„Ich wollte Ihnen erst zuhören, Gregor, um das alles strukturiert aufschreiben zu können“. Schlagfertig ist das nicht, dazu kam die Antwort nicht schnell genug, aber sie ist auf jeden Fall gut, wenn auch etwas geflunkert.
Ich muss zugeben, ich habe seinen Ausführungen gerne zugehört und darüber das Protokollieren ganz vergessen. Weshalb darf ich denn nicht einfach mitschneiden, das wäre bedeutend einfacher für mich.
„Nun gut, ich kann warten, dann strukturieren Sie mal in Ruhe“ höre ich seine Antwort. Es ist nicht zu überhören, dass er sich amüsiert. Vermutlich glaubt er mir eh kein Wort.
Ich mache bewusst eine kurze Pause, ehe ich mir die Stichworte notiere. Damit meine kleine Schwindelei nicht ganz so offensichtlich ist, egal, ob er mich jetzt durchschaut hat oder nicht. Viel ist es ja eh nicht, was ich niederschreiben kann.
Als ich schließlich absetze und sich unsere Blicke treffen, erkenne ich ganz deutlich den Schalk in seinen Augen. Spitzbübig lächelt er mich an, ehe er erneut nach seinem Handy greift und kurz etwas eintippt.
Hm- wenn er es verwendet, dann hat er sicher W-LAN, oder? Dann könnte ich vielleicht doch telefonieren, oder? Weshalb hat er mir das nicht angeboten und stattdessen die Vorzüge des Offlinedaseins angepriesen?
Ja, er hatte angemerkt, dass ich notfalls sein Festnetz benutzen könne, aber als Einladung kann man das nun wirklich nicht bezeichnen.
Hat er Bedenken, wenn ich mich in sein Internet einwähle? Oder möchte er nicht, dass ich mit der Außenwelt Kontakt aufnehmen kann?
Und warum, um alles in der Welt, fällt mir das erst jetzt auf?
Mir ist auf einmal kalt.
„Alles in Ordnung, Viktoria?“
„Ja, danke, es ist nichts, Gregor“ erwidere ich hastig, vermeide aber seinen Blickkontakt. Stattdessen greife ich erneut nach meinem Glas.
Andererseits, ich hatte ihn ja nicht danach gefragt. Und er hat ja vorhin auch erwähnt, dass er telefoniert hat.
Kaum habe ich mein Glas abgesetzt, als er mit seinen Händen zu mir hinübergreift und die meinen fest umfasst.
Ich spüre das weiche Leder seiner Handschuhe. Es ist angenehm, weder zu warm noch zu kühl. Obwohl ich seine Haut nicht direkt fühlen kann, beruhigt mich seine Geste ein wenig. Wenn es mir auch lieber wäre, er würde sie ausziehen.
Was ich erneut aber spüren kann ist, dass seine Finger eher feingliedrig, sehr lang und dünn sind. Dies ist mir ja auch schon vorhin aufgefallen und sie scheinen irgendwie nicht zu seinem muskulösen Körper zu passen.
Was mich nicht weiter stört.
Er hält weiter meine Hände fest und ich kann nun doch nicht anders, als in seine Augen zu blicken. Ich erkenne Besorgnis darin.
„Sie erschienen mir ein wenig durcheinander und schienen zu frösteln“ erklärt er, während er mich weiter intensiv mustert.
„Es geht schon wieder, es ist nichts“ wimmle ich ab.
„Warten Sie“. Er lässt meine Hände wieder los und wendet sich kurz erneut dem Handy zu. Danach lehnt er sich zufrieden zurück. „So, erledigt. Hier auf der Terrasse ist es aber auch wirklich kühl, vor allem, wenn man die heiße Sonne gewöhnt ist. Ich habe gerade dafür gesorgt, dass Sie nicht mehr frieren müssen. Nicht, dass Sie sich noch erkälten. Das wäre äußerst schade für das, was ich noch mit Ihnen vorhabe“.
‚Mit Ihnen vorhabe‘? Sein Blick ist jedoch harmlos und offen. Vermutlich spielt er auf seine Überraschung an. Ich sollte wirklich nicht zu viel in seine Worte hineininterpretieren und mir weniger Gedanken machen.
Der Typ ist aber einfach seltsam und irritiert mich. Oder vielmehr die Welt, in der er lebt.
„Ich habe schon einiges erlebt“ fährt er plötzlich zusammenhangslos fort.
„Wie meinen Sie das, Gregor?“
„Nun, Sie wollten doch wissen, woher ich meine Inspirationen hernehme. Ich war früher kein Kostverächter und habe schon Dinge erlebt, die… ich lasse es lieber, ich will hier jetzt nicht ins Detail gehen. Es ist so, dass meine Bücher eine Mischung sind aus eigenen Gegebenheiten, Erlebnissen, die mir erzählt wurden und meiner eigenen Fantasie“.
Kostverächter… damit meint er vermutlich, dass er schon einige Freundinnen oder Bettgespielinnen hatte. Sicher, er ist attraktiv, was erwarte ich auch?
„Wie ich sagte, ich war kein Kostverächter. Ich bin in den letzten Jahren sehr viel ruhiger geworden, Viktoria“ setzt er nach, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Kurze Bettgeschichten, dass ich nicht mehr mein Ding. Ich suche etwas festes“.
Ich nicke gedankenverloren. Ist das jetzt wieder zu privat für ihn?
„Schreiben Sie das ruhig in ihrem Artikel. Ich bin sicher, es wird die Auflage Ihres Magazins erhöhen und macht mich für Ihre Leser auch interessanter, meinen Sie nicht?“.
Seine Mimik ist frech und er blickt mich herausfordernd an.
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Es geht vermutlich erst so gegen Mitte September weiter, da ich in Urlaub bin und vorher noch bei den anderen Geschichten weiterschreiben möchte.
Frage: ist es euch zu ausführlich?
Frage: Kann man Vampire eigentlich fotografieren, weiß das jemand, wurde das mal thematisiert? Ein Spiegelbild haben sie ja bekanntlich nicht.