Genüsslich rieb er seinen dicken Bauch und verlangte nach mehr Bier. In Fässern karrten sie sein Leibgetränk heran. Unersättlich zermalmten seine Kiefer immer mehr Fleisch. Eine ganze Küche bereitete nur für ihn Speisen zu. Seine Rückkehr stand niemals fest. Der Riese wollte sich noch einmal die Annehmlichkeiten des Lebens gönnen.
Sein Platz war an vorderster Front. Er war ein Knochenbrecher, ein Zerstörer. Stämmig und groß. Viel zu groß, riesig. Menschen erschufen Geschichten über ihn. Sie beschimpften oder bewunderten ihn als Kinderfresser und Teufelsdiener. Seine Gestalt jagte ihnen Angst ein und sein Zorn ließ ihr Blut in den Adern gefrieren, wenn er in die Schlacht sprengte und unter ihnen wütete. Mit Fäusten, groß wie Mühlensteine und Schlägen, brutal wie die Kraft der stärksten zwanzig Männer, vernichtete dieser Koloss seine Opfer. In einem Blutrausch, der die ganze Welt mit seinem Hass besudelte, umarmte er in jedem Kampf den schmalen Grat zwischen Leben und Tod.
Die massive Glocke der letzten Festung läutete. Seine Zeit war gekommen. Er schob den mickrigen Tisch und die Frauen von sich und erhob seine massige Figur mit einer Behäbigkeit, als wäre er Jahrzehnte hier gesessen. Hohe Gänge aus Stein, gestützt von kräftigen Baumstämmen, leiteten ihn zum Tor der Oberwelt, zur Brücke. An diesem Ort zerschellten schon viele Invasionen. Hier führte ihr Weg vorbei, wollten sie in das Königreich gelangen. Speere zierten die Ausläufer der Brücke. Auf manchen thronten noch die beschmutzten Fratzen vergangener Massaker. Mehrere Lagen getrocknetes Blut und Innereien bedeckten den gehauenen Stein und die Schlucht unter dieser Brücke war so tief und so lebensfeindlich wie die glühenden Augen der Bestien dieses Niemandslands. Erste Aasfresser und Raubtiere schlichen bereits umher, denn sie witterten das nächste Festmahl. Mit einem lauten Schlag entsicherte das Tor und langsam öffnete es sich mit einem langezogenen quietschen, welches eher einem heulen glich. Die Nachmittagssonne hüllte den sonst schattigen Eingang in Licht.
Zweifellos hörten sie bisher nur Gerüchte über den Koloss, der angeblich allein und mit bloßen Händen ein ganzes Heer von der Brücke in den Abgrund befördern konnte und sie wären mit Sicherheit nicht den weiten Weg gekommen, um sich hier niedermetzeln zu lassen, wenn sie den Gerüchten geglaubt hätten. Aufgereiht standen die Invasoren am Kopf der Brücke und hielten einen gehörigen Abstand, aus Respekt oder Angst oder deren dunkler Mischung. Eine bedrohliche Ruhe legte sich über die Brücke und der Anfang einer Wolkendecke schob sich langsam vor die Sonne. Grollend stampfte der Koloss aus der Pforte seines Heims. Das auftreten seiner dicken Füße wirbelte kleine Staubwolken auf, die sich im seichten Wind verloren. Langsam hoben sich seine Hände etwas an und das anschließende formen zu Fäusten klang wie das umknicken sturmgeplagter Bäume. Für einige Momente waren nur die tiefen Atemzüge des Riesen zu hören. Heute war der Koloss besonders schlecht gelaunt.