ℋ steht für... ℋerzklopfen.
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Hastig schlägt das Herz in meiner Brust. Mir scheint es fast, als wolle es ausbrechen und ihm entgegeneilen. Eiligst schlucke ich an dem Kloß, der sich in meiner Kehle verfangen hat und sich ein Duell mit meinem Herzen liefert. Ein Wettkampf, wessen Pochen schneller und intensiver ist und mich noch mehr in den Wahnsinn zutreiben droht. Meine Finger sind eisig kalt, die Handflächen jedoch schwitzig. Ich erliege dem Versuch, sie an meiner Hose abzuwischen, lasse es jedoch bleiben.
Wir stehen einander gegenüber und das Einzige, was ich zuhören vermag, ist das Rauschen meines Blutes in den Ohren. Sollte er das Wort an mich richten, wäre ich wohl gezwungen, ihn um eine Wiederholung des Gesagten zu bitten. Meine Hoffnung schwindet, denn er öffnet die Lippen. Doch statt zu sprechen, heben sich seine Lippen zu einem kecken Grinsen.
Das Blau seiner Augen strahlt mit dem Himmel um die Wette, so leuchtend wie es ist. Sein blondes Haar scheint von der Sonne geküsst und fällt ihm lässig in die Stirn. Ich muss zu ihm aufsehen, mich beinahe auf Zehenspitzen stellen, denn die Jahre, die er fort war, haben ihn nicht nur äußerlich verändert. Der arme, einsame Junge scheint das genaue Gegenteil von mir zu sein.
Er ist lustig, bringt mich zum Lachen und weinen gleichermaßen. Trotz seines schweren Schicksals hat er etwas an sich, das vor Leben trotzt. Unbefangen, neugierig, hoffnungslos optimistisch, lebhaft, unkontrolliert, aufbrausend, zuversichtlich, treu...
Ich könnte wohl ewig weitere Attribute aufzählen, die ihn ausmachen, doch etwas, eine Bewegung, lässt mich innehalten. Wann war er mir so nahe gekommen? Ich habe es nicht bemerkt. Wieder holt mich das stetige Trommeln meines Herzens ins Hier und Jetzt zurück. Er streckt seine Hände nach mir aus, es gelingt ihm, meine Wangen zu berühren. Leicht und sacht wie eine Feder und dennoch spüre ich den sanften Druck seiner Fingerspitzen auf meiner Haut. Alles in mir scheint plötzlich von einer Wärme erfüllt zu sein, doch vermag ich nicht zu sagen, ob mir jene Empfindung willkommen ist.
„Du hast da ein bisschen Dreck, Hinata.“
Seine Worten lassen mich beinahe ins Bodenlose fallen. Verwirrung strömt, ähnlich des kochenden Blutes, durch meine Adern. Nervös versuche ich das Gehörte eiligst fortzublinzeln und schrecke zusammen, denn er streicht mir jenen Schmutz mit den Daumen von den nunmehr erhitzten Wangen. Das Atmen fällt mir schwer, denn noch nie habe ich so eng mit einem Jungen beieinander gestanden. Nicht einmal mit meinen Team-Kameraden und nun...?
Meine Konzentration sollte ganz bei meiner Atmung liegen, flach und entspannt, stattdessen gelingt es dem Pochen in meiner Brust selbst das Denken in die Flucht zu schlagen. Die Kehle beginnt zu brennen, denn jener Kloß musste sich bereits in versengende Lava gewandelt haben. Ich wage kaum, Luft in meine Lungen zu pressen und somit zu riskieren, mich zu räuspern. Gedanken, zuvor wild kreisend, weichen abrupt einer wohligen Leere und ich komme in den Genuss seiner Lippen, die sich auf meinen Mund legen.
Ein Traum, es muss sich um einen Traum handeln! Und doch kann ich die Wärme nicht leugnen, die sich durch meinen Körper windet. Beginnend bei den Zehen und sich allmählich empor schlängelnd, jedoch nicht langsam und qualvoll, nein. Rasant, flink und erbarmungslos fegt eine Welle der Emotionen über mich hinweg. Das Kribbeln in meinem Bauch, ich spüre es deutlich. Es nimmt mich für sich ein, mehr, als ich es hätte ahnen können. Jene wohligen Schauer, die mich jedes Mal ergreifen, sobald ich in seiner Nähe bin, werden stärker.
Mein Herz... es verfällt in einen Rhythmus, der mir fremd ist und einem stakkato ähnlichen Klopfen gleicht, und doch hoffe ich, dass ich ihn festhalten kann. Ich will ihn hüten, hegen und, wenn möglich, für immer behalten. Ich möchte nicht, dass es endet, aber das wärmende Gefühl schwindet viel zu schnell und zurück bleibt eine Kälte, die mich frieren lässt, mich ängstigt, auch wenn uns nur wenige Zentimeter trennen.
Viel zu nervös, viel zu aufgewühlt bin ich und weiß nicht, was ich sagen, oder tun kann. Stocksteif stehe ich vor ihm, balle meine Hände zu Fäusten und entkrampfe die starren Glieder wieder. Alles um mich herum scheint zu verschwimmen, doch erkenne ich nur ihn klar und deutlich vor mir.
Dann wendet er sich von mir ab, seine Finger liegen noch immer auf meinen heißen Wangen, doch sein Fokus ist auf das Spektakel hinter ihm gerichtet. Verwundert schaue ich an ihm vorbei und erhasche einen Blick auf Kiba, der breit grinsend die Hände in die Höhe reckt, um vermeintliche Nachsicht zu erbitten.
„Kiba!“, donnert Naruto, lässt von mir ab um auf den Störenfried loszustürmen. Ich verstehe im ersten Moment nicht, was er meint, doch dann folgt eine Salve von Worten, die Klärung schaffen. Mein Team-Kamerad war für meinen ersten Kuss verantwortlich. Ein leichter, aber schwungvoller Hieb seinerseits hatte dazu geführt, dass sich unsere Lippen trafen und ob nun gewollt, oder nicht, meine anfängliche Wut verraucht und zurück bleibt die Erinnerung, die ich ewig bewahren werde. Ein seufzender Laut entfährt meinen Lippen, als die Jungen beginnen, sich zu balgen. Ich schüttele den Kopf. Vorbei ist die Zweisamkeit, beendet ist die Verbindung, die ich mir so sehr wünsche. Getrennt ist das Band, von dem ich glaubte, es würde uns zusammenhalten.
„Haben wir euch gestört? Er ist manchmal ein ebensolcher Hitzkopf, wie Naruto, findest du nicht? In den zwei Jahren hat sich wohl keiner von ihnen verändert.“, ich zucke zusammen, als ich die Stimme Shinos neben mir ausmache. Mein Blick gibt ihm hoffentlich zu verstehen, dass mir ihre Anwesenheit missfällt, auch wenn ich Kiba insgeheim dankbar für seine kindliche Tat bin. Meinem anderen Kameraden allerdings bleibe ich eine Antwort schuldig, zucke stattdessen mit den Schultern und beobachte, wie sich die beiden jungen Männer in albernster Weise bekriegen.
„Hinata“, ich schrecke auf und bemerkte, dass das himmlische Blau seiner Augen auf mich gerichtet ist. Ich warte, harre den nächsten Worten, doch Naruto bleibt stumm. Sein Mund jedoch verzieht sich für einen kleinen, winzigen Moment zu einem ermutigenden Lächeln und ich erliege der Hoffnung, dass wir das Erlebte vielleicht irgendwann fortsetzen können.