Die Stimme schien aus dem Nichts zu kommen, Tabita sah sich um. Doch da waren nur ihre Begleiter, die Bäume und einige Raben. Oder? Sie wandte ihren Blick gen Himmel. Dort. Wie Schatten huschten Gestalten umher, kaum zu sehen, unsichtbar, wenn man sie nicht beachtete. Dann kamen sie näher. Das Wort wie Tabita sie beschreiben würde, wäre schön. Sie wirkten so, als würden se sich jeden Moment in Luft auflösen. Ihre Gewänder bestanden aus hellen Blautönen und umhüllten ihre Gestalten. Hauchdünn erinnerten sie Tabita an die Seidengewänder, die die Damen im Palast von Cesing getragen hatten. Die Vendirell sahen aus wie Menschen und doch waren sie es nicht. Sie tanzten durch die Luft, umschwärmten die Gefährten. Helle Gesichter, dunkles Haar, das durch die Luft flatterte, Augen, die hell strahlten, zarte Glieder und eine geringe Größe. Eine Vendirell tanzte durch Tabita hindurch als wäre sie nichts, aber als eine weitere sie an der Hand berührte, war es lebendiges Fleisch.
Wie konnten sie Luft und Fleisch zu gleich sein? Ein glockenhelles Lachen hallte durch die Sümpfe und diese erschienen Tabita nicht mehr so finster wie zuvor. Die Vendirell brachten das Leben in diese leblose und tote Gegend.
„Willkommen. Willkommen.", hauchte eine weitere Stimme. Die Reihen der Vendirell machten einem Vendirell Platz, der ein wenig größer als die Übrigen war und dessen Haare geflochten statt offen waren.
„Ich bin Lehlleon, der Anführer meiner Sippe.". Der Name kam ihm wie ein Windhauch über die Lippen, schwer zu greifen, wie eine Feder, die immer wieder davon schwebte.
„Ruht euch aus und findet Schlaf. Hier werdet ihr beschützt.".
„Wir müssen weiter.", entgegnete Joshua energisch.
Ein Lächeln umspielte die Mundwinkel von Lehlleon.
„Diese Sümpfe gehorchen nicht der Zeit. Ihr müsst keine Angst haben, etwas zu verpassen. Es wird keine Zeit vergehen, während ihr seid.".
„Wieso lebt ihr in diesen Sümpfen?".
„Wieso? Hier ist Ruhe, Ruhe von den Menschen, die ihre Häuser immer weiter bauen und die Wälder roden, um Felder anzulegen. Außerdem sind die Himmel unsere Heimat nicht die Sümpfe.".
„Dabei könntet ihr sie so leicht vertreiben.", erwiderte Hjorgcai leise.
„Ja, das könnten wir. Wir könnten Wirbelstürme über ihre Städte jagen lassen und sie wären nichts, aber wir tun es nicht. Wir sind Beobachter, keine Krieger. Unsere Macht ist ein Geschenk und wir haben gelernt, damit umzugehen.".
„Nicht wie andere Völker.".
„Nein.", erklärte Lehlleon, „Wir sind nicht wie die Oteilon, deren Feuer brennend und mordend ist und die mit einer Berührung die Erinnerung eines Menschen auslöschen können. Wir haben gelernt, den Frieden zu wahren und stille Wächter des Himmels zu sein.".
„Aber warum zeigt ihr euch uns, wenn ihr die Menschen meidet?".
„Aufgrund der Heimkehr einer Tochter.".
Einer Tochter? Tabita wirbelte herum und starrte Narichre an. Hatte die Hersora ihr nicht einst einen Stammbaum gezeigt, auf dem ein Name fehlte?
„Willkommen Narichre, Tochter von Lenede, die Tochter von Alvne und Soehnol war.". Soehnol. Tabita sah wie Narichre den Namen mit den Lippen formte, dies war der Name, den sie gesucht hatte, der auf ihrem Stammbaum fehlte. Die Enkelin eines Vendirells, was bedeutete das? Würde die Hersora sie ebenfalls verlassen, so wie es Schattenklinge getan hatte?
„Wer war er?", fragte die Hersora.
„Soehnol war ein liebenswerter Vendirell. Ruhig und gelassen ging er eigene Wege und löste sich von der Gesellschaft. Er lernte Alvne kennen und verliebte sich in sie. Nach dem Tod seines Vaters kehrte er zurück, um seinen Platz als Sippenführer einzunehmen und ließ sie zurück, da jemand des einen anderen Volk angehört nicht auf Dauer bei uns bleiben darf. Er entschied sich für sein Volk, wie es richtig war und doch hielt er die Winde günstig über Alvne, bis sie Sahres verließ und damit seinen Machtbereich.".
„Wie alt werden Vendirell, wenn du dich an das erinnerst?", unterbrach Sjavkonhkar die unangenehme Stille, die nach Lehlleons Antwort eingetreten war.
„Wie alt werden wir? Ich weiß es nicht. Wo fängt mein Leben an und wo die Erinnerung meines Volkes? Ich weiß es nicht. Ihr nehmt uns als Individuen war, aber in Wahrheit sind wir das nicht. Wir sind wie ein Körper, wir besitzen dieselben Erinnerungen und alles was ich wahrnehme, nehmen die anderen ebenfalls wahr. Wir sind nur zeitweise Individuen und lösen uns irgendwann einfach auf, bleiben aber dennoch ein Teil unseres Volkes. Es ist schwer zu erklären.". Er seufzte.
„Wir haben euch nur in unser Gebiet gelassen, weil in ihren Adern das Blut von einem der unseren fließt. Nur deshalb mischen wir uns in den Lauf der Geschichte ein und überbringen euch eine Warnung.". Er sah sie an, jeden einzelnen von ihnen. Seine Gestalt hing in der Luft, seine Gewänder umspielten die nackten Füße und seine hellen Augen durchbohrten sie.
„Der Mann, der sich von euch trennte, der zum Volk der Nalinow gehört, sammelt es. Das Volk der Nalinow hat sich noch nie versammelt, sie sind Einzelgänger. Es ist ein Wendepunkt in der Geschichte, eine Gefahr. Hass ist ein mächtiges Antriebsmittel, aber kein gutes.
Ihr müsst aufpassen. Die Nalinow sind eines der mächtigsten Völker, sie gegen sich zu haben, ist nicht gut und doch ist es so. Euer Volk.". Er wandte sich zu Tabita und Joshua, „Hat ihn sich zum Feind gemacht, wegen Dingen, die vor Jahrtausenden geschehen sind.".
„Warum? Was ist damals geschehen?".
„Dies ist ein Geheimnis, das ich euch nicht sagen darf und nicht kann. Ich weiß, was damals geschehen ist, aber ihr müsst von jemand Anderem erfahren.".
Tabita hatte die Gedanken an Schattenklinge verdrängt. Sein Verrat schmerzte immer noch, sie hatte nicht darüber nachgedacht, was er tun würde. Sie wollte es auch nicht wissen, aber sie wollte hinter seinen Zorn blicken, herausbekommen, woher sein Hass kam. Gleichzeitig wollte sie ihm nie wieder in die Augen sehen.
„Ruht euch jetzt aus.", erklärte Lehlleon erneut und Tabita spürte die Müdigkeit, die sie überkam wie ein plötzlicher Sturm. Vielleicht war es ja auch einer, ein Sturm von den Vendirell gelenkt. Und dieses Mal schlief sie ruhig und ohne Albträume.
Egyran wusste keinen Ausweg mehr. Die Armee von Hes-Argan hatte ihn umzingelt. Er hatte doch einfach nur ein wenig seine Macht zeigen wollen und jetzt befand er sich in einem aussichtslosen Kampf. Er hatte sein Lager in einem Tal in den Aratseng-Steppen aufgeschlagen und nun standen überall um ihn herum feindliche Truppen. Der Taidschie hatte sich gegen den Khan gewandt und ihn angegriffen, aber der Khan war zuerst in die Gebiete des Taidschies geritten. Hes-Argan war ihm in der Anzahl der Männer nur mindestens vierfach überlegen und er konnte problemlos weitere Truppen heranziehen, während Egyran alleine dastand. Die südlichen Stammesführer hatten jegliche Angebote abgelehnt, die nördlichen ebenso.
„Beginnt die Reihen zu bilden.", befahl er seinen Reitern. Kampflos würde er nicht untergehen.
Aber seine Männer rührten sich nicht, die Pferde schnaubten nervös, aber ihre Reiter gaben ihren Drang vorwärts zu stürmen nicht nach.
„Ihr gehorcht meinen Befehlen nicht?". Wut erfüllte seine Gedanken. Wieso gehorchten seine Männer dem Taidschie und verweigerten ihm, dem rechtmäßigen Khan, eben dieses?
„Herr, dies sind unsere Brüder.".
Er nannte ihn noch Herr, er wagte es ihn noch so zu nennen, obwohl er ihm das Gehorsam verweigerte?!
„Und habt ihr in den Sippenkriegen etwa nicht gegen eure eigenen Brüder und Väter gekämpft?", brüllte er.
„Aber der Taidschie ist euer Diener, eure ausführende Hand.".
„Und haben Stammensführer noch nie gegen ihre Schwurbrüder gekämpft? Hat nicht Khesyaran selbst das getan? Dann darf ich auch gegen meinen Diener, den Taidschie, kämpfen.“.
Die Männer schwiegen. Obwohl sie keine Antwort auf seine Frage wussten, würden sie nicht für ihn kämpfen.
„Man erzählt sich, dass...".
„Was erzählt man sich?", fragte Egyran scharf.
„Dass ihr verrückt seid.", beendete eine weitere Person seinen Satz. Er sah auf und erkannte den Taidschie, der mit vier Reitern näher kam.
„Gegen euren Taidschie zu ziehen, der euch immer treu unterstützt hat, ist eine nicht logische Tat und deshalb fürchte ich um euren Geisteszustand.". Fassungslos sah Egyran Hes-Argan an. Wie eine Spinne hatte dieser ein Netz um ihn gesponnen, aus dem er sich nicht alleine befreien konnte. Undurchdringbar waren die Fäden.
„Deshalb werde ich euch in Gewahrsam nehmen, bis wir einen Khan gefunden hat, der geeigneter ist.". Die Stimme den Taidschies war zuckersüß. Ein Gefolgsmann, der sich um das Wohl seines Herrn sorgte, das war er in den Augen von Egyrans Männern.
„Also gut.", zischte er leise. Er wusste, dass er verloren hatte.
„Aber eine Sache möchte ich noch klären.“. Egyran richtete sich auf und legte seine Hand auf den Knauf ihres Schwertes.
„Hiermit erkläre ich meine Frau, Hjorgcai Khatun, von der Verbannung befreit und als rechtmäßige Herrscherin dieses Landes. Sie hat keine Schuld am Tode meines Vaters und jeder von euch ist verpflichtet den wahren Täter zu finden.".
Das Lächeln des Sieges war von Hes-Argans Gesicht verschwunden.
Felsenfaust konnte nicht schlafen, wilde Gedanken jagten durch seinen Kopf. Er wusste genau, dass die Worte Lehlleons an ihn gerichtet waren. Er wusste genau, was er tun musste und doch war er ebendieser Aufgabe nicht gewachsen.
„Du musst dies nicht alleine tragen.". Felsenfaust sah den Vendirell an, der vor ihm in der Luft hing.
„Komm.". Lehlleon hielt ihm die Hand hin, als wollte er sie ihm reichen. Der Nalinow stand auf und folgte ihm.
„Ich weiß, wie schwer es dir fällt. Die Bande, die dich mit ihm verbinden, sind stark, aber du hältst den Schlüssel in der Hand.".
Felsenfaust musste der Hand des Vendirells nicht folgen, um zu wissen, was für Zeichen er in die Luft malte.
Es waren die Zeichen, die auf dem Bogen standen. Er vermochte die Zeichen zu lesen, es war der Name eines Nalinows, der wahre Name von Darl Schattenklinge. Der Name, mit dem er getötet werden konnte.
„Du bist der Einzige, der seinen Namen kennt, der einzige, der ihn aufhalten kann.". Eindringlich sah der Vendirell ihn an.
„Du kennst den Namen doch auch.". Es war ein kindlicher Versuch, die Wahrheit zu verstecken und einen anderen Weg zu finden.
„Ja, aber ich bin ein Wächter, der sich nicht in diesen Krieg einmischen darf. Wir sind Führer wie die Nixen, die einen auf die Wege der Bestimmung führen.".
„Führst du mich grade? Bin ich etwa dazu bestimmt, mein Volk zu verraten?".
„Nein, du bist dazu bestimmt, Frieden zu schaffen, indem du den Schlüssel einer anderen Person in die Hände legst.".
„Ich habe sie befreit aus dem Grab von Nerileni Karyndo. Genügt das nicht?".
„Ich weiß, wie viel Überwindung dich das gekostet hat. Schattenklinge wird geführt von Hass und leitet euer Volk damit in die Finsternis. Was meinst du, was geschehen würde, wenn ein so gut wie unsterbliches Volk dem Bösen in die Hände fallen würde?".
„Es würde eine Armee aus Nalinows aufstellen, die ihm willenlos untertan wären.".
„Genau. Und das müsst ihr verhindern, darum geht es in dem kommenden Konflikt. Die Sebetjh werden gegen die Elben ziehen, aber das ist nur eine Ablenkung, in Wahrheit geht es um das Volk der Nalinow, dein Volk.".
„Ich weiß.“. Felsenfaust atmete ein. Was sollte er tun?
Lehlleon nickte ihm zu.
„Ruh dich jetzt aus.“.
Wie sollte er schlafen, wenn diese Entscheidung wie ein Berg vor ihm stand. Aber der Schlaf überkam ihn, tiefer und heilender als er durch Kräuter hätte hervorgerufen werden können.
Als Tabita erwachte, zog ihr der Geruch von Borts in die Nase, das Pulver aus Fleisch, das ihnen in den letzten Wochen häufig als Nahrung gedient hatte. Langsam begann sie den Geruch zu verabscheuen.
Sie stand auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Sie zupfte die Lederhose zurecht, die sie noch aus dem Lager der Aweynche hatte und band ihre Haare zurück, die ihr nur noch als verfilztes Knäuel im Nacken hingen. Dann stand sie auf und setzte sich zu den anderen, die am einen Feuer saßen.
„Ist das Holz etwa trocken?", fragte sie verblüfft, immerhin befanden sie sich in einem Sumpf. Hjorgcai nickte und rührte den Kessel um, den sie den ganzen Weg in ihrem Gepäck mitgeschleppt hatte.
„Hast du deine Schale?", fragte die Aweynche. Tabita warf ihr sie Holzschale zu, um kurz darauf den Eintopf bestehend aus Borts und Kräutern vor sich stehen zu haben.
„Wie lange brauchen wir noch nach Fjørev?", fragte Joshua.
Hjorgcai sah zur Sonne, die über ihren den Himmel erhellte und vertrieb den Nebel, der am vorherigen Tag geherrscht hatte.
„Wenn wir schnell vorankommen drei Wochen. Wir haben keine Pferde und der Weg ist so lang wie der Weg von Cesing bis zum Grenzfluss Ming, zusätzlich kommt noch, dass die Wege schlechter sind.“.
Drei Wochen. Tabita stöhnte auf, drei Wochen, in denen sie sich noch durch die Wildnis quälen mussten. Sie stand auf, ließ ihre Mahlzeit stehen und ging zu Narichre, die abseits dasaß.
„Alles in Ordnung?", fragte sie leise und setzte sich neben die Hersora.
„Ich weiß es nicht.", erklärte sie, „Ich hatte mir Antworten erhofft, als ich auf diese Reise gegangen war, aber ich hatte nicht damit gerechnet die Enkelin eines Vendirells zu sein. Ich fühle mich neben ihnen so klein, so plump wenn sie durch die Lüfte schweben. Wie nichts im Vergleich zu ihnen und ich gehöre nicht zu ihnen. Ich werde dahin zurückkehren, von wo ich gekommen bin und die Vendirell nie Wiedersehen. Er hat mir seine Erinnerungen gezeigt, Lehlleon meine ich. Ich habe nichts von meinem Großvater, ich gehöre nicht in diese Welt.".
„Ich weiß. Die Hersor sind dein Volk und das wird sich nie ändern. Du hast ein Geheimnis gelüftet und es ist gut.“.
„Ja, das ist es.“.
Narichre stand auf und klopfte sich den Schmutz von den Kleidern.
„Was machst du?“.
„Ich spreche mit Lehlleon.“. Sie lächelte und ging weg. Tabita sah in den Himmel, ob die Vendirell da waren. Doch, eine schwebte über ihr. Ein junges Mädchen mit dunklem Haar, das ihr lachend zuwinkte. Wo sie wohl lebten? Die Vendirell berührten den Boden nicht, also mussten sie im Himmel lebten. Ob sie Luftschlösser besaßen, wie sie es sich früher immer vorgestellt hatte? Wahrscheinlich war es nur ein kindlicher Traum.
Sie ließ den Blick über die Sümpfe von Tarie schweifen, obwohl es wohl eher ein Moor war. Die Torfbildung passte nicht zu einem Sumpf. Sie umfasste die Knie mit den Armen und seufzte. In der Zwischenzeit wollte sie einfach nur nach Hause.
„Tabita?“. Sie schreckte hoch und erkannte Narichre, die mit Lehlleon und zwei weiteren Vendirell auf sie zukam.
„Ich habe eine Mitreisegelegenheit.“. Sie strahlte. „Die Vendirell werden uns nach Fjørev bringen. Sie werden die Winde für uns leiten.“.
„Wir tun dies, weil es deine Bitte war, Tochter meines Volkes.“, erklärte Lehlleon, „Ansonsten sind die Wege der Vendirell für andere versperrt. Seid euch des Privilegs bewusst.“.
Tabita nickte. Sie sah zu den anderen. Dann nickte sie.
„Das sind wir. Ich danke dir, Lehlleon. Mögen deine Wege von der Sonne beschienen sein und deine Felder reiche Ernte tragen.“, wünschte sie ihm mit einem alten Segensspruch in Ciyen.
„Dasselbe wünsche ich dir, Tabita.“. Lehlleon neigte den Kopf. „Diese beiden Vendirell werden euch nach Fjørev geleiten.“.
„Lehlleon? Werden sie mich danach in meine Heimat geleiten?“.
Der Vendirell betrachte Hjorgcai nachdenklich.
„Das werden sie.“. Er nickte den beiden Vendirell zu, eine weibliche, deren Kleid ihre schlanke Gestalt wie ein Wirbelsturm umwehte und ein männlicher, der lächelnd dastand.
Die weibliche Vendirell berührte Tabitas Arm und Feuerzungen schienen durch ihren Körper zu jagen. Dann erhoben sie sich in die Luft und die Welt breitete sich unter ihnen aus.
Acheving betrachtete die Karte und runzelte die Stirn. Warum hatte Naichie seine Route geändert? Naichie tat nichts ohne Grund, aber so sehr er auch die Karte betrachtete, er wusste nicht, warum der General dieses Mal so gehandelt hatte. Die Wälder von Yaran waren eine schlechte Route, da sie keine Möglichkeit bot, die Truppen zu versorgen und Wege nur gering vorhanden waren. Es sei denn...
Er biss sich auf die Unterlippe und ein winziger Blutstropfen fand den Weg auf seine Kleidung, aber er beachtete ihn nicht. Er winkte mit der Hand und Tanju trat herbei. Tanju war der General der Wenzon. Die Wenzon war eine vom Heer unabhängige Truppe, die allein der Kaiserin unterstand und sie zu schützen hatte. Die Wenzon war hier verblieben und jetzt war Acheving froh über diese zusätzlichen Truppen.
„Mach deine Truppen bereit. Besetzt die Furt am Fai.“, befahl er Tanju.
Der junge General beugte sich über die Karte.
„Versuchen sie einen Vorstoß vom Norden, dann müssten sie aber das Navie-Gebirge umgehen und das wäre ein tagelanger Umweg.“, überlegte Tanju verwirrt.
„Sie stehen im Norden.“, erklärte Acheving, „Bei Niing steht nur eine kleine Truppe, die Hauptarmee befindet sich hier.“. Er tippte auf einen Punkt im Süden der Wälder, nahe dem Fluss.
„Es war eine Ablenkung.“, erkannte Tanju, dann verneigte er sich. „Ich werde das Nötige veranlassen.“.
Es war eine Ablenkung und er war darauf hereingefallen. Er hatte gedacht, Nian zu kennen und nun stellte er fest, dass sie eine Fremde war. Aber sie hatte darauf vertraut, dass er diesen Fehler machen würde und ihre Armee stand bereits wenige Tagesmärsche vor Cesing. Das Heer war außer Reichweite und es blieben nur die Wenzon, die den Rebellen deutlich unterlegen waren.
„Tanju?“. Er winkte den General zurück.
„Die wehrfähigen Männer und Frauen des Volkes sollen bewaffnet werden.“.
Tanju hielt inne. „Herr, das Volk sympathisiert mit den Rebellen. Sie werden sich weigern.“.
Acheving wollte schreien, denn er hatte auf ganzer Linie verloren.
avk