Durch Stollen des weitläufigen Höhlensystems bahnte sich der Klang der wütend tosenden See. Gepaart mit dem penetrant gleich bleibenden Geräusch herabtropfenden Wassers, dem Schluchzen wie Weinen harrender, bot sich im flackernden Schein dutzender Fackeln ein niedergeschlagener Anblick.
Sogar das ansonsten blökende Vieh wie auch das stete Geschnatter der Hühner schien den Atem anzuhalten. Egal wohin die Füße ihn trugen und er sich umsah, nirgends lachte einem die Zuversicht ins Gesicht, noch erscholl Spott gar Hohn. Niemand der untereinander vermischten Sippen ging sich an. Weder mit spitzer Zunge noch durch Handgemenge.
Seine Augen suchten in derer Anderen etwas, dass es in ihrer Zuflucht nirgendwo zu finden gab. Sein Volk hegte große Hoffnungen in seinem Tun und Vorhaben, die Inseln zu einen. Alle wären sie eins und sollten ihr Haupt nicht mehr vor dem Stärkeren neigen, sondern einzig und allein vor ihm. Sein gesamtes Leben hatte er auf dieses eine hehre Ziel ausgerichtet. Musste Annehmlichkeiten entsagen, sich als Anführer stetig aufs neue Beweisen und leugnete bisweilen noch immer seine Liebschaft zur Tochter der Seewacht. Er war nicht einmal ein Jarl.
Er stieß wie zu erwarten als einer der Letzten zu den Vertriebenen ins verborgene Stollennetzwerk. Fernab der Massen lockte er mit seinen Mannen einen guten Teil der Häscher in entlegene Bereiche der Mittelinsel, wo der tiefe Grund einem Schwamm glich. Wie eine gewaltige Wabe war das Umland unterhöhlt. Anfänglich, als die ersten Siedler diese Insel für sich beanspruchten, boten diese weitläufigen Grotten ihnen ein schützendes Heim. Jetzt hingegen sollten gleiche der Invasoren ein nasses Grab werden.
Den hochgewachsenen, breitschultrigen Mann mit seinem rotblonden Haar kannte ein jeder. Sein unwiederbringliches Merkmal demgegenüber war nicht sein Körperwuchs, wenngleich dieser Hüne viele um Haupteslänge überragte und über ausgeprägte Muskulatur verfügte. Es war weitaus banaler und er witzelte selbst darüber.
Dessen, für einen Seemannen durchaus gepflegter, Bart wuchs ihm nicht länger als seine Hand breit. Zudem hielt er sein Kinn stets sauber rasiert. Ebenso waren ihm die Augenbrauen unterteilt.
»Wäre der Winterwolf nur ein wenig schneller gewesen als ich schaffte mir den Kupferbolzen abzuklemmen, hätte er mich gehabt«, hatte er unlauter gelacht. Zweifelsfrei schmückte er seine Geschichte etwas auf, gemeinhin jedoch stimmte sie. »Mit runtergelassener Hose und wedelndem Fahnenmasten stand mir das Vieh gegenüber. Ich war mir unschlüssig, ob ich mir mit seinem Fell den Arsch abwischen sollte oder ihn als Andenken um den Hals zu wickeln. Nunja ...« zumeist grölten die Anwesenden an den Feuern an dieser Stelle bereits. Theatralisch drehte er ihnen dann oftmals den Rücken zu und hob den Pelz des Winterwolfes in die Höhe, um sein Gemächt zu zeigen. »Ich entschloss mich für die zweite Variante. Den Arsch hingegen hab ich mir mit seiner Zunge abgewischt. So durfte er mir diesen im wahrsten Sinne des Wortes ... lecken!«
Als Beweis, für den Kampf trug er das Tier nicht nur als silbrig grauen Umhang, drei parallel verlaufende Narben zeichneten sein Gesicht.
Dieser Mann ersann sich seiner Stellung nicht nur auf den Inseln. Er vollbrachte es bereits vor vielen Jahren, das erst das gemeine Volk ihn achtete, danach die einfachen Jarls. Später folgten die Namhaften, bis er vor dem Rat geladen wurde.
Olofson genoss bei den Jarls einen unerbittlichen gesellschaftlichen Stand und der Ruf wurde laut, es dem Festländern gleichzutun. Dieser Mann, der aus einem unbekannten Jungen hervorging, der kam und ging, wie es ihm beliebte, sollte ihr Großjarl werden - ihr König.
Die Seemannen gingen in seinem Namen und unter seinem Banner sogar noch weiter. Sie wollten sich als freies Königtum der ›Siebenkönigsgrenze‹ anschließen. Sie erdachten, dass achte Königreich zu bilden.
Jegliche Vorbereitungen waren abgeschlossen, sogar der letzte zu setzende Stein der Königsfeste war an seinem Platz der Bestimmung. Der Adel Memnachs und Holmfirths haben im Tausch von Eisen und geschmiedeten Gut Entsatz von ausgebildeten Soldaten zugestimmt. Diese Männer sollten einstweilen als Bindeglied militärischen Zusammenhalts dienen und das raubeinige Volk an die Sitten und Gebräuche landeinwärts agierender heranführen. Ordnung und Disziplin galten bei den Truppen an Land als unumgänglich.
Doch anstatt der erwarteten Männer Agreas kamen andere.