Hinter mir fiel dir Haustür ins Schloss und ich schaute mich kurz um, bevor ich nach links bog. Noch bevor ich mehr als drei Schritte machen könnte eilten zwei Polizisten über die Straße auf mich zu.
"Stehen bleiben. Wir müssen Sie leider festnehmen."
Wie erstarrt blieb ich stehen und starrte die beiden an. Beide waren groß und hatten ein breites Kreuz. Einer besaß kurze blonde, der anderen braune Haare, die an den Seiten kürzer geschnitten waren und oben in Locken wild durcheinander standen. Er war unglaublich attraktiv und irgendwie hatte ich ein Gefühl der Vertrautheit. Ihn umgab etwas düsteres, was allerdings eher dazu führte, dass ich mich zu ihn hingezogen fühlte.
Da ich nicht wusste, was mir vorgeworfen wurde, hatte ich nichts Böses im Sinn und folgte den Beiden zum Polizeiauto.
"Stegen Sie bitte ein, wir müssen Sie mit auf die Wache nehmen."
Irgendwie fand ich die ganze Situation merkwürdig, auch wenn der Wagen und die beiden Beamten echt aussahen. Man wusste ja nie.
"Dürfte ich nur noch kurz Ihre Ausweise sehen, nur um sicher zu sein, dass Sie beide wirklich Polizisten sind und nicht irgendwelche Zuhälter die neue Arbeitskräfte brauchen."
Die Beiden lachten, holten aber sofort Ihre Ausweise aus der Tasche. Auch darauf konnte ich nichts erkennen, was auf Betrüger hindeutete und so stieg ich ins Auto und ließ mich auf die Sitzbank fallen. Der Blonde der Beiden, laut seinem Ausweis Raphael setzte sich zu mir nach hinten, während der anderen, Lucian, den Motor startet und sich in den Verkehr einfädelte.
Wir fuhren einige Zeit, aber da ich keine Ahnung hatte wo in meiner Stadt sich die Polizeiwache befand, wusste ich auch nicht, wie lange die Fahrt wohl dauern würde.
Immer wieder schaute ich auf mein Smartphone um die Zeit zu überprüfen. Außerdem schrieb ich meiner beste Freundin, was gerade geschehen war und dass ich nicht wusste, wie lange es dauern würde und wann ich bei ihr sein konnte. Wir waren verabredet und ich war gerade auf dem Weg zu ihr gewesen, als die beiden mich mitgenommen hatten.
Nach exakt 23 Minuten hielten wir auf einem Parkplatz und stiegen aus. Der Blonde führte mich ins Gebäude, auf dem tatsächlich in großen Buchstaben "POLIZEI" stand. Mit diesem Wissen, was mich ziemlich beruhigte, folgte ich dem Polizisten durch die Wache, bis in einen etwas abgelegeneren Flur, der in einen relativ kleinen Aufenthaltsraum mündete. Ich wusste immer noch nicht, was genau ich hier tat und was mir vorgworfen wurde, doch ich hoffte, dass würde sich bald ändern.
"Setz dich."
Ich ließ mich auf einen der vielen Stühle fallen und verschrenkte die Arme vor der Brust.
"Sagen Sie mir jetzt endlich, was mir vorgeworfen wird?" Ich genoss zwar die Aufmerksamkeit, die mir von den beiden entgegen gebracht wurde, denn wann war man denn schon von zwei so heißen Typen umgeben, dennoch wurde ich langsam etwas ungedulig. Meine Neugier wollte endlich gestillt werden.
"Gleich. Möchtest du etwas trinken?"
"Wasser, bitte." Er nickte und ging in einen der kleinen Nebenräume. In der Zwischenzeit tauchte der andere Polizist, Lucian, auf und setzte sich mir gegenüber.
"Ich nehme an du hast keine Ahnung warum du hier bist, oder?" Seit wann duzten wir uns?
"Nicht wirklich, aber ich hoffe, dass wird sich jetzt ändern. Eigentlich hatte ich heute auch noch was anderes vor, als hier rumzusitzen, ohne zu wissen warum." In meiner Hand vibrierte mein Handy, doch ich widerstand dem Zwang, zu sehen von wem die Nachricht war.
"Tja, ich fürchte, deine Pläne wirst du verschieben müssen."
Gerade als ich etwas antworten wollte, kam der andere, Raphael, mit einem Glas Wasser wieder und stellte es vor mir ab.
"Wollen wir anfangen oder wartest du noch auf etwas?" fragte Raphael.
"Könnte ich kurz noch auf Toilette gehen, bitte?" unterbrach ich ihr Gespräch. Für alle Fälle wollte ich meine beste Freundin anrufen. Aber das konnte ich nicht hier.
"Klar. Komm ich zeige dir, wo sie ist." Lucian stand auf und ging Richtung Flur. Ich folgte ihm mit ausreichendem Abstand, bis er mitten im Flur stehen blieb und auf die Tür rechts von ihm zeigte. "Dort."
Ich beeilte mich durch die Tür und schloss sie hinter mir. Da ich nicht wusste, ob er vor der Tür wartete, ging ich lieber in eine der Kabinen, bevor ich mein Handy entsperrte und meine Freundin anrief. Sie meldete sich nach ein paar Sekunden und ich schilderte ihr meine Situation. Nachdem wir kurz alles besprochen hatten, stellte ich sie auf lautlos, sodass sie mich hören konnte, es aber nicht passieren konnte, dass man sie aus Versehen hörte. Dann wusch ich mir die Hände, atmete kurz tief durch und trat wieder auf den Flur hinaus.
Er stand immer noch da. Und er war immer noch mehr als attraktiv. Ich spürte, wie mein Puls sich erhöhte während ich ihn so ansah. Und ich spürte, wie er mich ansah. Ein wohliger Schauder lief meine Rücken hinunter.
Ganz sicher war das hier keine normale Festnahme - irgendetwas lief hier hinter meinem Rücken.
"Ich bin so weit, wir können gehen." So schnell wie möglich wollte ich aus dieser Situation heraus. Ohne darauf zu warten, ob er sich in Bewegung setzte, lief ich los. Der Weg war nicht allzu schwer gewesen und so fand ich den Raum auch ohne seine Hilfe. Die ganze Zeit über fühlte ich seinen Blick auf mir. Mein Körper wollte sich am liebsten umdrehen und unaussprechliche Dinge mit ihm tun, doch ich hielt die Fassade aufrecht und ließ mir davon nichts anmerken, was unglaublich schwer war.
"Da seid ihr ja." Raphael hatte sich inziwschen gesetzt und bedeutete mir, das gleich zu tun - was ich sofort tat, denn es schien so, als würde ich endlich erfahren, warum ich hier war.
Auch Lucian setzte sich. Irgendwie wurde mir etwas mulmig zumute.
"Okay, also unsere Namen hast du ja vielleicht vorhin schon auf unseren Ausweisen gelesen, ich bin Lucian und das hier ist meine Kumpel Raphael. Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden: Du bist zu je einem Drittel Mensch, Vampir und Werwolf."
Ich musste lachen, als ich das hörte. Wirklich lachen. Die beiden sahen mich an, als ob ich den Verstand verloren hätte.
Als ich mich halbwegs gefangen hatte dämmerte es mir - sie meinte das wiklich ernst.
"Sorry, aber das ist eine der abwegigsten Dinge, die mir je erzählt wurden. Warum sollte ich euch das glauben?"
"Vielleicht sollten wir es dir einfach zeigen. Raph, würdest du?" Lucian schaute seinen Kumpel an. Der nickte und zeigte mir seine Zähne. Erst passierte nichts, doch plötzlich schossen spitze Eckzähne aus seinem Kiefer. Erstaunt. Ich war tatsächlich erstaunt, doch ich konnte es immer noch nicht so richtig glauben.
"Okay, also du, ihr seid vielleicht Vampire oder was auch immer, aber wie und warum sollte ich einer sein? Oder wie ihr meint zu je einem Drittel Mensch, Vampir und Werwolf."
"Es ist eine zufällige genetische Mutation. Eine nicht sehr häufige. Und die meisten von deiner Sorte wurden von den Werwölfen gefunden, wir waren fast jedes Mal zu spät. Du bist also quasi eine Rarität", beantwortete Lucian meine Frage.
"Aber woher wolllt ihr wissen, dass ich tatsächlich diese Mutation habe?" Irgendwie fand ich den Gedanken so etwas zu sein gar nicht so schlimm, aber mein Kopf WOLLTE es noch nicht richtig glauben.
"Naja, am einfachsten wäre es, wenn du ein bisschen Blut von mir trinken würdest, dann wüssten wir es sicher."
"Oh nein. Ihr seid doch verrückt." Ich schüttelte den Kopf und nahm ein Schluck von meinem Wasser, dass ich bis dahin noch nicht angefasst hatte.
Ganz bestimmt würde ich nicht von seinem Blut trinken.
Doch sie versuchten mich zu überzeugen. Stundenlang redeten sie auf ich ein, erzählten von Vampiren, Werwölfen und sich selbst, in der Hoffnung, ich würde es verstehen und ließen nicht locker. Irgendwann schaltete ich den Anruf auf meinem Handy aus. Lief in dem Raum auf und ab und versuchte nicht verrückt zu werden. Durch die Fenster sah ich, wie es draußen immer dunkler und spürte, wie ich immer müder wurde. Doch immer und immer wieder erzählten sie mir, wie wichtig es für sie wäre, zu wissen, ob ich tatsächlich war, wofür sie mich hielten.
Irgendwann wurde es mir zu viel.
"Jungs, ich brauche eine Pause. Nur fünf Minuten. Sonst platzt mein Kopf."
Sie nickten, schienen allerdings noch immer ziemlich munter zu sein. Mein Blick fiel auf den Getränkeautomaten in einer Ecke des Raumes. Ich wühlte in meinem Portmonee und stellte frustriert fest, dass ich wie immer kein Kleingeld einstecken hatte.
"Hat einer von euch zufällig ein bisschen Kleingeld?"
Beide reichten mir eine handvoll Münzen, die ich am Automaten in zwei Dosen Red Bull umwandelte. Die erste exte ich und öffnete direkt die zweite. Gleichzeitig hoffte ich, dass es etwas bringen würde und ich wieder munter wurde.
Lucian öffnete das Fenster und ich genoss den Luftzug, der dadurch entstand.
"Okay, ich glaube ich bin langsam wieder etwas aufnahmefähig."
Ich nahm noch ein paar Schlucke von meinem Red Bull und setzte mich wieder auf meinen Stuhl.
Lucian blieb am Fenster stehen, während Raphael sich mir gegenüber setzte.
Irgedetwas war anders als noch vor ein paar Minuten. Ich konnte nicht sagen was, aber etwas war anders.
Raphael begann unterdessen wieder vom Leben als Vampir zu erzählen.
Nach ein paar Minuten begann ich zu frösteln und bat Lucian, dass Fenster wieder zu schließen. Er tat es, reagierte jedoch etwas merkwürdig darauf. Er schien fast ein bisschen froh darüber.
Da mir trotzdem nicht wärmer wurde, sondern noch kälter, zog ich meine Jacke wieder an und schlang die Arme um mich. Auch das schien dafür zu sorgen, dass sich die Miene der beiden aufhellte.
"Okaaayy. Was genau ist hier los?" Ich unterbrach Raphael bei seinen Ausführungen und blickte zwischen den beiden hin und her.
"Was genau meinst du?" fragte Lucian.
"Ich friere mir hier gerade den Arsch ab und ihr scheint irgendwie ziemlich froh darüber zu sein." Mir wurde immer kälter. Mir war eigentlich nur sehr selten kalt, aber momentan hatte ich das Gefühl, mein Körper würde zu einem Eisblock frieren.
"Naja, vielleicht, möglicherweise, könnte in den Red Bull ein bisschen Blut von mir gewesen sein, auf das du jetzt reagierst."
Nein. Wahrscheinlich war mir einfach nur kalt, weil ich müde war. Das war die einzige Erklärung, die mein Kopf akzeptierte.
"Bestimmt bin ich einfach nur müde." So richtig überzeugt klang ich dabei allerdings nicht. Und gleich darauf begann ich auch noch am ganzen Körper zu zittern.
"Du kannst es leugnen, aber dadurch wird dir auch nicht wärmer", sagt Lucian. Raphael hielt sich aus der Sache raus und sagte nichts.
"Habt ihr vielleicht sowas wie 'ne Decke hier?"
Er schenkte mir einen fragend-abfälligen Blick, ging aber in eines der Nebenzimmer, holte eine Decke und reichte sie mir.
"Danke."
Ich schlang mir die Decke um die Schultern und hoffte, das mir wieder wärmer würde.
Was nicht der Fall war. Auch nach zehn schweigenden Minuten wurde mir einfach nicht warm. Langsam spürte ich meine Zehen und Finger nicht mehr.
Lucian und Raphael tauschten die ganze Zeit besorgte Blicke aus, die ich versuchte zu ignorieren.
Es war einfach so verdammt kalt.
"Waas, k-k-k-ann-n m-m-man d-d-d-ag-g-geg-g-en m-m-machen?" Meine Kiefer zitterten so sehr, dass ich nicht mehr richtig sprechen konnte.
"Die einzige Möglichket, wie du jetzt wieder warm wirst, bin ich."
Ich merkte, wie ich nickte. Meine Gedanken drehten sich nur noch um Wärme. Von der Kälte, war ich müde. So müde, dass meine Lider fast von selbst zu fielen und es mir egal war, was ich tun musste, damit es wieder warm wurde.
Er nahm meine Hand und ich spürte sofort, wie seine Wärme durch meine Haut drang. Und ich wollte mehr. Lucian führte mich in einen Nebenraum mit einem Bett, in das ich mich hineinfallen ließ. Meine Kräfte waren am Ende und ich konnte kaum mehr meine Augen offenhalten.
"Es ist alles in Ordnung, lass deine Augen ruhig zu und schlaf. Ich werde dich wärmen."
Nur noch halb nahm ich war, dass er sich neben mich legte und uns zudeckte.