Kapitel 10
Alexander Solomon war stinksauer. Die Sache hier war gar nicht in seinem Sinne gelaufen. Er mochte es überhaupt nicht, wenn man ihm in die Suppe spukte. Aber im Moment konnte er wirklich nichts anderes tun, als hier abzubrechen und zu verschwinden. Der LKW mit dem Bohrgerät war aus der Gefahrenzone heraus gezogen worden und alle Gerätschaften waren eingepackt. Der kleine Konvoi setzte sich in Bewegung und verliess das Plateau von Gizeh. Al Solomon und Bud McIntosh sassen im Fond des SUV und bildeten den Schluss der Schlange. Mit einem etwas wehmütigen Blick schaute Solomon noch einmal auf die Sphinx. Hier würde erst mal nichts weiter passieren. Auf dem Plateau wimmelte es von Sicherheitskräften. Alles wurde abgesperrt, nachdem sie das Gelände verlassen hatten.
Bud McIntosh beobachtete Solomon von der Seite. Er kannte ihn lange genug, um zu wissen dass er dort unten etwas Enzigartiges vermutete. "Du willst nochmal da runter Al, oder?" "Ich muss!", antwortete Solomon. "Ich spüre ganz deutlich, dass dort etwas Grandioses ist und ich will es haben, Bud". McIntosh war das Blitzen in seinen Augen nicht entgangen und er wusste, das Solomon bereit war, Grenzen zu überschreiten, um sein Ziel zu erreichen. "Lass uns erst mal wieder ins Hotel fahren - ich muss mit ein paar Leuten telefonieren und dann sehen wir weiter." "Aber vorher essen wir erst mal was". "Sehr gute Idee, Al. Ich hab' n' Bärenhunger". Kurz darauf sassen die beiden Männer in einer abgelegenen Ecke des Hotelrestaurants und liessen sich die bestellten Rinderfilets schmecken.
"Ich habe Dick Tucker beauftragt, sich für uns ein wenig in Virginia umzusehen", erzählte Solomon. "Er wird sich heute am Abend bei mir melden." Solomon berichtete ihm, dass er auf einige interessante Zusammenhänge gestossen war, was die Forschungen im Bezug auf Atlantis und Ägypten betrifft. Es war eines seiner Lieblingsthemen und Solomon glaubte fest daran, dass es Atlantis einmal gegeben hat. In Virginia gab es eine Einrichtung, die sich sozusagen mit dem Zusammentragen und Auswerten von etlichen Channelbotschaften des amerikanischen Sehers Edgar Cayce beschäftigte. Er lebte bis 1945 und hatte in zahllosen "Readings" für verschiedene Menschen darüber berichtet, dass einige von ihnen im alten Atlantis gelebt haben sollen. Nach einer riesigen Katastrophe, bei der Atlantis letztlich unterging, konnten sich noch viele der Atlanter retten und sich nach Ägypten flüchten. Sie sollen ihr unglaubliches Wissen mitgenommen haben und so den Bau der Pyramiden erst ermöglicht haben. Der Clou war, das über jedes dieser einzelnen Readings damals ein schriftliches Protokoll angefertigt worden ist. Und genau dafür interessierte sich Solomon.
Der Ober hatte gerade abgeräumt und ihnen einen Espresso gebracht, als Solomons Handy schellte. "Ah, das ist Dick." Solomon meldete sich und war danach fast sprachlos. Bud McIntosh war verwundert. Ab und zu hörte er von Solomon nur ein "Wahnsinn" oder "Sagenhaft". "Kannst Du mir alles per E-Mail heute noch schicken, Dick?", fragte Solomon. "Das ist die beste Nachricht des Tages, Dick. Schick mir Deine Rechnung mit und ich werde Dir heute noch das Doppelte überweisen." "Einen schönen Abend für Dich und vielen Dank, Dick. Es macht grossen Spass, mit Dir zu arbeiten." Solomon legte zufrieden auf und hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Er ballte eine Hand zur Faust und sagte: "Ich hab's doch gewusst!" "Komm mit hoch auf mein Zimmer Bud, Dick schickt uns alle Informationen per Mail". Sie tranken ihren Espresso aus und machten sich auf den Weg in Solomons Zimmer.
Solomon klappte seinen Laptop auf und sah sich die E-Mails an. Dick Tucker hatte viele der Mitschriften fotografiert und sie ihm alle zugemailt. Eine nach der anderen las Solomon durch und Bud konnte das ungläubige Staunen in seinen Augen absolut nachvollziehen.
Sie sassen noch fast drei Stunden über den E-Mails von Dick Tucker und bestaunten die Berichte über das amerikanische Medium, die so viele interessante Details über Atlantis und Ägypten zutage förderten. Plötzlich wurde Alexander Solomon schlagartig hundemüde. Er klappte den Laptop zu und verabschiedete Bud McIntosh. Keine zehn Minuten später lag er in seinem Hotelbett und war eingeschlafen. Der Traum setzte recht schnell ein......
Solomon sah sich inmitten einer grossen Menschenmenge stehen. Etwas erhöht stand er auf einer Art Podest. Er redete gekonnt auf die Menschen ein und gestikulierte mit facettenreicher Mimik, um sie für seine Sache zu gewinnen. "Wir müssen die atlantischen Kristalle auch für andere Dinge nutzen dürfen. Lasst Euch nicht von Ink-Suath in starre Regeln pressen, die uns allen mehr schaden, als dass sie uns nutzen." "Baak-Sual", rief einer aus der Menge, "Du weisst, dass die unsachgemässe Verwendung der Kristalle grossen Schaden anrichten kann in Atlantis. Warum willst Du das riskieren und uns alle in Gefahr bringen?" "Ich merke schon," antwortete Baak-Sual, "auch Dich hat er schon eingewickelt mit seinem Gerede über drohende Katastrophen und hat den Samenkorn der Angst erfogreich bei Dir eingepflanzt." Dabei führte er Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand zusammen und inplizierte ein kleines Samenkorn, dass er scheinbar dort festhielt. "Ich sage Euch, wir könnten viel grösser und weiter sein, würden die Kristalle nur so genutzt, wie ich es seit Jahren fordere."
Im Traum sah Solomon an sich herunter, während er weiter redete. Er hatte seltsame Kleider an. Es erinnerte ihn an so etwas wie eine Tunika. Er fühlte sich gut. Es waren bestimmt an die fünfhundert Menschen hier versammelt. Sie wollten ihn reden hören. Ihn - Baak-Sual - den Anführer der Gegenspieler von Ink-Suat. Er fühlte die neue Macht in sich aufsteigen. Er sollte endlich von der Bildfläche verschwinden, dieser schwache, alte Mann, der die atlantische Kultur mit seinem Starrsinn an der weiteren Entwicklung hinderte. Er, Baak-Sual, würde die Atlanter in ein neues goldenes Zeitalter führen, die Kristalle verändern und neu zusammenführen, um sie noch stärker zu machen.
Plötzlich wechselte die Szene im Traum und Solomon befand sich auf einer steinernen Treppe. Er stieg diese Treppe hinab, immer weiter. Er befand sich....... unterhalb der Sphinx! Er war in Ägypten! Es gab hier einen Raum. Nein, es war eher eine Halle. Man betrat sie von der linken Vorderpranke der Sphinx aus. Sie wurde die heilige Halle der Erkenntnis genannt. Hier wurden alle bekannten Daten der gesamten Menschheitsgeschichte aufbewahrt. Ultied hatte sie erbaut. Sehr zur Freude und zum Ruhm des Pharao. Dieser hatte ihm Nanchi-ankh-sun, seine überaus hübsche und kluge Tochter zur Frau gegeben.
Die Halle war zu gut wie fertig gestellt. Bald würden unglaubliche Schätze der Menschheit hier eingelagert werden. Danach stand ein weiteres grosses Ereignis an.... Ultied würde zum Hohepriester geweiht werden. Er würde sich drei Tage in den Sarkophag begeben und sich verwandeln..... in Nefreth, den geliebten Hohepriester des Pharaos. Dies würde der Zeitpunkt sein, an dem er zuschlagen musste. Anchor-ankh-sun, die Schwester von Nanchi würde ihm dabei helfen. Er würde ihr auf den Thron der Isis-Hohepriesterin verhelfen und die jetzige Hohepriesterin ausschalten. Dann musste er die beiden mächtigen Ringe in seinen Besitz bringen, koste es was es wolle. Er würde derjenige sein, der in die Geschichte eingeht als der weise Mann, der es schaffte, die beiden mächtigen Ringe miteinander zu vereinen....