Delina versuchte noch schneller zu laufen, sie folgte Sassy durch den Wald. Silas und Church waren knapp hinter ihr, ungewöhnlich da sie sonst die langsamste war. Aber diesmal nicht diesmal würde sie nicht versagen. Auch wenn sie Newra nicht kannte, sie war ihre Schwester und sie würde sie hier herausholen damit sie nicht so wie Maleon enden würde. "Wie weit noch?", Churchs Frage erübrigte sich, als die lauten Geräusche eines Kampfes hörbar wurden. Sie hatten es geschafft, sie hatten Newra endlich eingeholt.
"Du?", Newra hielt sich ihren blutenden Arm, "Warum greifst du uns an?" Sie starrte in blitzblaue Augen und ein emotionsloses Gesicht, das Gesicht das ihr früher so vertraut gewesen war.
"Wieso ist dein Weggefährte unser Mörder, Newra?", Julopatra strich ihr blondes Haar zurück, ihre beiden Mastiffs knurrten bedrohlich. Treplew fuhr seine Klauen aus und fixierte Julopatra misstrauisch: "Was redest du da? Ich habe nie jemanden getötet?" Julopatra schnaubte verächtlich: "Treplew der Schänder? Nie jemanden getötet? Du hast mich wie ein wildes Tier aufgespießt! Ich werde nie dein widerliches Lachen vergessen, in meinen letzten Momenten! Hast du Shanora und Finn auch getötet? Deine Grausamkeit ist unvergleichbar, nie werde ich vergessen was du getan hast. Oder wie Finn und Church Newras Leiche in Illutia zu uns brachten, du hast ihr den Hals fast durchgebissen!"
Treplew starrte kurz auf Newras Narbe am Hals: "Das ist gelogen! So etwas würde ich nie tun!"
Newra mischte sich nun auch ein: "Genug! Er ist nicht der für den du ihn hältst! Er kann sich an nichts davon erinnern!" Julopatra warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu und hob die Hand um ihren Mastiffs einen Befehl zu geben: "Und das glaubst du? Greift an!"
Die Mastiffs knurrten und sprangen auf Treplew los, Newra stellte sich vor ihn und riss die Arme hoch. Sie konnte den Boden unter den massigen Tieren vibrieren spüren, ihren Atem hören, ihr knurren und das Fletschen ihrer Zähne. Dann ein Jaulen.
Newra senkte die Arme, zwei eigenartige Wölfe hatten Julopatras Hunde niedergestreckt und sich auf sie gestürzt.
"Was...", Julopatra fuhr herum und starrte in Delinas violette Augen."Lass deine Biester noch einmal auf meine Schwester los und du bekommst es mit mir zu tun!", Delina starrte sie wütend an und die Nebelwölfe lösten sich auf. Die Hunde trotteten wieder zu ihrer Besitzerin und schienen auf neue Befehle zu warten.
"Julopatra, bitte warte, greif sie nicht weiter an!", Church kam zu Delina und hoffte die Amazone beschwichtigen zu können, auch wenn sie nie die besten Freunde gewesen waren. Newra blickte hoffnungsvoll zu Church und Delina, dann riss Treplew sie an der Schulter hinter sich.
"Stell dich nie wieder vor mich, du musst mich nicht beschützen!", er behielt die Hunde genau im Blick, um vorbereitet zu sein.
"Treplew!", stellte Church fest und sein Gesicht verhärtete sich, "Pack die Klauen weg sonst denkt noch jemand du wirst gleich wieder durchdrehen!"
„Wovon reden sie?“, Treplew fuhr seine Klauen ein und warf Newra einen fragenden Blick zu.
Delina wollte schon eine Antwort geben, aber um sie schien die Zeit plötzlich wieder quälend langsam zu vergehen, Newra und die anderen bewegten sich kaum merklich.
Sie schien nicht davon betroffen zu sein, Silas kam zu ihr und stupste sie an.
„Was tust du?“, wollte sie verstört wissen.
„Sehen ob nur wir beide uns nicht in einer eigenartigen Zeitschleife befinden!“, erklärte er grinsend.
Plötzlich tauchte vor ihnen ein Wesen auf das Delina nur allzu gut bekannt war, schließlich war dies nicht ihre erste Erfahrung mit einer Zeitkrümmung.
Die zart violette Haut des Wesens, wie auch die perlmuttfarbenen Sternenbilder, die auf jeder nicht bekleideten Stelle des Körpers zu sehen waren schien zu strahlen.
Die eigenartigen weißgrauen Haare und die violetten Augen musterten Delina und Silas, das seltsame weiße Kleid erinnerte sie an die Prunkgewänder ihrer Adoptivfamilie in der Stadt der Nebel.
„Was willst du?“, Delina musterte das freundlich lächelnde Wesen kritisch.
„Ich will euch helfen!“, die feminine Stimme klang ein klein wenig spöttisch und die eigenartige Zeitkrümmerin legte den Kopf schief.
Silas lachte: „Indem du Softeis aus unseren Kameraden machst und die Gesetze der Zeit brichst? Danke, aber du solltest dir andere Freunde suchen!“
Delina verpasste ihm ihren Ellbogen in die Rippen: „Lass es, sie, was auch immer, ausreden!“
„R, ihr könnt mich R nennen!“, das Wesen verbeugte sich leicht.
„Toller Name!“, Silas wich dem nächsten Ellbogen von Delina geschickt aus.
„So wie dein Name? Silas bedeutet „der Kleine aus dem Wald“ – fühlst du dich so? Wie ein Eremit aus dem Wald?“, R kicherte leise, „Du hast keinen Grund über meinen Namen zu lästern, du traust dich nicht einmal deinen richtigen Namen auszusprechen, Prinz vom weißen Thron!“
Silas funkelte das Wesen nun wütend an und Delina hoffte das dieser Besuch sich bald wieder in Wohlgefallen auflösen würde.
„Ihr seid so dumm, wurdet beide von derselben Person verraten und verkauft, aber ihr seht es nicht. Ihr folgt nicht der Spur aus Brotkrumen, ihr rennt blind durch den Wald!“, R kicherte wieder, „Aber ich werde euch nun den Weg weißen! Und nehmt euch in acht, Nathaniel kommt. Und der Verräter hat seinen nächsten Zug bereits gemacht. Oder denkt ihr wirklich Suma hat alles geplant? Ihr kratzt nur an der Oberfläche!“
Delina schauderte, sie hatte keine Ahnung wovon das Wesen sprach.
Silas schien ebenso verwirrt zu sein, dann ging ihm ein Licht auf: „Der Limbus, wer hält die Armee zusammen, wenn ihr Führer doch gefallen ist?“
R lachte: „Langsam stellst du zumindest die richtigen Fragen!“
Dann verschwand sie und alle um sie herum bewegten sich wieder normal.
„Wir bekommen ärger!“, verkündete Delina und erntete verwirrte Blicke.
„Wir haben bereits eine Menge Ärger!“, Church fixierte Treplew immer noch.
Newra sah sich in der Zwischenzeit Silas genauer an: „Oh mein Gott! Seine Augen!“
„Sind nichts was dich interessieren sollte!“, Sassy kam aus dem Wald woraufhin Julopatra die Augen verdrehte.
„WIR BEKOMMEN ÄRGER!“, diesmal schrie Delina die Worte, um sich Gehör zu verschaffen, aber es war zu spät.
Ein lauter Knall ertönte und hinterließ an der Stelle an der Delina und Silas gestanden hatte einen Krater.
Delina wurde zurückgeschleudert und von Churchs Fäden abgefangen.
Nathaniel stand in der Mitte des Kraters, seine Hand drückte Silas die Luft ab: „Du…“
„Es ist nicht so wie es aussieht!“, Sassy wollte zu Nathaniel eilen. Aber dieser hob nur seine andere Hand und sie wurde zurückgeschleudert.
„Also hat er nicht meinen Sohn getötet? Hat er mir nicht alles genommen obwohl ich ihm half? Sag mir, Wüstenprinzessin, wie ist es, wenn es nicht ist, wie es aussieht?“, fragte Nathaniel ruhig und drückte fester.
Silas keuchte: „Es ist genau, wie es aussieht, es ist immer, wie es aussieht! Die anderen wollten mich aufhalten, aber ich habe Maleon getötet!“
Er warf Church einen Blick, zu der schwer zu deuten war.
Delina eilte vor und wollte etwas sagen, aber Church reagiere schnell und hielt ihr den Mund zu.
„Kein Wort, über das was du getan hast!“, zischte er ihr zu, „So ist es besser für alle!“
Nathaniel seufzte: „Ihr dürft gehen, wenn ihr mir den Verräter und das Auge von Solon überlasst! Ich bringe euch nachhause!“
Sassy wollte den Kopf schütteln, wurde aber von Fäden gefesselt und geknebelt.
„Gut! Du hast den Verräter bereits und wir geben dir das Auge. Zuerst will ich aber das Portal sehen, dann gibt es den Stein!“, Church griff nach Delinas Kette, dann aber passierte etwas, was er nicht erwartet hatte.
Delinas Kopf rumorte, Erinnerungen schossen ihr hoch, Erinnerungen an ihre frühe Kindheit.
Sie hatte sich das Knie aufgeschlagen und während ihre Schwester sie für ihren Übermut schimpfte, trug Finn sie huckepack nachhause.
„Es wird aufhören weh zu tun! Das verspreche ich dir! Und vergiss nie das ich dich mit meinem Leben beschützen werde!“, seine Worte hallten durch ihre Ohren. Er wollte sein Versprechen halten, Silas schien sich daran zu erinnern. Der Blick an Church war gewesen um diesen Packt zu besiegeln und Delina in Sicherheit zu bringen.
Delina öffnete ihren Mund und biss zu als Church nach ihrer Kette, dem Auge von Solon, greifen wollte.
Dann sammelte sie all ihre Kraft, eine Strom arkaner Energie schoss aus ihrem Körper und stieß den überraschten Chruch von ihr.
Sie riss sich die Kette vom Hals und formte mit der anderen Hand eine Kugel arkaner Energie.
„Ich zerstöre es, wenn sie ihn nicht sofort loslassen!“, drohte Delina dem überraschten Nathaniel dann.
„Du weißt nicht was du da tust!“, Nathaniel ließ Silas aber wie gewünscht frei.
Dieser rieb sich den Hals und warf Delina einen verwirrten Blick zu.
„Es wird aufhören weh zu tun, das verspreche ich dir! Und vergiss nicht, ich werde dich mit meinem Leben beschützen!“, sagte sie dann und lächelte Silas breit an.
„Ansonsten trage ich dich eben bis nachhause!“, vervollständigte er den Satz, den er damals zu ihr gesagt hatte.
„Delina, was tust du da?“, Church rappelte sich hinter ihr auf.
„Ich beschütze meine Kameraden! Auch wenn ich dich dafür bekämpfen muss!“, sagte sie traurig.
Langsam ließ die den Arm sinken und fasste in ihre Hosentasche, wo sie ein Klappmesser vermutete. Aber alles was sie fand war ein zusammengefalteter Zettel.
Unauffällig zog sie ihn hinaus und öffnete ihn langsam.
„Der Ursprung von Solon ist der Ursprung der Welt selbst.
Vernichte beide und sieh zu was passiert. Der Verräter wird sich bald
offenbaren. Bring mir das Herz der zerstörten Welt und die Spur aus Brotkrumen geht weiter. Tu es nicht und du wirst keinen weiteren Hinweis auf deinen Vater oder deine Schwester bekommen. Gruß – R.“
Delina starrte kurz auf den unscheinbaren schwarzen Stein, dann auf Nathaniel.
„Was auch immer du denkst, du solltest es nicht tun!“, der gefallene Engel blickte sie panisch an.
Delina schauderte, ob das Wesen ihr wohl zeigen würde, das mit ihrer Schwester passiert war? Newra hatte sie gefunden, aber Nelina nicht.
Und wer hatte sie und Silas verraten, damit auch Nelina und ganz Osilia?
Auf jeden Fall führte diese Person einen Feldzug gegen Shanora und es galt herauszufinden warum.
Langsam steckte sie den Zettel zurück in ihre Hosentasche und seufzte.
Ihr war nicht wohl bei dem was sie vorhatte.
„Wer auch immer du bist!“, Newras Stimme holte sie aus ihren Gedanken, „Und wer auch immer er ist, mit seinen türkisen Augen. Ist er es wert gerettet zu werden?“
Delina nickte: „Ebenso wie Treplew. Jeder hat eine Chance verdient, wenn er bereit ist sich zu verändern!“
Church versuchte sich Delina zu nähern, wurde aber erneut zurückgestoßen: „Delina bitte! Was hast du vor?“
Delina ließ den Kopf hängen: „Ich beende die Existenz dieser Welt!“
Dann formte sie eine weitere Kugel blitzender arkaner Energie und schoss diese auf Nathaniel, mit ihr das Auge von Solon.
„Es tut mir leid!“, sagte sie mit Tränen in den Augen, „Aber ich habe keine Wahl!“
Ein Knall ertönte und riss Nathaniel wie auf das Auge Solons in Stücke, in der Mitte der Explosion entstand ein weißer Kristall, welcher einen Sog ausübte und die ganze Welt zu verschlingen schien.
Bäume wurden entwurzelt und in das schwarze Loch gesaugt, alles schien davon verschlungen zu werden.
Delina rann eine Träne über die Wange, als sie sah, wie ihre Freunde dagegen anliefen, aber immer näher an den zerstörerischen Strudel gerieten.
„Wenn jemand eine Idee hat, ich wäre offen für alles!“, Church verband sie alle durch seine Fäden und Newra reichte Julopatra die Hand.
Allerdings löste sich ihre Gestalt auf und sie lächelte: „Danke, nun werden wir Frieden finden!“
Dann wurde sie zu Staub, der ebenfalls in den Sog gezogen wurde.
„Ein Ticket nachhause?“, eine arrogante Stimme ließ Delina schaudern, sie kannte diese Stimme.
„Vincent!“, rief Sassy überrascht aus als sie den Hexenmeister entdeckte.
„Das Portal sollte stabil genug sein!“, rief dieser aus und streckte den Arm aus. Auch von ihm schien ein Sog auszugehen, allerdings bloß auf Sassy und die anderen konzentriert, sodass sie zu ihm gezogen wurden.
Hinter ihm schimmerte ein Portal, das einen Wald mit einem alten Friedhof erahnen ließ.
Delina aber sträubte sich gegen den Sog des Hexenmeisters.
„Was machst du dumme Göre da?“, Vincent versuchte sie durchdas Portal zu stoßen.
„Ich brauche das Herz dieser Welt!“, flehte Delina ihn an.
Vincent seufzte und schubste einen nach dem anderen auf die andere Seite.
„Gut, wir warten, aber lange kann ich es nicht mehr aufrechterhalten!“, sagte er dann.
„Danke!“, Delina war überrascht, sie hatte den Hexenmeister anders kennengelernt.
Mit Schweißperlen auf der Stirn sorgte er dafür das sie nicht in die Leere, die um den Kristall entstanden war, stürzten. Dann streckte er die andere Hand aus und zog damit den Kristall zu sich.
Delina schnappte ihn und beide hechteten durch das Portal, bevor es sich schloss. Unsanft landeten sie auf dem kalten Waldboden Boden.