"Deseis, steh auf...", Churchs Augen glühten schwarz in dem Spiel aus Licht und Schatten, das die Kerze am Bett seines Onkels. Es war ihm nicht leicht gefallen dem Schlachtfeld den Rücken zu kehren und nach Illutia zurückzukehren. Noch schwerer war es für ihn gewesen die Wachen zu töten, aber er durfte keine Zeugen zurücklassen. Er betrachtete seinen Onkel, der sich im Schlaf wand. Zumindest würde er bald Heilung für seinen erbärmlichen Zustand als Wandler erleben. Für ihn und sein dunkles Herz würde es ohnehin nichts mehr geben, er musste nun tun, was notwendig war. Seiner Bestimmung folgen, sich seiner Schuld stellen. Er war Church, der Erbe des Baal, Titan der Zerstörung und von einem Wahnsinn befallen, den nur ein Mensch je in Zaun halten konnte. Er hatte tausende Menschen in Argenshire getötet, dann war er Finns Assassine, sein Killer, seine stärkste Waffe. Er hatte Cecilia und Janina beinahe umgebracht und seinen verrückten Bruder auf Badria gehetzt und dem Dunklen erlaubt in ihre Seele zu blicken. Er hatte trotzdem von Saphira Vergebung erfahren, sie aber wegen ihrer Familienbande immer wieder belogen und hintergangen. Er hatte zugelassen das sie entführt und gefoltert wird, seinen Sohn in einer Zelle auf die Welt bringen musste. Church starrte auf die flackernde Kerze: "Saphira, verzeih mir eines Tages, wenn du kannst... Besser nicht, vergiss mich einfach, sprich mit Atep nie wieder über mich..." Damit noch nicht genug danach hatte er Sassy in ihre persönliche Hölle geschickt und ein neuer Mensch war in sein Leben getreten. Ihre süßen violetten Augen und das dunkle Haar, ganz anders als Saphira, so unschuldig und rein und doch so unglaublich stark. "Delina...", flüsterte Church, eine Träne bahnte sich ihren Weg über seine Wange. Er hatte anfangs gedacht sie wäre generell schüchtern, sie war immer rot geworden wenn er sie angesehen hatte. Und hatte gestottert oder irgendetwas Peinliches gemacht. Ihre lächerliche Tarnung am Anfang, dann der Moment wo sie enthüllt hatte wer sie war. Das kleine Mädchen das er auf seinen Armen aus der brennenden Stadt Osilia getragen hatte. Sie war so eine unglaubliche junge Frau geworden. Church hätte im Traum nicht damit gerechnet das sie sich in ihn verlieben würde. Er hatte es lange nicht gemerkt und es lange auch nicht wahrhaben wollen. Schließlich hatte sie ihm in die Hand gebissen, als er versucht hatte sie zu retten, weil sie nicht gewollt hatte das man jemanden opferte, der ein gutes Herz hatte. Sie war immer ihr eigener Herr gewesen, so willensstark und hatte sich immer für Gerechtigkeit eingesetzt. Statt von Rache zerfressen zu sein hatte sie geholfen statt zerstört. Auch wenn sie sich immer für eine der Abtrünnigen gehalten hatte, so war sie doch das genaue Gegenteil von Church. Er brachte der Welt Unheil, leid und Zerstörung... Sie brachte der Welt Hoffnung und das hatte auch Finn gewusst. Genau wie Arya, die Deseis Herz damals berührt hatte und ihn für immer zu einem heimlichen Romantiker gemacht hatte. Arya und Delina würden seinen Platz einnehmen, als Wächter von Shanora. Und sie würden einen besseren Job machen als er. Wer hätte je gedacht das die junge Generation die ältere so schnell übertreffen würde. Vor allem Delina. Aber so war es gekommen, er war ihr so Nahe gewesen und doch durfte sie nicht zu viel über ihn wissen. Er war immer noch dasselbe verkommene Wesen, genau wie sein Onkel. Beide vom selben Schlag, dazu verdammt ihrer Dunkelheit zu dienen. Aber diesmal war es ihre Entscheidung. Church wischte sich die Träne von der Wange und schüttelte Deseis an der Schulter: "Wach auf, Onkel, ich habe keine Zeit um dir beim Schlafen zuzusehen!"
Deseis wälzte sich noch einmal und grummelte dann, er war schon immer schwer zu wecken gewesen, das hatte Arya oft genug beanstandet. Deseis versuchte seinen Neffen anzublicken, aber die plötzliche Helligkeit durch die Kerze ließ ihn die Augen zusammenkneifen: "Ist mit Arya etwas passiert?" Church zuckte mit den Schultern: "Es ist soweit, der Rabe ist gelandet!" Deseis Miene versteinerte sofort und er richtete sich auf: "Ich dachte nicht das dieser Tag so schnell kommt! Hast du das Protokoll befolgt?" Church nickte, auch seine Miene war eisern, keine Emotion war in ihr zu erkennen: "Es ist alles vorbereitet. Komm, wir müssen den anderen treffen!" Deseis sah Church fragend an: "Warum wird aus seiner Identität so ein Geheimnis gemacht? Was soll das bringen?" Church winkte ab: "Der Meister hatte bis jetzt für alles einen Plan. Wirst du Arya eine Nachricht hinterlassen?" Deseis schüttelte den Kopf: "Was wir jetzt machen ist unverzeihlich, Church!" Dieser nickte: "Das Risiko kannten wir beide von Anfang an..."
Kalisra ließ den Stab der Engel zu Boden fallen, ihre linke Hand, mit welcher sie ihn gefangen hatte, brannte in glühend weißen Flammen. "Das wird deinen Körper wieder unbrauchbar machen, Hexe!", fluchte Arya und schnellte zu Delina um sie mit sich zu ziehen. Silas kam ihr zu Hilfe und stützte Delina, sie schien ihnen dringend etwas sagen zu wollen, aber es kam nur seltsames Gemurmel aus ihrem Mund. Das weiße Feuer breitete sich inzwischen auf Kalisras Unterarm auf, sie schrie verschiedene Zauber heraus, um es zu löschen, aber es hörte nicht auf. "Die Flammen werden ihren ganzen Körper einnehmen und sie verbrennen. Damit ist Kalisra ausschalten und auch Merlin, soweit ich das im Wald richtig gedeutet habe hat Delina es geschafft sie zu besiegen!", Arya sah ernst zu Silas, "Wenn meine Theorie stimmt dann verschwinden mit ihr auch alle Untoten, die sie beschworen hat und der Zauber, der auf ihren Soldaten liegt wird gebrochen!" Silas sah sie überrascht an: "Das ist brillant, Arya!" Arya zog eine Braue hoch, hatte Silas etwa etwas anderes erwartet? Er schien ihren Blick zu bemerken und kratzte sich mit seiner freien Hand verlegen am Kopf.
"Also dafür das du blond bist, es heißt ja Frauen mit dieser Haarfarbe sind extrem dumm!", Silas grinste sie frech an, hätte er nicht Delina gestützt hätte Arya ihm einen ordentlichen Kinnhacken verpasst. "Stell dich nicht so jämmerlich an, du willst die große Hexe der Guren sein?", Arya und Silas erstarrten als sie die Stimme erkannten. "Oh nein!", entfuhr es Arya, es war Merlin, sie hackte Kalisra den Arm ab, mit einem der umliegenden Schwerter. Genau über der brennenden Stelle, sodass der Fluch des Stabes gebrochen war. "Das kann nicht sein, wie kann sie noch leben?", Silas starrte schockiert auf den besiegt geglaubten Feind. Arya kniff die Augen zusammen, Merlin war zwar da, aber sie lebte nicht wirklich. Das musste es sein sie sah Silas ernst an: "Kalisra hat sie zurückgeholt! Wenn wir Kalisra töten dann wird auch Merlin verschwinden. Kalisra ist der Schlüssel, fällt sie fallen alle!" Silas fixierte Kalisra, sie hielt sich den blutenden Stumpf der von ihrem Arm geblieben war und wirkte von Schmerzen geplagt. "Das wirst du büßen, Arya Ronalien!", schrie Kalisra ihrer erklärten Erzfeindin entgegen, dann begann sie laut zu lachen und zu kichern.
"Ist sie jetzt völlig übergeschnappt?", wollte Silas wissen, Arya konnte aber sehen wie angespannt er war, wie auch sie. Schließlich hätte es Kalisra gerade beinahe erwischt, sie sollte nicht wie eine verrückte dastehen und vor sich hin lachen. Um Kalisra gefror der Boden, ihre Augen wurden unheilig dunkelblau und glühten unheimlich, der Körper von Baal erhob sich wieder, dazu kamen die Körper von Chrunch, dem irren Dämonenkönig und selbst der von Suma. "Wir haben ein Problem!", stellte Silas fest und sah Arya fragend an. "Bring Delina hier weg!", Arya stellte sich vor die drei Supersoldaten, die sich schon in Angriffsstellung befanden. "Arya die drei wirst du auf keinen Fall...", begann Silas, doch Arya unterbrach ihn mit Worten die keine Widerrede duldeten. "Ich habe einen Plan, Silas! Verschwinde hier bis sie erledigt sind!", Arya streckte die Hand aus und ihr goldenes Schwert erschien. Silas seufze tief: "Verdammter Mist, ich werde sie schnell in Sicherheit bringen und unseren Leuten sagen, dass wir uns zurückziehen müssen!"Delina sah in den Nachthimmel, der letzte Funke des Abendrots war verschwunden aber es war noch kein Stern zu sehen, völlige Finsternis. Arya hier zu lassen würde sie sich nie verzeihen, es war Zeit die Paralyse endlich zu brechen. Sie konzentrierte sich auf ihr inneres, auf all die Wut, die sich über die Jahre angestaut hatte. Ihre Wut auf Leute wie Kalisra, die ihre Kräfte missbrauchten um Unheil anzurichten. Ihre Wut auf Verräter wie Merlin, die Finn dazu zwangen furchtbare Entscheidungen zu treffen.
"Ich habe einen letzten Wunsch für dich, Delina!", hörte sie Finns Stimme im Wind, "Du warst immer schon großartig, du musst aufhören zu Zweifeln. Entscheide dich nicht für ein Erbe, nimm sie alle! Beschütze Shanora!"
Delina riss die Augen auf, ihr ganzer Körper begann zu kribbeln, sie konnte sich wieder bewegen. "Sassy soll Shanora hier wegbringen. Weit weg, hörst du?", Delina löste sich von Silas, "An einen Ort wo nur ich sie finden kann!" Silas sah Delina überrascht an: "Was meinst du damit?"Delina warf Silas einen bittenden Blick zu: "Damals als niemand verstand was du im Sinn hattest stand ich ohne zu überlegen auf deiner Seite. Jetzt musst du dasselbe für mich tun!" Silas war zwar verwirrt, aber er nickte: "Ich werde es tun und den Jägern sagen sie sollen sich zurückziehen." Celles trat aus ihren Reihen hervor: "Wir haben drei Gegner, oder? Ich kämpfe mit euch!"Arya musterte Delina kritisch: "Delina, bist du sicher, dass du dich einem solchen Kampf gewachsen fühlst? Du müsstest Chrunch übernehmen, er hat dieselben Fähigkeiten wie Church, schließlich ist er sein Zwillingsbruder. Celles kann gegen die beiden anderen nicht so viel ausrichten, aber sie kann Suma beschäftigen bis ich es geschafft habe Baal zu erledigen!"
Delina nickte: "Ich fühle mich mächtiger als je zuvor, keine Sorge ich werde es leicht schaffen!"
Arya nickte: "Gut, dann lass uns diese Zombies die den Weg zu Kalisra versperren aus dem Weg räumen!" Delina lächelte, sie konnte es kaum erwarten zu tun was Finn ihr geraten hatte. "Keine Angst mein Freund...", Delina dachte an Finn, "Ich werde deine Arbeit zu Ende führen... Es tut mir leid, dass ich an dir gezweifelt haben!" Sie stürmte los und um sie herum begann die Luft zu knistern: "Ich sorge erst einmal für ein wenig Platz oder was sagst du, Chrunch?"
Delina stieß sich vom Boden ab, weiße Blitze umgaben ihren ganzen Körper. Sie ballte ihre linke Hand zu einer Faust und schlug damit direkt in Chrunchs Bauch. Er wurde durch die Reihen aus Soldaten geschleudert, zurück bis an die Grenze des verfluchten Schlachtfelds, auf dem einst gegen den Dunklen gekämpft wurde. "Sag mal spinnst du Delina? Du darfst ihn nicht anfassen, sein ganzer Körper produziert doch dieses Gift!", brüllte Celles schockiert.
Delina blieb mit dem Rücken zu den anderen gedreht stehen: "Ich bin nicht alleine und ich weiß verdammt genau was ich tue, Celles. Also hör auf mir zu widersprechen!" Sie hielt ihren rechten Arm hoch und zeigte Celles somit, das das Gift sie nicht erreichen konnte. Ihre Faust war in eine Schicht unzerstörbares Eis gehüllt. "Saphira...", entfuhr es Celles, warum hatte ihre Schwester ihrer früheren Feindin so viel ihrer Macht geschenkt. Delina drehte ihren Kopf zu Celles, ihre Augen hatten sich verändert. Eines strahlte nach wie vor violett, das andere aber war eisblau. "Keine Sorge, ich weiß genau was ich tue!", Delina ließ das schwarz vor Gift werdende Eis zerspringen und eilte dann durch die feindlichen Reihen um sich um den untoten Dämonenkönig zu kümmern. Arya schmunzelte, das Saphira Delina in einer Stunde größter Not helfen würde hätte auch sie nicht gedacht. Was Delina tat war schlau, desto näher sie ihren Kampf an Osilia brachte, desto stärker würde sie werden. Arya ließ die Fingerknöchel knacksen und wendete sich Baal zu: "Na, wollen wir das nächste Tänzchen wagen, Meister?"