Finn und Shanora stritten sich, das erste Mal seit langem richtig heftig.
„Warum Sassy, warum genau sie?“, schrie Finn selbe kleine Schwester an und raufte sich sein blondes Haar.
„Sassy will das tun! Und du willst doch auch Church und Delina helfen!“, brüllte Shanora zurück. Beide warfen sich immer wieder mit Gegenständen aus Deseis Wohnung ab, die dieser allesamt abfing damit sie nicht in die Brüche gingen.
Celles saß genervt bei einer Tasse Kaffee in der Küche: „Könnt ihr euch beruhigen?“
Finns Wut richtete sich nun gegen Celles: „Gerade DU redest etwas von sich beruhigen? Du brennst erst mal alles nieder, wenn du wütend bist! Von wegen beruhigen!“
Ation starrte auf die Tischplatte und versuchte sich aus allem raus zu halten.
„Egal wer etwas davon sagt, es sollte dringend passieren!“, Deseis schaute wütend zwischen Shanora und Finn hin und her, „Und lasst endlich meine Einrichtungsgegenstände in Ruhe!“
Finn stellte eine der Vasen zurück und atmete durch: „Es tut mir leid, Shanora!“
Shanora beruhigte sich auch wieder: „Mir auch. Ich hätte Sassy nicht darum bitten dürfen!“
Finn warf ihr nun einen fragenden Blick zu: „Wo warst du so lange? Und wo zum Teufel steckt Sassy? Worüber habt ihr gesprochen?“
Shanora schluckte und wurde nervös. Was sollte sie ihm nur sagen? Dass sie in der Erinnerung seines DNA Spenders gewühlt hatte und es ihr nicht nur um Church und Delina ging, sondern auch darum ihren leiblichen Bruder zu retten?
Sie blieb stumm und starrte Finn einfach nur mit weit aufgerissenen Augen an.
„Über Mädchenkram, nichts was dich interessiert!“, Sassy kam durch die Türe und Finn wirbelte wütend herum. Dann starrte er sie verstört an.
Ihr langes blondes Haar war wieder braunschwarz und ihre Augen von einer dicken Schicht Kajal umrundet. Sie trug, obwohl es nicht kalt war, einen Schal der sogar Teile ihres Munds verdeckte. Dazu eine schwarze Jacke und Hose, Handschuhe und Stiefel, damit man ja keinen Zentimeter ihrer Haut sah. Das auffälligste aber war die große Sense, die sie sich auf den Rücken geschnallt hatte.
Die Klinge war schwarz und schimmerte seltsam.
„Wie siehst du den plötzlich aus?“, fragte Celles sie patzig.
Sassy zuckte mit den Schultern: „Es war Zeit für eine Veränderung!“
Vincent musterte sie seltsam, was Sassy nicht entging.
„Es ist gut, dass du noch hier bist!“, sie warf ihm einen ernsten Blick zu, „Ich will dir einen Deal vorschlagen!“
Vincent war sichtlich überrascht: „Du mir? Ihr braucht doch meine Hilfe!“
Sassy schüttelte den Kopf: „Nein, um genau zu sein brauchst du meine Hilfe!“
Vincent zog eine Braue hoch und sah fast schon beleidigt aus.
Sassy sprach einfach weiter: „Du willst deine Tochter zurück. Solon gibt eine Seele für eine andere. Du kannst mich gegen Janina eintauschen, dafür wirst du Shanora mit dem Nachtschatten helfen. Du wirst ihn dahin leiten, wo sie möchte, egal was sich dir in den Weg stellt!“
Vincent sah sie wütend an: „Gut, Kätzchen! Hand darauf!“
Sassy streckte ihm ihre rechte Hand hin, welche er daraufhin schüttelte.
Vincent erhob sich: „Trefft mich morgen in Buldarak, ich werde einige Zeit brauchen um das Ritual vorzubereiten.“
Dann verschwand er plötzlich.
Finn sah Sassy ernst an: „Und du bist sicher, dass du das tun willst?“
Sassy nickte: „Mach dir bitte keine Sorgen, ich schaffe das schon und bringe alle heil zurück!“
Finn seufzte: „Mir ist nicht wohl dabei! Du bist kaum aus Madum raus und stürzt dich an einen Ort, der noch schlimmer ist als das!“
Sassy lachte: „Es ist genau das, was ich jetzt brauche!“
Shanora war froh das Sassy sie nicht verraten hatte, sie wollte nicht das Finn sich schlecht fühlte.
Sie appretierte um zurück nach Katzus zu gelangen und Finn blieb mit Sassy zurück.
„Könnt ihr uns einen Moment alleine lassen?“, fragte Finn die verblieben.
Celles zuckte mit den Schultern: „Ich gehe ein Nickerchen machen!“ Ation ging bereitwillig aus der Wohnung und Deseis verdrehte die Augen: „Es ist ja bloß meine Wohnung! Macht wenigstens nichts mehr kaputt!“
Dann verschwand er in seinem Zimmer.
Finn begann leise zu sprechen: „Sassy ich habe noch einen zweiten Auftrag für dich!“
Sassy hob überrascht eine Braue und wartete.
„Wenn du die Gelegenheit bekommen solltest - töte Silas!“, Finn sah sie ernst an, „Er ist eine Gefahr für uns alle! Es wäre das beste für uns wenn er nicht zurückkehrt! Church kann die ihn ihm versiegelte Energie des Nachtschattens zurückbringen.“
Stiller erfüllte den Raum. Sassy und Finn starrten sich in die Augen, biss Sassy den Arm hob und Finn eine Ohrfeige verpasste.
Finn hielt sich überrascht die Wange: „Wofür war das?“
Sassy sah ihn wütend an: „Hast du das entschieden, weil dir wirklich denkst im Interesse aller zu handeln? Oder ist es im Grunde deines Herzens eine Entscheidung aus purem Egoismus, weil es für dich leichter wäre, wenn er verschwinden würde?“
Durch ihre lauten Worte kam Deseis wieder aus dem Zimmer, Celles ebenso.
Sassy warf beiden einen gleichgültigen Blick zu, plötzlich löste sie sich in einer Wolke aus Sand auf.
„Was zur Hölle?“, Celles starrte an den Fleck auf dem Sassy bis vor einer Sekunde gestanden hatte, „Finn wusstest du, das sie sowas kann?“
Finn schüttelte erstaunt den Kopf: „Ich bin fast sicher, dass sie das bis gestern nicht konnte!“
Sassy starrte aus dem kleinen Fenster des Bades, in dem sie sich eingeschlossen hatte. Sie war nach Katzus zurückgekehrt und wusste gerade nicht, was sie denken sollte.
Langsam zog sie ihre Handschuhe aus, dann die Jacke. Sie legte den Schal ab und betrachtete sich dann im Spiegel.
Sie hatte sich sehr verändert, schon wieder, als wäre das einfach ihr Schicksal. Ihr Körper war nun, genau wie der von Cecilia von Hieroglyphen überzogen. Auf ihrem Hals prangerte ein Löwenkopf und dahinter das Symbol der Somme.
Sachmet, die Göttin des Krieges war gekommen und hatte Seth dazu gebracht ihr ihre Abwendung von ihrem Glauben zu verzeihen. Beide Götter hatten ihr ihren Segen gegeben, was alles rückgängig gemacht hatte. Treplews Verwandlung, Allisons Verwandlung. Einfach alles.
„Es wäre das beste für uns, wenn er nicht zurückkehrt!“
Finns Worte hallten durch ihren Kopf, sie war sich sicher, dass er sich das wünschte.
Sassy hatte sich in einen nicht besonders hoch gewachsenen blonden Jungen verliebt, der nichts von Rache gehalten hatte. Der immer versucht hatte die unschuldigen zu schützen, wie auch die Schuldigen. Er hatte Church aufgenommen, obwohl er mitangesehen hatte was dieser getan hatte. Und jetzt bat er sie Silas zu töten?
Sie alle hatten sich verändert und sie war sich nicht sicher, ob zum guten.
Ein Klopfen an der Türe veranlasste sie sich schnell wieder zu bedecken.
Sie schloss auf und sah in Shanoras traurige Augen.
„Ich habe gehört Finn und du, ihr hättet Streit gehabt!“, Tränen schossen in ihre Augen, „Wegen mir? Wegen meiner Bitte? Sassy es tut mir so leid, ich hätte dich nie mit hineinziehen dürfen!“
Sassy schüttelte schnell den Kopf: „Nein Shanora! Finn und ich hatten Streit wegen Finn!“
Shanora sah sie überrascht an: „Was hat er getan?“
Sassy ließ den Kopf hängen: „Vielleicht ist er einfach nicht mehr, der in den ich mich einmal verliebt habe und es liegt an mir!“
Shanora riss überrascht die Augen auf: „So schlimm?“
Sassy nickte: „Schlimmer als schlimm. Ich denke es ist gut, dass ich morgen aufbreche. Ich bin sehr enttäuscht!“
Shanora nickte bedrückt: „Vielleicht tut der Abstand dir gut! Ich bin froh, dass du mir hilfst und für mich da bist! Danke Sassy!“
Sassy lächelte sie an: „Ist doch klar Shanora! Du bist mir nicht nur wichtig weil du die Erbin des weißen Throns bist! Du bist so viel mehr als das!“
Shanora strahlte nun über beide Ohren: „Dann kann ich jetzt also beruhigt ins Bett gehen und muss mir keine Sorgen mehr machen. Ich habe volles Vertrauen zu dir! Du und Church, ihr werdet mit Delina alles klären und Silas nach Hause bringen, damit ich versuchen kann ihm zu helfen!“
Sassy legte den Kopf schief: „Genau das liebe ich so an dir, Shanora! Deine Güte! Sieh das bitte nie als Schwäche, genau das macht dich stark!“ Als Shanora Sassys Zimmer verließ, kam Finn ihr entgegen.
„Alles gut bei ihr?“, wollte er wissen.
Shanora warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu: „Ich weiß ja nicht was du gesagt hast, aber es scheint sie total aufgebracht zu haben!“
Dann ließ sie ihn einfach stehen und verschwand. Finn starrte kurz auf die Türe und klopfte dann. Als er nicht hereingebeten wurde, öffnete er diese einfach.
„Finn!“, rief Sassy erschrocken aus und schlüpfte schnell wieder in ihre Jacke, die sie gerade ausziehen wollte.
Finn riss die Augen auf, jetzt ergab alles einen Sinn.
„Du hast doch nicht etwa...“, er starrte sie schockiert an, „Darum die Haare... du warst in Ägypten bei Seth!“
Sassy nickte: „Ich weiß, das du es nicht verstehst. Aber ich muss Shanora helfen und Church! Das musst du zumindest tolerieren!“
„Aber du wolltest doch nie eine Priesterin werden!“, Finn musterte sie kritisch, „Das hast du mir schon erzählt, als wir noch Kinder waren!“
Sassy verschränkte die Arme: „Aber ich brauche diese Macht um meine Freunde zu schützen! Ich habe den Segen von zwei Göttern bekommen, also kann ich in Solon wirklich nützlich sein!“
Finn sah sie vewrwirrt und auch ein wenig schockiert an: „Zwei Götter? Aber wie ist das möglich?“
Sassy zuckte mit den Schultern: „Sachmet bewunderte meinen Mut mich wieder an Seth zu wenden, darum war sie mir so zugetan das Seth und sie mir beide ihren Segen gaben. Kannst du dir vorstellen, was wir damit bewirken könnten? Wir können endlich den Limbus zurückerobern!“
Finn kniff die Augen zusammen: „Wir haben dringendere Probleme! Silas ist zurzeit...“
Sassy unterbrach ihn harsch: „Ich will nichts mehr darüber hören!“
Finn riss die Augen auf, sie waren voller Wut: „Warum verteidigst du ihn? Er hat Kyra dazu gebracht dich zu erschießen, dreimal!“
Sassy deutete auf die Türe: „Weil eigentlich du ihn verteidigen solltest. Geh!“
Finn sah sie nun verwundert an und begann zu grübeln: „Sind wir noch... ich meine willst du noch...“
Sassy schnitt ihm das Wort ab: „Im Moment dienen wir beide einem Ziel, falls du das in deinem Neid und deiner Missgunst nicht vergessen hast! Was wir privat noch sind, können wir besprechen, wenn ich alle heil zurückgebracht habe!“
Finn wirkte verletzt, was Sassy auch leid tat, aber er sollte während ihrer Abwesenheit darüber nachdenken. Auch sie musste sich über vieles klar werden. Sie waren nicht mehr der blonde Junge und die zickige Vampirin.
Die Nacht verlief ansonsten ruhig und Shanora betrachtete in den frühen Morgenstunden wie die Sonne über dem Etan, dem großen Fluss von Argenshire aufging. Alles wirkte so friedlich und doch würde Sassy heute zu einer so heiklen Mission aufbrechen.
Shanora dachte an Church und Delina, welche in Solon festsaßen. Church, der ihr so geholfen hatte, als Finn im Koma lag. Delina die sie im Kampf gegen Suma und Treplew unterstützt hatte.
„Können wir los?“, Shanora erschrak, als sie plötzlich Sassys Stimme vernahm.
Shanora blickte sie überrascht an: „Willst du nicht auf die anderen warten?“
Sassy schüttelte entschieden den Kopf: „Ich will so schnell wie möglich aufbrechen, ich habe ein schlechtes Gefühl was unsere verschollenen Freunde betrifft!“
Shanora nickte und sie reichten sich die Hände, um zu appretieren.
Einen Moment später standen sie in Buldarak, Sassy schauderte, das letzte Mal als sie vor dem Tor zur großen Halle gestanden hatte war es nicht gut für sie ausgegangen.
„Denkst du wir können Vincent vertrauen?“, fragte Shanora die offensichtlich ihre Unsicherheit bemerkt hatte.
Sassy schüttelte den Kopf: „Nein, darum musst du gehen!“
Shanora schüttelte ebenfalls den Kopf: „Kommt gar nicht infrage!“
Das Tor schwang auf und Vincent warf beiden einen genervten Blick zu.
„Ich halte mein Wort!“, zischte der Hexenmeister, „und Shanora sollte vielleicht wirklich gehen, aber nur um ihre Ziehmutter um Erlaubnis zu bitten mit mir das alte Portal am Friedhof in Ladiras Wald zu reparieren. Oder habt ihr ein Ticket für die Heimreise dabei?“
Shanora nickte: „Gut das lässt sich einrichten!“
Sassy lächelte: „Dann geh zu Ladira! Und sag den anderen schöne Grüße!“ Shanora überlegte, dann nickte sie: „Aber Sassy, pass bitte auf dich auf!“
Sassy umarmte Shanora zum Abschied bevor sie appretierte.
Dann wendete sie sich Vincent zu, welcher schon ungeduldig die Arme verschränkt hatte.
„Kommt der heilige Finn etwa gar nicht um seine Perle zu verabschieden?“, der Hexenmeister musterte Sassy eindringlich.
„Sind wir hier um den Austausch durchzuführen oder um über unsere Privatangelegenheiten zu debattieren?“, fragte Sassy und warf ihm einen strengen Blick zu.
Vincent schmunzelte und führte sie durch die große Halle zu einem seltsamen Altar, den er ausgestellt hatte.