Sag mir, warum machst du das? Das alles. Und noch viel wichtiger. Warum mache ich das? Das alles. Komm zurück, ich brauch dich! Hör auf damit. Bevor wir uns trafen wusste ich gar nichts. Ich hab die Welt immer nur aus den Augen eines Mädchens gesehen. Heute sehe ich sie mit den Augen eines Mädchens, das Mädchen liebt. Besonders dich. Nein, vor allem dich. Nur dich.
Lass uns nochmal zu diesem dreckigen Bolzplatz gehen. Dahin, wo wir uns das erste Mal begegneten. Und ich weiß, ich bin die schlechteste Fußballspielerin der Welt. Aber ich weiß auch, dass es dich niemals gestört hat. Denn so klangen unsere ersten Töne, und sie bestimmten die Melodie.
Es hat mich nie gestört, dass du eine Person hattest, für die du eher dein Leben geben würdest als für mich. Ich wusste, du kanntest sie schon immer, ihr lagt im selben Brutkasten im Krankenhaus. Sie ist deine beste Freundin, und wenn ich dich nicht lieben würde, hätte ich sie geliebt.
Ich brauche euch beide. Und ich weiß auch, dass ihr mich braucht.
Ich glaubte dass dir nie jemand das Wasser reichen könnte und du meintest immer, mein Glanz, meine Stärke und mein Durchsetzungsvermögen sei weitaus stärker als deins (vielleicht..)Immer wenn wir uns stritten hast du gewonnen, obwohl ich dir hätte leicht überlegen sein können(ich wollte nie). Ich verspreche dir. Ich stehe jeden Tag auf, nur um in deine Schoko-kaffeegefärbten Augen zu blicken. Und dir zu sagen, dass du das aller schönste Mädchen bist, was ich je gesehen habe. Du schaust mir jeden Tag in meine nachtblauen Augen(damals noch..)und antwortest, dass ich noch viel zu wenig gesehen habe. Du sagtest auch, nachdem du mich das erste Mal geküsst hattest, dass nur die verführerisch geschwungene Form meiner Lippen mich so unwiderstehlich toll macht. Nicht, dass ich dir geglaubt hätte.
Wir sind durch unendliche Nächte gerannt. Haben uns betrunken ein Trabbi ,,ausgeliehen‘‘. Sind im Sommer nackt baden gegangen, am dunkelblauen See, denn du für dunkler als meine Augen hieltest(heute nicht mehr). Wir haben 4 Tage lang die Schule geschwänzt, um nach Berlin zu trampen und dass außergewöhnlichste Kunstwerk an seine Mauern zu sprayen(nicht dass wir das geschafft hätten, aber manchmal ist sowas unwichtig). Der Refrain setzte ein, als wir uns das erste Mal liebten, an der Ostsee, in einem winzigen Bungalow mit karibischen Ausmaßen.
Aber dann, so lautlos und unbemerkt von uns beiden, begann das Lied auszuklingen.
Und dann klang es aus, in der schlimmsten aller Nächte.
Als unsere beste Freundin starb, starb in jedem von uns etwas.
Später, als die lange Pause der Stille beendet war, traf ich dich wieder. Und langsam begann das Radio der Welt ein neues Lied für uns zu spielen. Gott, sahst du erwachsen aus. Du hattest deine wunderschönen schwarzen Haare abschneiden selbst abgeschnitten. Als Zeichen der Hochachtung vor den Toten. Sie waren schon etwas nachgewachsen. Jetzt trugst du leicht verwuschelte Fransen, die im Wind tanzten. Deine Klamotten waren immer noch schwarz. Und ich hoffte, dass wenigstens eine Sache für immer so bleiben würde. Ich schätze, du mustertest mich genauso. Ich traute mich nicht aufzublicken, weil das in deinen Augen mich umhauen würde. Dann sah ich trotzdem auf. Deine Augen sahen so verdammt verletzlich aus.Früher dachte ich, nichts könnte die Rebellin in deinen Augen töten. In ihnen lag all die Trauer, die man durch nichts anderes als den Augen, ausdrücken kann. Da war ich mir sicher, dass deine Augen das Leuchten beim Lachen verlernt hatten.
Ich weiß nicht, wie lange wir uns schon so gegenüberstanden, als du meine Hand nahmst. Mir in die verletzlichen Augen blicktest und sagtest: ''Ich frage mich, ob Augen aus Trauer die Farbe ändern, so wie man weiße Haare kriegt. Sie sind nicht mehr nachtblau. Ich verspreche dir, ich werde alles dafür tun, dass sie wieder dieselbe Dunkelheit wie der Blaue See besitzen werden.''
Und dann trafen sich unsere Lippen. Und sie schmeckte genauso wie damals, als wir fast noch Kinder waren.