All die Zeit sehnte sie sich so sehr danach, doch jetzt als es zum Greifen nah war, zögerte sie. Sie war sich nicht sicher, spürte diese Ungewissheit. Diesmal, sagte sie sich immer wieder. Diesmal möchte ich alles richtig machen. Sie vertraute nicht auf Gott und schon gar nicht auf Wunder. Sie wusste, wie erzwungen es werden kann, hoffte deswegen trotzdem auf die Kraft des Schicksals. Diesmal, sagte sie sich immer wieder. Diesmal würde alles anders werden.
Diesmal würde es wie bei allen ihren Freundinnen werden. Sie beobachtet sie immer, verhalten sich wie beste Freunde, wie Bruder und Schwester, und doch sind sie viel mehr. Wie ausgeglichen sie mit einander umgehen. Amüsiert, neckisch und doch zart. Eine Beziehung auf unvorstellbarer Ebene. Das ist das was sie möchte. Einen besten Freund, einen Bruder, einen jemand. Ein jemand der für sie da ist, wenn sie ihn braucht. Ein jemand, der sie liebt. All die Zeit sehnte sie sich danach, doch jetzt wo es zum Greifen nahe ist, zögert sie…
Also traf sie sich mit ihm, lernte ihn kennen. Er war nett, lustig - sie verstanden sich gut. Viel geredet und gelacht, sie fühlte sich wohl bei ihm. Es wurde später und sie genossen die Nähe zueinander. Sie spürte seine Wärme, wollte diese nie wieder verlieren. Sie spürte die Wärme in sich, ihr war sofort kalt wenn er weg ging.
Und trotz der perfekten Umstände, musste sie unterm Sternenhimmel nachdenken. Sie musste nachdenken ob sie das Richtige tat, ob er der Richtige war. Sie wollte nicht darüber nachdenken, nicht heute, nicht jetzt. Und doch riss es sie immer wieder in ihre Gedanken zurück.
Sie wollte es genießen, diesen einen Abend, diese eine Nacht. Vielleicht tat sie das Falsche, doch sie liebte das Gefühl, dass er ihr gab. Die Aufmerksamkeit die er ihr schenkte, die Zeit die er sich nahm. Doch genau das war es was sie nachdenken ließ. War es nur das Gefühl, die Aufmerksamkeit? Oder war es mehr, was sie an ihm liebte? Und plötzlich tat er es. Sie hatte den ganzen Abend darauf gewartet, am Ende fast sehnsüchtig darauf gewartet.
Er küsste sie. Zaghaft und liebevoll. Sie müsste lächeln, genoss es in vollen Zügen. Er verschlang sie nicht, stürzte nicht über sie her. Er küsst sie leicht und behutsam - kurz. Ab diesem Zeitpunkt war alles anders. Er legte seinen Arm um sie und sie schmiegte sich an ihn. Mit ihrer Hand auf seiner Brust konnte sie sein Herz laut schlagen fühlen. Sie spürte seine Wärme, und er küsste sie leicht auf die Stirn.
So lagen sie nun da. Die restliche Nacht, ohne viel zu sagen schaute er in den Sternenhimmel und sie lag mit geschlossenen Augen in seinem Arm.
Und dann war es zu Ende. Die Nacht war vorbei, sie stieg mit seinem Pulli ins Auto, und fuhr nach Hause. So lag sie nun alleine in ihrem Bett, dachte über die vergangene Nacht nach und stellte sich immer wieder die Frage ob sie das Richtige tat. All die Zeit sehnte sie sich so sehr danach, doch jetzt als es zum Greifen nah war, zögerte sie
Am Tag darauf fragte er sie gleich nach dem zweiten Treffen. Gut, dachte sie sich. Sie wollte ihn noch besser kennenlernen und endlich erfahren ob das Richtige tat oder bald jemanden das Herz brechen würde. Er mochte sie, daran hatte sie keine Zweifel. Wie er sie ansah, wie er ihr von allem erzählte, wie er sich Mühe gab sie zu beeindrucken. Sie fühlte sich geschmeichelt, mehr als das sogar. Doch sie wollte diese "Entscheidung" nicht unüberlegt wagen, diesmal musste sie wirklich sicher sein.
Und so kam der nächste Tag. Er war auf einer Feier. Zufällig die selbe wo ihre Freundinnen auch waren. Sie kannten sich nicht, es gab nur eine Freundin beider die ihren Freundinnen zu verstehen gab was zwischen ihm und ihr lief. Und so wussten bereits wieder mehr Leute davon, ungewollt. Sie schämte sich nicht dafür, in keinstem Falle. Sie war sogar ein bisschen stolz, das alle so offen damit umgingen und keiner Zweifel an dem Ganzen hatte. Keiner außer sie selbst...
Sie wusste nicht, ob sie es gut oder schlecht finden sollte. Immerhin konnte sie im Leben nicht mithalten mit ihren Freundinnen. So war sie einfach nicht. Es ging ihr nicht um ihm, es ging ihr um die Anderen. Es ging ihr um sich selbst. Würde sie sich dort wohlfühlen? Sie wusste, sie sah nicht so aus wie die anderen. Meist ist ihr das egal, denn sie mag sich wie sie ist.
Sie verglich sich nicht gerne mit anderen, doch bei solchen Feiern wird man eben verglichen.
Doch egal, sie darf nicht so viel darüber nachdenken. Sie muss sich von ihren Gefühlen treiben lassen. Alles was ihr wichtig sein sollte, sollte er sein.
Sie muss aufhören damit, ihre Gedanken endlich ruhen lassen, und sich auf das wichtigste konzentrieren. Ihre Gefühle. Sie wird das machen, was ihr Herz ihr sagt. Sie vertraut darauf, hofft, dass es ihr den richtigen Weg wiesen wird.