»Dieser verfluchte Gang wird steiler, ich kann mich kaum noch aufrecht halten, ohne dass ich wegrutsche«, schimpfte Jarik verbittert.
»Da haben wir es mit unseren kürzeren Beinen einfacher, mein Freund.«
»Jajoooooaaaa«, tönte er mit einem Platschen zur Antwort, als er den Halt verlor und seine Füße nach vorn wegrutschten. Rücklings lag Jarik im Matsch und stemmt sich fluchen auf die Knie.
»Alles in Ordnung?«
»Nein verdammt. Wenn dieser beschissene Gang nicht bald irgendwohin führt, sollen deine Steinschläger diesen Felsen einfach runterfallen lassen und gut ist.« Er wischte sich die matschverschmierten Handflächen an der Vorderseite seiner Hose ab und griff nach helfenden Händen. Einer der vorgegangenen Naïns kam zurück und erklärte, dass der Gang in etwa zehn Längen voraus in einer ebenerdigen Höhle endete, von der aus drei weitere Gänge abzweigten. Längst erwartendes Gemurmel raunte durch die Gefährten, sie gingen und rutschen die letzten Schritte zum Ziel hinab.
Unten angekommen sahen sie sich um und diskutieren über die richtige Wahl.
»Wir müssen eine Fackel an dem Zugang belassen, durch den wir uns begeben. Sobald Kabar und deine Männer nachkommen, sollten sie so die richtigen Schlüsse ziehen.«
Jarik deutete zu der rechten Öffnung. Er strengte seine Augen an, um in dem düsteren Schwarz etwas erspähen zu können. Widererwartend jedoch ereignislos. Er rammte seine eigene Fackel in den Boden und nickte mit dem Kopf in die angedeutete Richtung. »Den hier.«
Ohne weitere Kommentare gingen Galoth und Aguschal voraus, der Rest folgte ihnen stumm. Sie kamen gut voran, da der Tunnel ebenerdig verlief, ab und an machte dieser leichte Schwenker nach Links als auch nach rechts und endet abrupt.
»Wieso bleibt ihr stehen, Aguschal?«
»Es geht nicht weiter, Jarik. Komm, sieh selbst.«
Angesprochener drängte sich an den vor ihm Stehenden vorbei und gesellte sich zu Galoth. Aguschal reichte ihm seine Fackel und trat zur Seite. Jarik steckte sein Schwert zurück in die Scheide und berührte die Wand mit der ausgestreckten Linken.
»Das ist solider Fels und nicht aufgeschüttet oder eingestürzt. Schaut ...« er kniete sich auf ein Bein nieder und streifte über Vertiefungen. »... Rillen, wie von Krallen oder Meißel.«
»Das sieht mir nach Krallenfurchen aus.«
Jarik blickte auf und erhob sich schwerfällig. »Du meinst, diese Wesen, graben Tunnel?«
Galoth nickte. »Ja. Wir konnten es mit eigenen Augen beobachten, als die Brut durch unsere Hallen wüteten. Mit ihnen kamen auch diese fliegenden Weibsbilder. Sie lieben es kalt und Dunkel. Sie sind auch stets dabei ihre Krallen zu wetzen und so graben sie sich Stück für Stück in den Berg.«
»Grandios. Dann sind wir also mittendrin.«
»Vermutlich. Nur dieser Tunnel endet hier, also zurück.«
Kabar sprang vor und packte seine Kriegsaxt mit beiden Händen. Ein Wutschrei entwich seinen aufgerissenem Mund und sauste einem dieser kleineren Wesen unaufhaltsam entgegen. Ein wuchtiger Schlag, von oben herab und ein ohrenbetäubend widerwärtig matschendes Geräusch drang an Yaekos Ohren, als Kabar seine Axt in die angreifende Morroval versenkte. Yaeko hetzte nach rechts und erwischte ein weiteres Exemplar mit einem seitlichen Hieb. Kabar war noch damit beschäftigt seine Axt zu lösen und so stampfte er mit seinem linken Fuß auf die Erschlagene und zerrte fluchend an seiner Waffe. Er hatte dem Wesen den Kopf gefühllos gespalten und das Blatt seiner Axt hatte sich bis zum Schaft im Schädel verkantet. Blut und Hirnmasse sickerten durch den aufklaffenden Spalt, als er seine geliebte Axt endlich matschend gelöst bekam.
Lautes Wutbehaftetes kreischen ließ die Gefährten erschaudern, als die drei Schwertmänner, die rechts entlang gelaufen waren, ihre Schwerter in feindliche Leiber stießen. Die in der Luft verharrte Morroval griff im Sturzflug an und richtete ihre klauenbewehrten Füße auf die Eindringlinge, die erwartend ihre Schwerter recken. Yaeko und Kabar umrundeten weiterhin die Höhle in ihrer Richtung.
»Es ist eine Kinderstube«, keuchte Kabar und deutete nach vorn auf ein Nest. »Wir müssen sie alle erschlagen, falscher Stolz und Schwäche ist nicht angebracht.«
»Aber ...«
»Nichts aber. Aus diesen kleinen Leibern erwachsen wahre Monster. Hast du je erlebt wie diese Wesen kaltblütig Morden?« Auch wenn das Licht der Pilze nur Zwielicht streute, bemerkte Yaeko die grimmige Wut seines Gegenübers.
»Nein? Sie fressen alles und jeden, der in ihre Klauen gerät. Sie sind schlimmer als die Brut selbst.« Die Stimmfarbe Kabars änderte sich und klang sehr traurig. »Sie fressen auch Hüpflinge ... Kinder.«
Yaeko trat vor, hob sein Schwert und ließ es mit einem Brummen niederfahren. Knirschen bestätigte den beiden, dass es sein Ziel nicht verfehlte.
»Dann nieder mit diesem Abschaum.«
Kabar schaute beklommen auf und nickte. Er ergriff die Hand Yaekos. »Danke, mein Freund«, meinte er aus tiefstem Herzen.
Sie eilten weiter und erschlugen alle jener Wesen. Sie nahmen keinerlei Rücksicht auf Nestjunge, oder welche, die bereits ihre Flügel und Krallen zu nutzen wussten. Auf gegenüberliegender Seite erschallte ein menschlicher Schmerzensschrei, durchdringend und markerschütternd. Die Morroval erhob sich mit einem der Schwertmänner in den Klauen ihrer Füße. Mit den Flügeln schwer schlagend peitschte sie wiederkehrend mit ihrer fledermausartiger Schnauze herab und vergrub ihre Reißzähne in den Mann, der erbärmlich schrie und wild um sich prügelte. Bei jedem Biss schüttelte das Monstrum mit dem Kopf und ließ so den Lebenssaft des Schwertmannes umherspritzen. Yaeko und Kabar drängten wütend weiter und erschlugen alles, was den Morroval ähnelte oder sich auch nur ansatzweise bewegte. Außer kleineren Kratzern und einer Stichwunde trugen sie keine gefährlichen Wunden und waren weiterhin kampffähig. Ein letzter schmerzbehafteter Aufschrei ihres Gefährten zerriss die Echos gerufener Anweisungen ihrer Kameraden, jener Schrei ließ einem jeden nahezu das Blut in den Adern gefrieren.
Die Morroval stieß ein hochklingendes Trillern aus, ließ von ihrem Opfer ab und achtlos in die Tiefe fallen. Sie flog in luftige Höhe und sodann alle ihr bekannten Nester an, um mit einem Schrei, welches sich wie ein heulendes »Nein« anhörte, wieder aufzusteigen.
»Ja, du widerliches Vieh, sieh nur nach deiner Brut!«, schrie Kabar wutentbrannt und kniete neben dem Leichnam des Schwertmannes. Aus allerlei Wunden sickerte Blut hervor und sein gesamtes Gesicht war nahezu zerfressen. Yaeko legte ihm die Hand auf die Schulter und reckte das Schwert empor. »Wir können nichts mehr für ihn tun. Das Biest kommt zurück, Achtung!«
Trillern und tief dringendes Geschrei hallten in der Höhle wieder. Ein huschender Schatten glitt über die Wände, begleitet von rotzigem Schnauben.
»Da!«
Dann ging es ganz schnell, mit auf Yaeko gezielten Klauen stürzte die Morroval herab. Ein angestrengter Wutschrei erklang und eine Axt flog an ihm vorbei. Die rasiermesserscharfe Klinge grub sich tief in die Brust des erschrockenen Wesens und ließ es durch die Wucht des Aufpralles stocken. Mit weit aufgerissenen Augen griff sie ungelenkt zu der festsitzenden Waffe und versuchte sie sich selbst herauszureißen. Blut bahnte sich seinen Weg und ihre Lebenskraft verließ stoßweise ihren Körper. Sie stürzte wie ein Stein zu Boden – direkt neben dem zerschundenen Leib des geschundenen Schwertmannes.
Schnell sprangen die Gefährten hervor und stießen zügellos ihre Waffen in den bereits toten Leib des Feindes. Immer wieder schlugen und stachen sie zu.
»Es ist vorbei, haltet ein«, beschwichtigte Yaeko, der sein eigenes Schwert an dem Flaum der behaarten Beine abwischte und zurück in die Scheide schobt.
»Wir müssen ihn mitnehmen, Yaeko«, bedeutete Kabar und wies mit seiner freien Hand auf den Gefallenen.
»Wir müssen allem voran zurück zu Jarik und Aguschal. Sobald unsere Aufgabe hier unten getan ist, holen wir uns seine sterblichen Überreste.«