Delina konnte ihren Augen kaum trauen, Stranger schien sie ähnlich hier hergebracht zu haben wie sie es von Silas kannte. Hauptquartier war untertrieben für dieses Versteck, es schien sich um eine Art Bunker zu handeln, tief unter der Erde, direkt am Meer. Sie sah aus den dick verglasten Fenstern, Fische schwammen an ihr vorbei und das trübe Wasser tauchte den Raum in ein grünliches schimmerndes Licht. Sie folgte den anderen durch die Gänge, bis sie zu einem großen Raum kamen, die Wände waren mit Bücherregalen bedeckt und verschiedene Türen waren zwischen ihnen eingebaut. In der Mitte des Raumes standen verschiedene Sofas, Tische und eine Menge Kisten, in welchen wahrscheinlich Waffen gelagert wurden.
"Der Doktor ist da!", eine helle Stimme ließ sie herumfahren. Dr. Ash hätte sie sich als alten bärtigen Mann vorgestellt, nicht als blonde unglaublich süß aussehende Frau.
"Ash!", Caressa fiel ihr um den Hals, "Gott wie schön, dass du zurück bist!"
Finn fasste sich an die Schulter: "Oh gut, ich denke ich brauche dringend einen Arzt!"
Church warf ihm einen vielsagenden Blick zu und Arya verdrehte die Augen.
Ash lächelte Finn freundlich an: "Dann komm einmal mit und lass dich untersuchen!" Finn grinste breit: "Natürlich, alles was sie wollen Frau Doktor!"
Caressa stellte sich neben Delina: "Hast du eine Kotztüte dabei? Blondie scheint auf Blondinen zu stehen!"
Delina warf ihr einen fragenden Blick zu: "So sehr wie dich das nervt könnte man fast meinen du findest Finn garnicht so schlecht wie du sagst!"
Caressa sprang einen Schritt zurück: "Sag mal bist du verrückt? Er ist widerlich! Ich gehe einen Kakao machen, wir brauchen eindeutig eine ganze Kanne voll!"
Dann verschwand sie blitzschnell und Delina sah wieder zu den anderen, Rhondir präsentierte Deseis und Church stolz die Sammlung an Büchern und Tony klopfte an eine der Türen: "Sie sind jetzt da!"
Die Türe öffnete sich und ein unglaublich großer Mann trat heraus, er trug eine seltsame Weise Tracht, die wohl zu einem Königshaus gehörte. Seine Haut war dunkel und seine Augen funkelten in einem hellen Braun. Er hatte viele Narben und sein Mantel war auf einer Seite gekürzt, die Hälfte seines rechten Arms schien zu fehlen.
Arya gesellte sich zu Delina: "Wer ist dieser Kerl? Diese Tracht, sie gehörte zum weißen Thron von Elensar, aber es hat doch niemand von ihnen überlebt!"
Delina schauderte, er schien ein Relikt vergangener Zeit zu sein, sein Blick durchbohrte jeden von ihnen und schließlich begann er zu sprechen.
"Mein Name ist Marschall Soldar, ich war einst der Anführer der königlichen Leibwache, bis zu meiner Verbannung!", seine Stimme klang streng, tief und unglaublich stark, "Es freut mich, das ihr euren Weg zu uns gefunden habt!"
Delina sah Arya ernst an: "Der weiße Thron war doch schon immer gütig, was hat er nur getan, um von dort verbannt zu werden?"
Der Marschall warf ihr einen strengen Blick zu: "Ich kann euch hören, junge Lady! Und ja, meine Königin war gütig und mein Prinz war mein ganzer Stolz. Aber es gab einen Verräter am Hof, jemanden, der dafür gesorgt hat das was ich tat, aussah wie Kriegstreiberei. Darauf wurde ich verbannt!"
Caressa kam mit einem Tablett zurück voller Tassen und einer großen Kanne Kakao: "Was ihn aber nicht daran gehindert hat gegen die Schergen des Dunklen zu kämpfen, als der Weiße Thron gefallen ist, nicht wahr, Soldar?"
Der Marschall lächelte kurz: "Nun aber zu etwas anderen. Wo ist mein Prinz? Ich hörte er ist bei euch!"
Arya und Delina schluckten, es blieb zu hoffen, dass der Marschall nicht bemerkte das Finn nicht wirklich das war was er sich erhoffte. Im selben Moment kamen Dr. Ash und Finn wieder hinein, die Frau kicherte und Finn flüstere ihr noch etwas ins Ohr, was Caressa dazu veranlasste sich aufs Sofa plumpsen zu lassen und die Arme zu verschränken.
Church stellte sich neben Finn und rammte ihm einen Ellbogen in die Rippen: "Bitte versuch dich zu benehmen!"
Finn sah nun auch zu dem großen Marschall, seine Augen musterten den Blonden und Finn schien, wie erwartet, keine Ahnung zu haben, wer vor ihm stand.
"So blond war er aber nie, Finn war ein Knabe mit Rabenschwarzem Haar!", Soldar musterte Finn nun sehr kritisch.
"Du hattest wohl auch nicht immer eine Glatze, was?", fragte Finn frech zurück, was dem Marschall sofort ein Lächeln entlockte.
Delina atmete wieder, sie hatte vor lauter Panik Finn würde sich verraten die Luft angehalten.
Der Marschall schritt auf Finn zu und drückte ihn dann an seine Brust: "Ich wusste das der Tag kommt, an dem ich meinem Prinzen wieder dienen kann!"
Finn sah völlig verstört und verwirrt aus, traute sich aber nicht etwas gegen diese Umarmung zu unternehmen.
Nachdem Tony ihnen ihre Unterkünfte gezeigt hatte, hatten sich Finn, Church und Deseis zurückgezogen um ungestört mit Delina und Arya zu sprechen.
"Wenn dieser Marschall merkt das Finn eigentlich der Erbe des schwarzen Throns ist bin ich mir nicht sicher ob er uns noch helfen will!", warf Church gerade ein, während Deseis stumm neben Arya saß und sie immer wieder musterte.
"Aber es sollte doch in seinem Interesse sein Shanora zu retten, egal was Finn ist?", Delina sah Church und Finn fragend an.
"Andererseits sind die Wunden sicher von Finns eigentlicher Familie, wir dürfen nicht unterschätzen, wie viel Hass in ihm schlummern könnte. Er könnte Finn etwas antun wollen!", Arya sah ihre Freunde ernst an.
Finn lehnte sich zurück und musterte Arya belustigt: "Oh wie süß, dass du dich um mich sorgst! Ich geh mir noch so einen Kakao holen, ihr langweilt mich!"
Arya verzog angewidert das Gesicht: "Ja verschwinde lieber, bevor ich dir persönlich den Hals umdrehe! Wir versuchen einstweilen das Problem zu lösen, das mal wieder durch dich entstanden ist!"
Finn zeigte ihr die Zunge und verließ den Raum, Deseis strich Arya beruhigend über den Rücken: "Er ist ein Idiot!"
Delina nickte: "Aber er ist wichtig für Shanora, ich wollte ihn selbst töten, vor nicht allzulanger Zeit, aber leider geht das nicht!"
Church schien sich an dieser Art von Gespräch nicht beteiligen zu wollen, immerhin war Finn sein Freund.
Arya sah Delina ernst an: "Jetzt wo wir den Idioten los sind - wir müssen über das reden was auf dem Pass passiert ist, okay?"
Delina biss sich auf die Lippe, sie wollte nicht über ihren möglicherweise wieder auferstandenen Vater reden, nickte dann aber, es war, wie die anderen sagten, ungeheuer wichtig.
"Er sagte du bist seine Familie, es war ganz sicher Vincent!", schoss es auf Church wie aus einer Pistole.
"Aber hättet ihr ihn nicht erkannt?", Arya sah Church und Deseis fragend an.
Deseis schüttelte den Kopf: "Er war mit solcher Dunkelheit erfüllt, nichts was zu erkennen. Aber Statur und Größe passten zu ihm, wie auch die Stimme und die Art mit uns zu reden!"
Delina biss sich weiter auf die Lippe, Vincent war tot. Sie war sich sicher sie hatte gespürt, wie seine Seele noch kurz verbleiben war und dann zur anderen Seite gekehrt war. Von dort gab es keine Wiederkehr, unmöglich.
Irgendjemand wollte aber das sie glaubten Vincent wäre zurück. Aber warum.
"Kalisra!", Delina sah alle an, "Sie muss diesen Spuk herbeigerufen haben!"
Church sah vorsichtig zu ihr: "Aber warum hätte Kalisra, die Baal geschickt hat um uns zu töten, uns helfen und ihren eigenen Sklaven damit vernichten?"
Delina seufzte tief und ging zum Fenster, starrte auf die Fische die so friedlich davor hin und her schwammen: "Ich weiß nur eines, mein Vater ist tot. Er kann es nicht gewesen sein!"
Arya erhob sich leise und zog Deseis mit sich, deutete Church noch mit Delina zu reden, dann verschwanden die beiden durch die Türe und schlossen sie leise.
"Delina, du weißt das ich solche Gespräche nicht führen kann!", begann Church, "Es ist wohl meine größte Schwäche das ich nicht in der Lage bin die richtigen Worte zu finden die man sagen muss, damit es jemandem besser geht. Aber du sollst wissen, wenn ich es könnte, würde ich sie gerade sagen, sie richtigen Worte!"
Delina drehte sich um mit Tränen in den Augen, sie wirkte unglaublich aufgebracht und schien etwas zu erwarten. Aber Church blieb stumm stehen, er wusste nicht, was er ihr sagen sollte. So unsicher hatte er sich noch nie gefühlt, er wollte auf keinen Fall etwas falsch machen.
"Du bist so ein Idiot Church!", fuhr Delina ihn an, "Alles was ich seit Solon von dir hören möchte ist das ich dir auch wichtig bin. Weißt du ich bin nämlich nicht zu feig, um das zu sagen! Sassy und Silas, ich und du! So war das in Solon und wir beide wissen das, aber du bist ja lieber Finns kleiner Hund oder auf geheimer Mission um angeblich auf mich aufzupassen!"
Church starrte sie nun schockiert an, diese klaren Worte waren ihm gerade ziemlich um die Ohren geflogen.
"Ich wusste nicht, das du weißt...", begann er, dann starrte er auf den Boden, "Ich kann dir nicht sagen, das du mir wichtig bist, und mir etwas bedeutest! Das wäre eine Lüge!"
Delina stockte der Atem, ihre Augen wurden glasig und sie starrte Church völlig schockiert an. Sie konnte sich nicht getäuscht haben oder doch?
Church lächelte plötzlich: "Es ist nämlich so das ich dich liebe, schon eine ganze Zeit lang. Das ist mehr als wenn einem jemand wichtig ist oder etwas bedeutet!"
Finn schlich durch die Gänge, hoffte auf niemanden zu treffen und erreichte schließlich den großen Raum, in dem ihm der Marschall heute umarmt hatte.
Leise schloss er die Türe und ging zu der Kanne, die noch immer auf einem der Tische stand. Er schüttelte sie leicht, aber sie war leer.
Langsam stellte er sie wieder hin und sank dann auf das Sofa, vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Leer. Leer wie sein Leben.
Für die anderen war er nichts als eine Last, eine störende nervige Last. Und er war selbst Schuld daran, das mit Merlin hatte er verbockt und dadurch seine Schwester in Gefahr gebracht. Seine Hände wurden nass, das erste Mal seit vielen Jahren weinte Finn, fühlte sich alleine und verzweifelt.
Das schwarze Mal, welches sich von seinem Handgelenk bis zur Schulter ausgebreitet hatte, schmerzte und war immer schwerer zu unterdrücken. Bald wäre er was sein Erzeuger ihm vorherbestimmt hatte.
Plötzlich hörte er, wie die Türe hinter ihm geöffnet wurde und schlanke Füße hereinschlichen.
"Was willst du den hier? Wartest wohl auf Ash, aber da muss ich dich enttäuschen sie schläft schon!", er hörte, wie Caressa anscheinend eines der Bücher aus den Regalen zog.
Er wagte es nicht zu sprechen, seine Stimme würde beben, verraten das er geweint hatte und das würde ihn der Giftzwerg nie vergessen lassen.
"Kannst also hier verschwinden!", Caressas Stimme kam näher, "Irgendwo hin wo ich deinen Anblick nicht ertragen muss! Das ist mein Revier hier also zieh du Leine!"
Finn verstand, warum sie so sauer war, sie hatte ihn aus Maloris befreit, obwohl sie verletzt gewesen war. Und er hatte getan, was er am besten konnte, sie vor den Kopf zu stoßen und zu beleidigen.
"Gott ich hab ja kapiert, dass ich eine kleine rothaarige Pest bin, aber jetzt bin ich nicht einmal mehr eine Antwort wert?", Caressa schien immer wütender zu werden, "Dann sag nichts aber hau endlich ab hier!"
Finn konnte nicht sprechen, es kostete ihn alle Mühe seine Tränen zu unterdrücken, er durfte sich diese Blöße nicht geben.
Nun war ihre Stimme direkt vor ihm: "Ich hab gesagt du sollst dich verziehen! Hör auf mich zu ignorieren du blöder..."
Ihre wütende Stimme brach ab und es folgte eine eher besorgte, einfühlsame: "Weinst du etwa?"
Das hatte etwas von der kleinen Shanora, die Finn das vor all den Jahren gefragt hatte. "Männer weinen nicht, Shan!", hatte Finn ihr geantwortet, das Brach endgültig alle Dämme, Finn, der große starke Finn, weinte. Er weinte und schluchzte, bis er spürte, wie jemand die Hände aus seinem Gesicht zog, sanft aber mit Nachdruck.
"Was ist den los?", durch den Schleier aus Tränen konnte er trotzdem die Sommersprossen in Caressas Gesicht erkennen.
Aber er konnte nicht sprechen, sein Körper zitterte, ihm war so kalt, nicht äußerlich, sondern von innen.
Caressa seufzte kurz und dann setzte sie sich neben ihn nahm wieder seine Arme und schlang sie um ihre Schultern. Finn wehrte sich nicht, er ließ sich in eine Umarmung ziehen und vergrub sein Gesicht in Caressas Haaren. Dann weinte er, weinte sich an ihrer Schulter aus.
Sie strich ihm dabei beruhigend über den Rücken und sagte nichts mehr, wartete einfach, bis er sich beruhigt hatte.
Finn atmete schwer, ihm war nicht bewusst gewesen das Tränen vergießen so anstrengend sein konnte, er atmete noch einmal tief ein und aus dann öffnete er die Augen und sah an Caressas Schulter herunter, wie erwartet, ebenfalls einige Sommersprossen, aber etwas anderes erregte seine Aufmerksamkeit. An ihrem Halsansatz schien eine riesige, frisch rote Narbe zu beginnen. Langsam berührte er diese mit einem Finger und Caressas Körper versteifte sich sofort.
Finn schob sie von sich weg: "Diese Narbe ist kaum verheilt und tut weh, wenn man sie berührt! Und damit bist du aus dem Abwasserrohr gesprungen!"
Caressa zog peinlich berührt ihr Nachtkleid hinten höher, damit die Narbe verdeckt war: "Es ist nicht so schlimm, sieht nur hässlich aus!"
Finn dachte kurz nach: "Weißt du, wenn du keinem sagst, das ich hier eine kleine Träne zerdrückt habe stelle ich dir einen Heiler vor der da vielleicht noch etwas tun kann!"
Caressa schluckte: "Du meinst euren Freund Allister, oder?"
Finn sah sie ernst an, sie wich seinem Blick aus, da wurde ihm klar das auch Allister etwas zugestoßen sein musste.
"Es geht ihm doch gut, oder?", fragte er sie verzweifelt, aber Caressa schüttelte den Kopf.