Kaum hat er jedoch angefangen, hört Gregor auch schon damit auf.
Ich spüre seine Zunge, die sanft über meinen Hals leckt, ehe er meinen Kopf an den Seiten anfasst und vorsichtig wieder in eine natürliche Position bringt.
„So, es ist vollbracht. War doch gar nicht schlimm, oder?“
„Was?“ Meine Teilnahmslosigkeit hat ein wenig nachgelassen und ich fasse mir unwillkürlich an den Hals. Dort, wo bis vor wenigen Augenblicken noch ein saugender Bluttrinker daran klebte. Die Verletzungen sind erstaunlich gering und nur schwer zu ertasten. Müsste da nicht Blut sein oder zumindest eine Kruste?
„Das war schon… alles?“
„Ich habe nie behauptet, dass es lange gehen wird.“
„Das wenige reicht dir schon?“ Viel kann er in dieser kurzen Zeit nicht bekommen haben.
Gregors Gesicht ist über meinem Kopf und er wirkt erleichtert, als er antwortet: „Ich habe es dir ja schon angedeutet - es ging nicht darum, viel Blut zu bekommen, sondern sicherzustellen, dass du mir gehörst. Dazu reicht eine kleine Menge.“
„Was heißt das, ich gehöre dir?“, frage ich unbehaglich. „Werde ich jetzt auch zum Vampir? Oder bin ich jetzt schon tot… untot?“
„Nein. Du bist ein Mensch wie zuvor auch“, beruhigt er mich und schaut mich fasziniert an. „Und durch meine Spuke werden die beiden Einstiche morgen verschwunden sein, da ich nur sehr kurz getrunken habe. Für dich bleibt erst mal alles beim Alten… fast zumindest.“
„Was heißt das, fast?“ Das ist alles andere als beruhigend.
„Nun ja, du wirst keine großen Auswirkungen spüre. Du bist fast komplett immun bezüglich Nebenwirkungen, so wie ich das rieche.“
Von was redet er da nur?
„Aber es könnte sein, dass du dich zum Dunklen hingezogen fühlst, plötzlich gerne Horrorfilme schaust oder es liebst, nachts spazieren zu gehen. Viel mehr wird nicht sein.“
„Aber du sagtest ja, ich gehöre jetzt dir?“, erkunde ich mich weiter, immer noch misstrauisch. „Was heißt das?“
„Nun ja“, beginnt er und gibt mir erneut einen Kuss, diesmal auf die Wange.
Mit dem Küssen hat er es aber auf einmal. Auch wirkt er äußerst gelöst auf mich.
‚Mein Blut hat ihm offensichtlich geschmeckt und gutgetan‘, denke ich in einem Anflug von Galgenhumor.
Mein Untoter kann es nicht lassen. „Zunächst einmal wirst du dich einfach nicht für andere Männer interessieren. Und dann, nach einer gewissen Zeit, wirst du immer öfters an mich denken, bis du es schließlich fast nicht mehr aushältst vor Sehnsucht.“
Ich schüttle den Kopf. „Nur von dem kurzen Biss? Ich spüre gar nichts, Gregor. Du musst dich irren.“
„Du wirst es sehen. Ich freue mich schon darauf, wenn du mir hinterherläufst mich dann bittest, bei mir einziehen zu können.“ Da ist sie wieder, diese Arroganz.
„Klar!“ Ich bin vielleicht ein wenig verliebt, aber nicht so dumm, irgendjemand hinterherzulaufen.
„Du musst mir nicht glauben. Und du hast auch noch eine ganze Weile Zeit, bis du zu mir kommst“, meint er selbstzufrieden.
„Angeber!“
„Vielleicht! Aber jetzt komm wieder in meine Arme, damit ich dir etwas Kälte abgeben kann.“
„Dann bleibst du noch eine Weile?“
„Bis der Morgen graut. Wir haben also noch ein paar Stunden, und bis dahin werde ich dich halten.“
„Das hört sich doch gut an.“
„Ja. Wir sollten es genießen. Denn wenn ich gehe, wirst du dich an das, was du mit dem Vampirgrafen Gregor erlebt hast, nur noch in Bruchstücken erinnern und es wird nicht mehr sein als ein wirrer Traum, den du hier in der Nacht in meinem Gästezimmer hattest.“