Heute morgen...
Wieder einmal stehe ich in aller Frühe in meinem Kiosk, meine zwei Taurin- Zuckerbomben (schäm!) in der Hand.
Heute ist die „Chefin“ da. Ich nenne sie zumindest in Gedanken so. Letztendlich ist auch sie „nur“ angestellt, aber für mich ist sie eben der „Boss“.
Sie ist etwas kleiner, trägt eine flotte Brille, die ihr sehr gut steht, mit rechteckigen Gläsern, und hat stets eine flotte Frisur. Weder lange Haare, noch kurze, aber schwarze, die ihren Kopf pfiffig umspielen.
Es ist gerade überhaupt nichts los, gähnende Leere.
Das ist ungewöhnlich für die Zeit, und so kommen wir beide ins Gespräch. Ich erfahre von ihr einiges, auch was diese Frau so bewegt.
So ist es z.B. auch im Kiosk so wie überall: entweder kommen sie alle auf einmal oder keiner.
Viele Schüler sieht sie jeden Tag, sie kommen morgens, um sich Süßigkeiten zu holen. Viele kommen dann mittags nochmal. Der Busbahnhof liegt ja direkt neben dem Laden, da ist dann noch Zeit, sich schnell vor Abfahrt mit etwas (Mama weiß es ja nicht!) einzudecken.
In den Ferien ist es dann immer ruhig. Sie gesteht, dass es sich im Umsatz sehr bemerkbar macht, all die Kleinigkeiten, Süßigkeiten, Kaugummis, Getränke… das sind kleine Beträge, die sich dann doch zusammensummieren.
Aber das ist nicht der Grund, warum die Frau „ihre“ Schüler vermisst, wenn sie nicht kommen. Sie mag sie. Ihre Schüler. Sie freut sich, wenn sie kommen, und ihre Cents und Euros langsam zählend auf den Verkaufstresen zu legen oder sie bei den Kleinen das passende heraussucht. Viele kommen schon seit Jahren.
Und sie sieht genau, woher die Kids kommen, aus welchem Elternhaus. Da wird sie manchmal richtig wütend oder traurig. Was die Kinder nicht lernen würden, weil sie es einfach nicht wüssten, weil es ihnen keiner sagt.
Sie selbst versucht, den Kindern beizubringen, zu grüßen, Guten Morgen zu sagen. Da kenne sie nichts. Weil es ihnen keiner sagt, dann muss sie es eben tun.
Und es funktioniert auch oft, sagt sie. Und wenn nicht, dann sagt sie es den Kindern, immer wieder. Bis sie dann erfolgreich ist.
Eine großartige, engagierte Frau.
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Dieses Kapitel war so nicht geplant. Ich fand es aber wert, diese kleine Begebenheit von heute früh niederzuschreiben, bevor ich sie vergesse.