Kapitel 20
Mit Hilfe des Ringes, den Elmer auf den Boden drückte konnten Elmer, Nani und Ahmed alle drei sehen, wie sich die vier Eindringlinge unter ihnen langsam fortbewegten in Richtung Eingang zur Halle. "Wir müssen dringend etwas unternehmen Elmer," sagte Ahmed mit erschrockenem Blick. "Ja, das müssen wir Ahmed, wir können jetzt nicht zurück." Sie sahen wie Bud McIntosh langsam seinen Freund Al Solomon überholte und interessiert vorwärts ging. Plötzlich spürte Elmer Nanis Hand auf seiner und wie sie Druck ausübte. "Schau wer da kommt", sagte sie mit entsetztem Gesicht,.... "Anchor-ankh-sun........meine Schwester!" Sie sahen, wie sie sich von hinten dem Anführer Solomon näherte und ihm dann ihre Hand auf die Schulter legte. Solomon erschrack. Leider konnten sie nicht hören, was sie dort unten sprachen. Sie konnten sie nur sehen. Alle Männer traten hinter Anchor-ankh-sun zurück.
"Sie wird die Sperre überwinden, ihr werdet sehen," sagte Ahmed. Elmer schwieg noch einen Moment. Er hatte die Augen geschlossen und schien irgendwie in die Situation hineinspüren zu wollen. Dann öffnete er seine Augen und sagte: "Sie ist nicht sie selbst und wird gesteuert, aber ich kann noch nicht spüren, wer oder was dahinter steckt." "Da ist noch jemand", sagte Angie und sie sahen, wie ein weiterer Mann, den sie noch nie gesehen hatten zu Anchor-ankh-sun nach vorne trat. Sie fassten sich bei den Händen und kurz darauf war ein leichtes bläuliches Leuchten zu sehen. Ein Brummton erfüllte den Raum und dann entlud sich alles in einem blauen Blitz. "Sie sind durch," sagte Ahmed mit panischer Stimme, "wir müssen etwas tun!" "Lasst uns zurück gehen," sagte Elmer, hob seine Hand vom Boden hoch und bewegte sich zurück in die Richtung, aus der sie gerade erst gekommen waren. Die beiden folgten ihm.
Unter ihnen betraten sechs Menschen die Halle der Aufzeichnungen. Vier von ihnen mit weit aufgerissenen Augen und offen stehenden Mündern. Zuckende Lichtstrahlen von Taschenlampen und Stirnleuchten verbreiteten eine unruhige Atmosphäre. Die Männer um Solomon betrachteten neugierig und ehrfürchtig die vielen Dinge, die in dieser Halle gelagert waren. Neben Tontafeln, Papyrusrollen, Schmuck, einigen seltsamen Artefakten, auf die sie sich keinen Reim machen konnten und mehreren Standfiguren fielen ihnen mehrere schrankartige, steinerne Gebilde auf. Auf eines davon steuerte Angie zielsicher zu. Es war in einer Nische plaziert und sieben kleine Säulen zierten die Front......
*****************************************************
Anchor-ankh-sun war zufrieden. Hoch erhobenen Hauptes schritt sie die Treppenanlage hinunter, die sie unter der Pranke der Sphinx beginnend bis in die Halle der Aufzeichnungen bringen würde. Sie trug die Amtskleider der Isis-Hohepriesterin und hatte dieses Amt seit einigen Wochen inne. Ihre Vorgängerin war - für alle völlig überraschend - plötzlich aus dem Leben gerissen worden. Ein Löwenpaar hatte sich über sie hergemacht, als sie bei einer Inspektion der Käfige der wilden Tiere in der Nähe des Palastes von ihnen angefallen wurde. Jemand hatte vergessen, die Käfigtüre zu schliessen und Nancor und Angchor, dass Löwenpaar welches Nanchi-ankh-sun mit ihrem Geist beherrschte, zerriss sie innerhalb von Sekunden. Anchor-ankh-sun war nicht zugegen gewesen und der Wärter wurde mit dem Tode für seine Nachlässigkeit bestraft. Anchor-ankh-sun war die vorgesehene Nachfolgerin - sie hatte ihr nächstes Ziel erreicht.
Heute sollte die Halle der Aufzeichnungen ihrer Bestimmung übergeben werden. Nefreth, der ägyptische Hohepriester, war in der grossen Pyramide und steuerte durch den geheimen Gang von dieser Seite auf die Halle zu. Anchor-ankh-sun betrat als höchste Vertreterin des Isis-Ordens von dieser Seite aus die Halle. Alle sollten dann in der Halle der Aufzeichnungen zusammentreffen und zum Schluss würde der Pharao hinzukommen und am Ende die Halle in einem feierlichen Akt verschliessen. Einen langen Prozessionszug von Isis-Priesterinnen und hochgestellten ägyptischen Persönlichkeiten hinter sich herziehend schritt Anchor-ankh-sun Stufe für Stufe hinab, bis sie den untersten Grund der Anlage erreicht hatte. Durch den mit Fackeln erleuchteten Gang ging es nun weiter bis zu der offen stehenden Eingangstüre, welche später nach dem Verschliessen in der Wand nicht mehr zu sehen sein würde und nur mit einem magischen Ritual und speziellen Druckpunkten an der Decke wieder geöffnet werden könnte. Die Isis-Hohepriesterin betrat die Halle und nahm mit ihrem Gefolge die Mitte des Raumes ein. Die anderen Besucher verteilten sich ringsum an den Aussenwänden. Stille kehrte nun ein, nachdem jeder seinen Platz eingenommen hatte.
Gespannt schauten die Anwesenden auf eine Wand, auf die Anchor-ankh-sun ihren Blick gerichtet hatte. Kurz darauf war ein leiser Brummton zu hören. Bläuliches Licht in Form eines kleinen Punktes der sich schnell erweiterte, drang dann von der anderen Seite der Wand hindurch in die Halle. Der Punkt nahm die Form eines Kreises an und schaffte für die auf der anderen Seite der Halle stehenden Menschen einen mannshohen Durchgang. Dann schritt die Prozession der glatzköpfigen ägyptischen Priester, angeführt von Nefreth dem Hohepriester, durch den geschaffenen Durchlass und versammelte sich in der Mitte der Halle. Alle Priester hatten ihre Hand auf die Schulter des Vordermannes gelegt und liessen erst auf ein Zeichen Nefreth's los, als er den Ring auf den Durchlass richtete und ihn wieder verschlossen hatte. Ein Augenpaar fixierte den Ring an Nefreth's Hand. Nefreth hatte es sofort bemerkt. Er war der erste Teil ihrer Begierde. Anchor-ankh-sun!
Trommeln ertönten. Der Pharao war auf dem Weg in die Halle. Ehrfurchtsvoll wurde im mittleren Teil der Halle Platz gemacht für das mächtige Oberhaupt des ägyptischen Volkes. Als der Pharao dann im Eingang der Halle erschien, verneigte sich alles Volk und Nefreth entfernte sich rückwärts in leicht gebückter Haltung. Der Pharao trug seinen Ring und Nefreth den ihm anvertrauten. Sie durften auf keinen Fall zu nahe zusammen gebracht werden! Dies würde eine Katastrophe ungeahnten Ausmasses heraufbeschwören, welche zuletzt in Atlantis stattgefunden hatte.
Der Pharao nahm auf dem eigens für ihn aufgestellten Thronstuhl Platz und hob seine Hände, als er mit seiner Rede begann. Nefreth's Blick blieb auf Anchor-ankh-sun haften. Sie sah den Pharao an - so hatte es jedenfalls den Anschein. Tatsächlich hatte sie nur Augen für den Ring, den er an seiner Hand trug. Er war das zweite Objekt der Begierde, welches Anchor-ankh-sun umtrieb. Sie wollte ihn und auch den zweiten Ring. Die ganze grosse Macht zu haben, dass war ihr Ziel! Plötzlich ruckte ihr Kopf ein Stück herum und sie sah Nefreth direkt an. Sie merkte, dass er ihre Gedanken erkannt hatte. Ein funkelnd feuriger Blick verliess ihre Augen in seine Richtung. Der Krieg war erklärt - mit einem einzigen Blick und ohne ein einziges Wort.
Nanchi-ankh-sun, die ihren Vater begleitet hatte und an seiner Seite sass, hatte den Blickwechsel der beiden bemerkt. Besorgt sah sie ihren Gemahl an. Nefreth würde niemals zulassen, dass sie auch nur den Hauch einer Chance erhielt, der Ringe habhaft zu werden. Und ihre Schwester? Anchor-ankh-sun war für ihren starken Willen bekannt - und für ihre Verschlagenheit. Nanchi beschlich ein ungutes Gefühl und sie machte sich plötzlich Sorgen um ihren Vater. Der Pharao war mit seiner Rede zum Ende gekommen und erhob sich von seinem Thron. Alle Anwesenden verneigten sich abermals als er an ihnen vorbeischritt und machten ihm Platz.
Plötzlich erfüllte ein leichtes Zittern die Halle. Wände, Decke und Boden schienen in Schwingung zu geraten. Der Boden schwankte und alle hatten das Gefühl von Schwindel. Die Menschen suchten Halt. Säulen und Wände wurden angesteuert, um sich festhalten zu können. Gesteinsbrocken fielen plötzlich von der Decke herab. Das Schwanken wurde immer heftiger. "Schnell hinaus mit Euch", rief Nefreth. "Es ist ein Erdbeben! Schnell, kümmert euch um den Pharao!" Die Erde bebte inzwischen so stark, dass an ein geordnetes Vorwärtskommen überhaupt nicht mehr zu denken war. Panisch klammerten sich die Menschen an den nächstbesten festen Gegenstand in der Hoffnung, nicht umgerissen zu werden. Nanchi-ankh-sun hatte sich bei ihrem Vater untergehakt und versuchte verzweifelt die Treppe zu erreichen. Da löste sich ein schwerer Steinblock aus der Deckenkonstruktion. Er stürzte im Bruchteil eines Augenblickes zu Boden und traf den Pharao. Nanchi-ankh-sun konnte es nicht fassen. Gerade hatte ihren geliebten Vater noch im Arm und im nächsten Augenblick war er ihr entrissen und lag zerschmettert neben ihr am Boden.
Nefreth wurde fast verrückt. Der erste Impuls war natürlich zu helfen und zu Nanchi zu laufen - doch er konnte nicht! Wenn er mit dem Ring an seiner Hand in die Nähe des Pharaos kam und dieser seinen Ring noch trug, war es um Ägypten geschehen! Die Verzweiflung und der Schmerz standen Nanchi im Gesicht geschrieben und raubten ihm fast den Verstand. Anchor-ankh-sun kam heran zu den beiden und Nanchi hoffte auf ihre Hilfe für den Pharao. Doch es zeigte sich sehr schnell, dass sie nur den Ring im Sinn hatte.......
*******************************************************
Anchor-ankh-sun schritt weiter auf die Nische zu und blieb plötzlich stehen. Sie verlangte eine Taschenlampe und einer der Männer gab ihr seine Stablampe. Sie leuchtete den Boden ab. "Es war schon jemand hier kurz vor uns. Seht die Fußabdrücke!" Dabei deutete sie mit dem Strahl der Lampe auf die deutlich erkennbaren Fußspuren, die sich in den Staub eingedrückt hatten. Sie waren frisch. Das war genau zu sehen. Alle sahen sich plötzlich panisch um und suchten die Halle vorsichtig ab. Der Eindringling könnte ja noch hier sein. Anchor-ankh-sun jedoch liess sich nicht weiter beirren. Sie steuerte zielstrebig weiter auf die Nische zu und hob kurz davor ihre Hand, um sie auf die mittlere der sieben Säulen zu legen. Sie sprach die Worte: "Nish akkad Anchor-ankh-sun" und drehte die Säule leicht zur rechten Seite. Es klickte leise und eine Schublade sprang heraus. Ein goldverziertes Kästchen befand sich darin. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Mit fast zärtlich anmutenden Bewegungen hob Anchor-ankh-sun das Kästchen aus der Lade heraus und stellte es vor sich ab. Ein feierlicher Moment! Sie öffnete den Deckel.......
Aira Mu sah sie an!
Sie konnte seine Macht deutlich spüren und nun war er endlich in ihrem Besitz. Vorsichtig nahm sie ihn aus dem Kästchen heraus. Sie legte ihn in ihre linke Hand und fuhr zärtlich mit dem rechten Finger darüber, umkreiste das goldene Rund des Ringes. Dann plazierte sie die Fingerkuppe ihres rechten Mittelfingers in der Mitte des Ringes, der in ihrer linken Hand lag. Sie wartete einen kurzen Moment ab. Ein Kribbeln stieg auf. Rötliches Licht umkreiste die Ringschiene. Dann wanderte das Licht ihren Finger hoch und wieder herunter. Er checkte sie ab. Es war wie ein Scan der ablief. Dann war Stille. Anchor-ankh-sun wurde unsicher. Würde er sie nicht annehmen? Gerade als sie daran dachte, die Fingerkuppe aus dem Ring herauszunehmen, passierte es. Kräftiges rotes Licht erfüllte den kompletten Ring. Langsam bewegte er sich Anchor's Finger herauf bis zum Ende des Fingers. Er richtete sich aus, den Stein oberhalb des Fingers und "schloss". Er zog sich zusammen. Nanchi-ankh-sun hatte seine Macht! Sie spürte seine Kraft in sich und drehte sich um zu den anderen.
Solomon sah den Ring zuerst an ihrer Hand. Ein Feuer der Wut stieg in seinen Augen auf. Diese kleine Schlampe, dachte er. Es war seine Idee, es war sein Projekt, es war sein Geld, dass hier drin steckte und es war sein Ring! Wütend steuerte er auf Nanchi-ankh-sun zu. Er wollte den Ring. Er gehörte ihm! Als er etwa fünf Meter von Nanchi-ankh-sun entfernt war, hob sie die Hand. Der Ring zeigte genau auf ihn. Solomon liess sich nicht beirren und ging entschlossen auf sie zu. Ein roter Blitz verliess den Stein der auf dem Ring aufgebracht war und traf Alexander Solomon mitten in die Brust. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit wurde er gepackt und gegen die Wand der Halle geschmettert. Die Wucht des Aufpralls und das heftige Knacken seiner Knochen liessen keinen Zweifel daran, dass Solomon den Aufprall nicht überlebt hatte. Schlaff und unbeweglich lag sein Körper auf dem Boden der Halle. Blut ergoss sich auf den Boden.
******************************************************
Elmer, Nani und Ahmed waren zu spät! Die Eindringlinge unter ihnen waren schneller vorwärts gekommen, als sie gedacht hatten. Elmer war sehr schnell klar geworden, dass er nicht mehr eingreifen konnte. Es wäre unverantwortlich gewesen, in die Nähe des Ringes zu kommen und beide Ringe zu nahe zusammen zu bringen. Sie hatten die Szenen verfolgen können, die sich unter ihnen abspielten. Entsetzt hatten sie mit ansehen müssen, wie Anchor-ankh-sun einen der Männer mit Hilfe des Ringes gegen die Wand geschmettert hatte. Er war tot. Geschockt über das eben Geschehene wagten die anderen es nicht, etwas gegen die seltsame Frau zu unternehmen. Bud McIntosh war kreidebleich. Langsam ging er zu seinem langjährigen Freund herüber und bückte sich zu ihm hinunter. Als er ihn aus der Nähe sah, hatte er keine Hoffnung auf Leben. Trotzdem fasste er an seine Halsschlagader um zu prüfen, ob noch Puls vorhanden war. Doch es war Fakt - Alexander Solomon war tot!
Schmerz übermannte ihn und seinem Schluchzen folgten Tränen. Doch während er seinem toten Weggefährten zärtlich über den Kopf strich, verwandelte sich sein Gesichtsausdruck in puren Hass und Zorn. Wutentbrannt zog er seine Pistole aus der Jacke und feuerte auf Anchor-ankh-sun, bis die letzte Patrone den Lauf verlassen hatte. Sechs Kugeln trafen sie in Brust und Kopf. Mit weit aufgerissenen Augen brach die junge Frau zusammen. Blut quoll aus ihren Mund. Dann brach sie zusammen. Niemand sah, dass der Ring sich, begleitet von einem rötlichen Licht, von ihrem Finger löste. Bud McIntosh ergriff die Initiative. "Ihr zwei nehmt Al mit nach oben und packt diesen Blödmann da auch mit ein," wies er auf den Fahrer, der wie bestellt und nicht abgeholt da stand. "Ihr beide helft mir mit dem Sprengstoff," rief er den anderen beiden Männern zu. Sofort begannen sie aus einem mitgebrachten Rucksack Sprengstoff und Zeitzünder auszupacken und an verschiedenen Stellen zu plazieren. "Das Weibstück lassen wir hier liegen," sagte er mit einem wütenden Blick auf die tote Anchor-ankh-sun. "Ich stelle den Zeitzünder auf 10 Minuten ein und jetzt alle Mann raus hier!"
Kurz darauf war die Halle leer. Nur die blinkenden Lichter der Uhren auf den Zeitzündern waren noch zu sehen.
Elmer, Ahmed und Nani blieb jetzt nur diese eine Chance. Ohne viele Worte war allen klar, was nun zu tun war. "Du holst ihn, Ahmed. Ich kann nicht hinunter zu ihm." Elmer hielt die Hand mit seinem Ring hoch. "Schon klar," antwortete Ahmed. "Ich öffne Dir und Du musst dann schnellstens die Treppe hoch. Hier bei mir kannst Du wegen des anderen Ringes nicht mehr rein." "Alles klar Elmer!" Schnell begaben sie sich an die Stelle in der Wand, an der sie kurz zuvor schon eingestiegen waren. Sie fassten Elmer an die Schulter. Der Ring schuf die Öffnung und Ahmed ging hinein. Schnell lief er die Empore entlang, die Treppe nach unten und nahm den neben Nanchi's Hand liegenden Ring an sich. Elmer hatte den Durchgang bereits wieder verschlossen. Ahmed sah vier ausgelegte Sprengsätze. Die ganzen Treppenstufen hoch schätzte er auf drei Minuten. Sein Blick streifte einen Zeitzünder.
1.35 1.34 1.33...............