Silas und Sassy hatten Delina und Deseis vorausgeschickt und waren vor dem Haus stehen geblieben.
„Also was ist?“, wollte Sassy wissen, „Worüber wolltest du mit mir reden?“
Silas sah sie ernst an: „Ja, ich finde du solltest zurückgehen, solange du noch die Chance dazu hast! Es gibt keinen Grund für dich alles aufzugeben!“
Sassy starrte ihn völlig perplex an, damit hatte sie auch keinen Fall gerechnet: „Was? Warum sollte ich das tun?“
Silas biss sich auf die Unterlippe, er wirkte nervös: „Das hier ist kein Leben für dich! Delina ist noch jung, sie wird sich daran gewöhnen! Aber du hast deine Freunde, mit denen du so viel durchgemacht hast! Und Finn der dich natürlich über alles liebt. Und eine Heimat, eine Aufgabe! Sassy wie viele Schlachten habt ihr gemeinsam geschlagen und gewonnen? Ohne dich wäre Shanora nicht da wo sie jetzt ist und du weißt das sie dir zuhören wird! Du hast die Chance auf ein unbeschwertes Leben, wie du es verdienst!“
Sassy schien kurz zu brauchen um seine Worte zu verarbeiten: „Was ist mit dir? Du verdienst das doch auch!“
Silas winkte ab: „Hier geht es nicht um mich, hier geht es um dich! Um deine Zukunft und dein Wohlergehen! Du hast mir genug geholfen, du bist mir nichts schuldig! Ich will nicht das du dein Leben aufgibst um Teil einer Gruppe aus Verbannten, Flüchtigen und Verrätern zu werden!“
Sassy fragte sich, ob er das wirklich wollte oder ihr nur eine Chance gab doch noch zu verschwinden, beides ging ihr auf die Nerven aber sie versuchte ruhig und gefasst zu bleiben.
„Ich hatte die Wahl als ich auf der Treppe stand!“, Sassy sah ihn ernst an, „Und ich habe mich entschieden, wie du vielleicht mitbekommen hast!“
Silas seufzte: „Aber nur, weil Delina dich dazu gedrängt hat. Sie ist hier in guten Händen, das verspreche ich dir, auch ihr wird nichts passieren und es wird ihr an nichts fehlen!“
Sassy wurde schlagartig bewusst, was er dachte, er war der Meinung sie wäre nur wegen Delina mitgekommen und hätte sich ohne ihre, zugegeben eindringlichen, Worte sonst anders entschieden.
„Ich bin nicht wegen Delina hier!“, diesmal biss Sassy sich auf die Unterlippe, „Also nicht nur… Ich bin deinetwegen hier!“
Silas sah sofort weg von ihr: „Ich habe dir gesagt wie ich dazu stehe!“
Sassy schüttelte den Kopf: „Du hast gelogen! Und versucht mich zu manipulieren, vergessen das es bei mir nicht wirkt?“
Silas seufzte, er hatte es wirklich nicht bedacht: „Aber Finn ist die bessere Wahl für dich, er kann dir alles bieten, du bist sicher bei ihm und er liebt dich. Und du ihn auch!“
Sassy überlegte kurz, dann antwortete sie: „Ich habe die Idee von Finn geliebt, wir waren so jung, als wir uns kennenlernten. Aber er hat sich über die Jahre verändert, auch wenn ich versucht habe das Bild des blonden Jungen mit den großen Plänen festzuhalten. Ich liebe ihn nicht. Heute nicht mehr!“
Silas betrachtete sie nun ziemlich neugierig: „Und woher willst du das so genau wissen?“
Sassy verschränkte die Arme: „Ist das nicht genug an emotionalem Abfall für heute?“
Silas blick veränderte sich: „Sag du es mir!“
Jetzt hatte er etwas Provokantes was Sassy sofort erwiderte: „Was willst du von mir hören?“
Silas zog eine Braue hoch: „An dem Tag bevor Delina Maleon töten musste, als sie und Church geschlafen hatten. Da haben wir geredet, du sagtest du könntest dir vorstellen mich zu lieben als Beispiel für Emotionen!“
Sassy verstand worauf er hinauswollte: „Ich habe gelogen!“
Silas sah sie überrascht an: „Was?“
Sassy grinste: „Zu dem Zeitpunkt war es schon keine Vorstellung mehr, sondern eine Tatsache! Aber was willst du jetzt von mir? Noch mehr emotionale Worte?“
Silas grinste verschlagen: „Eigentlich will ich, das du endlich die Klappe hältst!“
Dann küsste er sie kurz, stieß sie aber schnell wieder von sich: „Nein, das ist nicht gut! Du willst das eigentlich gar nicht! Ich zerstöre dein Leben!“
Sassy atmete tief ein und konnte nicht fassen was sie da im Begriff war zu sagen: „Heirate mich!“
Silas sah sie an als wäre sich frisch aus einer Irrenanstalt entkommen und sagte nichts dazu.
Sassy wurde etwas verlegen: „Du musst nicht, wenn du nicht willst… Das war dumm, entschuldige!“
Silas öffnete nun endlich seinen Umschlag, den er von Vincent bekommen hatte und zog ein Handy daraus hervor.
Dann wählte er eine Nummer und begann zu sprechen als sein Anruf angenommen wurde: „Ein Taxi in die Crowns Hill Avenue 17 bitte, so schnell es geht!“
Dann legte er auf und steckte das Handy wieder in den Umschlag.
„Was willst du mit einem Taxi?“, fragte Sassy verwirrt.
Silas ließ sie noch einem Moment zappeln bevor er antwortete: „Ich rufe uns ein Taxi! Wir wollen ja schließlich heiraten!“
Sassy starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an: „Du sagst also ja?“
Silas nickte: „Natürlich sage ich ja! Wenn du besser mit diesen Handys umgehen kannst schreib Deseis bitte eine Nachricht! Wir werden erst später zu ihnen kommen!“
Delina erwachte in den frühen Morgenstunden und verließ relativ neutral gelaunt ihr Zimmer.
Es duftete nach Eiern mit Speck als sie in die Wohnküche kam.
Der Anblick am Tisch belustigte sie, alle schienen auf etwas zu essen zu warten.
„Geht das nicht schneller?“, brüllte Claude in die Küche, was Deseis, der am Herd stand, einfach an sich abprallen ließ.
„Musst du in aller früh zu herumbrüllen?“, pampte Janina den Druiden an, „Das ist ja nicht auszuhalten!“
Newra schien entspannt eine Zeitung zu lesen und Ezra hatte eine Lesebrille auf und war in ein Buch vertieft.
„Gutem Morgen!“, sagte sie dann und stellte sich neben Deseis in die Küche, „Kann ich dir helfen?“
Deseis schüttelte den Kopf, er schien das Sprechen wieder einmal verlernt zu haben. Dann plötzlich drückte er Delina doch den Pfannenwender in die Hand: „Pass auf das nichts anbrennt!“
Er lief zu seinem Zimmer und kehrte mit einem Smartphone zurück, welches er Delina in die Hand gab und stattdessen den Pfannenwender wieder an sich nahm: „Ich verstehe dieses Briefübertragungsding nicht ganz! Es zeigt mir einen Brief aber nichts zu lesen!“
Delina zog eine Braue hoch: „Hast du versucht darauf zu drücken?“
Deseis schüttelte den Kopf: „Nein, wieso sollte ich das tun?“
Delina seufzte: „So funktioniert ein Handy! Man das du dir damals auch keines zugelegt hast als wir noch mit Celles und Ation zusammengewohnt haben!“
Deseis zuckte mit den Schultern: „Da waren wir auch noch keine Flüchtlinge in der Welt der Menschen und nicht auf ihre jämmerlichen technischen Versuche unsere Fähigkeiten nachzuahmen angewiesen!“
Delina drückte nun selbst auf die Textnachricht: „Handy! Sag es!“
Deseis verdrehte die Augen: „Handy!“
Delina gab ihm sein Telefon zurück damit er seine Nachricht gelesen hatte: „Aha, Sassy und Silas sind nicht da!“
Delina warf ihm einen besorgten Blick zu: „Nicht da? Was ich dachte sie wären irgendwann nach uns hoch…“
Deseis schüttelte den Kopf und klang wie immer brutal gelangweilt: „Nein sie wollen noch etwas erledigen!“
Ation warf Allister einen unsicheren Blick zu: „Bist du sicher, dass ich das tun soll?“
Er war nachdem Celles von der Kraft des Nachtschattens befreit worden war in seiner Gemeinde verblieben, um die Gottesdienste als Priester zu führen.
Allister nickte: „Ich bitte dich nicht oft um etwas, alter Freund!“
Ation nickte und öffnete die schwere Holztüre seiner Kirche vor der ihn Sassy und Silas, der sich wieder maskiert hatte, erwarteten.
„Ich möchte mich vorab bei dir entschuldigen!“, Silas wirkte beinahe verlegen, „Ich habe wohl etwas über die Stränge geschlagen!“
Ation nickte und sah zu Sassy: „Und du bist sicher, dass du das tun willst und freiwillig hier bist?“
Sassy nickte und zog ihren Ring ab, die Hieroglyphen erschienen auf ihrer Haut und sie zeigte Ation das Horus Auge auf ihrem Unterarm.
Ation nickte ihr anerkennend zu: „Gute Abwehr und trotzdem willst du ihn heiraten?“
Sassy kniff die Augen zusammen: „Ja, und jetzt fang bitte an die richtigen Fragen zu stellen, jede Minute, die wir hier verbringen ist ein Risiko für uns alle!“
Ation musterte beide noch einen Moment, dann deutete er Ihnen ihm in die kleine Kirche zu folgen.
Sie war nicht besonders prunkvoll, aber Sassy war das in diesem Moment völlig egal. Hier ging es weniger, um die Tatsache zu heiraten, als darum sich klar für eine Seite zu entscheiden.
Außerdem schien Silas nun endlich davon überzeugt zu sein das sie mit ihm zusammen sein wollte.
Beide hielten vor dem Altar an, neben dem Allister bereits wartete, in seiner Miene ließ sich nichts über seine Meinung zu dem ganzen sagen.
Ation ging hinter den kleinen Altar und begann zu sprechen: „Sassy und Silas sind in dieser entscheidenden Stunde ihres Lebens beinahe allein. Zugleich sollen sie aber wissen. Die Götter sind bei ihnen. Die Götter ihres Lebens und ihrer Liebe. Sie heiligen ihre Liebe und vereinen sie zu einem untrennbaren Lebensbund. Ich bitte Sie zuvor, öffentlich zu bekunden, dass Sie zu dieser Ehe entschlossen sind. Silas, ich frage dich: Bist du hierhergekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss mit deiner Braut Sassy den Bund der Ehe zu schließen?“
Silas nickte: „Ja!“
Ation fuhr fort: „Gilt dasselbe auch für Sassy?“
Sassy warf Silas einen schüchternen Blick zu: „Ja?“
Ation runzelte die Stirn: „War das eine Frage oder eine Antwort?“
Sassy nickte schnell: „Ja, also ja! Keine Frage!“
Ation schien beinahe enttäuscht darüber zu sein: „So schließen sie jetzt vor den Göttern aller Welten und Kulturen den Bund der Ehe. Im Namen aller Götter bestätige ich den Ehebund, den sie geschlossen haben! Du darfst die Braut jetzt küssen!“
Silas zog seine Maske ein Stück hoch und legte seine Lippen schnell auf die von Sassy.
„Um die Dokumente kümmere ich mich!“, Allister nahm sie Ation aus der Hand, „Und es wäre besser wenn du vergisst was hier passiert ist. Sprich mit niemandem ein Wort darüber! Ich werde an deiner Stelle unterschreiben!“
Ation sah in verunsichert an: „Also ist das eine geheime Hochzeit gewesen? Warum? Was geht in Elensar vor sich?“
Allister deutete Sassy und Silas ihm zu folgen: „Je weniger du weißt desto besser für dich, Ation!“
Ation nickte: „Gut, ich schätze diese Mitternachtseinlage hat nie stattgefunden!“
Vor der Kirche zückte Allister einen Stift: „Ich habe eure Namen bereits eingetragen! Ihr müsst nur noch unterschreiben!“
Sassy nahm den Stift und unterschrieb die beiden Dokumente: „Armer Ation!“
Silas tat es ihr gleich als sie fertig war: „Danke Allister!“
Allister ignorierte ihn und warf Sassy einen besorgten Blick zu: „Ich hoffe für dich, das du diese Entscheidung nicht bereust“
Sassy lächelte: „Werde ich nicht! Mach dir bitte keine Sorgen Alli!“
Dann übergab Allister ihr eines der Dokumente: „Verwahre es sicher, das andere werde ich aufbewahren, Sassy Parallästoback!“
Diesen Namen zu tragen fühlte sich für Sassy eigenartig an, sie hatte zwar früher einmal davon geträumt einmal Finn zu heiraten. Aber nicht diesen Finn, der sich jetzt Silas nannte.
Allister verabschiedete sich von ihnen: „Viel Glück euch beiden! Und passt mir ja gut auf die anderen auf!“
Silas warf Allister einen fragenden Blick zu: „Ich dachte Delina ist nicht vertrauenswürdig?“
Allister lachte bei der Erinnerung an sein Misstrauen gegenüber Delina, als die Church geholfen hatte Sassy zu retten. Nie hätte er sich gedacht das alles so enden würde.
Es war bereits morgen als Allister schließlich bei seinem Haus ankam, er hatte Ation noch etwas beruhigt, ohne ihm von der Situation zu erzählen.
Auch er war überrascht gewesen als Silas ihn angerufen hatte. Noch überraschter als er ihn ohne Maske traf, den wahren Prinzen des weißen Throns. Die unverkennbaren Augen und seine Anmut waren für Allister eine Überraschung gewesen.
Damit hatte er nicht gerechnet und jetzt erst war auch ihm bewusst wie schlimm es um den Bund stand den Finn und Shanora mit anderen Völkern geschlossen hatten.
Wenn herauskommen würde das der blonde Finn nicht ist, wofür man ihn hielt würde man verlangen das Silas seinen Platz einnimmt. Das durfte nicht passieren, es würde Finn zerstören und einen Keil zwischen ihn und Shanora treiben.
Auch verstand er jetzt warum Finn so versessen darauf war Silas aus dem Weg zu räumen.
Was ihm nicht einging war das Sassy sich allem Anschein nach vor ihrer Reise nach Solon mit Finn gestritten hatte, genau deswegen.
Und sich in Solon in Silas verliebt hatte, immerhin sodass sie bereit war ihn zu heiraten.
Er betrachtete wie die Sonne langsam über dem Wald hinter dem kleinen Bach aufging und seufzte tief. Sassy war schon immer etwas Besonderes gewesen, unter ihrer zickigen Fassade war sie zu einer Frau mit vielen Talenten gereift auf deren Urteil er immer vertraut hätte. Aber diese Entscheidung war so plötzlich gekommen, natürlich wusste er nicht was in dem halben Jahr in Solon passiert war, aber einfach jemanden zu heiraten und sich damit gegen all seine Freunde zu stellen?
Gedankenversunken nahm Allister die beinahe erloschene Öllampe, um sie neu zu entfachen, hielt dann aber inne.
Plötzlich hörte er Schritte auf ihn zukommen, schnell presste er das Hochzeitsdokument an seinen Körper und drehte sich um.
„Was willst du zu dieser frühen Stunde hier? Und was soll der ganze Auflauf?“, fragte er verwirrt.