so ist auf dem Lande, hatte jeder einen anderen Grund, sich nicht mit der Gemeindeführung anzulegen. Manch einer hatte nahe Angehörige, die im Gemeindeamt arbeiteten, manche waren verwandt zum Bürgermeister, andere hatten mehr als die Hälfte ihres Heimes ebenso "schwarz" gebaut und noch seltsamer war, dass selbst die Opposition sich nicht hervortat.
Josef führte das darauf zurück, dass Korruption nicht von der Parteifarbe abhängig ist. Hier musste unglaublich viel Geld geflossen sein, denn alle Jene, die sich sonst wegen kleiner Formfehler sofort bis zum Exzess aufbliesen, hielten sich schon mehr als auffällig im Hintergrund!
Nachdem besagter Großindustrieller, Eduard Jansen aus Deutschland, schon seit Jahrzehnten Gründe in der Gegend gekauft hatte und zum Teil offensichtlich überteuerte Preise dafür bezahlt hatte, hielt man es nur für gerecht, ihm Sonderrechte einzuräumen.
Nun, das mag für Leute, die einer Gemeinde Arbeitsplätze und einen Anstieg der Nächtigungen bringen, die Gäste in das Urlaubsparadies Mondseeland bringen, bis zu einem gewissen Grad in Ordnung sein. Auch Josef Brantner sah das so und war der Letzte, der hier den Gemeindebürgern die Verdienst-Chance genommen hätte! Es gibt aber Grenzen, die auch ein Landtagsabgeordneter und schon überhaupt ein Bürgermeister zu akzeptieren hat! ...möchte man meinen...
Josef hatte nicht die geringste Ahnung, wie groß die Kreise waren, die diese Affäre zog. Hier war nicht nur ein Investor am Werk. Es hing ein Buchstäblicher Rattenschwanz von Nutznießern an diesem Projekt und zwar auf beiden Seiten. Die Aufdeckung der Bausünden wäre dabei noch das kleinste Übel gewesen, aber ein Skandal hätte die Baustelle und damit ihre Investoren und andere Teilhaber in den Fokus der Medien gerückt. Zugegeben, hätte er gewusst, wie groß das Wespennest war, in das zu stechen er sich vorgenommen hatte, hätte er es vermutlich auch getan, aber er hätte sich vorher besser abgesichert. Wenigstens hätte er eine Kopie seiner Ermittlungsunterlagen sicher notariell deponieren lassen und eine Person ins Vertrauen gezogen, was seinen Gegnern die "Lösung des Problems Brantner" wesentlich erschwert hätte. Er wusste sehr wohl, dass er sich mit seiner schonungslosen Aufklärungsarbeit Feinde gemacht hatte, aber er hatte keine Ahnung, wie weit diese gehen würden, ihr Projekt und damit ihr Ansehen zu schützen...