„Üüüüüäh“ die junge Frau gähnte und schaute sich, immer noch müde aber deutlich gestärkt, in dem kleinen Raum um. Dieser war holzgetäfelt und machte mit seinen vielen dunklen Ledermöbeln einen sehr gemütlichen Eindruck. Deutlich beunruhigender war der Gedanke an das, was hinter der Tür durch die sie hereingekommen war lauerte. Es waren so... viele von ihnen dort in dem Keller. So viele wie ich korrigierte sie sich selber, immer daran denken, du bist jetzt auch so Eine... Gerne wäre sie noch länger in dem Zimmer geblieben, bis sie alle weg waren... bis das alles vorbei war... aber es würde nicht mehr vorbei gehen...nie mehr...
Sie erschauderte als sie wieder an die Szene in der Gasse dachte... den Hunger der sie in den letzten Monaten verfolgt hatte... die Angst vorm entdeckt werden... die Angst vor sich selbst... vor dem Moment wenn sich der Hunger wieder Bahn brechen würde... wenn sie an nicht anderes mehr denken würde... nur noch Blut... Blut und Tod... wieder erwachen... überall wäre Blut... war Blut... nicht nur Blut... wer würde es diesmal sein? Oma? Lisa? Und dort hinter der Tür waren Dutzende... wenn die alle... so viel rot... so viel... so
„Immer raus damit junge Dame, danach lässts sich leichter atmen“
Karina erschrak und starrte auf das Taschentuch, das ihr durch einen Tränenschleier gereicht wurde. Sie hatte nicht gemerkt das sie zu weinen begonnen hatte. Schnell versuchte sie sich die Augen zu trocknen. Es half nicht viel aber zumindest konnte sie sehen wer ihr gegenüber saß. Natürlich, der... General oder was auch immer schaute sie besorgt an, erhob sich aber schnell wieder.
„Dachte mir, dass es ihnen nicht so gut geht, sie sind noch nicht lange dabei, nicht war? Lassen sie sich Zeit, der Anfang fällt jedem schwer und sie sehen nicht so aus, als ob sie einen Meister hätten. Beruhigen sie sich erstmal, danach unterhalten sie sich am besten mal mit dem Herrn Meiring... ein verweichlichter Vaterlandsverräter und Bayer mag er sein aber ich glaube ein wenig Gesellschaft würde dir jetzt guttun... Also ihnen... Wenn sie mich entschuldigen würden...
Daraufhin verließ er schnell mit einer kurzen Verbeugung den Raum. Karina atmete durch und ließ sich wieder in den Sessel sinken. Aber ruhig werden konnte sie nicht, dazu hatte sie sich das Gebiss des Barmannes zu genau angesehen. Weiter zu warten würde hier nichts mehr bringen, also erhob sie sich seufzend und trat hinaus in den Hauptraum.
Erleichtert stellte sie fest, das Karl beinahe direkt neben der Tür saß. Eigentlich wollte sie sich sofort auf den Stuhl neben ihn stürzen um den Rest der... Gäste nicht genau in Augenschein nehmen zu können aber nach nur einem Schritt in seine Richtung stockte sie denn neben ihm saßen noch zwei Andere. Der eine war kaum älter als sie, beinahe schon unterernährt und mit dunkel unterlaufenen, roten Augen. Der andere war...
„Vampir“
sie spuckte das Wort aus als wäre es etwas fauliges. Die Gestalt betrachtete sie vollkommen ausdruckslos. Natürlich war es eine schwachsinnige Feststellung aber noch nie hatte sie einen Vampir gesehen der genau wie einer aussah. Schlank, hochgewachsen, fahle Haut, halblange schwarze Haare. Er hatte aristokratische Gesichtszügen, sein Aussehen wurde nur von hohlen Wangen getrübt. Über seiner Stuhllehne hing ein verdammter schwarzer Umhang.
„Korrekt.“