Anmerkung: Diese Geschichte beruht auf der Geschichte »Perspektivische Verzerrungen« von Marc-Uwe Kling. Hier lässt sie sich hören: https://youtu.be/HACCirGwSW8 (Habe leider keine Version ohne Gelächter gefunden). Man muss die Geschichte nicht kennen, um meine Geschichte zu verstehen, doch vielleicht lassen sich so manche Witze und Anspielungen besser verstehen. Nun aber viel Spaß beim Lesen.
Ich stecke im Beutel eines Kängurus. Ganz genau. Im Beutel eines Kängurus. Nun, wie ich hier reinkam? Das ist eine ziemlich lange Geschichte und wie bereits erwähnt stecke ich im Bauch eines Kängurus. Zum Glück bewohnt gerade kein Kängurubaby den Beutel. Das würde mir noch fehlen. Mir den Beutel mit einem unterentwickelten Baby teilen zu müssen. Wenn ich einen Kopf hätte, würde ich ihn schütteln. Doch ich habe keinen Kopf den ich schütteln könnte und wenn ich einen Kopf zum schütteln hätte, wäre es hier drin viel zu eng, um seinen Kopf schütteln zu können. Wart ihr jemals in einem Beutel einen Kängurus? Es ist so eng, da passt nicht einmal ein Kopf rein. Außer es ist der Kopf eines winzigen Babys. Oder der Kopf einer Zigarette. Man ich hasse Zigaretten. Bei meinem »Beruf« ist eine Abneigung gegen Zigaretten nicht von Vorteil. Aber ihr würdet auch Zigaretten hassen, wenn jeder die Zigarette in den Mund nimmt und sie dann gegen euch schlägt. Oder euch die glühenden Stummel auf die Haut pressen würde. Wenn euch jeder die ganze Asche in den Mund stopfen würde.
Man ich hasse diesen Job. Aber glaubt mir, wenn ihr das jeden Tag erleben würdet, ihr würdet noch viel mehr hassen. Nicht nur die Zigaretten und den Job, sondern alles. Wirklich alles. Ihr müsst mir glauben. Ist einfach so.
Ich würde so gerne die Zigaretten nehmen und sie auf deren Haut ausdrücken. Die Asche bis in ihre verrauchte Lunge pressen...war nur ein Scherz. Würde ich natürlich niemals machen. So gemein bin ich wirklich nicht. Ich stelle es mir nur manchmal in meinen Träumen vor. Ja. Auch Aschenbecher haben Gefühle. Was denkt ihr denn? - Wieso sollte Marc-Uwe Kling sonst auf Idee kommen, eine Geschichte aus der Sicht eines Aschenbechers schreiben zu wollen? Auch wenn nun jemand anderes meine Geschichte niederschreibt. Schließlich kann ich selbst nicht schreiben. Doch eine Geschichte bleibt eine Geschichte. Ist doch egal, wer sie schreibt, schließlich erzähle ich sie. Wie soll es auch funktionieren, hier in der Enge des Kängurubeutels und ohne Arme. Aber ihr fragt euch sicher, warum ich diese Geschichte dann erzählen kann, wenn ich in einem Kängurubeutel stecke und...ich schweife ab. Aber was soll ich sonst machen? Hier gibt es ja nichts zu tun.
Was ich jedenfalls noch erzählen – oder aufschreiben lassen – wollte, womit wir wieder beim Thema sind: Denn genauso wenig, wie ich die Asche in die Lunge der Raucher stopfen kann oder die Zigarette auf ihrer Haut ausdrücken, kann ich schreiben. Doch ich kann Träumen. Und Träume können deutlich besser sein, als die Realität. Viel bunter.
Schließlich sitzt ich noch immer in diesem dunklen Beutel des Kängurus. Oder liege. Wie auch immer. Um genau zu sein, werde ich herum geschüttelt, denn das Känguru hüpft durch die Gegend. Ist ein bisschen komplizierter. Irgendwann muss das Känguru wohl aufgestanden sein. Aber was nützt es mir das zu wissen? Denn ich bin noch immer in dem Beutel gefangen. Wie halten Kängurubabys das aus? Ich bin schon vieles gewöhnt, aber das hier? Es ist selbst mir zu heiß. Zu heiß! Einem Aschenbecher! Hahaha. Ich würde dafür sterben, um sehen zu können, wie ihr euch totlacht. Gibt schlimmere Gründe zu sterben. Zum Beispiel in einem Kängurubeutel zu stecken, in dem einem die Hitze zu Kopf steigt. Hahaha. Jetzt aber wirklich. Zu Kopf steigt. Die Hitze. Einem Aschenbecher! Ihr müsst schon zugeben, dass es lustig ist.
Ich würde mich ja totlachen, besser als vor Hitze in einem Kängurubeutel zu sterben. Doch habt ihr jemals einen lachenden einen Aschenbeutel im Kängurubecher gesehen? Oder generell einen lachenden Aschenbeutel?
Plötzlich wird es hell und eine Känguruhand packt mich. Endlich, rufe ich. Würde ich rufen, wenn ich könnte. Wenn ich einen Mund hätte. Die Hand des Kängurus schmettert mich auf den Tisch, so hart, dass ich fast daran zerbrechen würde. Wenn ich nicht schon längst gebrochen wäre.
»Was eine merkwürdige Geschichte«, meint der braunhaarige, mittelgroßer junger Mann, als das Känguru ihn anblickt und schüttelt den Kopf. »Aschenbeutel im Kängurubecher. Als ob das jemand glauben würde«