Mein Herz klopfte mir bis zum Hals als ich die Treppen in der Kapelle des hoffnungsvollen Lichts zum Sanktum des Lichts, einer Operationsbasis aller Paladine von ganz Azeroth, hinunterstieg.
Der Gegenstand in meiner Hand fühlte sich so fremd an, als würden die Geister seiner Vorbesitzer darin spuken.
Der Aschenbringer nannte man dieses Schwert, ein Zweihänder, von Lichtmagie erfüllt.
Hochlord Alexandros Morgraine war Besitzer und Namensgeber für diesen Gegenstand gewesen.
Magni Bronzebart hatte ihm das Schwert gefertigt, der König der Zwerge. Aschenbringer hätte man beide genannt, Morgraine und das Schwert. Morgraines Kampfstil auf dem Schlachtfeld gegen die Geißel war legendär gewesen. Er brachte seine Gegner so schnell zu Fall, dass er von fallender Asche umgeben war.
Trotz seiner Stärke wurde auch er Opfer des Fluches der Geisel. Sein Sohn, Darion, spukt noch heute als einer der Todesritter durch Dalaran.
Der nächste Besitzer war mein Mentor gewesen, Tirion Fordring. Beim Gedanken an ihn stiegen mir die Tränen in die Augen, dazu das widerliche Geräusch meiner S
schweren Stiefel, die bei jeden Schritt leicht am Stein hafteten durch das klebrige Sektret welches aus den zahlreichen Dämonen gekommen war. Die Blicke aller, sie beobachteten mich, ja sie belauerten mich fast, fassungslos, entrüstet, enttäuscht, erstaunt und verwundert zugleich.
Ja, Paladine von Azeroth, ich, Lucia Morgenrot, habe den Aschenbringer zurückgebracht.
Schnell ging ich an den Tischen der Offiziere vorbei, weiter den Gang entlang bis zum Altar wo ich das Schwert ablegte.
Einen letzten Blick warf ich auf die Klinge, eine Träne kullerte über meine blasse Wange.
Ein Tuscheln und Raunen ging durch den Raum, Finger richteten sich auf mich.
Mich wollte einfach nur noch hier weg, mich der Situation entziehen.
Ja, Paladine von Azeroth, mir gelang es nicht Tirion, den Hochlord, zu retten!
Mam liebsten hätte ich diesen Satz laut durch das Sanktum geschrien.
Ich wendete mich ab von Altar, ab von Tirions Schwert und begann schnellen Schrittes den Rückzug anzutreten.
„Lucia?“, ich hielt inne und schloss die Augen, wollte verhindern das weitere Tränen über mein Gesicht flossen.
Langsam drehte ich mich zu Liadrin um, einer Blutelfe, einer Anführerin.
“Das ist alles was ich retten konnte.“, sprach ich es nun aus und deutete auf das Schwert.
Liadrin nickte: „Ich dachte bereits, ich könnte spüren das er...“
Sie schien es nicht aussprechen zu wollen, niemand schien das.
„Der Hochlord mag tot sein!“, Arator, den sie auch den Erlöser nannten, trat zum Altar und nahm den Aschenbringer, „Aber sein Vermächtnis lebt!“
Wie immer die richtigen Worte vom Wunderkind unter den Paladinen, aber was würde man auch anderes erwarten von solch berühmten Eltern.
„Lucia, wo wollt ihr hin?“, Arator hatte meinen erneuten Versuch mich zu entfernen bemerkt.
Ich verharrte und warf ihm einen flehenden Blick zu: „Das Dämonenblut loswerden!“
Arator nickte verständnisvoll: „Natürlich, aber vergesst euer Schwert nicht!“
Ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen als er mir den Aschenbringer entgegen streckte.
“Nein!“, entfuhr es mir hastig, „Ich kann das nicht! Nehmt es, Arator, wer wenn nicht ihr sollte ein so mächtiges Schwert führen?“
Arator aber schüttelte den Kopf und streckte mir die mächtige Waffe noch entschlossener entgegen.
“Lucia, ich weiß das es eine Bürde ist, dieses Schwert zu tragen, aber ihr würdet Azeroths Streitkräften Hoffnung geben im Kampf gegen die brennende Legion!“, Liadrin sah mich ernst an.
Ich konnte nicht mehr, ich musste hier raus. Schnell rannte ich vorbei an den anderen Paladinen mit ihren Erwartunghaltungen und Vorstellungen bis zu dem Portal, das unser Sanktum mit Dalaran, der Stadt der Kirin Tor verband.
Ich machte einen Hechtsprung hindurch in den kleinen Garten vor dem Gasthaus, verlor das Gleichgewicht und raste auf den Zierbrunnen zu.
Ich würde hineinfallen, ja, genau das würde als krönender Abschluss dieser furchtbaren Woche passieren.
Aber jemand packte mich am Arm, bewahrte mich vor dem öffentlichen Bad.
„Was haben wir den da?“, die unheimliche Stimme des Todesritters jagte mir einen Schauer über den Rücken. Warum er? Warum beim Sonnenbrunnen genau er?
Schnell streifte ich seinen Arm ab und lächelte übertrieben freundlich: „Wenn das nicht der Abschaum den Arthas uns hinterlassen hat ist! Der kleine Morgraine!“
Die kalten Augen des Todesritters schienen mich zu durchbohren: „Beim nächsten Mal werde ich euch mit Freuden in den Brunnen fallen lassen, Paladin!“
Ich funkelte ihn grimmig an: „Nicht zu fassen das sie eure verwesende, verpestete Sippe hier dulden. Jaina tat gut daran diesen Ort zu verlassen bevor sie mitansehen musste was...“
„Morgraine, Lucia!“, die aufgeregte Stimme des Erzmagiers, Khadgar, unterbrach unsere nette kleine Unterhaltung.
Morgraine nahm sofort Haltung an und musterte den Erzmagier kritisch, auch ich sah deutlich die Sorgenfalte auf seiner Stirn, die immer wenn es unangenehme Nachrichten gab noch ausgeprägter war.
“In Aszuna, das Verlies, es gab einen Einbruch! Ich brauche fähige Träger von mächtigen Waffen, jetzt!“, Khadgar schien wirklich in Eile zu sein und ich fragte mich was genau passiert war.
Morgraine schien sich sofort auszukennen: „Gut, auf Krasus Landeplatz in 5 Minuten! Geht wieder spielen, kleiner Paladin, mein Chanpion erledigt das!“
Hatte mich diese widerlicher Kreatur gerade ernsthaft klein genannt? Als wäre ich einer dieser Zwergenweiber, plumb um dicklich, oder schlimmer, eine Gnomin mit überdimensionalem Kopf. Ich bin verdammt noch mal eine Blutelfe, stolze Überlebende aus Silbermond und...
“Lady Lucia, ihr seit doch die neue Trägerin des Aschenbringers, oder?“, Khadgar holte mich aus meinen Gedanken.
Morgrain musterte mich sofort verwundert, ja damit hätte dieser Todesritter nicht gerechnet.
„Ja!“, antwortete ich ein wenig zu laut, „Ich werde auch in fünf Minuten am Landeplatz sein um euch zu unterstützen, Erzmagier!“