Und als man Dirics Schwester Durana gefasst hatte, brachte man sie sogleich zu Foarez. Sie war ein schreckliches Weib, ihrem Bruder im allen ähnlich. Mit ihm war sie in den Kampf geritten, mit ihm hatte sie gemordet, gebrandschatzt und Männer, Frauen und Kinder leiden lassen. Doch über seinen Aufenthaltsort schwieg sie, sodass er sagte: „Götter und Menschen hat er mit seinen Taten beleidigt, der Himmel Zorn wird ihn niederwerfen, sein Geschlecht mit ihm vergehen und er sterben, so wie es das Gesetz verlangt. Für jede ermordete Priesterin wird er hunderte Tode im Gericht der Götter sterben, denn ich selbst kann ihn nur einmal töten.“
Sie aber sprach so wie es die Art der Tiakar ist, jede Autorität zu höhnen: „ Dein Götterglaube ist nicht der meine. Mein Bruder wird dich für seine Taten büßen lassen.“
Und man sperrte sie in den Hochtempel, wo sie alsbald in rechtmäßiger Strafe starb.
Aus die Geschichte des Lores, einem nur noch fragmentarisch überliefertem Geschichtswerk, niedergefasst unter der Herrschaft Gasaz'.
„Was ist passiert?“
Sural sprang auf, als er durch die Tür stolperte.
Schweigend starrte Melram auf seine Schwester herab, dann drängte er sich an ihr vorbei. „Nichts. Es ist nichts.“
Sie folgte ihm.
„Melram. Ist das Blut?“
Ihre Finger tasteten in seinem Gesicht, aber er nahm ihre Hand fort. Entsetzt starrte sie ihn an.
„Es geht mir gut“, erstickte er eine erneute Frage im Keim, auch wenn es eine Lüge war, „Wo sind die anderen?“
Er blickte sich in dem Wohnraum um. Der Bottich mit Waschwasser stand inmitten des Raumes, daneben lag ein Kleiderhaufen.
Die Tür des Hühnerstalls öffnete sich. Erleichtert atmete Melram aus. Seine Mutter und Sinal waren dort. Aber…
Er wandte sich zu Sural um. „Wo sind Hisiam und Niram? Es ist nicht sicher draußen. Ich habe euch doch gesagt, dass ihr hier bleiben sollt. Und wo ist Tivunam?“ Das Bild seines Bruders, verletzt in Lubiams Armen schoss ihm durch den Kopf.
„Melram!“ Sinal lief zu ihm und klammerte sich an seine Beine. „Was passiert da?“
„He.“ Er nahm sich die Zeit, hockte sich auf den Boden und schloss seine kleine Schwester in seine Arme. Sie war die Kleinste. Der Bauch seiner Mutter hatte sich eben erst gewölbt, als das Blut seines Vaters geflossen war. Nie hatte sie Iaram kennengelernt, sodass Melram es sich zu seiner Aufgabe gemacht hatte, das Wissen, was er als ältester Sohn erhalten hatte, an seine kleineren Geschwister weiterzugeben. Ihr Kopf drückte sich an seine Brust. „Es wird alles gut, ja?“, murmelte er und blinzelte die Tränen weg, die sich in seinen Augen ansammelten. Was hatte er nur getan? Wie sollte er seine Familie schützen, jetzt wo…Er dachte den Gedanken nicht zu Ende, sondern löste Sinal aus seinen Armen und richtete sich wieder auf.
„Wo sind sie?“, wiederholte er die Frage nach seinen Brüdern.
Er sah zu seiner Mutter. Wie erstarrt stand sie dar, den Blick in dem seinen verloren. „Genauso war es“, murmelte sie, „an dem Tag, als dein Vater starb.“ Ein Schauer lief Melram über den Rücken.
„Red nicht davon“, befahl er.
„Es waren Schreie auf den Straßen und sein Byeros war mit Blut befleckt. Es war…“
„Hör auf!“, schrie Melram.
Sie versteinerte.
Es war Sural, die an seine Seite trat und ihm sanft die Hand auf den Arm legte. Er zitterte.
„Hisiam ist kurz nach dir gegangen. Ich weiß nicht wohin. Tivunam wollte dir folgen und Niram ist zu Birassam hinüber. Vor wenigen Augenblicken erst. Er wollte herausfinden, was geschehen ist.“ Was für eine Respektperson war er nur, wenn noch nicht einmal seine Familie seine Anweisungen befolgte?
„Ich habe ihn angefleht, dass er nicht gehen soll.“ Remal schien nichts von ihrer Umgebung wahrzunehmen und Melram wusste, dass er sich nun nicht auf seine Mutter verlassen konnte.
Er trat von Sural fort und auf Remal zu.
„Das wird nicht erneut geschehen, Mutter“, flüsterte er leise und drückte ihre Hand, „Ich lasse es nicht zu.“
„Melram, was ist geschehen?“, wiederholte Sural ihre Frage. Eine Welle von Stolz über seine Schwester erfasste Melram. Es tat ihm leid, dass er sie auf dem Markt so angefahren hatte. Sie war es, die die Familie in diesem Moment zusammenhielt. Sie war es, die Siral an die Hand nahm und ihr tröstend über das Haar strich und ihre Mutter sanft auf einen Teppich niederdrückte. Nicht er. Nur sie. Er war nur ein Zuschauer, den die Geschehnisse überrollten. Es war nicht recht. Sie sollte doch noch ein Kind sein und ein Kind sein dürfen. Wo hatte er nicht genug aufgepasst, sodass ihr die Kindheit zu früh gestohlen worden war? Tief seufzte Melram, bevor er ihren Blick erwiderte.
„Ich weiß es nicht“, antwortete er leise, „Ich weiß nicht, was geschehen ist.“
„Es wird alles gut“, beschwor sie ihn in einer Mischung aus Frage und Aussage.
„Es wird alles gut.“ Er drückte die Hand, die sie ihm reichte und lächelte Sinal an, während in seinem Inneren die Bilder eines Toten seine Gedankten vereinnahmten.
Die Tür flog auf. Melram zuckte zusammen, schob Sural hinter sich und hob abwehrend die Fäuste. Sein Herz raste.
„Bist du wahnsinnig?“ Ankram erreichte ihn mit wenigen Schritten, packte ihn mit erstaunlicher Kraft am Byeros und zerrte ihn hoch. „Was hast du getan, verdammt.“
„Melram?“ Surals Stimme war angsterfüllt.
„Lass mich los“, knurrte er und sah dem Mann, der ihm ein Vater in dunklen Stunden gewesen war, an. Schon damals war Ankram alt gewesen. Doch immer noch schien er nichts von seiner Stärke eingebüßt zu haben.
Ankram hob die Hand und versetzte ihm eine Ohrfeige. Melrams Wange brannte.
„Erst wenn du wieder zur Vernunft gelangt bist, verdammter Narr.“ Hinter ihm waren Lubiam, Niram und Tivunam hineingekommen. Tivunam sah in an, eine Platzwunde auf der Stirn, aber lebend. Verwirrt blickte er seinen großen Bruder, der ihm immer ein so großes Vorbild gewesen war, an.
„Ich…“ Alle gespielte Stärke fiel von ihm ab. „Ich…Ich habe es nicht gewollt.“ Verzweifelt suchte er Ankrams Blick. „Es ist einfach geschehen.“ Er spürte die Augen der Menschen, die er liebte, auf sich ruhen. Er hatte sie enttäuscht, das wusste er. Sie lagen in seiner Verantwortung und er hatte sie alle in Gefahr gebracht.
Seine Mutter murmelte etwas von Tod und Verderben.
„Natürlich.“ Ankram schnaubte. „Du magst vieles sein, Melram. Aber du bist kein grausamer Mörder.“ Der Alte ließ ihn los, sodass Melram zurück stolperte. Tivunam fing ihn auf, obwohl er doch so viel älter war. Er löste sich aus den Armen seines Bruders, starrte zu Ankram und der Distanz, die sich zwischen ihnen aufgetan hatte. „Genauso wenig wie dein Vater es war.“
Sein Vater…Er hatte es ihm doch versprochen, oder? Für seine Geschwister und seine Mutter da zu sein. Und sie hatten all die Schattentage überlebt, irgendwie. Jetzt hatte er in einem Moment des Zorns alles fortgeworfen, was er sich aufgebaut hatte. Erst jetzt wurde ihm das bewusst.
„Was habe ich nur getan?“, murmelte er und legte die Hand vor seine Stirn, um seine Augen zu verbergen. „Was habe ich getan?“
„Hör zu, Melram.“ Lubiam trat vor, legte ihm die Hand auf die Schulter und sah ihn an. „Wir müssen jetzt schnell reagieren.“
„Eral hat dich gesehen“, meinte Ankram, „Sei froh, dass nur sie es war.“
„Ich habe sie nicht gesehen“, murmelte Melram und fragte sich, was er noch alles nicht gesehen hatte. Eral war nur ein Kind, ein Mädchen aus der Nachtbarschaft.
Ankram schnaubte. „Sei froh, dass es nur Eral war. Sie ist direkt zu mir gerannt und hat es mir erzählt. Aber wenn sie dich gesehen hat, können dich auch andere gesehen haben.“
Ankram war so erstaunlich. Eigentlich war er der Fürst dieser Stadt, zumindest der Fürst des Viertels. Ein Alter, dessen Gesicht von den Narben des Lebens gekennzeichnet war, den die Wunden hart haben werden lassen und der sich doch eine Güte bewahrt hat, die in dem Arbeiterviertel seinesgleichen sucht. Mit einem Mal überkam Melram die Hoffnung, dass er schon alles würde gut werden lassen. Er hatte ihn doch schon einmal gerettet.
Ankram schien seine Gedanken zu spüren.
Stumm schüttelte er den Kopf. Dieses Mal nicht, sagten seine Augen.
„Was ist überhaupt geschehen?“ Verzweifelt sah Sural zwischen den Männern hin und her. Noch immer hatte sie ihre kleine Schwester an der Hand, aber jetzt schien sie selbst eine Stütze zu benötigen. „Warum sagt mir denn niemand etwas?!“
„Dein Bruder hat getötet. Einen bösen Mann. So wie dein Vater.“ Die Stimme Remals war fest, mutig und voller Lebenswillen.
Melram drehte sich zu ihr um. Immer hatte er seine Mutter als eine Person gesehen, die er zu schützen hatte und jetzt erschien es ihm, als könne sie sich selbst schützen. Ihre Hände umfassten einen Speer, in dessen Holz Zeichen eingeritzt und um dessen Ende ein Band aus Federn geschlungen war. Es war der Speer seines Vaters. Seit seinem Tod hatte er unbenutzt in einer Truhe geruht.
Remals Haar mochte ergraut sein, aber ihre Augen strömten von Stolz über, als sie auf ihn zutrat.
„Ich wusste immer, dass du deines Vaters Sohn bist.“ Sie berührte ihn nicht, das brachte Unglück. Aber sie reichte ihm den Speer, das Vermächtnis ihres Ehemannes. Melrams Hände schlossen sich um das helle Holz, seine Finger ertasteten die Scharten, die Nutzung verursacht hatte. In seinem ursprünglichen Sinne war dieser Speer ein Werkzeug gewesen, Schmerz und Erinnerung hatten ihn zu einem Erbstück verkommen lassen.
„Danke Mutter“, entgegnete er mit rauer Stimme, weil er verstand, dass dies ihre Art war, auf Wiedersehen zu sagen.
Er drehte sich zu Ankram, Lubiam und seinen Geschwistern um.
„Was wird jetzt geschehen?“
„Die Ermordung von einem Priester ist kein Verbrechen, Melram“, erklärte Ankram ernst, „Es ist eine Kriegserklärung, die sich gegen die Vorherrschaft des Tempels richtet. Sie sind die Abgesandten, die Sprecher der Götter. Sie werden den Mörder um jeden Preis suchen wollen. Es ist eine Frage der Ehre.“
„Ich habe das alles nicht gewollt“, stöhnte er. Ihm waren die Tempel egal. Es war ihm nur um seine Familie gegangen – und Hiratja. Es ging ihm immer um Hiratja.
„Es ist gleichgültig, Melram. Es zählt nur das Resultat. Und das ist nun einmal ein toter Priester.“
„Wir können dich hier nicht schützen, Melram. Und deine Sippe wird keinen Mörder eines Priesters schützen“, bestätigte Lubiam die Worte seines Großvaters,
„Meine Sippe hat sich noch nie um mich gekümmert. Nicht nach dem Tod meines Vaters“, knurrte Melram.
„Aber wir.“ Ankram musterte ihn mürrisch.
Beschämt senkte Melram den Blick. „Ja“, entgegnete er schweren Herzens, „Ihr habt euch immer gekümmert.“
„Und als deine Sippe werden wir auch deine Familie schützen“, schwor Lubiam
„Wir werden deine Familie verbergen, auf sie achten.“
„Wie?“ Die Verzweiflung ließ Melram die Fäuste ballen. Es war Dummheit gewesen. Dummheit und Zorn.
Enkel und Großvater wechselten einen raschen Blick. „Bestechungen, möglicherweise verstecken wir sie.“
Melrams Herz pochte laut. Seine Familie…Und was war mit ihm? Wenn Lubiam und Ankram seine Familie schützten?
„Und was…?“
„Du musst sterben, Melram.“
Er zuckte zusammen, wie von selbst versteifte sein Körper sich und der Speer glitt durch die Luft in eine Abwehrposition.
„Wir sind nicht deine Feinde, Melram“, knurrte Ankram und drückte die Speerspitze einfach weg. Tatenlos ließ er es geschehen.
„Aber wir brauchen einen Toten, damit deine Familie ihren Frieden hat.“ Sollte er sich etwa für seine Familie opfern? Sein Blick fiel auf Sinal, auf Niram, Tivunam und Sural. Hatten sie es nicht verdient, ein Leben zu leben, ohne immer in seinem Schatten zu stehen? Aber wie sollten sie überleben, ohne ihn? Ohne ihn…Aber mit Lubiam und Ankram.
„In Ordnung“, entgegnete er schweren Herzens.
„Es wird nicht schwer sein, Melram“, erklärte Ankram, „Opfer der Volksjustiz sehen selten hübsch aus. Es sterben täglich Leute hier. Wir finden einen, der so ähnlich aussieht wie du und verhübschen sein Gesicht ein wenig.“
Wollte er etwa…?
„Ankram“, stellte er eine Frage, die er noch nie gefragt hatte, „Hast du getötet?“
Der Blick des väterlichen Freundes verdunkelte sich.
Er nickte. „Ja.“
Mehr fragte er nicht, wagte es nicht zu fragen.
Sein Blick wanderte zu Lubiam. Nur wenige Schattentage älter als er und schon so viel erwachsener und reifer. Ob er bereits getötet hatte? Schon jetzt wurde er als Nachfolger seines Großvaters behandelt, obwohl dieser noch lange nicht zu sterben schien.
„Und ich?“ Er war nur ein Kind. Die Umstände hatten ihm die Last eines Erwachsenen auferlegt und er hatte sie getragen, aber nie gelernt, sie auch zu meistern.
„Du musst ein Toter sein, Melram. Solange Anasah in der Stadt ist, musst du sie verlassen und dann müssen wir sehen, wie sich die Situation ändert. Aber Melram muss sterben. Es braucht eine neue Identität. Melram hat einen Priester ermordet, Melram darf nicht zurückkehren nach Kantigark.“
Jetzt, wo er endlich gehen sollte, wollte er nur noch hierbleiben. Die Abenteuer, in die er sich mit Hiratja hineingeträumt hatte, erschienen ihm nie ferner als jetzt, wo er die geliebte Heimat verlassen wollte. Es war nicht die Stadt. Es waren seine Familie und der Gedanke an Hiratja, die er nicht hatte befreien können.
Lubiam legte ihm die Hand auf die Schulter und dieses Mal schlug Melram sie nicht fort.
„Mach dir keine Sorgen um deine Familie, Melram. Wir sorgen für sie. Wir werden auch für Hiratja sorgen und sie befreien.“ Er lächelte. „Du solltest sie bei ihrem Volk erwarten. Dort bist du in Sicherheit. Niemand wird dich nach einem toten Priester fragen.“
„Ich wäre ein Gesetzloser“, entgegnete er ausdruckslos, aber sein Herz zerbrach.
„Das bist du bereits, Melram.“
Und endlich nickte er.
Die um den Speer geklammerten Finger wurden weiß.
Und sein Bruder kam herein.
Hisiam war ein Sturm, der alles aufwirbelte, was soeben im Stillschweigen geklärt zu sein schien. Er drängte sich zwischen Lubiam und Niram hindurch, ignorierte Tivunam, dessen Worte in seinem Gebrüll untergingen.
„Ist es wahr, Melram?“, schrie er, „Hast du es getan? Hast du einen Priester getötet?“
Er war zu müde, um den Vorwürfen seines Bruders etwas entgegenzusetzen.
„Ja“, entgegnete er.
Fassungslos schüttelte der Jüngere den Kopf. „Du hast es wirklich getan.“ Er legte den Kopf in den Nacken, sodass die blonden Locken über seinen Rücken flossen.
Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt. Hisiam hatte ja Recht. Und hatte er sich nicht geschworen, dass sein jüngerer Bruder nicht dasselbe erleiden sollte, wie er selbst?
„Du wirst Binal bekommen, Hisiam“, versprach er seinem Bruder, „Ich bin sicher, dass Ankram…“
„Du hast keine Ahnung, worum es geht. Das hattest du nie.“ Verletzt sah der Jüngere ihn an. „Es ging immer nur um deine tiakarische Hure.“
Das Ende des Speers krachte seinem Bruder auf die Schulter. „Nenn sie nie wieder so“, fauchte er.
Einen kurzen Moment zeigte sich Schmerz auf seinem Gesicht, dann war da nur noch der Zorn.
„Du bist es, der unsere Familie verlassen wird“, warf Hisiam ihm vor. „Nicht ich.“
„Hisiam!“, mischte Tivunam sich ein, „Hör auf damit.“
Sein Bruder verkniff sich eine Entgegnung, ohne ein weiteres Wort drängte er sich erneut zwischen seinen Brüdern hindurch. Kurz darauf war er fort.
„Dieser Junge.“ Ankram schüttelte den Kopf. Er schien besorgt zu sein. „Du musst jetzt gehen, Melram.“ Ob diese Aussage aufgrund den Worten seines Bruders oder einer allgemeinen Eile entsprang, konnte Melram nur erahnen.
„Jetzt?“
„Jetzt.“
Sural konnte Sinal nicht länger zurückhalten. Weinend klammerte sich das Mädchen um Melrams Beine. Wie viel hatte sie mitbekommen?
„Kommst du zurück?“, fragte sie.
Melram legte den Speer ab, löste ihre Arme aus ihrer Umklammerung und beugte sich zu ihr herab, sodass er in ihr Gesicht blicken konnte. „Ich verspreche es dir.“ Er hauchte ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Ich werde zurückkommen.“
Er hob den Blick und sah Lubiam auf.
„Passt auf sie auf.“
„Das tun wir“, versprach Lubiam feierlich.
Melram stand auf und nahm das Bündel, das seine Mutter ihm reichte. Er ertastete Kleidung, Werkzeug, Wasserschläuche. Vieles davon hatte einst seinem Vater gehört.
„Du schaffst das, Melram.“
Von Niram nahm er den Speer entgegen.
„Das werde ich“, erklärte er, auch wenn er sich selbst dessen nicht gewiss war.
Stumm schloss er jedes einzelne Mitglied seiner Familie in die Arme, flüsterte noch mehr Versprechungen und blinzelte die Tränen zurück.
„Komm.“ Ankram legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Lebt wohl“, wisperte er. Es war seine Schuld. Nun mussten er und seine Familie die Konsequenzen für den Tod eines Priesters tragen.
Die Tür schloss sich hinter ihm.