„Auf deinen Schoß? Das mache ich nicht. Nein“ Leider klinge ich nicht halb so entrüstet wie ich möchte.
Ich träume wohl tatsächlich. Da mich der Mann trotz allem interessiert, er sich aber in der Realität nicht für mich, spinne ich mir das alles zusammen.
„Viktoria!“ Er rückt seinen Stuhl näher und ergreift meine Hand. Ich meine, auch durch das Leder eine große Kälte zu spüren. „Ich werde dir nicht schaden. Nur das ist unheimlich wichtig.“ Er löst den Körperkontakt wieder und mustert mich.
Ich schüttle nur stumm den Kopf.
Das Problem ist nur, ich bin von mir selbst nicht überzeugt. So schlimm finde ich den Gedanken eigentlich gar nicht. Dem Grafen so körperlich nahe zu sein – eindeutig etwas, was ich mir nur zu gerne vorstelle, wie es aussieht.
Trotzdem ziere ich mich.
„Ich möchte das nicht. Da wird sicher mehr passieren als…“
„Viktoria!“, unterbricht er mich.
Oh, das ist untypisch für ihn. Habe ich ihn verärgert?
„Ich werde dich nicht unsittlich berühren, falls das in deinem kleinen Köpfchen herumschwirrt. Für was hälst du mich? Ich bin schließlich schon mehrere hundert Jahre alt.“, erklärt er leicht ungehalten.
Mehrere hundert Jahre hat er gesagt? Oh…
Gut, von der Wortwahl sicherlich, ‚unsittlich‘ ist ja nicht gerade so, wie ich es ausdrücken würde. Das klingt doch schon etwas altertümlich und würde gut in einen historischen Roman passen.
„Du bist ein sehr alter Mann, Gregor“, stelle ich überrascht fest.
„Der gelernt hat, sich zu benehmen. Also jetzt komm her zu mir!“, knurrt er als Antwort.
„Aber wirklich nur halten.“, rückversichere ich mich.
„Ja, nur halten. Worauf wartest du jetzt noch?“
Ja, auf was?
Etwas zögerlich erhebe ich mich. Der Mann leicht leise und klopft aufmunternd auf seine Schenkel.
Auf dem Schoß sitzen von Herrn Vampirgraf persönlich. Was für verrückte Einfälle hat deine Fantasie eigentlich heute, Viktoria?
Der Schriftsteller ist mir ja eh schon sehr nahe. Zögerlich mache ich einen Schritt und schon bin ich direkt bei ihm.
Langsam drehe ich mich um. Noch ein letztes kurzes Zögern, dann setze ich mich, wie von ihm verlangt, auf ihn nieder.
Ein zufriedener Laut entweicht seiner Kehle und er schlingt seine Arme von hinten um meine Taille.
Gregor hält Wort. Er macht nichts weiter, als meinen Körper fest an den seinen zu drücken und so bin ich fest in seiner Umarmung.
Deutlich spüre ich seine Muskeln, die sich an mich schmiegen. Ich hatte sie bei unserer ersten Begegnung sofort bemerkt, aber mir gefällt es, sie nun so deutlich wahrnehmen zu können.
Aber da ist noch etwas.
Ich spüre eine Kälte, die von ihm ausgeht.
Nicht irgendeine Kälte. Sonst würde ich frieren und mich wohlmöglich erkälten.
Diese ist anders. Sie verursacht seltsamerweise weder Gänsehaut noch sonst eine der üblichen Körperreaktionen. Wie ein Dieb schleicht sie sich durch die Poren meiner Haut in mich hinein und scheint sich darin festzusetzen.
Der Graf stützt sein Kinn von hinten auf meiner Schulter ab.
„Spürst du es?“, raunt er zu. „Spürst du mich? Dieses Gefühl, meine Kleine, kann dir kein Sterblicher jemals geben.“