Delina setzte sich gerade aufs Sofa, als jemand fest gegen die Tür klopfte. Jack seufzte: „Oh nein, ich hoffe es ist nicht…“
Eine weibliche Stimme rief seinen Namen und er schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
Delina sah in mitleidig an: „Ich schätze es ist, wen du befürchtet hast?“
Jack nickte: „Verdammt, das ist Carin vom hohen Rat, ich muss mir schnell etwas einfallen lassen!“
Er öffnete die Türe und versuchte ein freudiges Gesicht zu machen: „Carin, wie schön, dass du hier bist! Leider habe ich gerade überhaupt keine Zeit!“
Carin strich ihr blondes Haar zurück und musterte ihn kritisch mit ihren hellblauen Augen. Delina versuchte selbst das Atmen einzustellen, um kein Geräusch zu verursachen.
Carin aber schien etwas seltsam zu finden: „Berthold hat erzählt das Trion nicht zurückgekehrt ist und du darüber nichts gesagt hast, stattdessen hattest du zwei junge Frauen dabei!“
In dem Moment schwang lautstark die Badezimmertüre auf und Carin stürmte an Jack vorbei in die Wohnung, wo sie zuerst in Delinas verwirrtes Gesicht blickte.
„Warum ist sie hier?“, frage Carin wütend. Dann kam zu allem Überfluss noch Janina nur mit einem Handtuch bekleidet aus dem Badezimmer und sah den Eindringling wütend an.
„Wie wäre es mit ein wenig Privatsphäre?“, wollte Janina genervt wissen und starrte Carin wie eine Katze an, kurz bevor sie auf ihr hilfloses Opfer sprang.
Delina stand nun auf und warf beiden einen freundlichen Blick zu: „Wir werden das aufklären, alles, ganz in Ruhe!“
Carin sah wirklich wütend aus: „Jack warum kommt diese Frau nackt aus deiner Dusche?“
anina verdrehte die Augen: „Da wo ich herkomme, duscht man eben nackt! So wird man sauber! Außerdem habe ich ein Handtuch um? Also spiel dich nicht auf nur weil du deinen unförmigen Körper verhüllen musst!“
Delina verstand langsam aber sicher, warum Jack Janina ausgeschaltet hatte bevor er sie hergebracht hatte. Sie schien keinen Sinn dafür zu haben, wann sie sich in Gefahr befand.
Carina schien Janina zu ignorieren und starrte Jack weiter wütend mit verschränkten Armen an: „Also Jack, klär mich auf oder du wirst in den oberen Etagen des Hotels verrotten!“
Jack schien nervös zu werden: „Sie dürfen hier sein, sie sind meine Familie!“
Carin sah sich die beiden überrascht an: „Niemals, Jack! Ihr seid bestimmt nicht verwandt, da ist keinerlei Ähnlichkeit! Die Hure und die Kleine, ja vielleicht. Aber du und die beiden? Nein!“
Janina stolzierte nun an ihr vorbei und stellte sich neben Jack: „Klar sehen wir uns nicht ähnlich, weil wir…“
Jack legte ihr plötzlich den Arm um die Schulter: „Weil wir nämlich verlobt sind, nicht war, Schatz? Also nenne sie nicht Hure, sie darf sich halbnackt in meinem Haus aufhalten!“
Janina sah aus, als hätte sie in eine saure Gurke gebissen: „Sicher, Schatz!?“
Delina verstand den Plan und mischte sich auf ein: „Ich bin die kleine Schwester der äh, Verlobten, also gehöre ich ja praktisch schon zu seiner Familie!“
Carin sah nicht wirklich überzeugt aus: „Aha, und wie bitte habt ihr euch kennengelernt!“
Janina und Jack sahen sich nur verwirrt an, also ergriff Delina wieder das Wort: „Das ist eine süße Geschichte, dafür braucht ihr euch doch nicht schämen! Also Jack und sein Begleiter sind in die Bärenfallen vor unserem Haus getreten und Janina hat ihn befreit, leider ist der andere verstorben, weil er eigentlich mit dem Kopf in die Falle gefallen ist! Das war Liebe auf den ersten Blick, habe ich sofort gespürt! Dann schlug Jack vor das wir alle hier leben und eine glückliche Familie werden! Ende der Geschichte!“
Janina sah Delina an als würde sie sie am liebsten umbringen, Jack nickte schnell und Carin schien zu überlegen, ob sie das glauben konnte.
„Ich wollte es eigentlich erst heute Abend bekannt machen, Carin. Tut mir Leid, das ich mich zu komisch verhalten habe!“, Jack zog Janina noch näher zu sich, „Aber du weißt ja, wo Amors Pfeil trifft…“
Carin sah Janina besorgt an: „Und du bist sicher, dass sie das auch will?“
Jetzt schien auch Janina endlich mitzuspielen und schmiegte sich an Jack: „Natürlich, mir war nur unangenehm gerade aus der Dusche gekommen zu sein und na ja, wir hatten nicht mit Besuch gerechnet! Schon garnicht mit einem der mich Hure nennt, ziemlich gemein!“
Carin sah sie wenig überzeugt an, also seufzte Janina, packte Jack an seinem Shirt, legte dann die Hände in seinen Nacken und stellte sich auf die Zehenspitzen. Sie sah ihm tief in die Augen und Delina kam sich vor wie in einer romantischen Komödie.
„Wir hatten doch noch so viel vor!“, Janinas Stimme klang verrucht und Delina hatte nie geglaubt das sie ihre Rolle so perfekt spielen konnte.
Dann küsste Janina Jack so leidenschaftlich, dass Delina sicher war, dass sich auch Carin davon überzeugen lassen würde. Sie glaubte es ja beinahe selber.
Janina unterbrach den Kuss, sah Jack noch einmal tief in die Augen und wendete sich dann an Carin: „Wenn du uns entschuldigen würdest, ich schätze wir sehen uns sowieso heute Abend!“
Carin sah zwar immer noch wenig begeistert aus, aber Janina glaubte auch ein wenig Verletzlichkeit in ihren Augen zu sehen.
„Gut, ich schätze du stellst deine neue Familie dann heute Abend offiziell vor!“, ohne sich weiter zu verabschieden, verließ Carin das Haus und schlug die Türe hinter sich zu.
Janina verdrehte die Augen: „Eine beschissenere Geschichte ist euch wohl nicht eingefallen, oder?“
Jack seufzte: „Das war total seltsam!“
Delina fragte sich ob der den Besuch oder den Kuss meinte, beschloss aber nicht weiter darauf einzugehen.
„Delina, bring endlich in Erfahrung wo Church steckt, damit wir hier verschwinden können!“, Janina lächelte, „ich gehe erst einmal duschen!“
Jack sah sie verwirrt an: „Du warst gerade über eine Stunde duschen!“
Janina sah ihm wieder tief in die Augen und Delina tat der arme Mann jetzt schon leid.
Dann flüsterte sie mit großen Kulleraugen: „Aber jetzt fühle ich mich wieder so schmutzig, nachdem was wir getan haben!“
Delina verstand nicht, wie eine Frau so mit einem Mann spielen konnte. Sie würde sich zu Tode schämen beim Versuch so etwas zu Chruch zu sagen.
Janina lächelte triumphierend und verschwand wieder im Bad während Jack sich zu Delina aufs Sofa fallen ließ.
„Du bist ein totaler Idiot!“, Delina schüttelte den Kopf, „Warum lässt du sie so mit dir spielen?“
Jack zog eine Braue hoch: „Ich habe offensichtlich eine Schwäche für schwierige Frauen. Noch dazu ist sie wirklich wirklich…“
Delina hob abwehrend die Hände: „Sag nichts! Ich werde nie verstehen was alle an diesen eiskalten, berechnenden, blauhaarigen Miststücken finden!“
Jack warf ihr einen belustigten Blick zu: „Blauhaarig? Kann es sein das du die Situation gerade auf etwas anderes projizierst?“
Delina wurde rot, tatsächlich hatte sie das an den guten Church erinnert der immer alles für die eben eiskalte Saphira getan hatte, selbst nach ihrer Trennung.
„Du hast vielleicht recht, aber sobald wir Church treffen ist eh alles egal, dann wird Janina verschwinden!“, Delina spielte mit ihrer unscheinbaren Kette, niemand würde den Anhänger für das Auge Solons halten.
„Also habt ihr eine Art Deal auf Zeit?“, fragte Jack interessiert.
Delina nickte: „Sie will etwas von mir und ich brauche ihre Hilfe!“
„Etwas Bescheuerteres hast du nicht gefunden?“, Janina schien wirklich frustriert über ihre Kleidung zu sein. Delina hingegen fühlte sich wohl in dem schwarzen Kleid, welches ihr bis zu den Knien reichte. Bei Janina, die ein ganzes Stück größer war, reichte es nur bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel.„Wir haben hier Einheitskleidung. Außerdem solltest du weniger reden, wenn wir das unbeschadet überstehen wollen.“, Jack trug zu Delinas Überraschung eher schwarze Kleidung, die auf einen erneuten Ausflug in den Wald hindeutete.
Sie hatten das Hotel schon fast erreicht und Delina kam nicht drumherum auch die riesige Narbe auf Janinas Oberschenkel zu starren. Sie fragte sich, wo sie die wohl her hatte.
Berthold begrüßte sie vor dem Eingang zur Lobby durch den Delina schon einige Menschen in ebenfalls schwarzer Kleidung erspähte.
„Das sind ja interessante Neuigkeiten!“, Berthold warf Jack einen misstrauischen Blick zu.
„Kümmere dich doch um deinen Kram?“, Janina warf ihm einen zuckersüßen Blick zu und kuschelte sich wieder an Jack um das Bild aufrechtzuerhalten.
„Ich muss mich für meine Schwester entschuldigen!“, Delina schenkte Berthold ein ehrliches Lächeln, „Sie hat viel durchgemacht, bevor endlich Jack in ihr Leben getreten ist!“
Berthold schien auch davon nicht überzeugt zu sein und doch ließ er sie passieren.
Jack atmete auf: „Das wird nicht einfacher!“
Delina sah sich um, ein Kerzenleuchter spendete gedimmtes Licht und tauchte aber auch alles in ein Spiel aus Licht und Schatten. Die Wände wirkten marode, aber der Boden aus Stein schien die Verwüstung die alles andere heimgesucht hatte gut überstanden zu haben.
„Na da ist ja das neue Traumpaar!“, Carin kam in demselben schwarzen Kleid auf sie zu, „Wie schön das heute beinahe alle hier versammelt sind!“
Delina konnte nicht anders, noch bevor Jack etwas sagen konnte platzte es aus ihr heraus: „Ist Church hier?“
Carin sah sie verwirrt an: „Woher kennst du Church?“
Janina schaltete sich ein: „Meine Schwester möchte nur zu gerne den besten Freund meines Verlobten kennenlernen, darum fragt sie so übertrieben enthusiastisch!“
Carin sah verwirrt zu Jack: „Chruch und du? Beste Freunde?“
„Nur weil wir uns ständig kritisieren und er mir bei unserer ersten Begegnung einen Arm abgeschnitten hat heißt das nicht das wir uns nicht verstehen!“, eine dunkle Stimme ließ Carin erschaudern.
Delinas Herz machte einen Sprung, da stand er, in denselben seltsamen Klamotten wie Jack.
Der, den sie gesucht hatte, sie hatte es geschafft.
Church kam zu ihr und nahm ihre Hand, vorsichtig hob er sie und küsste sie: „Es ist mir eine außerordentliche Freude dich kennenzulernen!“
Delina glaubte diesem Moment einfach umzukippen, so nervös machte sie das. Sie starrte auf sein Gesicht, sein wunderschönes, von schwarzen Nähten überzogenes Gesicht. Da seine Haare ordentlich zurückgekämmt waren hatte sie einen umso besseren Blick auf seine pechschwarzen Augen.
„Die Freude ist ganz meinerseits!“, hauchte sie und versuchte ihn nicht weiter anzustarren.
„Würdest du mit mir tanzen?“, Church zog eine Braue hoch und sah sie, immer noch ihre Hand haltend, erwartungsvoll an.
Delina glaubte einen Herzinfarkt zu erleiden, ihr wurde plötzlich heiß und kalt zugleich.
„Ja!“, krächzte sie dann, worauf Church sie an der Hand in die Menge aus tanzenden Menschen führte.
Carin sah Jack und Janina erwartungsvoll an: „Ihr tanzt garnicht?“
Jack kam aus seiner Sprachlosigkeit zurück: „Doch, nicht wahr Schatz?“
Janina starrte noch einen Moment hasserfüllt in Churchs Richtung: „Natürlich Schatz!“
Delina ließ sich von Church ein Stück weg von den anderen führen, dann zog er sie plötzlich nah zu sich: „Leg deine Arme um meine Schultern! Kopf ganz nah zu mir beinahe so als wolltest du mich umarmen!“
Delina starrte ihn nur fassungslos an, also nahm er ihre Hände und schlang sie um seine Schultern, dann legte er seine um ihren Brustkorb und begann sich langsam zu bewegen.
Delina konnte seinen Atem auf ihrem Hals spüren, es jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sie war sich sicher, das ihr Gesicht die Farbe einer Cocktailtomate angenommen hatte, und hoffte das man ihren übertrieben schnellen Herzschlag nicht hören konnte.
„Ist dir etwas passiert?“, zischte Church ihr zu.
„Nein!“, flüsterte Delina, „Janina hat auf mich aufgepasst!“
Church drehte sich mit ihr einmal schneller im Kreis, um die Simulation eines Tanzes aufrechtzuerhalten: „Was will Janina hier, ich schätze sie zählt zu den letzten Wesen, die sich an meiner Rettung beteiligen würden!“
Delina ergriff nun die initiative und schlang die Arme noch enger um ihn, als würden sie romantisch tanzen: „Wieso?“
Church legte ihr daraufhin eine Hand auf den Rücken und drehte sich noch einmal schnell mit ihr: „Weil sie es war die mit Cecilia im Kerker saß in der schwarzen Kathedrale, ich hätte beide beinahe zu Tode gefoltert!“
Delina lehnte sich wieder an ihn: „Die Narbe auf ihrem Oberschenkel!“
Church seufzte leise: „Ja, das war ich! Also, was will sie? Deine Kette?“
Delina war überrascht: „Woher weißt du…“
Church sah sich kurz um, dann bewegte er sich wieder zum Takt der leise spielenden Kapelle im Hintergrund: „Weil ihr Meister sie geschickt hat!“
Delina wurde wieder rot, als sie sich dabei ertappte, wie sehr sie die Situation genoss: „Was sollen wir tun? Wie kommen wir hier wieder raus?“
Church zog sie noch näher zu sich: „Da ist etwas was du wissen solltest! Deine Schwester ist hier, Newra. Und aus irgendeinem Grund ist Treplew es auch!“
Delina erschrak: „Er jagt sie, oder?“
Chruch streichelte ihr sanft über den Rücken, um sie zu beruhigen: „Nein, sie ist heute abgehauen, um zu verhindern das man ihn hinrichtet. Die beiden scheinen wie Janina und du irgendeinen komischen Pakt zu haben! Ich würde vorschlagen wir verfolgen sie! Aber zuerst müssen wir Janina loswerden…“