Sie zählte schon über dreissig Jahre, doch an einen Muskelkater dieser Stärke konnte sie sich nicht einmal dann zurückerinnern, wenn sie an ihre früheste Kindheit zurückdachte, als sie mit ihrem Bruder die Gegend unsicher gemacht hatte.
Selbstverständlich war sie auch alleine ständig durch den Wald gerannt, doch das Wissen, eine Verfolgerin auf den Fersen zu haben, hatte sie weiter angespornt. Letzten Endes auch mit Erfolg, denn Aileen hatte zwar aufschliessen, sie jedoch nie überholen können.
Den Preis dafür zahlte sie nun, am nächsten Morgen, als sie sich von ihrem Lager aufrichtete. Beim Morgengrauen waren sie zum Unterschlupf zurückgekehrt und auch Juna war sofort eingeschlafen.
Nun, einige Stunden später, unterdrückte sie ein Ächzen als sie das Fuchsfell über ihre Schultern schlang. Das berauschende Gefühl der letzten Nacht war vergangen und neben den Muskelschmerzen und dem etwas unguten Gefühl war kaum etwas geblieben. Das ungute Gefühl war nicht körperlicher Natur, sondern der Frage geschuldet, was sie mit dem Mädchen anstellen sollte. Sie hatte ihr gesagt, sie könne bleiben, bis der Schnee schmolz und genau das war in den letzten Tagen geschehen. Sie hatte ihr viel beigebracht und die letzte Nacht hatte gezeigt, dass die letzten drei Monate Aileen bereits verändert hatten. Sie könnte alleine überleben.
Was Juna jedoch nicht gefiel war, dass nicht nur das Mädchen sich verändert hatte. So lange hatte sie sich erfolgreich damit abgefunden, alleine hier zu leben und nun wusste sie nicht, was sie tun sollte, sobald die Kleine weg war. Vor allem wusste sie nicht, ob sie abwarten- oder sich den Schmerz ersparen und sie gleich selbst verjagen wollte.
Sie könnte ihr sagen, dass sie alles wusste, was sie ihr beibringen konnte, dass sie bereit war, alleine klar zu kommen und Juna sie nicht mehr bei sich haben wollte. Doch jedes dieser Worte kam einer Lüge gleich und das war es, was ihr dieses ungute Gefühl bescherte. Sie war weich geworden. Sie war schwach geworden. Und sie hatte Angst davor, was geschah, wenn Aileen wieder aus ihrem Leben verschwand. Doch wenn es soweit war, wäre Juna die Letzte, die ihr im Weg stehen würde.