Es hatte Stunden gedauert, bis Finn alle Fragen beantwortet hatte. Church war einfach verschwunden, blitzschnell wie er laut den anderen erscheinen war.
Eine gefühlte Ewigkeit bis alle wieder gegangen waren.
Nun saßen Finn und Shanora alleine in dem großen Aufenthaltsraum.
Beide starrten auf die Tasse Tee vor sich auf dem edlen Glastisch stehen hatten.
"Shan, es tut mir so Leid! Was du durchmachen musstest... Was du erlitten hast.", Finn fuhr sich durch die Haare, seine Miene wirkte beinahe, als würde er ihre Schmerzen fühlen.
"Du kannst nichts dafür!", Shanora trank einen Schluck ihres Tees.
"Schön das wir wieder alleine sind!", Church saß plötzlich vor ihnen auf dem Hocker, was Shanora und Finn so erschreckte, dass Shanora ihrem Bruder den Tee über die Bluse leere.
"Verdammt noch mal!", Finn sprang auf, "Church, du musst dringend damit aufhören so gruselig zu sein."
Das perfekte Gesicht des ehemalig so Entstellten schien sich noch weniger zu regen als das des Rabens.
"Was ist mit dir passiert?", wollte Shanora wissen.
Church streckte langsam die Hand aus und reichte Shanora den Ocukus des Nachtschattens. "Kannst du uns nicht einfach erzählen, was gelaufen ist?", Finn betrachtete sie Perlen genervt, "Von dem Mist bekomme ich Kopfschmerzen!"
Shanora erhob sich und boxte ihrem Bruder in den Bauch: "Stell dich nicht so an, weißt du, wie oft ich es benutzen musste?"
Finn rieb sich übertrieben den Bauch: "Du musst ja nicht gleich gewalttätig werden, ich mache ja schon, was du willst, Schwesterherz."
Shanora legte sich die Kette um und ging dann auf Church zu: "Okay, ich bin bereit!"
Finn kam zu ihr und legte seine Hand auf seine Schulter.
"Gut, dann fangen wir an!", Church reichte ihnen die Hände, sofort verloren sie den Boden unter den Füßen und wurden in die Erinnerung ihres Freundes gezogen.
"Church wir sind alle aufgebracht!", hörte Church Ladira sagen, Shanora konnte aber an seinem Blick erkennen, dass er nichts mehr hören wollte.
"Wann genau war das?", flüsterte Finn Shanora zu, sie standen am Rand der Szene.
"Kurz davor war Deseis in deinem Haus am Berg und hat ihm Saphiras Haarsträhne gezeigt.", erklärte Shanora ihm.
Er verschwand im Rauch und teleportierte sich nach Illutia, in den kleinen Garten vor dem Tempel.
"Warte, du wirst, da drinnen nicht finden was du suchst.", eine altbekannte Stimme hielt ihn auf, zwang ihn sich umzudrehen.
"Du bist tot!", Church drehte sich um und starrte den Mann an, der an dem kleinen Springbrunnen saß.
"Ich starb, das ist wahr. Dann aber kam ich in die hohen Himmel, bis zum Tor. Dort wurden mir die Augen geöffnet!", im ersten Moment hätten Finn und Shanora ihn nicht mal erkannt.
Seidiges weißblondes Haar, strahlende gelbe Augen, perfekte Gesichtszüge.
Er trug einen langen beigen Mantel und von den Entstellungen durch den Dunklen war nichts mehr zu sehen.
"Was bist du?", Church kniff die Augen zusammen.
Treplew erhob sich: "Ich war einst Ezra Androlien. Dann machte die Dunkelheit aus mir Treplew, den Schänder. Eva hat mir an der Pforte des Himmels ein Angebot gemacht, ein alter Mann kam zu uns, sein Name war Michael. Er bot mir seine Macht an, eine Heilung von all meinen Wunden, eine Reinigung von der Dunkelheit. Etwas Neues zu werden..."
Die Erinnerung verschwamm, nach wenigen Sekunden waren sie am nächsten Ort.
"Wo sind wir?", Shanora betrachtete die düstere Stadt, dahinter erstreckte sich ein Meer.
Dunkle Wolken hingen über dem Nachthimmel, sie machten den schwarzen Klotz auf Stein noch unheimlicher.Eine kleine Festung, wie ein Bollwerk am Meer mit eigenem Hafen, alles umschlossen von einer hohen Mauer und in Nebel gehüllt. Sie standen auf einem der sandigen Hügel vor der Stadt, auch Finn betrachtete diese fasziniert.
"Buldarak, sie Festung der Schatten in der Feuerwüste des Südens.", Finn zeigte auf die Meerenge vor ihnen, "Das ist der Schwarzwassergraben! Südhafen, die einzige Stadt in der Feuerwüste kann nicht weit sein! Mir gelang es nie Buldarak zu besichtigen, das wäre ein zu großes Risiko gewesen!"
Auf dem Hügel erschien plötzlich Deseis, sein Blick war auf das Meer gerichtet.
"Du hast dich verändert!", seine Stimme war wieder eiskalt, wie an dem Tag als Shanora ihn das erste mal traf. Hinter ihm strahlte bloß ein helles Licht, so wie zuvor bei Treplew.
"Du bist nichts Halbes und nichts Ganzes mehr!", er drehte sich um, seltsame Zufriedenheit lag in seinem Blick.
"Alles damit ich dich vernichten kann!", das Licht war versiegt, Church stand vor ihm, so wie Shanora ihn in Katzus angetroffen hatte.
"Deine Narben sind verschwunden, aber nur, weil der sterbende Uriel dir seine
Macht geschenkt hat macht dich das noch lange nicht zu einem Engel!", der Rabe warf deinem Neffen einen verächtlichen Blick zu.
"Ich weiß zumindest was du bist!", Church streckte seinen Arm aus, in seiner Hand erschien ein eisernes Schwert.
Deseis blickte hinter sich auf Buldarak und genoss seine Erinnerung, an das was er getan hatte.
"Nun bin ich der letzte unserer Art, du bist ein mutierter Haufen Dreck, wie du es schon immer warst.", er wendete sich wieder Church zu, "Bis auf deine schwarze Seele warst du nie wie dein Vater! Du warst nicht einmal ein schwacher Abklatsch! Ich bin stärker als du, selbst jetzt, und ich war es immer!"
Church senke seinen Kopf: "Du hältst es für stark was du getan hast? So viele unschuldige Leben, durch deine Hand vorzeitig beendet! So viele Seelen, durch deine Taten geschändet! So viel Leid durch dein Handeln verursacht! Dafür wird deine Seele brennen! Ich habe dir etwas aus dem Purgatorium mitgebracht, als Vorgeschmack auf das, was dich nach deinem Tod erwartet!"
Deseis schien weiter völlig unbeeindruckt zu sein: „Dann kann ich eine WG mit dem Jungen eröffnen. Er redet nicht viel, sehr angenehm!“
Church warf ein Blick auf das Schwert, schwarze Flammen schossen daraus hervor.
„Wie konntest du nur zulassen, dass der Junge sich opfert?“, Church streckte seinen anderen Arm aus, ein zweites brennendes Schwert erschien, „Er war jung und verwirrt, voller Trauer! Er konnte nicht abwiegen was das bedeutet! Warum hast du es nicht getan?“
Deseis zuckte mit den Schultern: „Weil ich ein schlechter Mensch bin, darum habe ich auch die anderen Schatten ausgerottet! Und jetzt werde ich dich töten!“
Church schlug mit den Schwertern nach ihm, aber der Rabe war blitzschnell zurückgeeilt.
Deseis warf seinen schwarzen Mantel beiseite, Church betrachtete seinen Gegner genauer. Er war von schmaler Statur, seine Unterarme und seine Brust waren mit eisernen Schienen geschützt und Church war sich sicher, dass diese aus Harmun stammten.
„Du wagst es die Schmiedekunst von Harmun zu tragen? Nachdem du alle dort hingerichtet hast?“, Church warf eines der Schwerter nach seinem Onkel, der natürlich zur Seite auswich. Und sich dabei direkt das andere Schwert, welches Church in der Hand hielt, in die Seite rammte.
Überraschung machte sich in seinem Blick breit, Deseis spuckte einen Schwall Blut auf den sandigen Boden.
„Ich bin schneller als du, das war ich schon immer!“, Church zog das Schwert zurück. Die schwarzen Flammen hatten seinen Onkel durchbohrt und verbrannt.
Er hob beide Arme und legte sie auf Churchs Schultern, dann sah er ihm noch einmal tief in die Augen: „Ich bin stolz auf dich!“
Dann brach er zusammen und Church verschwand, Shanora und Finn wurden aus der Erinnerung geworfen und unsanft zurück aufs Sofa geschleudert.
„Was ist dieses Purgatorium? Was genau bedeutet es?“, Shanora streckte sich, während Finn sich seine Schulter wieder einrenkte.
„Tut mir leid für die unsanfte Landung.“, Church wendete sich von ihnen ab, „Ich konnte etwas sehen, als mein Onkel mich in dem Moment als sein Leben aus ihm wich berührte.“
Finn erhob sich und hob abwehrend die Arme: „Church, ich kann das erklären, lass uns unter vier Augen...“
Shanora schrie auf, als Church sich umdrehte und die Hand hob, woraufhin Finn durch den Raum geschleudert wurde und gegen die Wand prallte.
„Also ist es wahr!“, Church verzog keine Miene, „Du solltest deine Wiedergeburt, als Anlass nehmen ein Leben, ohne ständige Lügen anzustreben. Und dich nicht ständig betäuben, alleine weil du jetzt mehr Verantwortung hast als je zuvor.“
Shanora sprang nun von dem Sofa auf und stellte sich zur Vorsicht zwischen die beiden.
„Ich werde Finn nichts tun, aber wir sollten uns beeilen!“, Church streckte seine Arme aus, „Los, ich bringe uns hin!“
Finn renkte sich die Schulter zum zweiten Mal wieder ein: „Chruch, deine neuen Kräfte sind wirklich beachtlich, aber du solltest lernen sie zu beherrschen.“
Church zog eine Braue hoch: „Ich weiß nicht was du meinst, ich habe mich, angesichts dessen was du getan hast beherrscht!“
Shanora schluckte, sie wusste nicht ob der neue, verbesserte Church ihr gefiel.
„Treplew soll also jetzt eine Art Engel sein?“, Finn kam auf seinen alten Freund zu, „Hast du nie in Betracht gezogen, dass diese Kräfte ein Fluch sind? Du warst immer ein wenig drüber, knapp vor dem Wahnsinn und voller Emotionen. Jetzt bist du kalt und eigenartig berechnend! Ist das der Preis für diese angeblich engelsgleichen Kräfte?“
Church lächelte milde: „Mein Leben ist ein Fluch! Aber wir haben jetzt keine Zeit für dieses Gespräch, Finn. Wir müssen dringend los.“
Shanora fand Churchs Worte eigenartig: „Wo müssen wir den hin?“
Church deutete den beiden sich zu beeilen: „Nach Illutia, es gibt Ärger dort! Treplew wird uns dort treffen!“
Shanora verschränkte die Arme und ging einen Schritt zurück: „Ich weiß nicht, ob ich mein Vertrauen wirklich in Treplew setzen sollte.“
„Das kann ich nur zu gut nachvollziehen!“, Shanora schrie auf, als Treplew plötzlich vor ihr erschien. Sie musste zugeben, dass er sich sehr verändert hatte.
Sein fahles graues Haar war strahlend, glänzend geworden und die Hörner, mit welchen der Dunkle ihn ausgestattet hatte, waren verschwunden.
Seine gelben Augen strahlten golden, beinahe wie die von Allister und seine Haut war wieder hergestellt.
„Michael hat mir eine ganz besondere Gabe geschenkt, als er starb. Dass meine Taten keine Vergebung verdienen ist mir bewusst, Shanora!“, Treplew verneigte sich vor ihr, „Aber diese Zeiten verlangen eine gewisse Akzeptanz deinerseits.“
Shanoras Blick wurde wütend: „Das kann auch nicht vergeben werden, du hast so viele getötet!“
Treplew zog eine Braue hoch: „Aber du fandest den Schatten vertrauenswürdig und fast schon nett! Obwohl er weit mehr getötet hat als ich!“
Church stellte sich zwischen die beiden, so wie Shanora es zuvor bei ihm und Finn getan hatte.
„Wir müssen DRINGEND los oder etwas Schreckliches wird passieren!“, Churchs Ton wurde energisch.
Treplew winkte ab: "Es ist zu spät Church, vielleicht wäre meine Art der Überzeugungsarbeit hier angebrachter gewesen.
Du solltest doch am besten wissen, wie stur die beiden sind!"
Church seufzte, er schien genau das befürchtet zu haben: "Aber ich kann meinen Freuden nicht mit Zwang und Gewalt begegnen!"
Finn spuckte auf den Boden und wich dem Schlag aus, den Shanora ihm dafür verpassen wollte: "Du kannst mit dem geschwollenen Gelabber wieder aufhören, Church! Was soll der Unfug! Und Treplew, du kannst ja gerne versuchen mich zu etwas zu zwingen."
Treplew erschien hinter Finn und wollte ihm einen Schlag verpassen.
Finn blockte diesen natürlich, wurde aber nach hinten geschleudert.
Die Rückseite des Sofas bremste ihn unsanft, schnell rappelte er sich wieder auf.
"Church...", Finn wendete sich an seinen Freund und streckte die Hand nach der Tasse aus. Früher war es ein leichtes für ihn gewesen Dinge durch seinen Willen zu bewegen, ganze Trümmer hatte er aufgehalten bei seinem letzten Kampf gegen Treplew.
"Es tut mir Leid, Finn!", Church streckte nun die Hand aus und ließ die Tasse zu seinem Freund durch die Luft gleiten.
"Er hat keine Kräfte mehr?", fragte Shanora bestürzt als sie realisierte was das bedeutete.
Church nickte."Aber du hast mich doch zurückgebracht!", empörte Finn sich.
"Dummer Junge!", Treplew erschien wieder neben Church, "Es ist ihm zwar gelungen deine Seele vor dem Purgatorium zu retten, aber deine gestohlenen Kräfte hat immer noch diese widerliche Made!"
Finn schluckte, also war er nicht stärker als ein Mensch, ein gewöhnlicher, ordinärer Mensch.
"Widerliche Made könnte man dich auch nennen!", Shanora stellte sich zwischen Finn und Treplew, "Wenn Chruch meinen Bruder durch den Raum schleudert ist das okay, Finn hat es bestimmt verdient! Aber du, wenn du ihn noch einmal anrührst, Treplew sehen wir wer von uns beiden mächtiger ist!"
Treplew musterte sie amüsiert: "Wo ist nur das kleine Mädchen hin, welches vor Angst erstarrte, sobald ich anwesend war? Natürlich, dein Geliebter hat dir ja ein paar kleine Zaubertricks beigebracht und jetzt hältst du dich für stark genug mich heraus zu fordern! Für euch und eure Vision ist der Junge sogar bereit gewesen sich etwas schlimmerem als dem Tod auszusetzen..."
Church hob beruhigen die Hände: "Treplew! Nicht dieses Thema!"
Shanora riss die Augen auf: "Was weißt du über Purgatorium, Treplew?"
Treplew grinste: "Jetzt habe ich endlich dein Interesse geweckt? Gut,
Purgatorium bedeutet nichts anderes als Reinigungsort, Fegefeuer, wenn man so möchte, dort werden Seelen geschändet und brennen, für die Sünden ihrer Vorväter und die eigenen. Du kannst dir also vorstellen, welche Qualen diese doch so unschuldige Seele erleiden muss. Nein, ich vergaß, kannst du nicht! Er wird mehr erleiden als ich oder sonst jemand für die Sünden seines Vaters!"