TOBIAS
Hätte ich gewusst, dass ich, damit ich einen Teil meiner Kräfte zurück erlange, mit Baal durch ein Portal in eine versiffte Bar am anderen Ende von Wisconsin muss, hätte ich vielleicht nicht so schnell eingewilligt. Vor allem, da ich keine verfickte Ahnung habe, was wir in einer Bar suchen sollten, außer einem kühlen Bier, dass ich jetzt wirklich gerne trinken würde. Auch deswegen, weil mich die Sorge um Marie nicht loslässt. Ich will garnicht daran denken, was sie durchmachen muss. Bei diesem Gedanken ballen sich meine Finger zu Fäuste und mein Kiefer mahlt aufeinander. Wenn ich diese Arschlöcher in die Finger bekomme, wird keiner lebend davon kommen. Ich werde ihnen alle ihre verdammten Eingeweide herausreißen.
Baal scheint meine Stimmung wahrzunehmen und klopft mir freundschaflich auf die Schulter. Warum ist dieser Wichser so freundlich zu mir? Ich wüsste wirklich nicht, welchen Vorteil er davon hat, mir zu helfen. Wieso er damals schon meiner Mutter geholfen hat? Doch ich behalte meine Fragen vorerst für mich. Zuerst muss ich wissen, was wir hier suchen. In einer Bar, wie sie älter nicht sein könnte. Gerade einmal die Lampen, die von der Decke hängen und die Bar in ein fahles Licht tauchen, sind die einzigen Zeugen von Elektrizität. Der alte Tresen aus noch älterem Holz, zieht sich U-förmig am hinteren Teil des Raumes entlang. In einigen versteckten Nischen befinden sich runde Tische, wo irgendwelche Betrunkenen miteinander Karten spielen, während sie sich im eigenen Zigarttennebel einhüllen. Doch als wir weiter über den versifften Dielenboden gehen und uns der Bar nähern, umso ruhiger wird es. Letzen Endes ist nur noch die Musik zu hören, die aus der alten Jukebox dringt. Irgendein Jazzsänger singt etwas von einem verloren geglaubten Schatz, während sich alle Augenpaare plötzlich auf uns richten. Dann höre ich ein Klacken und blicke auf den Barkeeper, der seine Schrottflinte auf uns richtet. Ich kann nur darüber lächeln. Wenn er wüsste, wer vor ihm steht, würde er mit seiner Waffe bereits das Weite suchen. Doch Baal scheint es nicht so locker zu sehen wie ich. Denn er hebt seine Hände ergeben nach oben, während er auf den Barkeeper, der ebenfalls schon etwas in die Jahre gekommen ist, einredet. Ruhig aber bestimmt.
„Hey, Billy. Du alter Trottel. Hast dich noch immer nicht an fremde Gesichter gewöhnt. Ist nur ein Bekannter. Also kannst du deine beschissene Berta aus unseren Gesichtern nehmen.“
Ein Lächeln umspielt Baal`s Lippen und auch der Barkeeper scheint sich zu entpannen. Dann legt er die Waffe weg und speit den Schaulustigen ein „Hey Arschlöcher. Die Show ist vorbei.“ entgegen. Diese Arschlöcher, wie er sie nannte, tun was er sagt und begleitet von leisen Flüchen, widmen sie sich wieder ihrer vorherigen Tätigkeit. Ich hingegen bin von dieser Situation so verwirrt, dass ich eine Weile brauche, mich einzufinden. Wenn man dies, überhaupt so nennen kann.
„Er hätte uns sowieso nicht töten können, mit dieser billigen Schrottflinte.“
Ich schüttle meinen Kopf während ich mich auf einen der Barhocker setze, die mir Baal anbietet und werfe dem Barkeeper mit den kurz geschorenen Haaren einen überlegenen Blick zu. Doch die Reaktion von ihm, lässt mich wütend werden.
„John. Was ist das für ein Idiot? Ich würde mich wirklich freuen, wenn du mir erlauben würdest, eine Kugel in seine Fresse zu schießen.“
Ich will schon fast aufstehen, als sich Baal`s Hand auf meinen Unterarm legt und mich damit zurückhält. Außerdem was soll dieser Name? Er ist Baal und nicht John.
„Junge, beruhige dich. Diese Kugeln bringen dich zwar nicht um, aber sie brennen wie Hölle und glaub mir, sogar mir können sie Schmerzen zufügen.“
Ein tiefes kehliges Lachen dringt aus Baal`s Kehle, bevor er sich diesem Billy zuwendet.
„Entschuldige sein Verhalten. Er ist noch nicht lange in dieser Welt.“
Billy nickt und greift nach unten, um die Schrottflinte verstauen. Danach nimmt er zwei Bier aus einem Eimer, der mit Eiswürfel gefüllt ist und öffnet sie mit einem Klacken, bevor er sie uns vor die Nase stellt.
„Wenn ihr schon in meine Bar kommt und die Aufmerksamkeit auf euch zieht, tut wenigstens so, als würdet ihr hier nur ein Bier trinken wollen.“
Baal nickt und Billy begutachtet mich für einen Moment, bevor er wieder zu Baal blickt und sich über die Bar lehnt um ihm etwas leiser zu fragen.
„Also John, was suchst du wirklich hier? Ich schätze nicht, dass du nach achtzig Jahren hier antanzt, um mich zu fragen, wie`s mir geht?“
„Also Billy. Wie geht`s dir?“
Wieder dieses Lächeln. Als würde er keine anderen Sorgen haben. Als würde er wirklich nur wegen einem Bier hier sein. Billy hingegen schüttelt seinen Kopf und legt ebenfalls ein freundschaftliches Lächeln auf seine Lippen.
„Du weißt es doch selbst, wie`s uns geht. Wir sind zwei alte Säcke, die auf der Suche nach dem Tod sind. Also was bringt dich wirklich hier her und wer ist dein Bekannter?“
„Das ist Tobias. Wir sind hier, weil ich mir meinen guten alten 30er Whiskey abholen möchte, den ich bei dir gelagert habe.“
Mittlerweile verstehe ich nichts mehr. Wir können doch nicht von Whiskey reden, wenn wir meine Kräfte zurückholen müssen und Marie noch immer in Gefahr schwebt. Ich schüttle meinen Kopf und klopfe genervt mit meinen Fingern auf die Holzplatte der Bar. Doch Billy`s Worte lassen mich etwas vermuten, denn er zwinkert Baal zu. So, das es kaum auffällt und dennoch Neugier in meinem Kopf auslöst. Billy wendet sich nach hinten und ruft etwas durch die Tür, die mit großer Wahrscheinlichkeit in die Küche führt.
„Lucy, kannst du kurz für mich übernehmen?“
Daraufhin kommt eine, in etwa vierzigjährige blonde Frau aus der Küche, die uns beiden ein Lächeln schenkt und Billy zuwinkert, während sie ein „Kein Problem“ über ihre Lippen bringt. Daraufhin winkt uns Billy nach hinten, wo wir ihm durch eine weitere Tür folgen. Dort angekommen, winden sich Treppen nach unten. Mit einem Schnippen seiner Finger entfacht er Licht, das am Treppenende angekommen, einen ewig langen Kellertunnel erleuchtet, in dem rechts und links haufenweise Holzfässer gelagert sind. Der sandige Boden knirscht unter unseren Füßen und wir folgen weiterhin Billy, der uns ohne ein Wort in den ewig langen Tunnel führt. Die Wände des Gewölbes sind mit roten Ziegeln gesäumt und hier und da befindet sich ein kleines Licht, das gerade genug abgibt, um die nächsten paar Meter zu erleuchten.
Irgendwann, nach einem ewig langem Spaziergang halten wir vor einem kleinen Fass, dass von einer zentimeterdicken Staubschicht bedeckt ist. Ich will schon fragen, was die zwei jetzt mit einem Whiskey vorhaben, der schon eine Ewigkeit hier herumsteht. Doch dann höre ich schon, wie die Bretter des Fasses unter Baal`s Faust zerbersten. Braune Flüssigkeit läuft heraus und versickert im sandigen Boden.
„Ach, John. Das wäre trotzdem noch ein edler Tropfen gewesen. Musstest du das auf diese Art machen?“
Billy schüttelt den Kopf und Baal hat nur eines seiner Lächeln für ihn übrig, während er mit seiner Hand im Fass nach etwas zu suchen scheint. Nur wenige Sekunden darauf, taucht seine Hand, bedeckt, mit wie ich rieche, wirklich Whiskey auf und er hält etwas zwischen seinen Fingern. Es sieht aus wie eine kleine uralte Ampulle. Er betrachtet das Stück und hält es zwischen seinem Zeigefinger und Daumen gegen das Licht. Sein Lächeln wirkt wehmütig, bevor er es an seinem Hemd abwischt und es in seine Brusttasche gleiten lässt.
„Danke, Billy. Hast es gut aufbewahrt.“
Er klopft ihm nochmals auf die Schulter, bevor er sich mir zuwendet und die gleiche Geste macht.
„Komm Junge. Ich glaube, wir haben alles.“
Also folge ich ihnen zurück. Bevor wir die Treppe erreichen, hören wir ein Krachen von oben. Billy`s Schritte werden schneller und er stürmt die Stufen nach oben, um sich durch die Tür zu stürzen. Baal und ich versuchen zu ihm aufzuholen und als wir durch die Tür kommen, zeigt sich ein Bild des Chaos. Überall wird gekämpft. Blut säumt den alten Holzboden und diese Lucy ballert mit dieser Schrottflinte durch die Gegend. Nachdem ich mir einen Überblick verschafft habe, entdecke ich die Übeltäter. Jäger. Es sind die beiden, die ich vor dem Haus bei Marie gesehen habe. Sie tragen eine Art Schutzweste, die mit einer Schutzrune versehen ist. Es ärgert mich, wenn sie unsere Macht gegen uns benutzen. Nur zu dumm, dass diese Rune sie nur vor Waffen schützt und nich vor meiner Faust. Ein Lächeln legt sich auf mein Gesicht und ich laufe auf die beiden zu, die mit ihren Waffen auf die Menschen ballern. Fuck. Bei genauerer Betrachtung sind das keine Menschen. Denn sie haben dieselbe Geschwindigkeit wie ich. Jedoch müssen die Jäger irgendetwas an ihren Waffen modifiziert haben, denn die Engel oder Dämonen, was auch immer sie sind, fallen zu Boden, als sie getroffen werden. Also versuche ich den Kugeln auszuweichen. Versuche mich auf den Tod der beiden zu freuen. Welch eine Genugtuung. Doch da habe ich nicht damit gerechnet, dass noch mehr von den Jägern durch die Tür kommen. Mindestens Vier kommen durch den Eingang und unterstützen die beiden Wichser mit ihren Waffen. Eine Kugel streift fast meine Schulter, doch ich schaffe es auszuweichen. Dumpf hinter mir, höre ich, wie Baal mir ein „Sei vorsichtig“ zuruft und sich dann selbst ins Getümmel wirft. Ich steuere auf den Jäger zu, weiche weiteren Kugeln aus und letztendlich ist es sein ängstlicher Blick, der mir Befriedigung verschafft, als ich meine Hand an seine Kehle lege und mit purer Kraft meine Finger in sein Fleisch bohre, um sie ihm herauszureißen. Ich spüre, wie das Blut sich auf meinen Fingern verteilt. Dann spüre ich plötzlich einen Schmerz, der mich dazu zwingt, mich umzudrehen. Dieser andere Wichser hat mich tatsächlich mit einer Kugel gestreift. Er hält die Waffe weiterhin auf mich gerichtet, doch einer der Arschlöcher, wie Billy sie vorhin nannte, wirft sich von hinten auf ihn und versucht ihn auszuschalten. Ich würde ihm ja gerne diese Arbeit abnehmen, wären hier nicht noch mehr Wichser, die getötet werden möchten.
Also werfe ich mich auf den nächsten und den nächsten. Bis nur noch zwei übrig sind, wovon einem Baal gerade das Genick bricht. Ich blicke auf den Letzteren und lege ein Lächeln auf meine Lippen. Ich steige über die Leichen und die Verletzten, um zu ihm zu kommen. Doch es irritiert mich, dass er keine Angst zeigt. Es wirkt fast so, als wolle er, dass ich zu ihm komme. Doch ich bin zu sehr in meinem Blutrausch, als dass ich auf seine dämlichen Gefühle achten würde. Also bewege ich mich schnell auf ihn zu. Doch als ich meine Hand an seine Kehle legen will, spüre ich ein Brennen an meinem Unterarm. Mein Blick wandert zu seiner Hand, die so etwas ähnliches wie eine Spritze hält. Nur dass dieses Ding mir mein Blut aus den Adern saugt. Für einen Moment bin ich davon so perplex, dass er es schafft dieses Ding aus meiner Haut zu ziehen und seine Hand auf seine Brust zu drücken. Daraufhin leuchtet eine verdammte Rune unter seiner Handfläche auf. Eine unsichtbare, verdammte Rune. Und damit verschwindet dieses Arschloch. Mit meinem Blut in einer Spritze. Doch was soll ich davon halten? Was wollen sie schon mit meinem Blut erreichen?
Nach einer kurzen Bestandsaufnahme meines Körpers und meiner Umgebung blicke ich mich nach den anderen um. Die Haut an der Stelle, wo mich die Kugel gestreift hat, brennt zwar, aber verheilt schon wieder. Diese Lucy versucht gerade die Überlebenden zu versorgen. Billy lehnt mit einer Verletzung an seiner Brust an der Wand und Baal versucht ihm zu helfen. Er kniet neben ihm und legt seine Hände auf die klaffende Wunde an seiner Brust. Langsam bewege ich mich auf die Beiden zu. Begleitet von Stöhnen und dem Geräusch, von Glassplittern unter meinen Sohlen.
Bei ihnen angekommen, blicke ich in Baal`s Gesicht, dass jetzt alles andere als entspannt aussieht.
„Verdammt. Billy. Es heilt nicht. Das ist nicht möglich. Ich kann dich nicht heilen.“
„Du kannst ihn heilen?“
Verwirrt blicke ich auf Baal und bin überrascht. Ich wusste nicht, dass ein Gott jemanden heilen kann. Und vor allem auch über Billy`s Reaktion. Denn er lächelt.
„Normalerweise kann ich jemanden heilen. Aber irgendetwas stimmt nicht. Was waren das für Kugeln?“
„Keine handelsüblichen, das ist klar.“
Ich höre Lucy`s Stimme hinter uns und blicke zu ihr auf. Sie hält eine der Waffen in den Händen, die von den Jägern abgefeuert wurden und öffnet das Magazin. Daraus holt sie seltsam aussehende Kugeln.
„Sie sind mit Runen versehen und irgendetwas ist anders. Ach, verdammt.“
Plötzlich lässt sie die Kugel fallen und Schmerz legt sich auf ihre Züge.
„Sie brennen sogar meine Haut auf. Diese verdammten Wichser und ihre scheiß Wissenschaft.“
Sie schüttlet den Kopf und kommt ebenfalls auf uns zu.
„Ihr müsst die Kugel aus ihm rausholen. Schnell!“
Billy`s Stöhnen reißt uns alle aus unserem Starren und Baal versucht daraufhin seine Finger in das Loch in Billy`s Brust zu schieben. Dieser gibt erneut ein schmerzerfülltes Stöhnen von sich.
„Tut mir leid alter Freund, aber das muss sein.“
Billy nickt und beißt die Zähne zusammen, während Baal seine Finger immer weiter mit einem schmatzenden Geräusch in sein Fleisch bohrt. Blut vermischt mit einer silbernen Flüssigkeit strömt aus der Wunde und plötzlich gibt auch Baal einen schmerzerfüllten Laut von sich. Doch er macht weiter und nach weiteren Sekunden tauchen seine Finger aus der Wunde. Doch die Kugel, die wir gehofft hatten zu finden, ist nur noch zur Hälfte vorhanden. Baal`s Miene wirkt betroffen.
„Sieht so aus, als würden sie es mit irgendetwas gefüllt haben.“
Meine Stimme klingt rau. Auch, wenn ich diesen Billy nicht kannte, so denke ich nach diesen wenigen Eindrücken, dass er es nicht verdient hat, so leiden zu müssen. Aber vor allem beschäftigt mich die Tatsache, das diese verfickten Jäger es tatsächlich geschafft haben, etwas zu erfinden, dass uns wirkliche Schmerzen zufügen kann.
Plötzlich beginnt silberne Flüssigkeit aus Billy`s Mundwinkel zu laufen. Ebenso wie aus seiner Nase, seinen Ohren und sogar aus den Winkeln seiner Augen. Röchelnd bringt er schwach etwas über seine Lippen.
„Mein alter Freund. Ich...denke...ich habe unser Ziel erreicht...ich...kann...endlich gehen. Ich fühle es. Diese Schweine haben...es...aber ... dennoch...verdient zu sterben. Sie haben meine...verdammte...Bar...zerstört.“ Ein flaches Lachen und ein gurgelndes Geräusch kommt aus seiner Kehle. „Bring sie...zur...Strecke. Solltest du jemals wieder...die Hölle beherrschen...will ich ein Upgrade, du alter Wichser...“ Ein schmerzverzerrtes Grinsen legt sich auf seine Züge, bevor er schwächer wird und seine Lider schließt.
„Du bekommst die Senior Suite, du alter Sack.“
Auch auf Baal`s Züge legt sich ein Lächeln. Jedoch sieht es eher so aus, als würde er es nur zuliebe seines Freundes machen. Denn ich erkenne den Schmerz hinter seinen Augen. Dann, zwei Atemzüge später, spüre ich, wie die Energie aus seiner Hülle weicht. Ich höre, wie Lucy zu Schluchzen beginnt und Billy in ihre Arme schließt. Baal scheint sich zu sammeln und eine Sekunde später, ist er aufgestanden und blickt mich entschlossen an.
„Wir werden jetzt diesen verdammten Teil des Paktes rückgängig machen, deine Mutter und deine kleine Freundin befreien und uns dann überlegen, wie wir diesen Wichsern die Köpfe abschlagen.“
Ich nicke ihm zu, wobei ich nach dieser Aktion nicht mehr sicher bin, ob es so einfach wird, wie Baal es gerade geschildert hat. Danach höre ich Lucy`s Stimme und blicke in ihr Gesicht, das ebenso entschlossen wirkt, wie Baals.
„Egal was ihr vorhabt, beeilt euch und gebt mir bescheid, wenn ihr beim Köpfe-abschlagen angekommen seid. Ich würde gerne meinen Freund rächen.“
„Wie haben sie uns überhaupt gefunden?“
Ich blicke fragend zu Lucy und Baal, der mich ratlos ansieht. Doch Lucy scheint eine Antwort zu haben.
„Mit Sicherheit hat jemand hier mitbekommen, dass ihr beide nicht nur für ein Bier hier seid und hat irgendeinen seiner Kontakte angerufen. Nur kann ich euch mit Sicherheit sagen, dass dieses Arschloch schon mindestens in einem anderen Bundesstaat ist. Und nun macht euch auf den Weg, ich schaffe dieses Chaos schon alleine. Seht lieber zu, dass wir diese Wichser bald in die Finger bekommen.“
Wir nicken, bevor wir uns von ihr und von diesem Chaos verabschieden und die zerstörte Bar, die mit toten Dämonen, Engeln und anderen Wesen besudelt ist, verlassen. Vor der Tür erwartet uns die nächtliche Dunkelheit. Zwei schwarze Limousinen parken vor der Bar, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Es müssen die Fahrzeuge, der Jäger sein.
„Was hast du vor?“
Baal folgt mir, als ich mich auf die Fahrzeuge zubewege.
„Sei vorsichtig.“
„Ich glaube nicht, dass sich noch weitere Wichser hier verstecken. Aber was mich wundert, ist, dass sie gewusst haben müssen, das sechs Jäger nicht eine Sippe von uns auslöschen können. Sie haben gewusst, dass sie da drinnen draufgehen werden. Bis auf dieses kleine Arschloch, das mein Blut abgezapft hat. Irgendetwas ist im Gange und ich glaube, dass es größer ist, als alles andere.“
Baal gibt ein zustimmendes Brummen von sich, als wir uns vorsichtig den Wagen nähern. Vielleicht ist doch noch jemand von denen in den Wagen. Man kann es nie wissen, wie diese Jäger drauf sind. Als wir beim Wagen angekommen sind, zückt Baal ein Messer, dass er unter seiner Hose an seiner Wade befestigt hat. Ich hebe meine Augenbrauen und er zuckt nur mit seinen Schultern, als er den Türgriff ergreift und mir mit einem Nicken zu verstehen gibt, dass ich aufpassen soll. Ich wappne mich und er öffnet mit seiner übermenschlichen Schnelligkeit die Tür. Doch es ist nichts darin. Der Wagen ist leer. Ich vergewissere mich auch mit einem Blick auf die Rückbank. Doch da ist nichts. Nicht, ein Zeichen von den Jägern. Ich öffne das Handschuhfach, während Baal sich im anderen Wagen umsieht. Und dann habe ich etwas. Eine Desert Eagle Kaliber Fünfzig. Eine Reservewaffe, wie ich annehme. Jedoch habe ich die Hoffnung, dass sich auch darin solche Kugeln befinden. Also lasse ich das Magazin in meine Handfläche gleiten und lege eine der Kugeln, die tatsächlich mit einer Rune gezeichnet ist, in meine Handfläche. Gleich darauf beginnt es zu kribbeln, bevor es in ein Brennen umschlägt. Ich nehme die Kugel und schiebe sie wieder zurück ins Magazin, bevor ich dieses wieder mit einem Klacken in die Waffe stecke.
„Das andere Fahrzeug ist leer.“
Baal öffnet die Tür der Beifahrerseite und sützt sich mit beiden Händen am Autodach ab. Ich hebe die Waffe nach oben und er hebt daraufhin seine dichten Augenbrauen.
„Die selben Kugeln. Ich würde sagen wir nehmen sie mit. Wir müssen jemanden finden, der uns sagen kann, was da drinnen ist.“
„Ich kenne jemanden, der dürfte sich damit auskennen. Aber vorher sollten wir wieder zurück und dich endlich zu deinem halben alten Ich machen.“
Ich nicke und steige aus dem Wagen, doch dabei steige ich auf etwas. Verwundert blicke ich nach unten und ergreife mit meinen Fingern ein Kärtchen. Zuerst denke ich, dass es jemand anderes hier verloren hat. Doch es ist eine Telefonnummer und ein Firmenzeichen darauf: K.A. Cooporation. Ein verärgertes „Wie einfallsreich“ kommt über meine Lippen, während ich meinen Kopf schüttle. Baal kommt um den Wagen und blickt nun ebenfalls auf das Kärtchen. Auch er flüstert ein „Sehr einfallsreich. Kain und Adam Cooporation.“ Sein Lachen klingt rau und dennoch ist Wut darin zu hören.
„Aber jetzt haben wir wenigstens einen Anhaltspunkt.“
Ich nicke und folge Baal, als er sich auf den Weg zum Portal macht, das sich nur wenige Gehminuten von der Bar entfernt, in einem Waldstück befindet.
„Was ist eigentlich in dieser Ampulle?“
„Mein Blut. Das Blut, dass ich bei diesem Pakt benutzt habe. Nur so konnte ich ein Schlupfloch finden.“
Ein erstauntes „Okay“ kommt über meine Lippen und ich kann nicht aufhören, weiter nachzuhaken.
„Woher kanntest du Billy und was war das für eine Bar?“
Ein wehmütiges Lächeln taucht auf seinen Lippen auf und ich habe immer mehr das Gefühl, ihn schon so lange zu kennen, dass ich meinen Respekt für ihn nicht verleugnen kann.
„Billy war wie ein Bruder für mich. Auch, wenn uns Jahrhunderte trennen. Er ist ein Dämon. Er war mein treuerster Freund in den letzten Jahrhunderten. Der Einzige, dem ich vertraut habe. Und die Bar, war so eine Art Bank, wenn du es so nennen willst. Hierher konnte man etwas bringen, dass nicht gefunden werden sollte.“
„Ich dachte, alle Dämonen wären böse?“
„Ich weiß, diesen Scheiß erzählen die Gefallenen und die Engel gerne. Doch es entspricht nicht der Wahrheit. Jeder ist seines Schicksals eigener Schmied. Sicherlich, wenn du als Dämon geboren wirst, hast du einen Hang zum Dunklen. Doch auch ein Dämon sorgt sich um seine Familie. Genauso wie so mancher Engel sich gegen seine Familie wendet. Alles in allem ist es die eigene Entscheidung.“
Ich nicke. Er bestätigt Das, was ich schon vermutet habe. Denn ich spürte auch bei manchen Halbdämonen mehr Licht, als bei so manchen Halbengeln.
„Und wieso hat er dich John genannt?“
„Weil ich mit meinem Namen sehr sorgsam umgehen muss. Ich habe kaum noch Kräfte. Sie schwinden immer weiter. Und sollte jemand meinen Namen hören, dann wäre ich ein gefundenes Fressen. Auch, wenn ich nicht sterben kann, würden sie mich sehr gerne quälen. Denn viele von ihren Verwandten habe ich in der Unterwelt ebenso gequält.“
Ich verdaue die Worte stillschweigend. Als wir vorm Portal angekommen sind blicke ich noch einmal in Baal`s Augen, bevor wir uns wieder zurück begeben. Zurück in sein Haus, wo sich tatsächlich ein Portal befindet.