Finn musterte Allister kritisch: „Wo warst du die ganze Nacht? Ich warte schon seit Stunden hier!“
Allister hielt seinem Blick mit Leichtigkeit stand: „Ich habe einige persönliche Angelegenheiten geregelt, familiäre Dinge, die ich nicht vor deinen Begleitern ausbreiten werde!“
Celles und Saphira musterten ihn wütend während Vanessa die Augen verdrehte, Merlin allerdings lächelte belustigt.
„Was ist das für ein Zettel, den du so schützend vor deinen Körper presst, Elf?“, fragte Merlin mit spitzer Zunge.
„Nichts was eine Schlange interessieren könnte!“, Allister warf ihr einen verächtlichen Blick zu. Sassy hatte ihn nur kurz über die Geschehnisse nach seiner Mithilfe bei der Rettung Silas‘ aufklären können, aber was er gehört hatte reichte ihm auch.
„Seit wann hütest du Geheimnisse, Allister?“, wollte Finn daraufhin wissen.
„Tut er doch immer! Ich wette es hat mal wieder etwas mit unserer ach so tollen Sassy zu tun!“, spottete Vanessa und fixierte nun auch den Zettel.
„Nun gut!“, Allister lächelte, „Der Zettel ist wohl zu interessant für euch, ihr musstet eure Riechorgane schon immer in fremde Angelegenheiten stecken, nicht wahr!?“
Dann streckte er die Hand mit dem Zettel aus und zündete ihn mit der Öllampe an.
Saphira reagierte blitzartig und heuerte ein eisiges Geschoss um die Flammen zu löschen, sie konnte aber nur noch ein paar angebrannte Fetzen damit retten.
„Was auf dem Zettel stand war nicht für eure Augen bestimmt!“, Allister wollte die Überreste beseitigen, aber Merlin stieß ihn mit einem arkanen Schlag zurück und nahm die Fetzen triumphierend an sich. Ihre Augen leuchteten auf als sie einen Blick auf die Überbleibsel des Dokuments warf.
„Wenn euch was ihr gesehen habt noch nicht überzeugt habt, Finn, das wird es unter Garantie tun!“, sie reichte die untere rechte Ecke des Zettels an Finn weiter.
Allister rappelte sich auf und seufzte tief.
„Was steht da?“, wollte Celles neugierig wissen, „Sag schon, was ist daran so interessant?“
Finns Blick war zuerst ausdruckslos, dann verwirrt: „Sassy Parallälstoback!“
Saphira runzelte die Stirn: „Ihr habt geheiratet? Ihr seid doch gerade erst zusammengekommen bevor sie nach Solon ging!?“
Finn schüttelte den Kopf und sah dann zu Allister: „Nein, ich und Sassy haben nie geheiratet. Allister was hat das zu bedeuten, hast du nicht vor mich hierüber aufzuklären?“
Merlin kam Allister zuvor: „Mein Prinz, wer trägt denn außer Shanora noch diesen Namen? Seht ihr es jetzt? Wer weiß wie lange diese schändliche Verbindung schon besteht! Dieser Verrat geht tiefer als ihr dachtet, alle Beteiligten müssen dafür büßen!“
Finn schauderte kurz: „Nein… Sie würde nicht…“
Merlin nickte: „Doch, darum ist sie den Verrätern auch gefolgt! Nicht nur um Delina, die kleine Hexenbrut, zu beschützen, sondern auch um bei ihrem heimlichen Geliebten zu sein!“
Celles sah beide verstört an: „Ich verstehe nur Bahnhof! Was wird hier gespielt?“
Allister mischte sich ein: „Tust du das nicht immer, Celles? Finn es ist kompliziert und wir sollten in etwas privaterer Atmosphäre darüber sprechen! Schick sie weg und wir reden in Ruhe darüber, ich bin dein Freund, vergiss das nicht!“
Zu allem Überfluss erschienen jetzt noch Shanora und Church zwischen ihnen und bemerkten sofort das etwas nicht stimmen konnte.
„Was ist hier los?“, verlangte Shanora zu wissen und warf Finn einen fragenden Blick zu.
Dieser ging zu ihr und drückte ihr die angekohlte Ecke des Dokuments in die Hand, dann verschwand er wortlos.
Shanora warf einen Blick darauf: „Sassy Parallälstoback?“
Church riss schockiert die Augen auf: „Sie hat ihn geheiratet? Ich dachte ich hätte es unterbunden!“
Saphira sah ihn strafend an: „Finn zumindest nicht!“
Church winkte ab: „Nicht Finn!“
Shanora sah Church ungläubig an: „Was? Church?“
Celles verdrehte die Augen: „Niedlich, Church belügt mal wieder alle, ganz was Neues!“
Church ignorierte sie und fragte sich was nur in Sassy gefahren war. Silas küssen? Konnte er nicht verstehen aber damit leben. Ihm das Versprechen zu geben auf ewig mit ihm verbunden zu sein? Nein.
Celles sah Church erwartungsvoll an: „Wenn du etwas weißt wäre es jetzt an der Zeit damit herauszurücken! Ein weiteres Drama um deine Person ertrage ich echt nicht!“
Merlin übernahm diese Aufgabe gerne für Church: „Eure Cousine hat Finnarfyn Parallälstoback geheiratet, aber nicht den, der hier war. Sondern den, der sich jetzt Silas nennt!“
Celles verzog beleidigt den Mund: „Warum sollte er die heiraten, bestimmt verarscht er sie genau wie Vanessa und mich!“
Church schüttelte den Kopf: „Er liebt sie! Und das scheint er wirklich zu tun, weil er versucht hat sie von ihm fernzuhalten!“
Vanessa rümpfte die Nase: „Heiraten hat mir fernhalten aber nicht viel zu tun!“
Allister mischte sich ein: „Es war auch ihr Wunsch, nicht seiner. Er hat bis zum Schluss versucht sie zu überzeugen wieder zu euch zurückzukehren. Aber irgendwann hieß es Herz siegt über Kopf!“
Merlin sah zu den Dunkler-Töchtern: „Nehmt diesen Verräter fest! Er hat offensichtlich diesen kriminellen Abschaum dabei unterstützt ihre schändliche Verbindung auch noch offiziell zu machen. Er gehört hinter Gitter oder besser man sollte ihm sofort seine verräterische Zunge herausschneiden!“
Sie zeigte auf Allister: „Ich bin sicher bei einem Verhör finden wir heraus wo sich die Geächteten verkrochen haben!“
„Wagt es ja nicht auch nur in Allisters Richtung zu spucken!“, Shanora stellte sich zwischen Allister und Merlin, „Du wirst ihn nicht anfassen sonst bekommst du es mit mir zu tun, haben wir uns verstanden? Er steht unter meinem persönlichen Schutz!“
Merlin schien das überhaupt nicht zu passen: „Haltet euch lieber aus politisch relevanten Entscheidungen raus! Ihr mögt zwar eine Königin sein, jedoch eine ohne Thron und Erfahrung. Es täte euch gut wie euer Bruder meinem Urteil zu vertrauen!“
Shanora blieb entschieden stehen: „Es täte euch gut, Merlin, nicht mehr daran zu denken meine Freunde verhören zu wollen oder ihnen Gewalt anzudrohen! Das werde ich nämlich zu verhindern wissen!“
Merlin sah sie genervt an: „Ich werde mit eurem Bruder über diese Situation sprechen, zu schade, dass wir den Elfen nicht an Ort und Stelle in Gewahrsam nehmen konnten!“
Sassy nahm ihre Hand von dem gläsernen Prisma, dem Kristall der Einsicht, welchen Silas von Merlin gestohlen hatte.
„Wir hätten Allister da nie mit hineinziehen dürfen!“, ärgerte sie sich, „Was wenn Merlin ihn in die Finger bekommt? Ich traue diesem Individuum alles zu was sie von sich gegeben hat. Ich hoffe wir erwischen sie bald und können ihr die Zunge herausschneiden!“
Silas legte ihr beruhigend die Hände auf die Schultern: „Keine Sorge, Shanora wird sich nicht so leicht blenden lassen! Aber anscheinend ist es das was bleibt! Wir können nur hoffen das Merlin den Verlust des Kristalls nicht zu schnell bemerkt und wir sie alleine erwischen können!“
Sassy sah ihn fragend an: "Und dann?"
Silas lächelte: "Dann bringen wir sie dazu die Wahrheit zu sagen und vereiteln ihre Pläne! Sie rechnet nicht damit das wir sie aufhalten wollen. Sie denkt wir sind auf der Flucht vor Finn! Niemand weiß was wir planen!"
Sassy nickte: „Was bleibt ist also Hass, Zwietracht und Gefahr für meine Freunde durch diese Schlange!“
Silas grinste neckisch: „Ich kann nicht sagen, das ich schlecht ausgestiegen bin bei dem Ganzen!“
Sassy runzelte die Stirn: „Du wurdest des Öfteren fast getötet oder geopfert, verbannt und stehst jetzt wohl auf Platz 1 was die Ziele der Kopfgeldjäger betrifft!“
Silas schloss sie von hinten in die Arme und flüsterte ihr ins Ohr: „Du ahnst nicht wie egal mir, das ist! Ich habe alles was ich mir nur wünschen könnte!“
Sassy grinste: „Ich dachte ich soll bloß zurück zu den anderen und mich von dir fernhalten?“
Silas packte sie an den Schultern und drehte sie zu sich: „Jetzt gehörst du mir!“
Delina war nach dem Frühstück aus der Wohngemeinschaft geflohen, noch mehr fragen über was sie studieren würde wollte sie nicht mehr beantworten. Janina hatte sich was den Ausflug zur Universität betraf vertrösten lassen, sie schien zu verstehen, dass es gerade zu viel für Delinas Nerven war.
Sie fragte sich, wo Sassy und Silas abgeblieben waren und hoffte das Merlin die beiden nicht erwischt hatte. Sie steuerte eines der kleinen Pubs an und setzte sich an die hölzerne Bar. An den mit dunklem Holz verkleideten Wänden hingen Poster von Kricketspielern und der britischen Nationalmannschaft.
„Was kann ich dir bringen, Schätzchen?“, fragte die ältere Dame hinter dem Tresen, deren grauer Dutt bei jeder Bewegung auf ihrem Kopf zu tanzen schien. Ihre hellblauen Augen musterten Delina kritisch, sie vermutete, dass sie sonst alle ihre Besucher zu kennen pflegte. Bis auf einen jungen Mann der zwei Barhocker weiter saß war sie die einzige Kundin, wahrscheinlich nicht ungewöhnlich um diese Uhrzeit.
„Was trinkt man den hier so?“, wollte Delina wissen, sie hatte keine Ahnung was sie bestellen sollte.
„Ich würde dir einen Earl Grey empfehlen, das ist Tee falls du das nicht weißt!“, der junge Mann grinste zu ihr hinüber.
„Gut, dann bitte das!“, sagte Delina zu der älteren Dame und betrachtete den jungen Mann, der wieder auf seine Tasse Tee starrte.
Er hatte schwarze Haare die ihm zerzaust ins Gesicht vielen und ein wirklich schönes Profil.
„Bist du auch neu hier?“, fragte sie vorsichtig.
„Ja, bis gerade eben dachte ich, ich wäre der einzige, der mitten unterm Semester anfängt. Du bist doch hier um zu studieren, oder?“, fragte er und sah wieder zu ihr hinüber.
Delina betrachtete ihn wieder, er war wirklich schön, auch seine braunen Augen, aber er hatte etwas an sich das sie aufschreckte.
„Ja, ich schätze deswegen bin ich hier!“, antwortete sie unsicher, irgendwie bereute sie es das Gespräch wieder angefangen zu haben.
Was sollte sie sagen wenn er sie fragte, woher sie kam, sie wusste nicht einmal mehr, in welchem der Länder sich Deseis Wohnung befunden hatte. Geschweige den auf welchem Kontinent.
„Was willst du studieren?“, fragte er freundlich.
„Ich denke über Mythologie nach!“, antwortete Delina vorsichtig.
„Wirklich?“, schon geschah es, der junge Mann wechselte den Barhocker, um direkt neben ihr zu sitzen, „Ich auch, wie schön dass es noch jemanden gibt der das Fach faszinierend findet! Ich bin Henry, Henry Kingston!“
Delina nahm dankend ihren Tee entgegen und warf einen unauffälligen Blick auf den Ausweis, den sie von Vincent erhalten hatte.
„Ich bin Lisa Raven!“, sie streckte ihm die Hand hin und er schüttelte sie.
Im selben Moment schien ein Blitz ihren Körper zu durchzucken und viele Stimmen riefen in ihrem Kopf:
„Du musst ihn finden!“
„Besiege den Besitzer!“
„Finde ihn oder alles was du hast wird wie Sand durch deine aus Wut geballte Faust rieseln!“
„Alles was du je geliebt hast wird ausgelöscht!“
„Es muss immer einen Hexenkönig geben!“