Shanora saß, wie so oft an Chashs Bett und hielt seine eigenartig kalte Hand.
„Wenn Solon zerstört wird, dann kehrt auch deine Seele zurück in ihren Körper!“, versuchte sie aufmunternd zu sagen.
Vier Monate waren vergangen seit Sassy aufgebrochen war, vier endlos lange Monate ohne auch nur ein Wort von ihr, Church oder Delina.
Oder Silas.
Shanora schon den Gedanken beiseite, die Jäger hatten besprochen wie mit Silas zu verfahren wäre, wenn auch er es zurückschaffen würde.
Zu ihrer Entrüstung hatte Finn vorgeschlagen ihn zu töten und seine Überreste einem Verschlinger zum fraß vorzuwerfen.
Die anderen hatten zwischen einem Verlies und Verbannung geschwankt.
Shanora hatte sich bewusst mit ihrem Veto zurückgehalten, sie würde sich, falls sie alle heil zurückkehren würden, ein Bild machen und dann entscheiden. Immerhin hatte sie das letzte Wort. Ein Veto von ihr würde alles aufhalten.
Die Türe hinter ihr öffnete sich und zu ihrem überraschen trat Claude ein, erstarrte aber sofort als er sie sah.
„Es tut mir leid!“, grummelte er, „Hab mich wohl in der Türe geirrt!“
Shanora lächelte ihn freundlich an: „Du kannst gerne bleiben, wenn du willst. Ich weiß ohnehin das du hier herkommst wenn du denkst niemand merkt es. Aber keine Sorge, ich verrate es nicht.“
Mit diesen Worten ließ sie den verwirrten Druiden stehen.
Sie nahm den Lift in den Aufenthaltsraum und krachte, als dieser sich öffnete beinahe in Ladira, die gerade noch rechtzeitig stehen blieb.
„Oh, schön dich zu sehen!“, stellte Shanora fest, „Gibt es einen Anlass für dein Erscheinen?“
Ladira lächelte: „Ich habe bloß Saphira besucht und will jetzt weiter zu Celles! Nichts Aufregendes also!“ „Du hast also nicht vor mich zu fragen, warum der Nachtschatten immer noch in Celles steckt?“, wollte Shanora überrascht wissen.
Ladira lächelte sie an: „Was auch immer dich zu deiner Entscheidung bewogen hat, ich habe gelernt auf sein Urteil zu vertrauen. Immerhin bist du die Königin von weißen Thron!“
Shanoras Herz machte einen Sprung, man vertraute auf sie als Anführerin.
Plötzlich wurde die Türe aufgerissen und ein blutüberströmter Finn kam hindurch.
„Oh mein Gott was ist passiert?“, entfuhr es Shanora als Finn zur Küche schritt und sein ehemals weißes Shirt über den Kopf zog und in die Spüle warf.
„Die Bastarde sind besser aufgestellt als gedacht!“, fluchte Finn und bemerkte die besorgen Blicke der anderen beiden.
„Es ist nicht mein Blut, keine Sorge!“, er drehte den Wasserhahn auf und wusch sich das Gesicht, „Ich war im Limbus und dachte ich überprüfe einmal, ob die Kreaturen schon in ihre Löcher zurück gekrochen sind, nachdem wir ihre Anführer erschlagen haben."
Ladira runzelte die Stirn: „Alleine?“
Finn warf ihr einen schuldbewussten Blick zu: „Nur ich, ich und ich!“
Shanora kniff wütend die Augen zusammen: „Du könntest tot sein! Warum gehst du einfach in ein von Feinden besetztes Gebiet, ohne zumindest mir Bescheid zu sagen!?“
Finn seufzte: „Weil ich dachte es wäre keines mehr, was wollen hirnlose niedere Dämonen mit dem Limbus?“
Ladira sah ihn ernst an: „Also halten sie den Limbus nach wie vor? Aber warum?“
Shanora überlegte: „Was, wenn sie einen neuen Anführer haben?“
Ladira nickte: „So muss es sein!“
Finns Blick verhärtete sich: „Silas!“
Shanoras Augen weiteten sich: „Nein! Warum sollte er das tun?“
Finn sah sie ernst an: „Warum nicht? Was wenn er genau das geplant hat? Er erobert die Gebiete die einst dem Dunklen und jetzt seinen Nachkommen gehören. Er wird sich auch diesen Ort holen wollen!“
Delina erwachte, wie seit Tagen, oder Monaten, unter einem violetten Himmel. Zeit war hier so relativ, da es nichts gab, woran man sie festmachen konnte. Sie wussten nicht, wie lange sie hier waren oder welche Tageszeit es war, alles blieb immer gleich, Temperatur, Lichtverhältnisse...
Sie jagten allen Spuren, nach die sie finden konnten. Jeder Kratzer in einem der Bäume wurde akribisch untersucht und dann Treplew oder etwas anderem, zugeordnet.
Sie waren oft knapp dran gewesen, fanden noch warme Feuerstellen. Dann wieder so weit entfernt ohne einen Hinweis.
Langsam zog sie sich hoch, es schien, als würde dieser Ort systematisch versuchen ihre Seele zu zerstören.
Alles was sie davor bewahrte waren ihre Gefährten.
Es funktionierte wunderbar, also wenn man darüber hinwegsah das Church Silas bis aufs Blut hasste und seine Abneigung größer zu werden schien.
„Hör doch auf so widerlich zu schleimen!“, hörte sie Church’s Stimme, er klang schon wieder sehr genervt.
Silas klang nicht weniger genervt: „Ich schleime nicht, ich versuche nur freundlich zu sein du Idiot!“
Delina zählte von drei runter, sie war sich sicher das Sassy gleich anfangen würde den Streit zu schlichten.
„Jetzt beruhigt euch mal!“, Sassy war an der Reihe, „Wir sind alle angespannt, aber wir dürfen nicht ständig streiten und das Ziel aus den Augen verlieren! Newra finden und mit ihr hier verschwinden!“
Church schien sich, aber nicht beruhigen zu wollen: „Das ist vielleicht unser Ziel, aber nicht das von diesen... diesem... diesem...“
Silas half ihm auf die Sprünge: „Diesem echten Finn? Mein Ziel ist es euch so schnell wie möglich loszuwerden also wäre es ganz nett, wenn wir euer Ziel schnell erreichen würden!“
Delina stand auf und betrachtete die Szene genervt.
Sie schnippte mit den Fingern und die beiden flogen auseinander und landeten auf dem Rücken.
Sassy zwinkerte ihr zu: „Danke das hast du gut gemacht!“
Delina nickte: „Ja das Training mit dir zahlt sich aus!“
Sassy grinste und sah zu Silas und Church auf den Boden: „Werdet ihr jetzt bitte wieder...“
Plötzlich verstummte sie, etwas schien sich Ihnen zu nähern.
Schnell sah sie sich um, sie waren mitten in diesem endlos wirkenden Wald.
Church schien es ebenfalls zu bemerkten: „Delina, Sassy, versteckt euch!“, zischte er ihnen zu.
Sassy deutete auf einen besonders knorrigen Baum um angelte sich daran hoch. Delina tat es ihr gleich. Silas und Church blieben unweit des Baumes stehen und sahen sich um.
„Church, wer hätte gedacht das DU mit Gott herumhängst!“, Maleon trat zu ihnen.
Church musterte seinen ehemaligen Verbündeten kritisch.
Silas aber warf ihm einen strengen Blick zu: „Du solltest knien vor deinem Gott, Nephilim!“
Delina wäre beinahe ein lauter Schrei entwichen so sehr ärgerte sie sich über die maßlose Arroganz von Silas.
Church rieb sich genervt den Nasenrücken.
„Maleon, ich muss mich für das grauenhafte Verhalten von diesem Individuum entschuldigen!“, er versuchte einen versöhnlichen Ton anzuschlagen.
Maleons Stimme blieb aber kalt: „Wo ist Janina? Die Zeit drängt ich muss sie sofort sehen!“
Silas grinste: „Oh, das tut mir leid! Die hatte ich satt also habe ich das Modell gewechselt!“
Chruch konnte nicht fassen, wie dreist Silas war.
„Mein Vater hat dir die Unterstützung gestrichen, also unterliegst du jetzt den Regeln unserer Welt!“, Maleon holte aus und versetzte Silas einen Schlag in die Magengrube.
Dieser krümmte sich zwar kurz und aus seinem Mundwinkel rann Blut, aber er lächelte Maleon nur wissend an: „Du schlägst zu wie ein kleines Mädchen!“
Maleons Augen flackernden vor Zorn auf und er schlug wütend auf Silas ein.
„Maleon, es reicht!“, Church versuchten den Nephilim zu beruhigen, „Glaub mir ich hasse ihn auch, aber du bringst ihn noch um!“
Maleon aber schlug weiter nach Silas der sich nicht zu wehren schien. Plötzlich stieß dessen Faust auf kaltes Metall.
„Geh mir aus dem Weg! Er wird dafür bezahlen! Er wird bluten für seine Taten!“, schrie Maleon Sassy an, die seinen Schlag mit ihrer Sense geblockt hatte.
„Er blutet doch schon!“, schrie Delina ihn an, sie hatte Silas aus Maleons Reichweite gezogen und ihn gegen einen Baum gelehnt.
„Habt ihr es nicht verstanden?“, Silas keuchte, „Es ist der Fluch der Gefallenen. Er wird erst von mir ablassen wenn ich tot bin. Und dann wird er sich verwandeln und einer dieser hirnlosen Zombies sein! Lasst ihn los und verschwindet hier! Ihr könnt ihn nicht aufhalten!“
Delina drückte ihn fest in den Baumstamm: „Du dummer Idiot! Denkst du wir lassen dich nach all dem Trubel hier zum Sterben zurück?“
Chruch runzelte die Stirn: „Machen wir nicht?“
Sassy und Delina warfen ihm einen vielsagenden Blick zu.
„Aus dem Weg!“, Maleon funkelte Sassy an, „oder ich töte dich zuerst!“
Sassy rümpfte die Nase: „Ich werde mich allerdings wehren! Delina?“
Delina stellte sich neben sie: „Du musst wohl erst an uns vorbei!“
Chruch seufzte tief: „Sieht wohl ganz danach aus!“
Maleon schrie zornig auf und versuchte Sassy mit einem Tritt aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Delina aber find sie und gab ihr einen Schubs in die richtige Richtung.
In derselben Bewegung ließ sie sich auf den Boden fallen und rollte sich ab, sodass sie ein wenig weiter hinten wieder auf die Beine kam. Sassy parierte in der Zwischenzeit einen Schlag von Maleon und Delina konzentrierte sich, spürte die arkanen Ströme, die durch ihren Körper schossen.
Church versuchte Maleon mit seinen Fäden zu fesseln was nicht besonders gut gelang und Sassy geriet auch immer mehr in Bedrängnis.
„Delina?“, fragte sie leicht panisch, „bist du soweit? Du musst ihn so fest treffen das er zumindest betäubt ist!“
Delinas Augen schienen nun in einem hellen violett zu Strahlen: „Ja!“
Sassy verpasste Maleon noch einen Schlag und Church fesselte im selben Moment seine Beine, dann ließen sich beide auf den Boden fallen und aus Delinas ausgestreckter Hand schoss ein Strahl arkaner Energie die Maleons Brust traf. Der Nephilim starrte sie fassungslos an, kraftlos sank er auf die Knie. Die arkanen Ströme, die durch seinen Körper gefahren waren hatten wohl alles lahm gelegt, er konnte keinen Finger mehr rühren. Sein Organismus wurde langsamer und er kippte zur Seite, bis schließlich seine Atmung versagte und seine Augen weit offen stehen blieben.
Delina schlug die Hände vor dem Mund zusammen und unterdrückte einen Schrei.
Sassy und Church starrten ebenfalls auf die Leiche, aus deren Gesicht mittlerweile alle Farbe gewichen war.
„Das wollte ich nicht!“, stammelte Delina, „Ich wollte ihn besiegen, aber ihn nicht töten!“
Church kam zu ihr und nahm sie in den Arm, sodass sie nicht sah wie Sassy die Leiche untersuchte.
„Wenn ich einen von euch getroffen hätte, so wie beim Training!“, Delina brach in Tränen aus.
Silas stemmte sich hoch: „Das war dumm!“
Church kniff wütend die Augen zusammen: „Dumm war es dich zu retten!“
Silas wischte sich sein Blut aus den Mundwinkeln: „Das sagen viele über deine Rettung auch!“
Chruch löste sich von Delina und verpasste Silas einen Faustschlag ins Gesicht: „Du widerst mich so an!“
Silas lächelte verächtlich: „Aber auch nur, weil du nicht mein Typ bist. Wärst du eine Frau wärst du mir bereits verfallen. So wie die Dunkler Töchter! Vielleicht sollte ich mir Saphira als nächste schnappen damit dein Balg jemanden Daddy nennen kann!“
Delina versuchte noch die beiden zu beruhigen, aber sie gingen aufeinander los.
„Traurig, dass du deine Magie brauchst, damit man dir verfällt!“, Church schlug zu, „Aber wie sonst könnte man dich lieben? Niemand liebt dich, darum zwingst du ihnen deinen Willen auf!“
Silas schien auch immer wütender zu werden: „Diese dummen Gänse sind meine Zeit nicht wert! Immerhin ziehen sie es in Betracht sich mit deinesgleichen Fortzupflanzen!“
Church steckte ein paar Schläge von Silas rechter Hand ein. Würde er die Linke benutzen hätte er hier in Solon ein ernsthaftes Problem.
Church hatte zu lange überlegt, blitzschnell packte Silas ihn mit seiner eisernen Hand am Hals und drückte schmerzhaft zu.
„Lass ihn los!“, schrie Delina auf und Sassy eilte zu ihnen.
„Finn lass ihn los. Das bringt doch nichts!“, Sassy sprach mit ruhiger Stimme, Delina sah aber genau wie sich der Griff um ihre Sense festigte.
Silas ließ Church tatsächlich los und warf ihm einen abfälligen Blick zu.
Dann drehte er sich zu Delina und starrte ihr tief in die Augen, sofort wurde ihr leicht schwummrig und der Duft nach Pfefferminz zog sie in ihren Bann.
„Es ist schon interessant, was Anziehung ausmacht!“, Silas warf Church, der sich den Hals rieb, einen provozierenden Blick zu, „aber ich bin nicht, wie du mich darstellst. Ich habe die Frauen die mir verfallen noch nicht einmal geküsst!“
Er zog Delina zu sich und sah in ihre vernebelten Augen: „Das erschien mir nicht richtig, weil auch ich weiß das zwischen Liebe, echter Hingabe und reinem Verlangen ein Unterschied ist. Aber das willst du nicht hören oder, das passt nicht in dein Konzept von mir!“
Dann fuhr er ihr durchs Haar was Chruch dazu veranlasste sich aufzurappeln, um ihn davon abzuhalten Delina noch einmal zu berühren.
Sassy war schneller, sie zog Delina von ihm weg und ihre Hand landete klatschend auf seiner Wange.
Church war überrascht, Sassy hatte Silas geohrfeigt. Soviel zu ihrem Plan sanft mit ihm umzugehen.
Delina konnte wieder klar denken und schauderte: „Was hast du mit mir gemacht?“
Sie wischte sich panisch über die Lippen.
„Alles okay?“, wollte Sassy besorgt von ihr wissen.
„Alles was ich denken konnte war wie sehr ich ihn küssen will, bitte sag mir, das ich’s nicht getan habe!“, Delina wurde kreidebleich und starrte auf den Boden.
Sassy schüttelte den Kopf: „Nein, aber wenn du dich jetzt schmutzig fühlst können wir baden gehen!“
Delina nickte dankbar, alleine war ihr der seltsame Fluss, der seinen Ursprung vor der Sicherheitszone gehabt hatte und sie seitdem zu verfolgen schien, unheimlich.
„Vorausgesetzt die Herren der Schöpfung schlagen sich alleine nicht gleich wieder die Schädel ein und kümmern sich um unser Problem?“, Sassy deutete möglichst unauffällig auf die Leiche und warf beiden einen vorwurfsvollen Blick zu.
„Ich für meinen Teil kann ihm ignorieren!“, verkündete Church und starrte demonstrativ an Silas vorbei.
„Und ich hatte nicht vor mit ihm zu sprechen!“, verkündete Silas und setzte sich auf den Boden.
Sassy warf beiden einen genervten Blick zu und zog Delina mit sich.