Es war ein mal ein kleines, sehr sehr hübsches Elefantenmädchen in der weiten Steppe Afrikas. Es war gerade in der heißesten Jahreszeit, die meisten Wasserlöcher waren ausgetrocknet, die meisten zu Staub, aber einige waren immerhin Schlammlöcher geblieben. Es war furchtbar heiß und das kleine Elefantenmädchen hatte mächtig Durst. Aber die Alten hatten es streng verboten, den weiten Weg zum Fluss zu gehen. Wie trocken und ungenießbar die Büsche auch geworden sein mochten - es war ganz undenkbar, wenigstens für einen Schluck Wasser zum Fluss zu wandern. "Alles, was ein Elefant braucht, um zu gedeihen, hast du hier", pflegten die alten Elefanten zu sagen. Nur trockene Staubbäder und Schlammbäder waren akzeptabel zur Abkühlung. Schließlich wimmele es im Fluss nur so vor Gefahren, wilde Nilpferdherden, heimtückische Krokodile, unberechenbare Piranhas (die wohnen zwar eigentlich in Südeamerika, aber das war den alten Elefanten egal, sie gaben einfach ihre tradierten Werte und Konzepte weiter und nutzten einfach alles, was man so zur Abschreckung neugieriger Jungelefanten nutzen konnte. Aber das sei hier nur am Rande bemerkt. Schließlich geht es um das Elefantenmädchen)
Also, ich glaube, sie hieß Rosa. Rosa kam an einem besonders heißen Tag zu einem Schlammloch, in dem sich ein anderer Jungelefant gerade wälzte.
"Ganz schön heiß hier, nicht", meinte Rosa. Eigentlich fand sie das selber blöd, sowas offensichtliches zu sagen. Aber etwas besseres fiel ihr nicht ein.
"Kannst ja auch hier baden", bot der andere Elefant an. Ich nenn ihn jetzt einfach mal Andy.
"Baden????" Rosa glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. "Wo ist denn hier das Wasser?"
"Na, hier", meinte Andy und klatschte sich ne neue Ladung Schlamm über den Schädel.
"Das ist doch kein Wasser, das ist Schlamm!"
"Im Schlamm ist auch Wasser", filosofierte Andy in der schrecklcihen neuen Rechtschreibung.
"Wasser ist klar", beharrte Rosa, "komm mit zum Fluss, dann kannst du den Unterschied sehen."
Wie von einer Tarantel gestochen sprang Andy auf. "Bist du verrückt? Das geht nicht. Du weißt doch was die Alten sagen..."
"Krokodile haben Angst, wenn man zu zweit ist", behauptete Rosa. Sie hatte keine Ahnung, wie sie darauf kam, aber ihr gefiel die Idee.
Nachdenklich kratzte sich Andy mit dem Rüssel am Hinterkopf. "Wirklich? Da hab ich ja keine Ahnung davon." Er schlürfte noch ein bisschen Schlamm. "Neenee, ich geh jetzt mal zu den Staubbädern, ist ne Abwechslung."
"Bist du verrückt?" Rosa prustete etwas Schlamm in seine Richtung. "Das ist ja noch unerträglicher als das hier. Wusstest du eigentlich, dass hier überall Löwen rumrennen in großen Rudeln und kleine Elefanten fressen?"
"Das stimmt doch nicht, oder?"
"Oh, doch! An den Fluss trauen sie sich übrigens nicht", Rosa grinste, "wegen der Krokodile. Hihi."
"Du bist doof, ich muss noch meinen Schlamm hier zu Ende durchwühlen."
"Na klasse, und dann ist es irgendwann so staubtrocken, da brauchst du für deine Staubbäder gar nicht mehr umzuziehen", konterte Rosa. "Hast du überhaupt schon mal ein Nilpferd gesehen?"
"Nö. Erst muss ich hier den Schlamm..." Andy wälzte sich noch mal und stand dann auf. "Und jetzt geh ich zum Staubbad."
"Du bist echt verrückt, Andy. Aber viel Spaß dabei. Wenn du fertig bist, kannst du ja zum Fluss kommen." Damit marschierte Rosa los. Der Fluss war gar nicht so weit weg, wie die Alten sagten. Und an dessen Ufer prustete sie erstmal über die klare Oberfläche. Das Wasser kräuselte sich. Rosa tauchte ihren Rüssel in das Wasser und trank sich erstmal satt. Dann fing sie an, in dem Wasser zu spielen und sich mit Fontänen zu besprühen. Wow, wie erfrischend! Als sie aufblickte, sah sie einen Elefantenm der bereits bis zum Bauch im Wasser stand. Aus der Steppe kam noch eine Gruppe Elefanten. Als sie die beiden im Wasser sahen, zögerten sie nicht lange.
"Hey, schön dass ihr da seid", sagte der Elefant, der schon halb im Wasser stand. "Ich wandere jetzt flussabwärts zum Meer. Wer kommt mit?"
Rosa blickte sich noch einmal um, um zu sehen, ob da noch jemand kam. Sie war sich nicht ganz sicher, aber vermutlich war es nur eine Fata Morgana, was sie da sah.
Dann tappste sie weiter in den Fluss hinein.
Krokodile traf sie keine. Die Nilpferde hielten respektvollen Abstand. Und Piranhas gibt es bekanntlich nicht in Afrika.