Mit Panik spüre ich, wie sich die Taubheit durch meinen Körper frisst und jetzt auch meinen Rücken erreicht. Ich bin schon fast dankbar dafür, weil das höllische Brennen in meinem Nacken endlich vorbei ist. Aber die schmatzenden Geräusche hinter meinen Ohren und das warme Blut, das an meinem Hals herunterläuft, bestätigen mir, dass das Festmahl für das Monster keinesfalls zu Ende ist. Ein letztes Mal versuche ich noch mich mit meinen Armen hochzustemmen, aber auf halbem Wege lassen sie mich im Stich und ich breche zitternd zusammen. Spitze, kleine Steine bohren sich in meine linke Gesichtshälfte, als mein Kopf auf den kargen Untergrund knallt. Obwohl ich weiß, dass wohl sowieso niemand kommen wird um mich zu retten, will ich nicht kampflos aufgeben und das Einzige tun, zu dem ich noch im Stande bin. Bevor meine Stimme ebenfalls versagt, brülle ich ein letztes Mal um Hilfe. Lauter als ich dachte schallt mein Hilferuf durch die Dunkelheit. Ich bin stolz darauf, dass meine Stimme nicht weggebrochen ist und meine letzten Worte sich noch einigermaßen kräftig angehört haben, denn schon spüre ich wie die Gefühllosigkeit an meinem Hals hinaufkriecht und meine Stimmbänder lahmlegt. Nur das Mampfen der Kreatur ist noch zu hören.
So habe ich mir mein Ende nicht vorgestellt. Eigentlich wollte ich immer im Kreis meiner Familie sterben, noch einmal in alle Gesichter schauen und dann nach einem langen Leben zufrieden die Augen schließen um mich auf die letzte Reise zu begeben. Ich wollte in Ruhe sterben, mit Würde und innerer Zufriedenheit. Stattdessen liege ich mit dem Gesicht im Dreck, habe nicht die leiseste Ahnung wo ich mich befinde und ach ja, über mir befindet sich wohl mein Mörder, der gerade hörbar an meinem nicht gerade würdevollen Tod arbeitet.
Was ich empfinde sind nunmehr Traurigkeit und Wut. Ich wollte noch viel mehr erleben. Stumme Tränen rinnen aus meinen Augen und fallen in den Staub. Ich bedauere die Zukunft, um die man mich beraubt. Komischerweise habe ich keine Angst vor dem, was kommt. Was könnte schlimmer sein, als das, was ich gerade durchmache? Was auch immer mich erwartet, kann nur besser sein als ein stinkendes, kauendes Monster. Nicht einmal vor dem Sterben habe ich Angst, ich spüre weder Schmerzen, noch sehe ich, was mit mir geschieht. Ich kann es nur anhand der Geräusche vermuten. Plötzlich bemerke ich, wie der Druck auf meinen Körper kurz nachlässt. Ruckartig werde ich auf den Rücken gedreht und registriere währenddessen, dass ich kaum noch Gefühl im Kopf habe. Mein Bewusstsein entgleitet mir immer mehr. Benommen höre ich Stoff reißen und weiß mit einer beunruhigenden Absolutheit, dass mein Hemd gerade zerfetzt wird. Ich ahne schon, was gleich passieren wird. Meine Befürchtung wird durch ein lautes Schmatzen und das Gewicht des Monsters auf meinem Körper bestätigt. Ich will das nicht hören, will mir die Ohren zuhalten, aber meine Arme liegen empfindungslos und unnütz neben mir. Mit geschlossenen Augen bete ich, dass es schnell gehen wird. Bevor mich die Taubheit vollkommen einlullt und meinen Geist mit sich nimmt, glaube ich Geräusche herannahender Schritte zu hören. Als würde mir hier jemand zur Hilfe kommen.
"Jetzt halluziniere ich auch noch", denke ich, bevor mein Kopf zur Seite kippt.