Ich habe Angst mich zu verlieben,
weil es mein Leben aus den Fugen reissen würde.
Ich habe mein Herz in einen Eisblock eingefroren,
damit ihm nichts passiert.
Ich sitze auf der Spitze eines Eisbergs
und sehe ins warme Tal der Liebenden hinunter.
Der Eisberg ist zu steil
als das jemand herauf kommen könnte.
Und so spitz, dass nur ich Platz darauf habe,
so dass selbst von oben her niemand zu mir fliegen kann.
Ich habe Angst mich zu verlieben,
weil die Narben der letzten Liebe noch immer schmerzen.
Alleinsein ist sicherer.
Mensch kann nicht verletzt werden.
Und niemanden verletzen.
An die Einsamkeit gewöhnt mensch sich.
Viel zu schnell.
Irgendwann braucht mensch sie sogar
um sich entspannen zu können.
Dennoch flackern immer wieder Szenen
der vergangenen Beziehung auf.
Sinnlose Wünsche nach Wiederkehr des Ex-Partners.
Sogar Verleumdung aller Fehler, die er hatte.
Ich habe Angst mich zu verlieben,
denn Liebe bedeutet Gefühlschaos.
Bedeutet, sich selbst aufzugeben, zu vergessen.
Bedeutet, sich immerzu nach dem Anderen zu sehnen.
Das eigene Leben wird bedeutungslos, auf den Kopf gestellt.
Aber ich liebe mein Leben.
Und ich liebe mich selbst, so wie ich bin.
Für die Liebe ändert mensch sich
um den Geliebten zu gefallen.
Und verliert sich dabei selbst.
Ich habe Angst mich zu verlieben.
Ich habe Angst vor dem Schmerz.
Dem Schmerz, nicht zurückgeliebt,
nicht akzeptiert zu werden.
Dem Schmerz verlassen zu werden.
Dem Schmerz ausgenutzt und dann weggeworfen zu werden.
Ich bin nicht mutig genug
das Risiko einzugehen wieder verletzt zu werden.
Ich gebe mich nach Außen hin stark.
Und manchmal muss ich das auch sein.
Wer alleine lebt, muss alle Probleme selbst lösen.
Freunde und Verwandte helfen zwar gern,
aber wer wie ich gelernt hat auf eigenen Beinen zu stehen,
dem fällt es schwer Hilfe anzunehmen.
Ich habe Angst mich zu verlieben.
Mit aller Macht dränge ich jedes aufkeimende Gefühl nieder.
Situationen in denen Gefühle entstehen könnten,
meide ich wie die Pest.
Ich lasse andere sich verlieben
und freue mich für sie.
Ich schaue Filme und durchlebe die Gefühle
der Charaktere - aus sicherer Distanz.
Ich habe Angst mich zu verlieben,
weil ich mein Leben liebe wie es ist.
Ich liebe meine Freiheit.
Ich liebe meine Arbeit.
Ich liebe meine Familie und meine Freunde.
Ich liebe alles in meinem Leben.
Nur die Liebe liebe ich nicht.
Vor ihr habe ich Angst,
weil sie mein egoistisches Dasein mit einem Schlag vernichten kann.
Nur manchmal, ganz selten,
fehlt mir der Mensch, der bedingungslos zuhört.
Der Mensch, der nachts da ist zum Kuscheln.
Der Mensch, mit dem ich all die Schönheit,
die ich sehe und erlebe, teilen kann.
Aber es ist sinnlos sich nach ihm zu sehnen.
Denn die Angst bleibt.
Und deshalb trage ich den
Winter im Herzen.