„Sperren Sie sie ein“, knurrte ich.
Professor Cromwell sass vollkommen ruhig an seinem Schreibtisch und betrachtete mich mit wachsamem Blick. „Sie ist hier um etwas zu lernen.“
„Spüren Sie es nicht?“ Die Macht, die diese junge Frau ausstrahlte, pulsierte durch die ganze Akademie.
„Oh doch und auch ich habe die Befürchtung, dass etwas schiefgehen könnte“, erwiderte er leise.
„Sie wird die ganze Schule zerstören!“
„Das wird sie nicht. Nicht, wenn sie lernt ihre Fähigkeiten zu kontrollieren.“ Seine Stimme war nun fester.
„Sie wollen das mächtigste Wesen, das je existiert hat, kontrollieren?“ Ich stiess ein ungläubiges Schnauben aus.
„Nein, ich will ihr helfen“, korrigierte er mich.
„Und wie wollen Sie das bewerkstelligen? Ist Ihnen klar, dass wenn ihr nur etwas kleines, nicht passt, sie das ganze Land zerstören könnte?“
„Du wirst sie ausbilden.“ Mir fiel die Kinnlade runter. „Sie ist kein Monster, Deimon.“
Professor Cromwells Blick war bittend und traurig.
„Ich, wieso ich? Aber sie könnte eines werden.“ Ich hatte weder die Geduld noch die Lust, diese junge, mühsame Frau auszubilden. „Weil du der Mächtigste in dieser Schule bist, abgesehen von ihr.“
„Meris? Cameo? Ajax?“, konterte ich. Die drei waren mindestens genauso mächtig wie ich.
„Meris ist nicht in der Lage jemanden zu unterrichten. Das weisst du ganz genau“, antwortete er mahnend. „Dein zweiter kleiner Bruder hat schon genug zu kämpfen.“
Na gut, meine Brüder waren nicht dazu in der Lage Zearia zu unterrichten, aber es blieb immer noch Ajax.
„Was ist mit Ajax?“
„Denkst du es wäre eine gute Idee Ajax und Zearia zusammen üben zu lassen?“
Es schien ihn wirklich zu interessieren, ob ich das für eine gute Idee hielt oder nicht. Dennoch sah ich die Andeutung des Spottes in seinen Augen. „Nein“, murrte ich.
„Gut, dass wir das geklärt haben.“
Ich verliess sein Arbeitszimmer und beschloss ein wenig meine Wut rauszulassen.
Dieses Mädchen hatte meine Nerven während der ganzen Reise aufs Äusserste strapaziert. Mit ihrem provozierenden Blick und ihren spöttischen Sprüchen, hatte es mich alle meine Kraft gekostet, ihr nicht den Schädel zu zertrümmern.
Ich ging auf die Zielscheibe zu und fing an Feuergeschosse auf diese zu schleudern.
„Süsser was tust du da?“, zwitscherte eine Stimme hinter mir. Genervt verdrehte ich die Augen.
„Üben. Siehst du das nicht?“
Katrice kam zu mir herübergeschlendert und beobachtete mich mit einem Blick voller Verlangen. „Wollen wir nicht in dein Zimmer gehen?“, fragte sie mich aufreizend. Ich war gerade überhaupt nicht in der Stimmung für eine Nummer mit ihr. „Nein danke.“
Sie zog einen Schmollmund und beugte sich langsam vor, um mir einen Kuss auf die Lippen zu drücken. „Ich habe gesagt, dass ich üben will“, knurrte ich sie an und eine Welle der Macht rollte über sie hinweg.
Sie stolperte zurück und verzog die Augen zu Schlitzen.
„Na los, verschwinde!“
Dieses Mädchen war vielleicht heiss im Bett, aber sie versprach sich mehr als sie sollte.
Katrice verzog die Lippen schmollend, drehte sich aber um und verschwand hinter den Bäumen.
Irgendwann war ich zu müde, um noch weiter meine Wut rauszulassen und ich beschloss nach Hause zu gehen.
Als ich mich in meinem Zimmer materialisierte, war es nicht leer.
Mein Bruder sass auf meinem Bett und starrte ins Nichts.
Mit einem unterdrückten Seufzer fragte ich ihn, was er hier tat.
„Nachdenken“, murmelte er.
„Und das tust du hier, weil?“ Ich zog mir meine Tunika aus und warf sie in meinen Schrank.
„Keine Ahnung.“ Cameos Blick war verschleiert und seine Stimme klang als käme sie von weit, weit weg.
Seine Gefühle tanzten vor meinen Augen rum und da wurde mir einiges klar.
„Ich vermisse sie.“
Jetzt hob er endlich den Kopf und schaute mich an. In seinen veilchenblauen Augen schwammen Tränen.
„Ich weiss. Du wirst sie aber nie wieder zurückbekommen“, erwiderte ich. Mein Bruder tat mir leid, aber ich hatte weder Zeit noch Lust ihn zu trösten. Wenn er Probleme hatte, sollte er gefälligst mit Meris darüber reden.
Meris konnte viel besser zuhören als ich.
„Willst du nicht schlafen gehen?“ Mein Versuch ihn in sein Zimmer zu kriegen war ziemlich lahm, aber er schien zu funktionieren.
„Ja…ja. Das ist eine gute Idee“, nuschelte er irritiert.
Langsam stand er auf und wünschte mir noch eine Gute Nacht.
Mit einem sanften Rauschen verschwand er und ich liess mich müde auf mein Himmelbett fallen.
Ich war todmüde und wollte schlafen, aber ich konnte nicht.
Denn meine Gedanken wollten nicht still halten.
Zearia Cherleton liess mich nicht einmal eine Sekunde in Ruhe.
Ständig sah ich ihre provozierenden Blicke und ihr hämisches Grinsen in meinen Gedanken.
Dieses Mädchen war das grösste Problem, das diese Welt je gesehen hatte.
Sie könnte mit einem Blinzeln den ganzen Kontinent mitsamt Bevölkerung verschwinden lassen.
Und das machte mich zugleich unglaublich wütend und zugleich bekam ich es mit der Angst zu tun.