Steppi war die nächsten Tage auf einer längeren Auswärtsfahrt. Erst stand ein Spiel gegen Berlin an, dann gegen Leipzig und Julia hatte ihn nun schon sechs Tage nicht mehr gesehen. Heute würde er wiederkommen und Julia hatte sich seinen Hausschlüssel geben lassen, um ihn bei sich überraschen zu können. Gerade wollte es sich Julia nochmal auf dem Sofa gemütlich machen, da klickte auch schon das Schloss und Steppi betrat die Wohnung.
Ein wenig erschöpft von der langen Reise ließ er seine Habseligkeiten einfach im Hausgang liegen und wollte sich erst einmal hinlegen- nur, dort lag schon jemand!
„Hey Steppi“, grinste Julia und stand vom Sofa auf, um ihren Freund mit einem langen Kuss zu begrüßen.
„Hey“, erwiderte er immer noch verwirrt, aber das Glück überwog langsam. Er umarmte Julia und wirbelte sie mit sich herum.
„Es ist so schön dass wenn ich heimkomme du bist da“, flüsterte er in ihr Ohr und küsste sie wieder.
„Möchtest du was trinken? Ich kann uns einen Tee machen wenn du möchtest.“
„Ja, gerne, das lange Fahren macht mich kaputt. Ich mache schnell eine Waschmaschine, dann komme ich.“
Julia lächelte ihm zu, dann ging sie in die Küche, um Teewasser auszusetzen.
Dabei dachte sie darüber nach, dass sie sehr glücklich war, wenn sie mit Steppi auch nur den Alltag meisterte. Vielleicht sollten sie überlegen, doch wieder zusammen zu ziehen. Während sie noch in den Gedanken tief versunken die Teebeutel übergoss, kam Steppi wieder und begrüßte seine Freundin abermals mit einem Kuss auf die Wange.
„Danke für den Tee.“
„Gerne. Gibt es sonst irgendwelche Neuigkeiten von den Jungs? Wie geht es Harry? Du hast doch mal erzählt er hat da vielleicht eine Freundin oder so?“.
„Ich glaube dass es ist noch nicht sicher mit Harry, er hat nichts gesagt jetzt am Spieltag. Vielleicht es ist auch wieder vorbei, ich weiß es nicht. Aber ich habe ein andere Neuigkeit.“
Bevor Steppi damit rausrückte, atmete er noch einmal tief durch. Er hoffte, dass die Beziehung in den letzten Wochen so stabil geworden war, dass sie dem standhielt. Aber er wollte offen gegenüber Julia sein und alles für die Beziehung tun, was notwendig war. Deshalb hatte er sich zu diesem Schritt entschlossen.
Er kramte sein Handy hervor und rief ein Foto auf, das er bekommen hatte. Julia brauchte einen Moment, um das schwarz-weiße Bild richtig zu deuten. „Ein… Ultraschallbild? Was? Von wem?“.
„Mein… Ausrutscher“, knirschte Steppi und nahm Julia dabei fest in den Arm.
Julia war wie paralysiert. Gab es tatsächlich Folgen aus dem Ausrutscher? Hatte Steppi tatsächlich ein Kind gezeugt? Diese Vorstellung verursachte einen schmerzenden Klumpen in ihrer Magengegend. Ein Kind mit einer anderen Frau, konnte sie das denn ertragen?
„Ich bin mir sicher dass es ist nicht meins. Sie will nur dass wir uns trennen. Das ist nicht mein Kind“, versprach Steppi, obwohl er es selbst nicht wusste. Er fühlte, dass es nicht seins war, aber was war das Gefühl gegen einen Test?!
„Woher willst du das wissen?“, schluchzte Julia, mittlerweile den Tränen nahe.
„Ich weiß es. Ich kenne dieses Mädchen. Das ist nicht mein Kind.“
Unentschlossen knabberte Julia an ihrer Lippe. Sie wollte Steppi so gerne glauben, aber konnte sie das? Steppi hingegen überlegte fieberhaft, wie er es Julia beweisen könnte. Er war sich so sicher, dass er nicht der Vater war.
Er müsste Lilja zu einem Geständnis zwingen, aber was brachte ihm das auf Isländisch? Julia würde es nicht verstehen, und sie müsste ihm vertrauen. Ob sie das noch konnte?
Es sei denn, er könnte einen Videoanruf organisieren. Der Vorschlag war zwar gewagt, denn wollte Julia Lilja überhaupt sehen? Aber so könnte sie vielleicht an ihrem Gesicht ablesen, ob die ganze Geschichte gelogen war oder nicht.
„Vielleicht… wenn wir schaffen dass sie gesteht, wenn du siehst, wie sie reagiert, du glaubst mir dann?“, schlug er vor, in der Hoffnung, damit seine Probleme zu lösen.
„Wie meinst du das? Wie soll ich sie sehen?“, fragte Julia skeptisch zurück.
„Vielleicht wir können skypen? Ich will dich nicht verlieren nur weil diese Mädchen lügt. Bitte.“
Der Kloß in Julias Magen wurde immer größer. Steppi schien sich bei dem Vorschlag wirklich Gedanken gemacht zu haben und sie empfand ihn auch als logisch, aber wollte sie das Mädchen sehen? Wenn sie sich die Frage ehrlich beantwortete, dann nicht. Einen Gegenvorschlag hatte sie allerdings auch nicht.
Steppi griff nach Julias Händen und drückte sie.
„Ich weiß nicht wie ich kann besser vorschlagen, aber wenn du es nicht willst, wir machen es nicht.“
Julia fasste Steppis Hände. „Ich weiß auch keine bessere Idee, Steppi, wir machen es so, wie du gesagt hast. Ich finde es auch nicht toll, aber es geht wohl nicht anders.“
Sie war nicht wirklich glücklich damit, aber Julia war Steppi dankbar, dass er um sie kämpfen wollte. Gemeinsam trugen sie den Laptop an den Küchentisch und richteten die Kamera so aus, dass Julia in einem toten Winkel das Gespräch mit ansehen konnte. Steppi brauchte dann nicht lange, um Lilja zu einem Skypetelefonat zu überreden. Während die Verbindung aufgebaut wurde, klopfte sein Herz immer heftiger. Was sollte er machen, wenn es vielleicht doch sein Kind war? Er schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Es konnte nicht sein Kind sein.
Schließlich tauchte Lilja auf, sie lächelte glücksselig und winkte Steppi zu.
Julia biss sich auf die Lippe. Dieses Mädchen zu sehen war ein seltsames Gefühl, und sie hoffte, dass das Gespräch so schnell wie möglich vorbei war. Verstehen konnte sie nicht viel, vor allem, da sie nur Steppis Antworten hörte. Außerdem war ihr Isländisch nicht wirklich ausgereift.
Lilja und Steppi wurden allmählich immer lauter, sie schrien sich sogar fast an. Julia meinte sogar zu sehen, dass Lilja weinte, ihre Stimme brach, nachdem sie besonders hoch gewesen war. Steppi schrie ihr etwas entgegen, dann klappte er den Laptop geräuschvoll zu, stand auf und rauschte in die Küche. Dort schenkte er sich noch Tee nach und lehnte sich gegen die Anrichte. Er konnte es gar nicht glauben, wie naiv er gewesen war. Wäre er nicht auf die Idee gekommen, Lilja zu konfrontieren, wäre er womöglich noch in ihre Falle getappt. Sein Puls beruhigte sich erst, als Julia neben ihm auftauchte. Sie sah unsicher zu ihm hoch, er musste sie mit seinem Wutausbruch erschreckt haben. Er schlang seinen freien Arm um sie und drückte sie an sich.
„Es ist gut, dass wir haben das gemacht. Wie geht es dir?“, fragte er leise.
„Ich weiß es nicht“, antwortete Julia ehrlich. Denn sie schwankte zwischen Unbehagen und Angst vor Steppi. Sie traute sich kaum, zu fragen, rang sich dann aber doch dazu durch. „Was hat sie gesagt?“.
Steppi presste für einen Moment die Lippen aufeinander, um sich zu beruhigen, dann stellte er die Tasse ab und nahm Julia in den Arm.
„Ich habe ihr gesagt, dass ich rufe an wegen dem Bild und ich kann mir nicht denken wieso das passiert ist. Dann ich habe gesagt, ich denke dass sie nur lügt damit ich zu ihr komme so sie kann mich haben. Da hat sie geweint und wir haben uns angeschrien. Sie sagte dass sie alles gelogen hat weil ich sonst nicht zu ihr komme und dass sie die Idee hat weil, naja, wegen uns, weil du ja auch fast…“.
Julia konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und sie war froh, dass sie ihr Gesicht an Steppis Brust vergraben konnte. Vielleicht glaubte sie Steppi zu bereitwillig, aber das war ihr in dem Moment egal. Viel wichtiger war die Frage, wieso Frauen so gemein sein konnten. Trotzdem war sie froh, das Telefonat durchgehalten zu haben, denn sonst wäre die Sache von Steppi vielleicht nie bereinigt worden.
Der streichelte ihr immer wieder über die Haare und wiegte sie sanft. Auch er war froh, das Telefonat endlich hinter sich zu haben. Zwar wurden dabei Tränen vergossen, aber er hatte das Gefühl, für die Beziehung das Richtige getan zu haben. Behutsam streichelte er Julia über die Wange, trocknete so einige Tränen und küsste sie auf die Stirn.
„Schatz, es ist gut. Es tut mir leid, dass du jetzt weinst, aber es ist jetzt alles vorbei. Das Einzige, was wir jetzt noch tun, ist heiraten, okay? Alles andere ist egal.“
Julia lächelte für einen kleinen Moment. Sie war zwar noch sehr aufgewühlt, aber das Gefühl, das Steppi so vehement zu ihr stand, war schön und beruhigte sie allmählich.
„Danke Steppi, dass du so ehrlich zu mir warst. Das tut mir gut“, nuschelte sie und kuschelte sich noch einmal fest in seine Arme. „Und bitte lass mich nie wieder los, ich will heute den ganzen Tag in deinen Armen sein.“
Lächelnd hob Steppi sie hoch und trug sie zum Sofa, wo sich beide liegend aneinander kuscheln konnten. Er nahm Julia fest in den Arm und küsste sie immer wieder, wo immmer er sie erreichen konnte. Da jetzt alle Zweifel ausgeräumt waren, fühlte er sich bereit für die Hochzeit und Steppi nahm sich fest vor, mit der Frage aller Fragen nicht mehr allzu lange zu warten. Eigentlich konnte er es schon gar nicht mehr erwarten, Julia seine Frau nennen zu dürfen. Glücklich lächelnd küsste er Julia noch einmal, dann kuschelte er sich noch enger an sie und schloss die Augen, um die Nähe vollends genießen zu können.