Kayas Sicht
Wir schlendern über den steinigen Weg. Es ist kalt und ich schlinge den Schal enger um mich. Matt trägt keine dicke Kleidung. Er ist schließlich ein Werwolf. Er braut so etwas nicht. Ich schaue mich um. Mein Blick bleibt an dem vereisten See in der Mitte hängen. Als ich noch klein war, sind meine Schwestern und ich in dieser Jahreszeit darauf immer Schlittschuh gelaufen. Ich lächele matt. Das war immer so schön, doch jetzt sind sie weg. Wieso verlassen mich die Leute, die mir wichtig sind immer.
Matt nimmt vorsichtig meine Hand und zieht mich weiter. Bin ich etwa stehen geblieben? Das habe ich gar nicht bemerkt. Ich laufe langsam weiter und verschränke meine Finger in seinen. In letzter Zeit sind wir uns immer näher gekommen, doch ich kann mich nicht darüber freuen.
Nach einer Weile sind wir an unserem Ziel angekommen. Wir stehen vor dem Grab. Den Grabstein hat Mr Andrews ausgesucht. Auf dem Stein steht in großer Schrift "Bethany Andrews". Wir stehen einfach da und betrachten das Grab. Ich lehne mich an die Schulter des Werwolfs. Eine Träne rollt still und heimlich über meine Wange. Ich wische sie nicht weg. Es ist okay zu weinen. Schließlich ist sie tot. Meine beste Freundin ist tot.
Matt wirft mir einen Blick zu und ich verstehe, was er will. Ich gehe langsam um das Grab herum und hocke mich vor den grauen Stein. Dann ziehe ich meine Handschuhe aus und stecke sie in meine Taschen. Ich strecke meine Hände aus und schließe die Augen. In meinen Händen kribbelt es angenehm und einige Sekunden später erscheint unter meinen Händen eine Strauß aus weißen Rosen. Wieder laufen mir Tränen über die Wangen und auch dieses Mal halte ich sie nicht zurück. Es ist ok zu weinen. Ich betrachte die Rosen kurz. Sie sind wunderschön.
Dann erhebe ich mich wieder und stelle mich wieder neben Matt. Ich breche das Schweigen, was schon seit wir los gegangen sind. "Und was jetzt?", frage ich mit matter Stimme und lehne mich wieder an seine Schulter an. "Hoffen!", antwortet der Werwolf.