Byram Quantvallier und Borys Jokscher standen ratlos über den Leichen von Gonrar und seinem Melkorianer Leibwächter, beziehungsweise, was davon noch übrig war. Es sah aus, als ob jemand S’Tueto gehäutet und das Innere aufgefressen hätte. Jokscher sah seinen neuen Vorstandskollegen Quantvallier fragend an. Was verdammt nochmal war hier bloß geschehen? Der Raum war quasi hermetisch abgeriegelt und von Innen verschlossen. Es war ganz klar der letzte Rückzugsort von Machnir Gonrar. Darin lagen die beiden Leichen von Gonrar und S’Tueto. Quantvallier, der als äußerster Pragmatiker und Opportunist vor kurzem erst Gonrar’s freien Posten im Vorstand der Timurai Cooperatio übernommen hatte, brachte es ruhig und sachlich auf den Punkt. „Davon darf niemand etwas erfahren, niemals! Und es spielt keine Rolle, was sich hier zugetragen hat. Offiziell ist es nie passiert. Ich habe bereits eine Nachricht für die Öffentlichkeit vorbereitet. Alles andere ist oberste Verschlusssache. Kein Bericht, auch nicht an den Aufsichtsrat. Wir schweigen es tot, bis es so tot ist, wie Gonrar selbst. Und wir knicken auch nicht vor den Behörden ein. Das Debakel auf G-Han 89 ist gerade erst überwunden. Meine Spyce und Glory Kampagne auf Tauta Zet läuft gut an und übertüncht den Mist, den Gonrar uns dort eingebrockt hat. Eigentlich machen wir dort sogar hübschen Profit.“ Quantvallier verschränkte die Arme vor der Brust und starrte seinen Vorstandskollegen unverhohlen an. Jokscher schüttelte vehement den Kopf. „Das hier ist ein Grab. Ein Milliardenschweres Grab, dass muss Ihnen doch auch klar sein. Die Börsenaufsicht verlangt von uns, dass wir alles, woran Gonrar mitgearbeitet hat verkaufen oder die Akten offen legen. Nur so können wir uns davon reinwaschen. Sonst drohen uns Milliarden Strafen und alle Regierungsjobs platzen auf der Stelle. Wir müssen jetzt in den sauren Apfel beißen und retten, was zu retten ist.“ Quantvallier schüttelte demonstrativ den Kopf. „Das ganze Waffengeschäft? Also das kommt überhaupt nicht infrage, Jokscher. Überlegen Sie doch mal, was Sie da von sich geben!“ „Für Sie immer noch erster Vorsitzender Jokscher, Sie Emporkömmling!“ Unterbrach ihn der Alte unsanft. „Schreiben Sie sich das hinter die Ohren! Und nun zur Sache. Morgen muss ich definitiv der Börsenaufsicht meine Entscheidung mitteilen, sonst drohen uns öffentlichkeitswirksame Durchsuchungen unserer Hauptbüros. Es heißt entweder Dreihundert Milliarden Credits zu überweisen und die Akten selbst herauszurücken, oder das Waffengeschäft zu zerstückeln und zu verkaufen. Und hören sie endlich auf ihren verdammten Kopf zu schütteln! Sie haben wohl noch immer nicht gemerkt, mit wem sie hier reden. Ich bin seit 20 Jahren im Vorstand. Und sie sind nur der ehemalige Sicherheitschef, der durch gewisse Umstände und viel Glück in den Vorstand katapultiert wurde.“ Unmerklich trat Jokscher immer näher an seinen viel jüngeren Vorstandskollegen heran. Doch zum Erstaunen des alten Bonzen, wich dieser keinen Meter zurück und begann sogar völlig unbeeindruckt zu lächeln. Dann schnippte Quantvallier mit seiner Linken und die zwei Gorilla artigen Hünen von Leibwächtern ergriffen ihn jeweils links und rechts. Er schwebte zappelnd in der Luft und rief empört: „Was hat das zu bedeuten? Ich warne sie, sie Wicht!“ Verzweifelt versuchte er sich aus dem eisernen Griff der Leibwächter herauszuwinden. Keine Chance.
Quantvallier erklärte seinem verdutzten Kollegen kurz, was hier gerade geschah und was jetzt mit ihm geschehen würde. „Jetzt halten sie die Klappe und hören mir genau zu. Vielleicht überleben sie dann die nächsten Minuten. Aber auch nur vielleicht.“ „Was? Sie sind tot Quantvallier, sie sind tot, verstehen sie das?“ Er schüttelte mitleidig den Kopf. „Nein, sie sind tot. Und das ist genau das Gegenteil von Klappe halten.“ Er nickte seinen Leibwächtern zu. Der linke Hüne griff dem umso heftiger zappelnden Jokscher an die Kehle und drückte zu. „Sie werden jetzt sterben, meine Geduld mit ihnen ist am Ende. Pech für sie. Ich erkläre ihnen allerdings mein Handeln, damit sie mit der Gewissheit sterben, das es nicht umsonst war. Denn ihre Besorgnis um die Zukunft der Timurai Cooperatio nehme ich ihnen tatsächlich ab. Allerdings ist es auch genau diese Art des Buckelns, Verdrängens und Aussitzens, die es einem Machnir Gonrar erst erlaubt hat unseren Namen, unsere Ressourcen, unsere Mitarbeiter und unsere Stationen für seine eigenen Zwecke zu missbrauchen. Genau aus diesem Grund bin ich an seine Stelle getreten im Vorstand. Ich werde nicht zulassen, dass Timurai weiteren Schaden erleidet. Das hatte nichts mit Glück zu tun, Jokscher.“ Der alte Vorstandsbonze lief bereits blau an. Seine Augen traten deutlich aus den Augenhöhlen. In seinem Gesicht konnte man das Entsetzen über diesen Vorgang sehen. Er realisierte allmählich, dass sein Ende kurz bevorstand. Voller Hass starrte er auf Quantvallier. Dieser plauderte munter weiter, als wäre nichts von Belang passiert. „Der Vorstand hat mich ermächtigt alles Nötige zu tun, um Timurai wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. Und deshalb werden wir nicht mit der Börsenaufsicht sprechen, nicht unsere Büros durchsuchen lassen und schon gar nicht unseren profitabelsten Geschäftszweig verhökern. Haben sie das verstanden Jokscher?“ Quantvallier nickte seinem Leibwächter kurz zu und der ließ den halbtoten Jokscher zu Boden fallen. Ein gewaltiger Hustenanfall, gepaart mit krampfartigen Bewegungen folgten, bevor Jokscher überhaupt wieder in der Lage war sich irgendwie zu äußern. Sein Kontrahent wartete ungeduldig auf ihn. „Ihre Zeit läuft ab Jokscher. Haben sie mich verstanden? Falls ja, dann nicken sie zumindest. Und dann erkläre ich ihnen, wie sie lebend, allerdings nicht unbeschadet aus dieser Nummer wieder herauskommen. Nicken sie!“
Der alte, offensichtlich entmachtete Vorstandsvorsitzende wollte trotz seiner Würgemale am eigenen Hals noch immer nicht recht begreifen in welcher gefährlichen Lage er tatsächlich schwebte. Er schüttelte ungläubig den Kopf und krächzte. „ Sie sind ein noch viel größeres Monster, als Gonrar es je war.“
Quantvallier's Augenbrauen hoben sich und er schürzte die Lippen. „Ja, das stimmt. Allerdings bin ich effizienter und ich gehöre mit Leib und Leben der Timurai Cooperatio und nicht mir selbst. Dafür haben meine Erschaffer gesorgt.“
Jokscher verstand gar nichts mehr. „Was, was soll das heißen, deine Erschaffer?“
„Wollen sie jetzt leben? Dann müssen sie tun, was ich sage, und zwar genau was ich sage und wann ich es sage. Es ist Ihre Entscheidung, aber entscheiden sie schnell.“
Jokscher bekam einen glasigen Blick, schloss seine Augen und nickte zaghaft. Dann brach er zusammen.