Kapitel 22
Elmer und Nani beeilten sich, den Weg so schnell wie möglich zurück zu gehen und waren kurz darauf wieder im Freien. Sie wussten nicht wieviel Zeit Ahmed bleiben würde, um den Ring an sich zu nehmen und die Treppe wieder hoch zu gehen. Jeden Moment konnten die Sprengsätze hoch gehen. Sie wussten nicht, wie gross die Sprengkraft sein würde und entfernten sich sicherheitshalber noch ein Stück weit von der Sphinx. Elmer sah auf seine Uhr. Wo blieb Ahmed? Warum passierte hier nichts? Er wurde immer nervöser. Von Bud McIntosh und seinen Leuten war längst nichts mehr zu sehen. Sie hatten das Gelände verlassen.
Die Minuten verstrichen. Mit sorgenvollem Gesichtsausdruck ergriff Nani Elmers Hand.
Da! Plötzlich tauchte Ahmed am Zelt über der Pranke der Sphinx auf. Vorsichtig schob er seinen Kopf durch den Eingang des Zeltes um die Lage draussen zu sondieren. Nani drückte fest auf Elmers Hand, um ihn auf Ahmed aufmerksam zu machen. Doch er hatte ihn längst gesehen. Elmer nickte ihr nur zu. Er überlegte. Sie mussten nun eine Möglichkeit finden, den zweiten Ring irgendwo zu plazieren, wo er sicher war. Und was noch wichtiger war: Sie durften sich nicht zu nahe kommen! Nani hatte durch winkende Handbewegungen dafür gesorgt, dass Ahmed sie entdeckte. Schon wollte er zu ihnen herüber laufen, als Elmer ihn mit hektischem Winken seinerseits daran hinderte. Er gebot ihm, dort zu verweilen, wo er gerade war. Er musste kurz überlegen. Dann besprach er mit Nani die weitere Vorgehensweise und entfernte sich in Richtung grosser Pyramide. Kurz darauf winkte Nani den wartenden Ahmed zu sich heran. Sie nahm ihn kurz in den Arm und drückte ihn, als er bei ihr war. Ahmed berichtete ihr, dass er die Treppe wegen der zu kurzen Einstellzeit der Zünder nicht geschafft hätte. Also hatte er alle 4 Zünder aus den Sprengsätzen gezogen. Es hatte vier mal "Klick" gemacht und nichts weiter war passiert. Ahmed hatte die Zünder in seiner Tasche und strahlte Nani an.
Den Ring hatte er sicher in einer kleinen Tasche an einem Gürtel um seinen Bauch verstaut. Auf Nanis Nachfrage legte er beruhigend seine Hand darauf und deutete auf den Verwahrort. "Ich bin so froh, dass Du bei uns bist Ahmed, sagte Nani zu ihm und legte ihre Hand auf seinen Arm. Du hast das alles ganz toll gemacht." Ein Lächeln zog über Ahmeds Gesicht. Nanis Worte erfüllten ihn mit grossem Stolz. Diese Worte - und dann auch noch von ihr..... Er hatte sie schon immer geliebt, seine Isis-Priesterin, die Pharaonentochter. Es war nicht die Art Liebe, wie sie zwischen zwei Eheleuten oder einem Liebespaar bestand, nein es war anderer Art. Sie hatte so etwas Reines an sich, etwas Unverdorbenes. Er hätte sein Leben gegeben für sie, wenn es sein müsste. Er war glücklich, wenn sie glücklich war. Ihre schöne Zeit mit Ultied, mit Nefreth und nun mit Elmer machte auch ihn froh. Es war einfach so und es war gut so.
Nani bedeutete Ahmed loszugehen. Sie wollten zur grossen Pyramide. Elmer wollte den Ring in einem Raum ablegen, der noch unentdeckt war und von dem er sich erhoffte, dass er für die nächste Zeit ein sicheres Versteck bieten würde. Es war heute nicht allzu viel los hier auf dem Plateau und so kamen die beiden recht schnell am verabredeten Punkt an der Pyramide an. Elmer hatte geplant mit Hilfe seines Ringes in die Pyramide einzusteigen und ihnen dann von innen heraus eine Öffnung zu schaffen. Er hoffte dabei auf Nani, da auf sie ein Teil der Energie des Ringes übertragen worden war. Normalerweise hätten sie sich berühren müssen, um die Kraft des Ringes nutzen zu können. Dies war aber nicht möglich, da Ahmed den anderen Ring bei sich trug - es wäre zu nah gewesen und die Katastrophe wäre vorprogrammiert. Nani und Ahmed verharrten an der vereinbarten Stelle aussen an der Pyramide. Sie schauten sich um. Niemand war in ihrer Nähe. Nani legte ihre Hand auf einen der tonnenschweren Quader.
Sie verspürte plötzlich ein leichtes Kribbeln in ihrer Hand. Ein leiser Brummton war zu hören. Es ging los! Nani und Ahmed wichen etwas zurück. Kurz darauf war ein bläuliches Schimmern auf den Steinquadern zu sehen. Die Struktur der Quader verschwamm immer mehr und gab schliesslich einen kreisrunden Durchgang ins Innere der Pyramide frei. Nani ging vor und Ahmed legte seine linke Hand auf ihre Schulter und folgte ihr. Nach ein paar Metern bemerkten sie, wie der Durchgang wieder verschlossen wurde, durch den sie gekommen waren. Sie befanden sich in einem langen Gang, an dessen Ende jemand mit einer Taschenlampe leuchtete. Es war Elmer. Ahmed schaltete seine mitgebrachte Stablampe ebenfalls ein und sie bewegten sich in Elmers Richtung vorwärts. Das Licht aus Elmers Lampe verschwand hinter einer Ecke und wurde immer schwächer. Er bewegte sich nach links den Gang hinunter. Der Lichtkegel seiner Lampe wurde immer weniger. Nani und Ahmed bewegten sich in die gleiche Richtung und folgten ihm weiter. Sie bogen ebenfalls links in den Gang ab und sahen gerade noch Elmers Stablampe hinter der nächsten Biegung nach rechts verschwinden. Nani gebot Ahmed anzuhalten. Sie blieben stehen. Schwacher Lichtschein war aus dem Gang heraus zu sehen, dann ein bläuliches Schimmern, der Brummton....
Nani und Ahmed gingen weiter. Der nächste Durchgang war eröffnet und in gewohnter Weise passierten sie den kreisrunden Durchgang. Sie erreichten eine schmale Steintreppe, die aufwärts führte. Je höher sie stiegen, desto schmaler wurde die Treppe und die Wände schienen sich immer mehr in Richtung Mitte zu bewegen und den Durchgang immer enger zu machen. Beklemmung machte sich bei Nani und Ahmed breit. Endlich war ein weiterer Durchgang zu sehen. Ein letzte Kehre noch auf der Treppe, dann war es geschafft. Fackelschein war zu sehen. Das Flackern wurde immer deutlicher. Dann betraten sie den Raum. Elmer hatte einige Fackeln entzündet. Er stand ganz am Ende des Raumes in einer Ecke, um den Abstand möglichst gross zu halten.
"Bewege Dich nach rechts auf die kleine Nische zu, Ahmed, rief Elmer ihm zu. Ich habe eine kleine steinerne Lade für Dich geöffnet. Lege Aira-Mu dort hinein und entferne Dich wieder." "Ja ist gut." Ahmed sah die kleine Öffnung. Er fasste in die Tasche und nahm den Ring heraus. Vorsichtig legte er den in ein Tuch eingeschlagenen Ring in die Lade und entfernte sich ein Stück. Nani trat vor, hob ihre rechte Hand und legte sie auf die Lade. "Shak-thali" sprach sie und die Lade schloss. Sie vernahm ein leises Klicken. Nichts deutete mehr darauf hin, dass hier ein sehr mächtiges Artefakt gelagert wurde.
Elmer kam auf sie zu. Er nahm Nani in den Arm und legte Ahmed die Hand auf die Schulter. Ihre Blicke sprachen Bände. Ahmed sah sich um. "Was ist das hier für ein Raum Elmer?", fragte er. "Nun, Du wusstest zwar damals schon sehr viel mein Lieber, aber eben nicht alles. Dies hier ist der Raum, in dem die alten atlantischen Kristalle aufbewahrt werden, welche wir damals retten konnten." "Aber ist das nicht zu gefährlich zusammen mit Aira-Mu?", fragte Ahmed. "Nein keine Sorge Ahmed, sie sind alle deaktiviert", beruhigte Elmer ihn. "Wir sind hier etwa zwanzig Meter unter der Spitze der Pyramide", erklärte Elmer ihm, "und diesen Raum kannten damals nur wenige eingeweihte Menschen. Menschen, die unsere Freunde waren und denen wir vertrauen konnten. Genauso wie Du es heute noch bist!" Stolz erfüllte Ahmed bei diesen Worten aus Elmers Mund. "Wenn wir die Macht und die Kraft der Kristalle wieder aktivieren würden, wäre dies gemeinsam mit Aira-Mu eine Energie die imstande wäre, die ganze Welt zu vernichten - wenn man sie falsch oder unüberlegt anwenden würde. Es liegt also auch eine sehr grosse Verantwortung in unserem Wissen um diese Dinge hier." Ein letztes Mal liess Ahmed den Blick schweifen und bestaunte die kokosnussgrossen Kristalle. "Nun lasst uns den Rückweg antreten, es wird da draussen sicher nicht mehr allzu lange ruhig bleiben", sagte Elmer und sie setzten sich in Bewegung, um die Pyramide wieder zu verlassen.
Schnellen Schrittes legten sie die Strecke so zurück, wie sie hergekommen waren. Elmer war sehr froh, den Ring an einem sicheren Platz zu wissen. Zitternd suchten sich die Strahlen der Stabtaschenlampen den Weg zum Ausgang. Gleich war es geschafft und sie konnten beruhigt zurück fahren. Elmer bog um die letzte Ecke des Ganges. Ruckartig blieb er stehen! Er drängte die anderen erschrocken zurück. Vorsichtig spähten sie nach vorne.
Fackelschein !.......