Eigentlich hatte Hjorgcai schon vor Tagen aufbrechen wollen, doch erst einmal musste sie die eroberten Gebiete wieder in Ordnung bringen. Zu Gericht sitzen, war eine lästige und langweilige Arbeit, aber sie war notwendig.
Sie saß auf einem Pferd, denn von dort wurde regiert, ein Reich kontrolliert und Gericht gehalten. Kein Aweynche würde sich auf einem Stuhl aus Stein niederlassen, es mussten lebendige Wesen sein, auf denen sie saßen, damit sie daran dachten, dass sie auch über lebendige Wesen richteten.
Es war viel zu tun. Vorräte mussten herbeigeschafft, Tribute und Geiseln entgegen genommen, Stammesfürsten besänftigt werden, Verbündete gesucht werden.
Neben ihr saß der Khan auf seiner Roten und lauschte den Worten zweier Männer, die sich um einen Hengst stritten.
Hälöron beugte sich zu ihr herüber. „Zweikampf?“, fragte er.
Hjorgcai nickte.
„Gut. Da weder der eine noch der andere von euch den Beweis erbringen kann, das der Hengst ihm gehört, wird er an den besten Reiter gehen. Ein schlechter Reiter hat kein Anrecht auf einen guten Hengst. Wer sich am längsten auf dem Pferderücken halten kann, gewinnt den Hengst.“.
Stolz musterte die Khatun ihren Schützling. Er trug ein Deel aus Baumwolle, das blau eingefärbt war, denn der Khan verkörperte den Himmel, befestigt wurde der Mantel mit einer Schärpe, die um die Hüfte gewickelt wurde und zwei Pferdelängen lang war. Dazu trug er dicke Filzstrümpfe und Lederstiefel, die mit Ornamenten verziert waren und deren Spitze nach oben gebogen war. Sein schwarzes Haar war zum ersten Mal geflochten worden und nun galt er als Mann und nicht mehr als Junge. Er saß sicher in dem hohen Holzsattel, den die Aweynche traditionell ritten. Mit der einen Hand hielt er die Zügel, während er mit der anderen den nächsten Bittsteller heran winkte. Dieser war ein Stammesfürst, wie Hjorgcai an dem verzierten Deel und an dem Hengst, den er ritt, erkannte.
„Hälöron Khan und Hjorgcai Khatun.“, er neigte den Kopf. „Ich bin gekommen, um Euch meinen Stamm zu überantworten und mich zu unterwerfen. Wir bitten nur um freie Zugeständnisse des Handels. Ich bin Metu aus dem Stamm Fjakol.“.
„Lüg nicht.“, erklärte eine harte und kalte Stimme hinter Hjorgcai und Kherosgo ritt zu ihr. „Ich kenne Metu und er ist mir verpflichtet. Du bist sein Bruder.“.
Dann ging es schnell. Mehrere Pfeile flogen durch die Luft und Hjorgcai warf zuerst Hälöron aus dem Sattel. Der Pfeil traf das Pferd und es stürmte auf den angeblichen Metu und seine Begleiter zu, diese wichen ihm aus und es verschwand in der Steppe. Ihre Wachen hatten sich in der Zwischenzeit Metu uns seinen Begleitern zugewandt und zu Hjorgcais Freude wurden sie von einigen Bittstellern unterstützt.
„Hat man dir nicht erzählt, dass ich Verräter und Mörder nicht schätze? Übergibt ihn den Pferden.“. Den Pferden übergeben, meinte, dass man hinter einem reiterlosen Pferd hinterher gezogen wurde, bis man starb. Wer es schaffte, das Pferd zu erklimmen, der bekam sein Leben zurück.
Kherosgo nickte.
„Wir müssen reiten, Hjorgcai. Wenn wir zu spät reiten, wird das Gebirge nicht zu überqueren sein.“.
„Ja.“, Hjorgcai nickte. Der Angriff hatte ihr gezeigt, dass sie hier nicht gebraucht wurde, sondern Hes-Argan besiegen musste. „Lass fünf Djaghun zurück.“. Die Männer würden das Volk schützen und ihnen zeigen, dass sie regieren konnte.
Nian betrachtete den Weiler Varill, der sich vor dem Dorf Trorav verbarg. Schön und harmlos lag es da mit den mit Reet gedeckten Dächern, doch in den Häusern verbargen sich hunderte von Sphinxen. Hier würde der Kampf beginnen.
Erst eben hatte sie Nachricht bekommen, dass es Sevos geschafft hatte, sich zwischen das elbische Heer und das ihre zu drängen und nun war sie aus dem Norden her sicher. Sie würden nicht angegriffen werden, solange Sevos nicht geschlagen war.
Ihr Plan war einfach, während Sevos die Elben beschäftigte und die Kreuzung einnahm, würde sie die Sphinxe besiegen und dann zu Sevos stoßen. Wenn Sevos die Elben vorher besiegte, würde er dagegen umschwenken und den Sphinxen in die rechte Flanke fallen.
Die Mitte des sphinxischen Heeres bei Trorav würde den Hauptangriff tragen müssen. Gleichzeitig würde sie die linke Flanke angreifen, damit Ascarna in Versuchung geführt wurde, Verstärkung aus der rechten Flanke zur Mitte zu holen. Dann würden entweder Fanjong, der das erste Korps führte oder Sevos die rechte Flanke mit voller Wucht angreifen und so den Zusammenbruch des Heeres herbeiführen. Naichie hielt den Oberbefehl, während Nian den Hauptangriff führen würde und Diong den linken Flügel.
Sie sah zu Naichie. Er nickte und seine Augen leuchteten dunkel.
„Angriff.“.
Ascarnas Truppen waren nicht für solche Kämpfe geeignet. Zweikämpfe, Überfalle aus dem Hinterhalt, aber offene Feldschlachten?
„Der Angriff wurde bei Varill begonnen und der Weiler eingenommen.“, berichtete ihr ein Adjutant.
„Eine Brigade steht dort. Astjavis?“. Ihr Generalstabschef Makalar strich über die Karte.
„Wir müssen den Weiler halten, ansonsten haben wir die Gefahr dass unsere linke Flanke zusammenbricht.“, meinte Ascarna leise, „Schickt Verstärkung. Indijavkaso steht in der Nähe, er soll einige Bataillone schicken, je nachdem wie viele er entbehren kann.“.
Der Sphinx rannte wieder davon, um die Nachricht zu überbringen.
Ascarnas Heer war für ein sphinxisches Heer groß und umfasste etwa 116.000 Mann, wobei viele von ihnen Söldner waren und aus weiteren sphinxischen Ländern aus dem Süden stammten.
Das Heer der Elben war ein wenig kleiner, obwohl Ciyen deutlich bevölkerungsreicher war. Die Elben hatten viel weniger Zeit gehabt, sich zu sammeln und vorzubereiten.
Wenn ihren Berichten glauben zu schenken war, waren die beiden Heere gemeinsam etwa doppelt so groß wie Nians Heer. Sie spielte auf Risiko, doch wenn sie es geschafft hatte, Arzaya zu besiegen, deren Flotte in Anthar als unbesiegbar gehalten waren wurde, dann würde sie es sicherlich auch schaffen, eine doppelt so große Streitmacht zu besiegen.
Und wie sie es geschafft hatte, sie alle mit der Kreuzung zum Narren zu halten…
Ascarna ließ ihren Blick über ihre Truppen schweifen. Sie besaß 61.000 Mann hier und Nian hatte 71.000.
Die Landschaft war von sanften Hügeln, Feldern und Bächen geprägt, kleine Dörfer, die sich zwischen Wäldern erhoben.
Ascarna hatte das gesamte erste Korps in Reserve gestellt, es stand bei der Straße bei Savill, die zu der Kreuzung führte, um die die Elben kämpfen würden. Während das zweite und dritte die Verteidigungslinie bildeten. Das zweite Korps würde den Hauptangriff tragen müssen, es verteidigte mehrere Dörfer: Trorav, Astjal und Varill. Das dritte Korps stand bei einer weiteren Straße und schützte den linken Flügel.
In der Ferne erkannte sie den Weiler Varill. Die Bauernhäuser waren aus dickem Stein und deshalb für Bogenschützen wunderbare Stellungen, doch nun gehörten sie dem Feind und es waren Bogenschützen des Tigers und nicht des Löwen, die Pfeile herabregnen ließen. Der General Indijavkaso führte Verstärkung heran und Ascarna beobachtete wie das Dorf zurückerobert wurde. Bisher wurde nur dort gekämpft und das überraschte Ascarna. Es war ein erstes Abschnuppern, doch noch hatten sich Löwe und Tiger nicht ineinander verbissen. Sie sah zu dem Löwen, der über ihr im Wind flatterte. Diesen Ort würde sie nicht aufgeben, der Löwe würde triumphieren. Sie war nicht Königin geworden, um ihr Volk jetzt in den Untergang zu führen.
Es war ein guter Ort, um eine Schlacht zu beobachten. Ein hoher Hügel, auf dem ein einzelnes Gehöft stand, das sie als Hauptquartier gewählt hatte. Doch wenn sie daran dachte, dass dort unten Männer und Frauen ihres Volkes starben, wurde ihr schlecht. Sie hatte gedacht, sie wäre in dem einen Jahr ihrer Regierung hart geworden, aber es war etwas anderes innenpolitische Streitigkeiten zu kontrollieren, als Sphinxe mit jeder Entscheidung, die sie traf, in den Tod zu schicken.
Der Kampf um den kleinen Weiler tobte unvermindert weiter und während die restlichen Truppen abwartend dastanden, kämpften die Männer dort um Leben und Tod, um Sieg oder Niederlage.
Männer kamen und gingen, erwarteten Befehle von ihr oder überbrachten Nachrichten.
Sie schafften es den Weiler einzunehmen, doch nur eine Stunde später verloren sie ihn wieder. Wieder schickte Ascarna Männer in den Kampf, um den Weiler zurück zu erobern, aber dieses Mal behaupteten Nians Männer sich.
Ascarna stand auf dem Hügel, ihr Mantel flatterte im Wind und mit Makalar und einigen weiteren Generälen beugte sie sich über die Karte, die die Umgebung und die verschiedenen Truppenverbände aufzeigte.
„Aus dem ersten Korps sollen Männer einen Umfassungsgriff auf die linke Flanke der Sebetjh versuchen.“, befahl die Königin.
„Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Bei Astjal haben die Sebetjh Verstärkungen heran geführt, daran kommen die Männer nie vorbei.“, wandte Makalar ein.
Ascarna nickte.
„Du hast Recht.“. Sie richtete sich auf, „Ich werde also selbst den Gegenangriff anführen.“.
„Sie ist vorsichtiger als ich dachte.“, gab Nian am frühen Nachmittag zu. „Ihre Männer kämpfen besser, als ich es eingeplant hatte. Sie können viel mehr einstecken, als unsere und sie hat die Flanken nicht stark geschwächt. Doch ich denke, dass es Zeit wird, einen zweiten Angriff zu starten. Ascarna wird den Angriff auf Varill leiten, wir führen also einen parallelen Angriff auf Trorav.“.
Die Welt schien in Sand zu ersticken. Wenn Sphinxe starben, dann lösten sie sich in Wasser und Sand auf. Es waren Leichen der Sebetjh, die in Blut und Schweiß lagen und es war der Sand toter Sphinxe, der sie bedeckte. Verwundete stöhnten und versuchten sich aufzurichten oder einfach nur zu sterben. Als die Sphinxe ihre Königin sah, jubelten sie und die Sterbenden lächelten.
Ascarna setzte sich vor ihre Armee und trieb ihren Sorner an. Sphinxe ritten keine Pferde, diese mochten den Raubtiergeruch nicht. Sie nutzten die großen und zähen Laufvögel, die die Wüsten und Steppen beheimateten als Reit- und Transporttiere.
Der Weiler war nicht groß, aber für ihre Truppen gefährlich.
Ascarna teilte ihre Truppen auf und ließ sie angreifen. Die Sebetjh hatten sich in den Häusern verbarrikadiert und das einzige Lebenszeichen waren Armbrustbolzen und Pfeile, die auf ihrer Seite für Schmerzensschreie sorgten.
Dann wurde die erste Tür aufgebrochen und ihre Soldaten richteten unter den Feinden ein Blutbad an. Zwei weitere Häuser folgten und ein drittes wurde von den feindlichen Katapulten zerstört. Die trotz ihrer eigenen Männer, die hier kämpften, ständig weiterfeuerten.
Wälle von Toten reihten sich an den Hauswänden auf und die Fliegen besaßen ein Festmahl. Und es kamen stündlich mehr dazu…
Ascarna selbst war wohl nicht ganz unschuldig daran. Ihre Zähne bohrten sich in Fleisch und ihre Krallen zerfetzten Uniformen. Die Wappen des Tigers verschwanden unter ihren Angriffen und es blieben nur die Zeichen des Löwens. Dass sie selbst verletzt wurde, merkte sie kaum. Den stechenden Schmerz in ihrem Oberarm nahm sie ebenso wenig wahr wie das Blut, das ihr Bein herab lief. Sie nahm nur das Blut wahr, das sie schmeckte, wenn sie die Zähne in weiches Fleisch jagte. Das Blut erfüllte sie und schenkte ihr neue Lebensgeister. Dies war ihr Leben.
Sie schaute erst auf, als ein Meldegänger ihr ins Ohr schrie:„Sie greifen Trorav an.“. Atemlos starrte der Meldegänger sie an. Ascarna verwandelte sich in ihre menschliche Gestalt und wischte sich das Blut von den Händen.
Um sie herum wurde immer noch gekämpft, aber die Sebetjh wurden zurückgedrängt. Die vorderen Gehöfte gehörten vollends ihnen und die Bogenschützen taten ihr Übriges, um die Feinde zu vertreiben. Diese Stelle würde in wenigen Minuten ihr gehören, an anderer Stelle wurde sie dringender gebraucht.
Sie nickte und stieg auf einen Sorner. Nachdem sie einem General den Oberbefehl übertragen hatte, ritt sie davon.
Sie kehrte zu ihrem Beobachtungsposten um und gesellte sich zu Makalar.
„Wie sieht es aus?“, fragte sie leise.
„Sie versuchen bei Trorav durchzubrechen.“, erklärte er ihr. „Die erste Welle konnten wir zurückschlagen. Es ist viel Blut geflossen, Ascarna. Ein Offizier hat geschätzt, dass dort ein Bataillon toter Feinde liegt. Sie haben nun die Katapulte herbeigeführt und es ist in einem Häuserkampf ausgeartet.“.
500 tote Feinde, Ascarna schluckte. Sie wollte diese Toten nicht. Es war nicht so, dass sie nicht bereit gewesen wäre, keine Kriege zu führen. Doch dies passte nicht zu ihrem Volk. Sphinxe waren Angreifer und keine Verteidiger und es war so sinnlos. Ihr Volk würde keine Geländegewinne machen, es würde die Freiheit nur mit viel Blut und Feuer erkaufen.
Sie beobachtete wie Flammen aus den Häusern empor stiegen, ein Haus stürzte unter der Wucht der Steine, die von den Katapulten stammten, zusammen. Das Klirren und Kreischen der Schwerter war bis nach hier oben zu hören und der metallische Geruch des Blutes übertrumpfte jeden anderen. Dort brüllten die Löwen und auf der anderen Seite des Schlachtfeldes erhob sich der Tiger. Nian stand dort und musste ebenso wie sie selbst das Schlachtfeld betrachten. Was sie wohl empfand, wenn sie die Toten sah und ihre letzten Schreie hörte?
Ascarnas Herz dagegen zersprang bei jedem Schrei, denn es war ihr Volk, welches dort unten litt, doch sie zeigte es nicht. Heute galt es den Tiger zu töten und an diesem Ziel würde sie festhalten, bis zum letzten Mann.
„Schickt eine Brigade zur Verstärkung.“, meinte sie und Makalar nickte.
Weitere Männer wurden in diesen Ort des Tötens geschickt und im Zuge dessen eroberten sie das Dorf zurück. Damit war das Zusammenbrechen der Truppen vorerst verhindert. Ascarna atmete erleichtert auf.
In diesem Moment kam ein weiterer Bote auf sie zu und faselte etwas von Verstärkung der Sebetjh, die aus dem Norden heranmarschierte.
Makalar betrachtete die Karte.
„Entweder hat Sevos die Elben besiegt und das wäre sehr schlecht oder es ist Fanjong, der das erste Korps führt. Sie will in unsere Flanke fallen.“, meinte der Sphinx.
„Und ich habe die rechte Flanke so geschwächt.“, schimpfte Ascarna, „Ich würde die Verstärkung bei E…“. Sie brach ab, als sie bemerkte, dass Makalar ihr überhaupt nicht zuhörte, sondern einem weiteren Botschafter lauschte.
„Sie drehen wieder ab.“, berichtete er grinsend.
Ascarna lachte schallend. „Es scheint, als ob sich ihr Hauptquartier nicht einig ist. Sie marschieren zwischen den beiden Schlachtfeldern hin und her. Ich schätzte wir sollten die Verwirrung ausnutzen und einen Gegenangriff starten.“. Sie gluckste. Es tat so gut inmitten von Leid und Schrecken zu lachen.
„Wir greifen ihre linke Flanke an.“.
„Das ist gut, wir würden hier vorstoßen und dann…“. Er murmelte leise vor sich hin. Ascarna gab den Befehl und beobachtete wie ihre Truppen über eines der Dörfer vorstießen. Dann rückten sie aus ihrem Sichtfeld und sie war vollständig von ihren Aufklärungsoffizieren abhängig.
Die Sonne stand tief am Himmel als ihr berichtet wurde, dass der Angriff gestoppt worden war und sie keinen Bodengewinn gemacht hatten.
Dann wurde ihr zusätzlich berichtet, dass die Kavallerie Nians zwei Dörfer auf ihrer linken Flanke erobert hatte und nun auf Trorav zuhielten. An der rechten Flanke tobte der Angriff nun auch unaufhörlich. Dort gab es viele feindliche Tote. Ascarna hatte ihre Truppen an einer Hügelkette postiert, gegen die ihre Feinde unter ständigen Beschuss der Bögen anrannten, um dann in Wälle von Speeren zu rennen. Diese Flanke schien sicher zu sein, was ihr Sorgen machte, war Trorav. Die Truppen waren stark dezimiert und litten unter den ständigen Angriffen. Das einst so schöne Dorf stand in Flammen und war fast vollständig zerstört. Seit fünf Stunden kämpften die Männer dort nun.
„Wir führen die Reservetruppen nach Trorav.“, entschied sie und wartete Widerspruch nicht erst ab. Dort begann die Verteidigung zu bröckeln und dieses Dorf bildete die Mitte ihrer Verteidigungslinie, ein Durchbruch würde auf jeden Fall ihren Untergang herbeiführen.
„Wir müssen jetzt angreifen.“. Nian sah Naichie beschwörend an. Ihr Blick war voller Feuer und mit diesen musterte sie jeden einzelnen ihrer Generäle.
„Ascarna wird ihre Reserve heran führen, vorher erobern wir das Dorf und drängen die Truppen zurück. Wenn wir das Dorf haben, haben wir auch den Sieg. Die gesamte Reserve-Kavallerie soll heran geführt werden, ebenso wie die restliche Infanterie. Jetzt schlagen wir los. Wir werden sie mithilfe der schweren Kavallerie zerschlagen.“.
Und ihre Generäle nickten.
Als Ascarna durch das zerstörte Dorf ritt, war sie erschüttert. Da lagen zerfetzte Sebetjh, manche von ihnen waren noch Kinder. Sie waren bedeckt von Sand. Dem Sand toter Sphinxe.
Die Männer lächelten als sie sie erblickten, aber es war nicht der begeisterte Jubel wie zu Beginn der Schlacht. Sie waren erschöpft und verwundet.
„Herrin. Ihre Kavallerie kommt verstärkt mit Infanterie heran.“.
Sie nahm es stumm zur Kenntnis.
Eine Welle von Pfeilen erhob sich aus und von den Häusern des Dorfes und senkte sich über das heranrückende Heer. Wellen und Wellen aus Stahl und Eisen ergossen sich über das Dorf. Blut tränkte den Boden, als die Sphinxe aus den vorderen Häusern herausstürzten. Löwen warfen sich auf Sebetjh und zersplitterten Schilde und Köpfe mit ihren Pranken. Als die erste Überraschung überwunden war, erhob sich eine Wand aus Speeren und die Löwen wichen zurück.
„Katapulte.“, befahl Ascarna und der Meldegänger rannte zu einem weiteren General. Sie sah zu Makalar, ihrem Generalstabschef, der neben ihr stand.
Sie betrachtete ihre Truppen, die sich immer und immer wieder in den Kampf warfen. Aus Hauseingängen stürzten Löwen hervor und auf den Dächern standen Bogenschützen. Die Katapulte schickten ihre Ladungen ebenfalls ab und Steine trafen auf das anrückende Heer. Pferde wieherten und Stürzende wurden von den Nachrückenden übergeritten.
„Die Reserve-Kavallerie soll kommen.“, befahl sie, als sie merkte wie ihre Truppen zurückwichen. Sie selbst schwang sich auf ihren Sorner, während um sie herum Pfeile zischten und Männer schrieen. Da dichte Federkleid der Sorner war gut um Pfeile abzuwehren und sie waren es gewöhnt auf unebenen Boden zu laufen. Ascarna ritt über einen Sphinx, der schon begann sich aufzulösen. Sie setzte sich an die Spitze der Kavallerie bestehend aus Sornern.
Ihr Speer stieß durch Fleisch und Stoff und der Sebetjh fiel zuckend zu Boden. Der Boden erbebte unter den Hufen der Pferde und der Schritte von Sphinxen und Sebetjh. Die Kavallerie der Sebetjh traf auf die der Sphinxe. Und die Sorner hatten keine Chance, die Pferde waren massiger und größer. Gegen Infanterie waren die Vögel gut geeignet, aber gegen Kavallerie?
Neben ihr schlug der Bolzen eines Skorpions ein und Ascarna wendete ihr Tier. Sie sah sich um. Überall waren sterbende Männer und das Blut tränkte den Boden.
Der Feind hatte den Löwen umzingelt und er war kurz davor zusammenzubrechen. Ihre Kavallerie wurde einfach überrannt.
Ascarna atmete schwach. Ein Löwe gab niemals auf. Er kämpfte bis zum bitteren Ende. Doch wenn es hier blieben, bedeutete es die komplette Auslöschung ihres Volkes, eben diesen Volkes, das sie zu schützen verpflichtet war.
Ein Löwe gibt niemals auf! Das war eines der ersten Dinge, die ein Kind lernte, niemals aufzugeben. Und keiner ihrer Leute würde erwarten, dass sie den Rückzug antraten. Es passte einfach nicht zu ihrem Volk. Es war feige.
Gleichzeitig spürte sie die Kraft, die sie langsam aber stetig verließ.
„Wir ziehen uns zurück.“, erklärte sie mit letzter Kraft, bevor sie ohnmächtig vom Sorner glitt.