Auch, wenn Bahe grinsen musste, Bewen konnte ihn nicht umstimmen. Es gab viel zu viele Dinge, um die er sich kümmern musste, ehe er wieder an eine Monsterjagd denken konnte. Außerdem waren ihm die Blicke der Umstehenden nicht entgangen…
Nicht jeder der Zuschauer hatte rein Positives im Sinn, wie es schien. Bahe war sich im Klaren darüber, dass sein Schwert weit mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, als ihm lieb sein konnte und er sollte wirklich lieber das vorherrschende Chaos der Menge nutzen, um den allzu neugieren Augen zu entgehen.
Letztlich verabschiedete Bahe die Drei, mit deren Hilfe er das Tutorial geschafft hatte. Sie versprachen einander über die Chatfunktion in Kontakt zu bleiben und stellten für einen kurzen Moment einen Kontakt her, damit sie die gegenseitigen Manasignaturen[i] hatten. Anschließend lösten sie das Team auf, damit Bahe seiner Wege ziehen und der Rest dem Team von Reißzahn beitreten konnte.
Bahe nahm sofort die Beine in die Hand und hechtete im Zickzack durch die Menschenmenge. Danach brach er in einem vollen Sprint aus und rannte vom Ausbildungsgelände. Auf den Straßen Waldenstadts angekommen, wich er im Rennen den Passanten aus und bog mehrere Male wahllos ab, ehe er in einer kleinen Gasse schnell die Kleidung wechselte und sich einen Kapuzenumhang über die Schultern warf. Erst danach atmete er auf und mischte sich unter die alltäglichen Fußgänger Waldenstadts, um vollends unscheinbar zu werden.
Ok, vielleicht hatte er mit seiner Paranoia etwas übertrieben… Aber er wollte lieber auf Nummer sicher gehen. Zumal er für sein nächstes Ziel die Stadt verlassen musste. Eine intensive Auseinandersetzung mit seinen Elementaren war längst überfällig.
Wahrscheinlich wäre er ihrem Ursprung und ihren Fähigkeiten schon viel früher nachgegangen, wenn er nicht all die Ereignisse der Realität im Kopf gehabt hätte. Er hatte sich einfach nicht richtig auf das Spiel fokussieren können…
Seufzend gestand er sich ein, dass er bisher alles andere als profihaft an seine Elementare heran gegangen war. Ihr dauerhaft beschworener Zustand war, soweit er wusste, einzigartig. Es konnte nicht länger angehen, dass er so wenig über sie wusste. Mal ganz davon abgesehen, dass Limonas Tränenausbruch während der letzten Aktion, ja mal sowas von einem Wink mit dem Zaunpfahl war.
„Man!“, gab er wütend von sich, als sein Umhang zum wiederholten Male nervte.
Das billige Ding, war das einzige Kleidungsstück mit Kapuze, welches er sich hatte leisten können. Die ledernen Harnische waren als Artefakte des Bronzeranges für ihn noch unbezahlbar und über die eleganten Mäntel, wie sie von gut betuchten Kaufleuten oder gar Adeligen getragen wurden, wollte er gar nicht mehr drüber nachdenken… Selbst das unauffälligste Kleidungsstück gehobener Qualität fing bei einer Goldmünze an!
Geld… er brauchte Geld… Die Jagd auf Wildwurzelkaninchen hatte sein Überleben und seine Nahrungszufuhr gesichert. Mehr aber auch nicht.
Nachdem er mit seinen Elementaren fertig war, musste er sich dringend wieder auf die Jagd nach einträglicheren Monstern machen.
Auch den Rest des Weges verbrachte er in Gedanken an seine nächsten Aktionen, bis er schließlich südlich der Stadt in die Wälder lief.
Es dauerte nicht lange, dann hatte er die Stelle in der Nähe des Baches wiedergefunden, an der er damals zum ersten Mal seinen Elementaren begegnet war. Da von seinen Elementaren noch jede Spur fehlte, beschloss er an Ort und Stelle zu verharren. Sie würden schon noch auftauchen.
Solange konnte er die Zeit allerdings auch gleich nutzen. Schnell ließ er sich in den Schneidersitz nieder und versuchte sich ein weiteres Mal am Meditieren.
Und es passierte wieder. Er spürte… gar nichts…
Es war zum Haare raufen…
„Welcher Vollidiot hat sich bloß diese Quest ausgedacht…“, murmelte Bahe gerade vor sich hin, als er ein leises Tuscheln hinter ihm vernahm…
Welches verdächtig nach Limona klang…
Verschlagen zogen sich seine Mundwinkel nach oben, während er so tat, als hätte er nichts gehört und sich weiter seiner Mediation widmete.
Konzentriert lauschte er in seine Umgebung und hörte hier und da ein leises Rascheln von Blättern und das gelegentliche Flüstern seiner Wasserelementarin, die nie den Mund halten konnte.
Bahe musste sich wirklich zusammen reißen, um nicht laut loszulachen, als er hörte, wie seine Elementare planten ihn mit lautem Geschrei zu überraschen.
„Noch ein Stück näher. Langsam, Balu“, flüsterte Limona. „Wir sind beinahe nah genug. Nur noch ein Stückchen…“
In dem Moment, in dem Bahe seine Elementarin zum ersten Mal deutlich vernahm, schnellte er plötzlich herum, riss seine Arme hoch und rief: „Baaaah!“
„Waaaaah?!“
„Aaaaah?!“
Kreischten Limona und Brocken vor Schreck laut auf, ehe sie von Balu fielen, der mehrere Sätze nach hinten sprang und sich mit seinem Kopf unter einen Busch versteckte.
Das brachte das Fass für Bahe zum Überlaufen und er musste lauthals loslachen.
Dabei war er sich nicht mal sicher, was sich ihm der seltsamere Anblick bot. Bei seinen Elementaren, die mit herunter geklappter Kinnlade, noch immer viel zu schockiert drein blickten oder bei Balu, dessen Hinterteil noch immer unter dem Busch hervor lugte, in dessen Dickicht er seinen Kopf gesteckt hatte.
Noch immer lachend stand Bahe auf und ging auf seine Elementare zu, die allmählich wieder zu sich kamen. Es war absurd wie deutlich es Limona anzusehen war, als sie versuchte ihren Schrecken zu verdauen. Sie begann gerade sich aufzuplustern, als Bahe ihr zuvor kam und etwas tat, was er erst einmal getan hatte. Er streichelte ihr den Kopf.
Limonas Gesicht war ein Spiegelbild ihrer Gefühle. Erst wütend, dann verblüfft, dann wieder wütend und wieder verwirrt… Ihr Mund öffnete sich mehrere Male, doch kein Ton kam heraus.
„Es tut mir Leid, dass wir bisher noch nie darüber gesprochen haben, wie ihr zu mir gekommen seid“, sagte Bahe und lächelte. „Genauso auch, dass ich euch immer als Kampfgefährten gesehen habe. Ich wusste es einfach nicht besser. Aber ich hoffe, wir können das heute ändern, was meint ihr?“
[i] Hier muss ich etwas in meiner Geschichte verbessern: Bisher reichte es allein den Namen eines Avatars zu kennen, um mit entsprechender Person eine Chatverbindung aufzubauen. Ich hatte an dieser Stelle vergessen, dass Mehrfachnutzungen des gleichen Namens möglich sind. Da es also theoretisch mehrere Teras, Bewens und Nolens geben kann, muss es ein entscheidendes Merkmal zur Identifikation geben: Die Manasignatur. (Kam in Kapitel 28 das 1. Mal vor.)
Wie das Gespräch wohl ausgehen wird? Gibt es nützliche Information oder doch eher nicht? Was meint ihr?
Teil 1/3 Yeah, ich hab's geschafft! XD
RiBBoN