„Du bist absolut widerlich!“
Bones wusste nicht, wie oft er sich bereits über den Mund gewischt hatte, aber ein weiteres Mal würde nicht schaden. Und am besten gleich noch einmal. Obwohl sich seine Lippen taub und geschwollen anfühlten, spürte er immer noch Jims Mund auf dem seinen. Den warmen Atem, der seinen Wangen schmeichelte. Den Geschmack nach Kaffee, Karamell und Erdbeeren auf seiner Zunge. Warum musste dies Ungeheuer nur so schmecken? Bones Magen machte einen Hüpfer und keinen, den er als Magenverstimmung abtun konnte. Er war Wachs in Jims Händen. Nichts hatte er getan. Einfach nur dagesessen, während sie die halbe Academy beim Küssen beobachtete. Es war so erniedrigend. Bones kochte vor Wut.
„Achte auf deinen Blutdruck, alter Mann, dein Kopf ist schon ganz rot“, feixte Jim zu seiner Linken. Er war etwas außer Atem, da er laufen musste, um mit Bones energischem Schritt mitzuhalten.
„Warum kenne ich dich überhaupt?“, grollte Bones und ging einfach weiter.
„Weil ich so ein liebenswertes Wesen bin und dein Leben ohne mich erschreckend langweilig wäre.“
„Es wäre nicht langweilig! Es wäre normal. Ruhig! Ohne deiner frechen Zunge in meinem Rachen, verdammt, ich wäre fast erstickt!“
„Ach, komm, dafür sind gute Freunde doch da.“
Entsetzt blieb Bones stehen und starrte Jim entgeistert an.
„Okay, ich gebe zu, das war vielleicht ein bisschen viel.“ Beschwichtigend hob Jim die Hände. Bones Brustkorb hob und senkte sich in Rage und eine Ader an seiner Schläfe begann gefährlich zu pochen. „Aber du weißt doch, wie Arrianerinnen sind. Sie glauben nur das, was sie sehen. Anders hätte sie mir die Trennung nicht verziehen. Auch wenn sie nicht so aussehen, aber die können verdammt ungemütlich werden.“
„Ist es mein Problem, dass du dein Ding nicht in der Hose lassen kannst?“
„In dem Moment ist mir einfach nichts Besseres eingefallen. Arrianerinnen sind sehr misstrauisch.“
„Mir ist schleierhaft, wie sie überhaupt auf die Idee kommt, wir seien ein Paar.“
„Naja“, sagte Jim und zuckte mit den Schultern „ganz so abwegig ist es auch nicht. Die halbe Akademie denkt, dass wir im Bett waren.“
Grimmig starrte Bones in Jims Gesicht. Jim wedelte mit den Händen. „Ich weiß auch nicht, wie die darauf kommen.“
„Vielleicht weil du, wie eine verdammte Klette ständig an meinem Rockzipfel hängst, meine Sachen trägst, in meinem Bett schläfst und sogar die Tomaten in meinem Salat isst, weil ich sie nun mal abgrundtief verabscheue. Und das heute hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt.“
Jim setzte zum Sprechen an, doch Bones unterbrach ihn brüsk. „Bitte, Jim, erspar mir deine Ausreden. Ich hab dir unfreiwillig aus deiner Affäre raus geholfen und du lässt mich jetzt wenigstens zwei Stunden am Stück lernen. Wir sind quitt.“
Damit betrat er seine Wohnung. Selbstverständlich folgte Jim ihm. Wortlos setzte Bones sich an seinen Schreibtisch und schlug sein Fachbuch auf. Auch wenn er es niemals offen zugeben würde, so war er unendlich dankbar für Jims Freundschaft. Es gab nur wenige Menschen, die seine starke Persönlichkeit aushielten, auch wenn das meiste seiner Worte nur dicke Luft war. Andererseits gab es auch an Jim so einige Ecken und Kanten, die nicht leicht zu verstehen waren. Vielleicht war das der Grund für ihre starke Bindung.
Es raschelte laut, als Jim seine Jacke überstreifte und dann als Bones dachte, dieser sei gegangen, lehnte Jim sich über seine Schulter zu ihm und drückte ihm einen feuchten Kuss auf die Wange auf.
„Danke, Bones.“
Fröhlich pfeifend ging er davon. „Wir sehen uns später, Brummbär.“
Resigniert vergrub Bones sein Gesicht in beiden Händen und stöhnte. An Lernen war jetzt wirklich nicht mehr zu denken.