Verhängnis
Lucille
Die Musik war so laut das man keine Gespräche mehr führen konnte ohne zu schreien und der Bass dröhnte in meinen Ohren. Ich bewegte mich im Rhythmus der Musik und schmiegte mich an meinen Tanzpartner. Die Tanzfläche war randvoll, überall sah man Leute miteinander Tanzen und einige die sich näher gekommen waren, versanken im Schatten.
Ich hatte einen Arm um den Hals meines Partners geschlungen und bewegte meine Hüften im Rhythmus der Musik, immer darauf bedacht in mindestens zu streifen. Sein Name war Louis. Louis passte sich automatisch meinen Bewegungen an und hatte beide Hände an meiner Taille. Er war kein bisschen unsicher, er hatte sein Ziel im Blick. Doch er wusste noch nicht dass ich andere Pläne für uns hatte.
Er beugte sich zu mir herunter und legte seinen Mund an mein Ohr damit ich ihn verstehen konnte: „Komm, lass uns nach draußen gehen…“ er lächelte mich verführerisch an und ich grinste zurück. Dann nahm ich seine Hand und zog ihn hinter mir her durch die Menge. Ich hatte die letzte halbe Stunde, seit ich ihn kannte, darauf gewartet das er nach draußen wollte.
Als wir am Türsteher vorbei waren zog mich Louis in den Schatten der nächsten Gasse und zog mich an sich. Ich wehrte mich nicht, im Gegenteil, ich drückte mich an seinen großen und Muskulösen Körper und schaute zu ihm hoch. Gierig senkte er seine Lippen auf meine und küsste mich wild. Ich wusste was sein Kuss bedeutete und nach dieser Nacht hätte er mich dann wieder vergessen, ich wäre eine weitere auf seiner Liste gewesen. Doch er hatte das wichtigste in seiner Planung ausgelassen.
Mich.
Ich erwiderte seinen Kuss genauso gierig und öffnete meinen Mund, dann begann ich zu ziehen. Zuerst ließ Louis ein stöhnen hören, doch dann setzte der Schmerz ein und er versuchte sich loszureißen. Ich war stärker. Immer fester wurde meine Umarmung bis er sich kaum noch bewegen konnte und ich zog immer weiter, ich musste aufpassen dass ich nicht zu viel nahm. Töten durfte ich ihn auf keinen Fall!
Langsam löste ich mich von Louis, ich hatte gerade nur so viel genommen damit er noch normal weiterleben konnte. Wenn man zu viel nahm wurden die Menschen verrückt, viele davon landeten in der Psychiatrie. Die meisten Patienten dort wurden wegen unseres Hungers dort Eingeliefert, weil wir zu viel von ihrer Seele aufgenommen und ihren Verstand somit zerstört haben. Doch die Menschen waren noch nicht mal annähernd auf diesen Gedanken gekommen. Ich hütete mich jedoch davor so viel zu nehmen, denn eine gewisse Organisation wusste welche Merkmale unsere Opfer aufwiesen und falls wir zu viel nahmen würde das auffallen und wir könnten gefunden werden.
Ich musste mich etwa einmal im Monat nähren. Um länger durchzuhalten musste man mehr nehmen, doch um so weit zu kommen brachte man seine Nahrungsquelle, den Menschen, ziemlich nahe an die Grenze zu Leben und Tod. In den meisten Fällen starb die betreffende Person.
Louis hing schlaff in meinen Armen, er war Bewusstlos geworden, das wurden die meisten wenn man ihnen die Seele anzapfte. Das war gut so, dann konnten sie sich nicht mehr allzu deutlich an uns erinnern. „Na süßer, wird wohl heute keine heiße Nacht mehr.“ Somit zerrte ich ihn hinter einen Müllcontainer und lies ihn dort liegen, man würde denken das er in seinem Rausch gestolpert sei und dann eingeschlafen.
Leise vor mich hin pfeifend bog ich wieder auf die Strasse ein, ich war zufrieden, ich war satt und konnte gelassen nach Hause gehen. Naja… Zuhause konnte man die Bruchbude nicht nennen in der ich mich ausruhte. Es war ein heruntergekommener alter Wohnblock der schon seit Jahren leer stand.
Da ich nun nicht mehr in Menschlicher Gesellschaft war konnte ich mich in meiner bevorzugten Geschwindigkeit bewegen. Nun war ich zu schnell als das mich irgendjemand auch nur annähernd wahrgenommen hätte, ausgenommen die Destroyer. Doch die waren schon seit langem nicht mehr in der Nähe meiner Horde gesehen worden. Wir kontrollierten rund um die Uhr die Umgebung. Vor langer Zeit hatte es mal einen Vorfall gegeben als eine Späher Truppe von Destroyer uns entdeckt hatte, viele wurden niedergemetzelt, unter anderem auch unser damaliger Anführer. Schlussendlich konnten wir flüchten, seitdem hatte ich das Kommando übernommen und wir hatten keine direkten Auseinandersetzungen mehr mit den Destroyer. Unter anderem da ich den Wachdienst erhöht hatte und beim kleinsten Anzeichen auf Destroyer weiterzog.
Meine Horde hatte sich im ganzen Block angelegt. Ich drängelte mich bis in den obersten Stock durch, den ich alleine für mich und einige wenige ausserwählte beanspruchte. Bis jetzt hatte sich niemand getraut sich mir zu widersetzen, obwohl es das schönste Stockwerk war. Sie erinnerten sich wohl an den letzten der es versucht hatte, es war nicht mehr als Fetzen seines zertrümmerten Körpers übrig geblieben. Ich seufzte, im Schein vergangener Ereignisse. Ein leichtes Grinsen im Gesicht.
„Na Luc, schon fertig?“ fragte eine Stimme aus einer Ecke. Es war Celtur. „Kennst mich doch, ich hab die im Hand umdrehen rum“, sagte ich zwinkernd. Ich hatte einen guten Ruf was das Tempo betraf wie schnell ich meine Opfer um die Ecke brachte. Manchmal machten wir ein spiel daraus, wer am schnellsten seine Opfer rum brachte.
Ich bevorzugte die Suche in Clubs, da hatte ich immer gute Chancen und konnte mir unter allen ein Opfer auswählen. Die meisten Menschen in der heutigen Zeit waren einfach so naiv und unvorsichtig. Was für mich und meine Horde natürlich von Vorteil war da wir schneller an Nahrung kamen und unsere Tat nicht weiter auffiel da die meisten unter Drogeneinfluss oder Alkohol standen. Früher waren die Menschen misstrauischer, hinterfragten mehr und hatten vor allem Angst was sie nicht kannten.
Es wurde also mit den Jahren immer leichter.
Leider galt das nur für die Nahrungsbesorgung. Unsere Existenz wird weiterhin bedroht und wir werden weiterhin dauernd auf der Flucht sein müssen. Wir werden seit mehr als 1000 Jahren gejagt und meine Rasse ist kurz vor dem Aussterben.