Die Kälte, die ich spüre, lässt mich behaglich seufzen. Ich, die normalerweise jedem Sonnenstrahl hinterherrennt.
Der Mann hält mich weiterhin umklammert, tut aber nichts weiter.
Ich schließe die Augen.
„Ich schlafe nicht mehr in Särgen.“, verrät er mit einem Male.
„Wie?“, frage ich verständnislos.
„Früher einmal, das ist aber lange her. Daher mag ich Rot und Schwarz so sehr. Sie erinnern mich an diese Zeit. Es sind die gleichen Farben. Der äußere Sarg und das gepolsterte Futter im Innern“, erklärt er.
Aha!
Wir beide schweigen.
Die behagliche Kälte – was für ein seltsamer Ausdruck – tut mir gut und entspannt mich. Auch die Angst vor Gregor hat wieder etwas nachgelassen.
Nach einer Weile möchte ich wissen „Weshalb hast du das dann gesagt?“ Zugegeben, etwas zaghaft, aber immerhin traue ich mich.
„Es klingt einfach besser“, gibt er zu. „Und ich wollte dich ein wenig einschüchtern.“
Seit ich nachgegeben und mich an ihn gedrückt habe, wirkt er wieder weniger bedrohlich. Scheinbar kann er seine Aura bewusst steuern. Und vermutlich ist er auch friedlicher, da er sein Zeil erreicht hat.
Daher traue ich mich auch, mich zu beschweren: „Du hast mir damit Angst gemacht, blöder Kerl.“
„Ich habe hier auch noch einen rumstehen. Nur für alle Fälle. Solltest du also jemals das Bedürfnis haben, das auszuprobieren, steht er dir jederzeit zur Verfügung.“, reitet er weiter auf dem vorherigen Thema um. „Und ja, ich habe dir Angst gemacht. Vergiss nicht, ich bin ein Vampir. Eine uralte, machtvolle Kreatur der Nacht. Ich bin nicht nett. Nur manchmal.“
Ich hätte nichts sagen sollen. Trotzdem muss ich mehr darüber wissen. „Aber ‚der Mensch‘ Gregor ist nett, oder?“
Er seufzt. „Den ‚Menschen‘ Gregor gibt es nicht. Ich bin immer Blutsauger, ob ich das meiner Umgebung nun zeigen möchte oder nicht. Du kannst das nicht trennen. Es gibt nur das Gesamtpaket.“
„Aber den normalen Grafen gab es doch früher? Oder warst du schon immer ein Vampir?“
Ja, dies beschäftigt mich wirklich. War er jemals sterblich? Kann er nachvollziehen, was ich denke? Kennt – oder vielmehr kannte – er Ängste vor dem Tod, Krankheit, Sterben?
„Du stellst zu viele Fragen. Alles zu seiner Zeit“, grummelt er statt einer direkten Antwort. Diese wird er mir wohl schuldig bleiben.
In welches Schlamassel bin ich da nur hineingeraten?
In einem Bett zusammen mit jemanden, der nicht mehr lebt – Verzeihung – der untot ist. Mit Gefühlen, die ich nicht sortieren kann und die mich taumeln lassen wie eine Feder im Wind.
Ich fühle mich zu ihm hingezogen, keine Frage. Dann aber wieder erscheint er mir so anders oder macht mir Angst.
Zugegeben, er IST anders. Mehr als nur das.
Der Adlige drückt mich nun weniger fest und die Atmosphäre ändert sich wieder. Abermals spüre ich das Raubtier in ihm, welches mich in seinen Klauen hat.
Und Klauen ist genau das richtige Wort.
Seine Finger sind durch die langen Nägel unheimlich lang. Mindestens die doppelte Länge.
Und es handelt sich nicht etwa um brüchige Nägel, keineswegs. Diese sind stark und fest.
Leicht streichen sie über meinen Körper. Eine eigentlich zärtliche Geste, aber ich bemerke deutlich die Gefahr, die nun wieder von ihm ausgeht.
Gregor lässt also wieder den Vampir raushängen.
„Dreh dich auf den Rücken“, sagt er in einem ruhigen Ton. Viel zu ruhig.
„Was hast du vor?“, schlucke ich.
„Das zu tun, wofür ich hergekommen bin“, erklärt er feierlich. „Denn jetzt, meine Liebe, mache ich dich zu der meinen.“