Delina rappelte sich auf und verstaute den Kristall, der kaum größer als ihre Handfläche war, schnell in ihrer hinteren Hosentasche. Vincent erhob sich ebenfalls: „Wo ist das Ding, wegen dem wir beinahe draufgegangen sind?“Delina schaute auf den Boden und sah sich suchend um.„Ich habe ihn wohl verloren!“, log sie dann und warf ihren Kameraden einen versöhnlichen Blick zu. Sassy umarmte gerade einen Baum: „Wir haben es geschafft! Wir sind zurück!“ Church atmete tief ein und schloss kurz die Augen um die wärmenden Strahlen der Sonne zu genießen. „Wo ist die Brünette und das Monster?“, fragte Silas verwirrt und sah sich um.Delina schauderte, Treplew und Newra waren nirgends zu sehen.„Sie kamen mit uns zurück nach Elensar, aber sie müssen sich aus dem Staub gemacht haben! Verdammt!“, fluchte Church. Delina ließ ihren Blick über die Grabsteine schweifen als ihr etwas Sonderbares auffiel.
„Leute, seht euch die Grabsteine an!“, erschrocken deutete sie auf die verwitterten Gräber.
„Hier ruht Church, der nicht akzeptieren konnte, was er war und es nie geschafft hat seinen Frieden mit seiner Existenz zu machen!“, las Church laut vor.
„Hier ruht Vincent, der arrogante Hexenmeister, welcher nicht wusste, wie viele Kinder er wirklich hat!“, Vincent runzelte die Stirn.
„Hier ruht Sassy!“, Sassy hob eine Braue, „Es ist okay sie beide zu lieben, im Grunde ist einer wie der andere!“
„Hier ruht Newra!“, las Delina weiter vor, „Welche die Gesellschaft ihres Mörders, der ihrer Schwester vorzog!“
Church sah sich den nächsten an: „Hier ruht Treplew, den seine Vergangenheit eingeholt hat!“
Delina ging zum nächsten, auf dem nur ein R eingeritzt war, wie auf allen anderen verbleibenden.
„Warum haben Silas und Delina keinen Grabstein?“, fragte Sassy verwirrt.
Church kratzte sich am Kopf: „Die Frage sollte eher lauten: Warum haben wir einen Grabstein und wer hat sich die Mühe gemacht sie aufzustellen?“
Sassy holte aus und verpasste ihrem Grabstein einen Schlag, sodass er zersprang: „Ist mir auch egal, wer auch immer das getan hat weiß eindeutig zu viel.“
Delina entfernte sich kurz von den anderen und zog den Zettel wieder aus ihrer Hosentasche. Erschrocken bemerkte sie das sich der Text verändert hatte.
„Jeder hat seine Geheimnisse, die er am liebsten beerdigen würde. Du hast deine Sache gut gemacht, nun komm in den Limbus und gibt mir mein Geschenk. Solltest du mich verraten werden einige der Dinge, die in Solon passiert sind, ans Licht kommen. Köpfe werden rollen. Hochachtungsvoll -R.“
Schnell knüllte sie den Zettel zusammen und drehte sich um, fast hätte sie geschrien als sie Silas Auge funkeln sah.„Was tust du?“, fragte er misstrauisch.„Wir müssen in den Limbus und R das geben was ich bei mir trage. Nur so kriegen wir raus was mit Nelina passiert ist und wer uns damals verraten hat!“, flüsterte Delina nervös.
Silas nickte: „Gut, aber zuerst müssen wir sehen, ob es Shanora gut geht!“
Delina hob eine Braue: „Du hältst es für eine gute Idee wieder zurück nach Katzus zu gehen? Wenn Finn wüsste das…“
Silas unterbrach sie: „Finn weiß es aber nicht und er wird es nie erfahren!“
Delina seufzte: „Na gut, zurück nach Katzus, aber dann brechen wir sofort auf!“ Silas nickte und sie gingen wieder zu den anderen.
„Wohin wollt ihr?“, fragte Vincent, bereit erneut ein Portal zu erschaffen.
„Katzus!“, antwortete Chruch ihm, „Es wird Zeit Finn und Shanora Bericht zu erstatten!“
Shanora blickte auf ihre Tasse, Dampf stieg auf und der Geruch von frischem Pfefferminztee verbreitete sich. Fast 6 Monate waren vergangen seit Sassy nach Solon aufgebrochen war.
„Stimmung wie am Friedhof!“, murmelte Celles, ihre rotbraunen Augen und knallroten Haare ließen Shanora schmunzeln. Es war Vincent gelungen die Energie des Nachtschattens in Cashs Körper zu übertragen. Aber er war davon nicht aufgewacht, erst die gesamte Kraft des Nachtschattens würde ihn aus seinem Koma erwecken. Sie brauchte Silas oder besser das was in ihm steckte.
„Wenn du da bist immer, werte Celles!“, Finn trank spöttisch einen Schluck Tee und verbrannte sich prompt die Lippen.
„Wow, du bist so ein Idiot!“, Celles lachte ihn daraufhin aus. Es wirkte alles so normal, bis auf das schwere Gefühl in Shanoras Herz. Als hätte man ihr einen Sandsack auf die Brust gelegt, der sich nicht mehr entfernen ließ. Sie rang sich ein Lächeln ab und sprang dann überrascht auf, als sich ein Portal mitten in dem großen Aufenthaltsraum öffnete. Hindurch traten zu ihrer Erleichterung Church, Delina, Sassy, Silas und Vincent.
„Oh mein Gott!“, rief sie aus und stürmte zu ihnen. Sie sprang Church förmlich in die Arme und hätte ihn beinahe zu Boden gerissen.
„Ganz ruhig kleine Königin!“, Church lachte, „Wir sind wieder zurück und es geht uns gut!“
Finn war ebenfalls überrascht und eilte zu Sassy um sie in die Arme zu schließen.
Silas machte ein angewidertes Geräusch: „Man möchte brechen, sich selbst anzünden oder zumindest sterben um das nicht mitansehen zu müssen!“ Darauf erhielt er von Celles eine schallende Ohrfeige: „Du mieser Verräter! Du hast mich nach Strich und Faden verarscht!“ Silas rieb sich gelangweilt die Wange: „Dumm wie eine Dunkler könnte man sagen. Gib ihnen das Gefühl etwas Besonderes zu sein und sie tun alles was du willst!“
Delina stellte sich schnell zwischen die beiden: „Celles, wie schön dich wiederzusehen!“ Celles funkelte sie wütend an: „Weißt du welche Sorgen sich der Elfenidiot und der Dämonenspast gemacht haben als du nicht wieder aufgetaucht bist?“Delina schluckte, das hatte sie beinahe vergessen: „Tut mir echt leid Celles! Aber wie ich sehe bist du frei von dunkler Titanenenergie, wie schön!“
Finn warf Shanora, die Church endlich wieder losgelassen hatte und sich auf Sassy stürzte, vielsagende Blicke zu. Diese verstand und wendete sich an Silas: „Wir brauchen die Energie des Nachtschattens!“
Vincent wurde hellhörig: „Durch den Verfall Solons gibt es keine Garantie das er die Extrahierung dieser Kraft überlebt!“
Sassy zuckte zusammen: „Nein!“
Finn und Shanora sahen sie überrascht an: „Nein?“
Sassy schüttelte entschieden den Kopf: „Wir sollten das nicht tun! Zuerst etwas anderes versuchen! Wir können das nicht tun!“
Silas hob die Hand: „Ist schon gut! Fangen wir an!“
Sassy packte seinen Arm: „Tu das nicht wir finden eine andere Möglichkeit!“
Silas starrte sie kurz wütend an: „Du bist unwichtig, genau wie ich. Aber wir beide sind am unwichtigsten. Der einzige Mensch, der mich interessiert ist Shanora!“
Finn sah verwirrt zwischen den beiden hin und her: „Was bitte?“
„NICHTS!“, schoss es gleichzeitig aus Church und Delinas Mündern.
„Bist du sicher?“, fragte Shanora Silas, auch sie hatte jetzt bedenken.
„Ich war mir noch nie so sicher bei einer Sache!“, antwortete er und lächelte sogar ein wenig.
„Ihr seid alle krank!“, entfuhr es Sassy, dann verließ sie fluchtartig den Raum.
Delina merkte, wie Finn immer verwirrter über ihr komisches Verhalten wurde. „Es war echt eine harte Zeit in dieser kranken Welt! Wir haben viel erlebt und sie braucht wohl ein bisschen schlaf!“, erklärte sie deswegen Sassys Verhalten.
„Ihr wisst ja, sie ist schon sehr angeschlagen von unseren ganzen Abenteuern!“, stieg Church mit darauf ein. Silas folgte in der Zwischenzeit Vincent und Shanora aus dem Raum.
„Was ist in Solon passiert?“, verlangte Finn zu wissen.
„Also ich habe mich erst einmal dort einigen Nephilim angeschlossen und Cecilia nachhause geschickt!“, begann Church, „Die Gefallenen wurden zu fressenden Zombies und es galt sie in Schach zu halten. Ich habe mit Maleon gearbeitet, er und ich wollten Silas aufhalten und den Ursprung der Welt finden, um sie zu vernichten. Dann sind Janina und Delina aufgetaucht und Newra ist mit Treplew geflohen…“
Finn schien völlig verwirrt zu sein: „Mit Treplew?“
Delina nickte: „Treplew hatte keine Erinnerungen mehr und tat Newra leid. Als ich mit Janina ankam, spürte Maleon uns auf und lockte und unter einem Vorwand in eine Sicherheitszone um Church zu treffen. Dann kam uns Silas dazwischen und es gab einen Kampf! Ich konnte Nathaniel davon abhalten Silas zu töten, er wurde dann dazu verdonnert mir zu dienen!“
Finn grinste kurz: „Das hat ihm sicher nicht gepasst!“
Church zuckte mit den Schultern: „Wir folgten den Spuren von Newra und Treplew. Als wir in Not gerieten, ist Sassy aufgetaucht und wir konnten unsere Jagd fortsetzen. Aber durch den Kampf mit Silas scheint Maleon den Verstand verloren zu haben. Man braucht in Solon die Nähe eines anderen um nicht zu einem Gefallenen zu werden, jeder hatte diese eine Person die ihm Nahe stand und dafür gesorgt hat das man nicht den Verstand verliert!“
Finn nickte interessiert und legte den Kopf in den Nacken: „Und Janina war diese Person?“
Delina nickte und schluckte: „Richtig, er kam zurück und war völlig wahnsinnig, wollte Silas töten…“
Finn unterbrach sie: „Warum habt ihr ihm geholfen?“
Delina verzog wütend das Gesicht: „Weil er zuerst Sassy und mich töten hätte müssen, um an ihn zu kommen. Was ist das den für eine Frage?“
Church machte weiter damit zwischen Finn und Delina kein Streit entbrennen konnte: „Auf jeden Fall haben wir kurz darauf Newra und Treplew eingeholt, die Seele von Julopatra wollte die beiden Aufhalten! Alles schien gut nur, dann kam Nathaniel und… Es dauert zu lange das zu erklären!“
Delina zuckte mit den Schultern: „Nathaniel hat uns alle bedroht und ich kam auf die Idee das Auge mit ihm zu vernichten. Vincent hat uns aus der kollabierenden Welt geholt und wir waren wieder hier. Ganz einfach eigentlich!“
Finn zog eine Braue hoch: „Du scheinst ja viel zu wissen, Delina!“
Delina konnte das Misstrauen förmlich um sie schleichen sehen.
„Ich weiß wenigstens was richtig und was falsch ist! Ich bin müde! Schönen Tag noch!“, wütend stampfte sie davon.
Finn legte den Kopf in den Nacken: „Sind wir hier im ‚wir lieben Silas‘ Club oder was ist hier los?“
„Wenn du wüsstest!“, entkam es Church, am liebsten hätte er seinen Kopf im selben Moment noch gegen die Wand geschlagen.„Wenn ich was wüsste?“, fragte Finn hellhörig, „Was verschweigt ihr mir?“
Church lächelte kurz: „Wenn du wüsstest wie wir alle ständig gestritten haben mit ihm, nichts weiter, kennst ihn ja, eine Landplage! Ich muss auch los! Bis später!“
Church ließ den verwirrten Finn einfach stehen und eilte aus dem Aufenthaltsraum um Delina aufzuhalten.
„Delina!“, rief er, sie ging aber einfach schnellen Schrittes weiter, „Delina bleib stehen!“
Er sprintete zu ihr und packte sie an der Schulter, worauf sie genervt herumfuhr und seine Hand wegschlug.
„Du, Finn und ich sind quitt!“, fuhr sie ihn an, „Ich habe uns zurückgebracht und Treplew getötet! Also was willst du von mir?“
Church packte sie am Arm und zog sie mit in eines der Schlafzimmer.
„Ich will wissen, warum du gerade gelogen hast!“, zischte er und schloss die Türe hinter sich.
„Ich hab mir immer gewünscht mit dir einmal in einem Schlafzimmer zu stehen Church!“, Delina schubste ihn gegen die Wand, „Aber du bist genau was du gesagt hast. Kaltblütig! Sei doch weiter Finns Hündchen und bring ihm den Knochen! Ich werde nicht zulassen das er Silas aus purem Egoismus tötet!“
Daraufhin verschwand sie im angrenzenden Bad und schlug die Türe zu.
„Was tust du?“, brüllte Church ihr nach.
„Ich gehe scheiße noch mal duschen! Also tu mir einen Gefallen und verpiss dich einfach! Geh zu Finn und sag ihm die Wahrheit! Es ist mir egal! Wenn ein Jäger zu sein bedeutet jemanden zu opfern, dann bin ich lieber wieder Niemand. Und gehöre Nirgendwo hin!“, verkündete Delina laut, dann hörte man die Dusche.
Church schluckte, diese Worte hatten Finn, Suma und Silas gesagt. Delina hatte sie nicht ohne Grund gewählt.
Delina duschte heiß, mitsamt ihrer Kleidung. Sie hatte das Gefühl die Lügen von ihrem Körper waschen zu müssen und wollte einfach nicht weiter mit Church reden. Sie hatte ihm in die Hand gebissen, um zu verhindern das er Silas sterben lassen würde und dem Gefallenen Nathaniel das Auge von Solon aushändigte. Das ganze Bad war voller Dampf als sie die Dusche wieder verließ, da sie Church nicht mehr hörte, glaubte sie alleine zu sein. Sie sah auf den beschlagenen Spiegel und erschrak, jemand hatte mit dem Finger eine Nachricht hinterlassen.
„Tik Tak, die Zeit läuft. Nimm mein Geschenk und brich es in Zwei. Zerstampfe eine Hälfte und flöße sie dem Sterbenden ein. Ohne ihn gibt es keine Antworten auf deine Fragen. -R.“
Delina schauderte, dieses Wesen machte ihr langsam aber sicher Angst. Sie fasste in ihre hintere Hosentasche und holte den weiß strahlenden Kristall hervor. Fest schlug sie ihn gegen das Waschbecken, doch die Schüssel aus Keramik zersprang und am Kristall war kein sichtbarer Schaden zu sehen. Frustriert wischte sie die Botschaft am Spiegel weg damit kein Zweiter sie zu Gesicht bekam und verließ tropfnass das Bad.
Auf dem Gang kam Celles ihr entgegen: „Du bist nass!“
Delina grinste falsch: „Ja, ich bin nass, das wird man wenn man duscht!“ Celles zog eine Braue hoch: „Da wo ich herkomme, duscht man nackt!“
Delina verdrehte die Augen: „Ich musste vor Church flüchten!“
Celles starrte sie ungläubig an: „Du? Vor Church?“
Delina nickte: „Egal, wie kann ich etwas extrem hartes zerbrechen?“