Das bunte Licht der Scheinwerfer, welches den ganzen Raum erleuchtet, bringt mich zum Blinzeln und ich brauche erst einen kurzen Moment, um mich an die lauten Stimmen der Schüler um mich herum und das blitzartige Licht zu gewöhnen. Unter dem warmen Licht beginne ich leicht zu schwitzen, was irgendwie peinlich ist, weshalb ich meine Hände schnell an meiner Jacke abwische, die Kyle mir einen Moment später, wie ein richtiger Gentleman, abnimmt und mit seiner eigenen an der Garderobe abgibt.
Während er weg ist, nehme ich mir Zeit, um die Leute um mich herum zu betrachten. Tatsächlich ist so gut wie alles hier so wie in meiner Vorstellung. Alle Leute in der Aula haben sich herausgeputzt und versuchen sich perfekt zu benehmen. Keiner will sich etwas Peinliches leisten und somit den Leuten als die Person, die den Homecoming Ball 2018 zerstört hat, in Erinnerung bleiben.
Dann fällt mein Blick auf Morgan, die schon vor uns rein gegangen ist und nun am Buffet steht, weshalb ich Kyle schnell sage, dass ich eben ans Buffet gehe, um mich kurz mit Morgan zu unterhalten. Ich muss ihr unbedingt erzählen, dass Cameron mich vorhin so merkwürdig angesehen hat. Sicher weiß sie, was das zu bedeuten hat. Schließlich ist sie sowas um einiges besser als ich selbst. Er ist damit einverstanden und begibt sich dann zu DJ-Pult, um sich wahrscheinlich einen Song zu wünschen.
Morgan schenkt sich gerade etwas Erdbeerbohle ein, als ich zu ihr stoße und ihr meinen Becher hinhalte. Sofort versteht sie, was ich von ihr will und gießt mir ebenfalls ein bisschen der roten Flüssigkeit ein. “Danke“, erwidere ich. “Gerne“, gemeinsam drehen wir uns dann wieder zur Tanzfläche herum und betrachten die Leute: “Und? Hatte ich Recht? Denkt er, dass es ein Date ist?“ Unsicher zucke ich mit den Schultern und trinke einen Schluck: “Ja, glaub schon. Jedenfalls hat er mir etwas geschenkt.“ “Oh, was denn?“, fragt sie sofort interessiert. Ihre Augen leuchten ein wenig. Ich hebe meinen Arm soweit nach oben, dass sie genau auf das wunderschöne Blumengesteck schauen kann: “Blumen!“ Interessiert dreht sie meine Hände immer wieder von der eine zur anderen Seite: “Schick! Er hat Sinn für das schön.“ Sofort stimme ich zu: “Ja, stimmt. Er ist der Erste, der mir sowas geschenkt hat.“ “Das ist schon ziemlich süß“, erwidert Morgan grinsend: “Ich hatte also recht mit dem Date.“ “Ja, hattest du, aber deshalb bin ich nicht zu dir gekommen“, gebe ich zu: “Ich muss dir etwas ganz anderes erzählen.“ Überrascht sieht sie mich an: “Du machst mir Angst, Katy. Ist was Schlimmes passiert?“ Mit einem nervösen Blick durch den Raum antworte ich: “Nein, alles gut. Ich wollte nur fragen, ob dir auch schon aufgefallen ist, dass Cameron sich heute echt komisch benimmt.“ “Ne, wieso? Was ist mit ihm?“ “Als ich vorhin mit Kyle in die Schule hereingegangen bin, habe ich gesehen wie Cameron mich ganz komisch angeguckt hat und als der dann Kyle angesehen hat, schien es plötzlich so, als würde er im nächsten Moment auf ihn losgehen“, schildere ich. Morgan bricht in Gelächter aus: “Was ist nur los mit dir? Sonst kannst du sowas doch viel besser deuten als ich. Man, Katy, Cameron hat dich gefragt, ob du mit ihm zum Ball gehst und du hast ihm wegen Kyle abgesagt.“ “Na und?“, frage ich unsicher. “Er ist eifersüchtig“, erklärt Morgan und endlich fällt auch bei mir der Groschen.
Tatsächlich könnte es sein, dass mein Nachbar eifersüchtig auf meinen besten Freund ist. Aber wieso? Schließlich ist es ja nicht so, dass er auf mich steht. Dann hätte er mich all die Jahre nicht so behandelt.
“Denkst du wirklich?“, frage ich mit leicht zitternder Stimme, doch bevor sie antworten kann, gesellt sich Morgans Date, Dan, zu uns hinzu. “Willst du tanzen, Morgan?“, fragt er die Schwarzhaarige und sie willigt ein, ohne auf meine Frage zu antworten, doch bevor er sie mit sich zieht, ruft sie mir noch zu: “Vergiss Cameron und habe einfach einen schönen Abend mit Kyle.“
Ihre Worte machen mir Mut, weshalb ich kurze tief Luft hole und meinen Becher irgendwo abstelle. Dann gehe ich langsam auf Kyle zu, der ganz verloren am Rand steht und suchend durch die Menge blickt.
Als unsere Blicke sich treffen, heben sich seine Mundwinkel und wir gehen langsam aufeinander zu. Plötzlich wird ein neues Lied gespielt, welches das Tanzfieber in mir weckt. Zwar bin ich keine perfekte Tänzerin, aber es sieht auch nicht total peinlich aus, wenn ich die Hüften schwinge und langsam tanzen kann ich auf jeden Fall. Die weichen Klänge des langsamen Songs animieren mich dazu meine Hände auf die Schultern meines besten Freundes zu legen. Er lässt seine Hände zu meiner Taille gleiten und langsam beginnen wir uns, im Takt mit den anderen Leuten um uns herum, zu bewegen. Für einen Moment vergesse ich die Zeit, lausche nur der Musik und spüre Kyle, doch dann werde ich wieder aus dem Moment herausgerissen.
Das Lied geht zu Ende und eine Hand legt sich auf meine Schulter. Überrascht zucke ich zusammen und winde mich aus Kyles Griff, um mich umzudrehen und der Person hinter mir in die Augen zu blicken, doch sobald ich diese erblicke, will ich mich sofort wieder umdrehen.
Dort steht Cameron. Auf seinen Lippen ist ein breites Grinsen zusehen, welches sich bis in seine Augen ausbreitet und erleuchtet. In seinen Armen liegt ein anderes Mädchen mit roten Haaren und grünen Augen, welches ich noch nie mit ihm gesehen habe.“Guten Abend, Kat“, grüßt Cameron freundlich, bringt mich mit dem Namen aber fast wieder zur Weißglut.
Gerade als ich antworten will, werde ich vom DJ unterbrochen: “Los Leute! Jetzt werden die Partner getauscht.“ Dann startet er einen neuen Song und fordert die Leute mit einigen Handbewegungen dazu auf zu tauschen.
Überrascht löse ich mich von Kyle und sehe Cameron an, der dem DJ verschmitzt zu zwinkert und sich dann ebenfalls mir zu wendet: “Also es scheint so, als wären wir nun Tanzpartner, Kat.“ “Hör auf mich so zu nennen“, ermahne ich und drehe mich dann wieder zu Kyle um.
Sanft greife ich nach seiner Hand und ziehe ich ein wenig von Cameron weg um ihm etwas in Ohr zu flüstern: “Was hältst du davon?“ Er sieht zwar nicht begeistert aus, streicht mit dann jedoch einen meiner braunen Strähnen aus dem Gesicht und antwortet: “Ich denke, du solltest Cameron diesen Tanz schenken. Den restlichen Abend gehörst du ja mir.“ Als er sagt, dass ich ihm gehöre, zucke ich kurz unsicher zusammen. Scheinbar empfindet er viel mehr für mich als ich für ihn. Zwar hat es mir gefallen mit ihm zu tanzen, aber mein Blut bringt er wieder in Wallungen, noch habe ich das Gefühl, dass mein Herzschlag sich stark verändert. Unsicher nicke ich und vertraue Kyle einfach mal, obwohl ich wenig Lust darauf habe mit Cameron zu tanzen, aber ist ja nur ein Tanz. Was soll da schon passieren:“Okay, dann sehen wir uns nach dem Tanz wieder.“ Sanft lächelt er und begibt sich dann zu der Rothaarigen.
Nun sind Cameron und ich ganz alleine. Wir beide blicken einander tief in die Augen, bis er mir eine Hand reicht, welche ich, mit einem unbehaglichen Gefühl in der Brust, ergreife. Sanft zieht er mich zu sich und positioniert seine Hände an genau den richtigen Stellen. Seine Berührungen bringen mich dazu, dass meine Konzentration ein wenig schwindet. Meine Hände lege ich auf seine Schultern und vergesse für einen Moment alles um mich herum. Mein Atem geht schneller und plötzlich fühlt sich meine Brust viel zu klein für mein stark schlagendes Herz an. Meine ganze Haut prickelt und als Cameron mich ein wenig näher an sich zieht, wehre ich mich nicht. Es fühlt sich so an, als wäre ich hypnotisiert und könnte niemals etwas anderes tun als mit meinem Nachbarn, der mir so viel angetan hat, zu tanzen. In diesen Sekunden wirkt es fast so, als hätte ich alles vergessen, was er getan hat. “Und mit wem tanzt du jetzt lieber?“, Camerons Stimme ist tief und jagt mir erneut einen Schauer über den Rücken. Am liebsten würde ich ihn bitten weiter zu sprechen, um weiterhin dieser Stimme lauschen zu können, doch er ist ganz einfach still und sieht mich einfach nur, auf meine Antwort wartend, an. Kurz versuche ich den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hat, herunterzuschlucken, antworte aber nicht, weil ich selbst die Antwort auf seine Frage nicht weiß. Zwar habe ich gerne mit Kyle getanzt, aber mit Cameron zu tanzen ist ganz anders.
Ich will ihn bitten mich loszulassen, doch mein Mund ist wie ausgetrocknet und die Worte weigern meine Kehle zu verlassen. Mit aller Kraft versuche ich mich wieder zu konzentrieren und in die Realität zurückzukehren, doch stattdessen spüre ich nichts als Cameron. Seine Wärme wird auf mich projiziert und ich spüre seine Präsenz ganz klar. Leise beginne ich zu stottern und versuche ein klares Wort hinzubekommen und fast bekomme ich es hin, da ertönt ein lauter Knall und ich innerhalb von wenigen Sekunden zurück in die harte Realität gebracht.
Geschockt drehen Cameron und ich uns dorthin, wo das Geräusch herkam, doch nichts ist zu sehen. Geschockt starre ich Cameron an: “Was war das?“ “Ich habe da so einen Vermutung“, ruft Cameron mir über den entstandenen Lärm hinweg zu. Er hat eine Vermutung? Was soll das heißen? “Komm schnell“, schnell greift Cameron nach meiner Hand und will mich dann mit sich ziehen, doch ich verspüre sofort das Bedürfnis nachzusehen, ob es Kyle und Morgan gut geht. Nervös blicke ich umher, doch mein Nachbar zieht mich schnell an sich und dreht mich Gesicht zu sich: “Jetzt hör mir mal zu, Katy. Ich will dich in Sicherheit bringen, aber dafür musst du mir vertrauen.“ Zwar höre ich, was er sagt, doch es ist mir egal. Stattdessen schaue ich weiter durch die, mittlerweile in Panik geratenen, Menge. Erneut schlägt mein Herz wieder schneller, doch dieses Mal liebt es an keiner anderen Person, sondern an diesem Knall.
Gerade als ich Morgan in dem Gewirr entdeckt habe, explodiert plötzlich die Tür und die riesigen Flügeltüren fliegen auseinander. Eine leichte Druckwelle wirft uns nach hinten und ich lande mit dem Kopf auf dem Boden. Für wenige Sekunden wird alles um mich herum schwarz und die Realität schwindet. Das Einzige, was ich fühle, sind Camerons Arme, die sich um mich schließen, als ich auf dem Boden aufschlage.