Seichte Böen aus den hohen Bergkämmen überzogen großzügig angelegte Ackerflächen mit angenehm kühler Luft. Hoch oben glitzerte und funkelte es, wissensdurstige Betrachter konnten vom Boden aus die verschiedenen Wetterzonen mit dem Finger nachzeichnen. Die Winde umgarnten all jene, die hart und mühsam ihrem steten Tagwerk nachgingen, und spendeten allerorts Erleichterung. Ortsansässige würden meinen, ein laues Lüftchen beließe übers Feld. Städter hingegen wäre nebst Wärme auch dieses womöglich zu viel.
Diejenigen jedoch, die hier lebten und arbeiteten, sahen es anders und genossen selbst das wenige, was ihnen geblieben war oder hielten fest und verborgen, was man hätte noch verlieren können. Die Arbeit auf den Fluren, ein einstmals stattliches Handwerk, war anstrengend und gebot nebst Wissen, Ausdauer auch Geschick wie ein Auge auf seinen Nachbarsmann.
Der Kuss des Berges galt seinen eifrigen Söhnen, sagten die Frauen der Landarbeiter scherzhaft.
Wenn die Augenweiden uns schon nicht umgarnen, so tut es wenigstens der Atem des Massivs. Er umschmeichelt uns und bietet uns Linderung, sollten unsere Körper glühen und erröten. So die Gegendarstellung der männlichen Gattung.
Eine damalig belebte Handelsroute führte Reisende wie Händler, gewollt wie ungewollt, von Süd nach Nord reinweg durch die angrenzenden fruchtbaren Felder hindurch. Es gab nebst dem direkten Handelsweg natürlich noch Weitere, auf denen man zu reisen vermochte, nur galt derer Benutzung als unüblich. Die Gründe hierfür blieben jenen Vorbehalten, die diese wahrlich gebrauchten.
Einzig drei intakte Gebäude zählte die Ortschaft, an welcher man sich vor Jahren traf, um von den Strapazen des Weges abzulassen, Informationen und Gerüchte zu teilen oder den Besitz von Waren zu tauschen. Zweifelsfrei umgaben ein ausladendes Gebiet wie dass hiesige unzählige weitere Bauten und kleine Umfriedungen, die einem mickrigen Hof glichen, nur waren diese dem Geimeinen vorbehalten und genossen keinerlei Geltung.
Das zum Teil zweistöckige Wohnhaus, eine Stallung samt anliegender Schmiede und ein geräumiges Lagerhaus, in welchem geerntetes Getreide mit hölzernen Flegeln gedroschen wurde, hielten die Eigentümer sorgfältig auf Vordermann. Einzig dieser Bauwerke konnte der frühere Feldzug nichts anhaben und trotzten der zerstörerischen Wut der einfallenden. Von den übrigen Aufbauten, zu denen weitere Lagerstätten, eine Taverne, einige Aussichts- und Meldetürme wie auch mehrere kombinierte Wohn- und Geschäftsgebäude zählten, zeugten bis auf die Grundmauern zusammengefallene Stätten.
Dem nagenden Zahn der Zeit noch nicht vollends anheimgefallenen Balken und Sparren lugten sterblicher Überreste gleich aus dem Schutt empor. Moose und Flechten fanden auf jenen optimalen Nährboden und überzogen das Zerstörte mit einem grünlich flauschig anmutenden Teppich.
Das gesamte Land umfasste großzügig und weitläufig angelegte Felder, auf denen seit der Zerschlagung der sieben Reiche nur noch Getreide und Erdknollen gediehen. Diese schienen zur Weiterverarbeitung und Überstellung auf dem See- wie Landweg am geeignetsten und deren Anbau wurde pedantisch überwacht. In unregelmäßigen Abständen trafen streifende Scharen ein, die sich davon überzeugten, dass dem Geheiß Folge geleistet wurde. Bisweilen hielten sich diese an ihre Anweisungen, nur auf gültige Anpflanzung zu achten.
Der ansässige Bauersmann genoss einen unbestreitbaren Stellenwert. Wo in den weitläufigen Feldern des Landes vereinzelt Hütten bis hin zu windschiefen Häusern Leibeigenen als Lager-, Arbeits- und Wohnraum dienten, lebte dieser mit seiner Familie in einem gebührlichen Wohnhaus. Bei ihm liefen die Fäden alltäglicher harter Landarbeit zusammen, er koordinierte allerlei Abläufe, die die Landwirtschaft betrafen und so war auch er es, der Rechenschaft ablegen musste. Der Großteil der erbrachten Ernten Agreas entsprangen jener Felder, derer er vorstand.
Geboren aus Gram, Wut und mit größter Wahrscheinlichkeit ebenso vieler Wahrheiten begründet, umgaben die Schergen der Besatzer vorauseilende Gerüchte. In benachbarten Ortschaften, durch die sie ritten, nahmen sie, was sie begehrten. Es blieb nicht einzig bei Zimmern für die Nacht, Getränke zum Spülen trockener Kehlen und einem Mahl zum Füllen hungriger Bäuche. Allem voran galt ihre Befriedigung junger und hübscher Töchter.
All' diese Ländereien, die beträchtlichen Felder, die angrenzenden Sandsteingruben das Rabengehölz bis heran an den ›flüsternden Wald‹ unterstand zu früheren Tagen dem Gebot des Hauses der Berengar. Jetzt hingegen führte allein der Gedanke an vergangene Zeiten, gefährlich nahe vor die Spitze eines gedungenen Schwertes.