Stille. Dunkelheit. Ich renne über die verlassene Straße. Vereinzelte Lichter beleuchten den Asphalt. Während des Laufens schaue ich immer wieder zurück und zucke bei jedem Schatten zusammen. Meine Schuhe lösen sich auf, doch mittlerweile sind meine Füße zu taub, um das noch zu spüren. Ich friere, doch die Schmerzen helfen mir dabei, immer weiter zu laufen. Nicht stehen zu bleiben. Wie damals. Ich bin gelaufen. Das Pfeifen überall. Der Staub. Überall nichts als Schutt und Asche. Hinter mir ihre Schreie. Das letzte was ich von ihnen jemals gesehen habe. Ich wäre stehen geblieben, wäre zu ihnen gelaufen. Doch es war ihr letzter Wunsch. Ich sollte rennen. Ich sollte leben. Ich habe sie alle dort liegen gelassen. Habe das Zischen gehört, habe nach hinten gesehen. Habe gesehen, wie die Bomben ihr Körper zerrissen haben. Wie sich das Blut verteilt hat, wie die einzelnen Teile durch die Luft geflogen sind, mich getroffen haben. Ich bin stehen geblieben. Habe auf den Berg voll Schutt und Asche und Staub geschaut. Alle haben geschrien, doch ich habe es nicht wahrgenommen. Ich wollte rennen, wollte zu ihnen. Doch ich konnte nicht und es war nichts mehr da, wohin ich hätte rennen können. Tränen vermischen sich mit Blut und Staub. Alles war weg. Nichts war übrig. Überall die Explosionen und Schüsse. Wie der Bass bei einem Lied. Ihre Schreie waren der Gesang. Das Lied des Todes. Überall die Menschen, die versuchten zu fliehen. Doch es gab nichts, wohin man fliehen könnte. Sie waren überall. Ihr Lied war noch lange nicht vorbei.
Ich blicke nach hinten. Pfeifen, dann ein Knall. Bunte Lichter. Ich werfe mich auf dem Boden und bleibe mit dem Gesicht auf der Straße liegen. Noch ein Knall. Und noch eines. Sie spielen es wieder. Sie spielen es immer wieder. Bis alles tot ist. Das Lied des Todes.
Ich versuche mir meine Ohren zuzuhalten, doch das Lied dringt trotzdem durch meine Augen. Sie sind überall. Ich höre meine Stimme, wie sie schreit, mitsingt. Ich sehe sie, wie sie in das Lied einstimmen. Die schrillen Schreie des Todes.
Überall Staub und Nebel. Das Lied wird leiser. Ich springe auf und laufe weiter. Wohin? Keine Ahnung. Weg. Ich kann es nicht länger ertragen.
Plötzlich vor mir Menschen. Feuer in ihrer Hand. Sie berühren Dinge auf dem Boden und das Lied geht weiter, doch lauter und bedrohlicher als sonst. Über meinem Kopf explodiert das Licht. Das ist das Ende. Hoffentlich auch das Ende vom Lied des Todes.
»Frohes Neues Jahr.«