Vor dem ursprünglichen Erscheinen der Undinen in den Meeren Golarions, lebten in den Untiefen der inneren See Kreaturen, die den vorherrschenden Abolethen in ausgedehnten Kämpfen die Stirn boten. Immer wieder kam es zu kleineren Scharmützeln, bis die Abolethen hinterrücks und in großer Überzahl die Ortschaften der Nomandar überfielen. Die Verluste des Wasservolkes waren hoch und die Überlieferungen verblassten, als die Herren der Ozeane den Meeresboden tiefrot färbten und die Normandar töteten. Sollten welche überlebt haben, verhungerten sie oder erlagen ihren Verletzungen. Mit der Auslöschung kam die Zerstörung. Die Abolethen durchkämmten die See nach Heiligtümern und Ruhestätten, welche die Normandar zu Gunsten der Gottheit Gozreh erbauten und die nicht nur für Feierlichkeiten, sondern auch für das Leben nach dem Tode eine große Rolle in der Gesellschaft des Wasservolkes spielten. Nie wieder sollte dieser Gottheit unter Wasser gehuldigt werden und nie wieder das Zeichen des Blattes, von dessen Spitze ein Wassertropfen fiel, gesichtet werden. Die Abolthen sahen die Gottheit Gozreh als unwürdigen Eindringling an, den es aus dem Meer zu verbannen galt.
Mit dem Rückzug der Abolethen in den arkadischen Ozean ging dieser Teil der Geschichte langsam in Vergessenheit. Viele Schichten Sand, Schlamm und totes Getier legten sich über die einst prächtigen Städte und Dörfer der Nomandar.
Mit den ersten Sichtungen von neugierigen Wasserwesen erblühten and Land erneut Gerüchte über menschenartige Kreaturen, die bevorzugt im Wasser lebten. Ihre Augen blau, wie das Meer und von planktongrüner Hautfarbe am ganzen Körper. Mit Schwimmhäuten zwischen den Fingern und seltsamen, muschelartigen Ohren. Manche trugen angeblich gar eine Rückenflosse. Vieles davon mag Gewäsch aus der hintersten Hafenspelunke gewesen sein, aber es steckte auch in diesem Fall in jedem Gerücht ein Fünkchen Wahrheit. Denn in den Tiefen der inneren See bildeten sich erste Siedlungen der Mariden. Kreaturen von der Wasserebene, die sich nach neuen Heimen und Abenteuern umsahen. Viele dieser Wesen suchten eine Alternative zu Vialesk, einer in der Wasserebene auf einem enormen Granitblock erbaute Unterwasserstadt.
Zunächst erforschten nur einige Entdecker das umliegende Gewässer und berichteten daheim von ihren Erkenntnissen. Daraufhin folgten ihnen immer mehr Mariden auf die materielle Ebene in die innere See, um ihre Kiemen mit neuem Wasser zu füllen. Nicht nur neue Pflanzen- und Tierarten entdeckten sie, sondern auch Ruinen und Relikte aus längst vergangener Zeit. In Höhlen und Überhängen erkannten die sorgfältigen Forscher alte Inschriften und Steintafeln der Nomandar. Gelehrte waren verblüfft, dass sie die aquale Sprache teilten, ohne sich vorher begegnet zu sein. Ein Beben ging durch die Reihen der Gelehrten in Vialesk. Nachrichten überschlugen sich und Gerüchte von neuen Überlegungen zur Abstammung der Rassen auf Wasser- und materiellen Ebene verbreiteten sich und erreichten gar die kleinste maride Siedlung. Während es die einen kaum kümmerte und sie lieber ihren Tagewerken nachgingen, versanken vor allem die Gelehrten und Entdecker in nächtelange Diskussionen über die maride Herkunft. Letztlich verabschiedete das Konzil in Vialesk eine Schutzabsicht von verbleibenden Relikten und Ruinen der Nomandar. Eine Menge Abenteurer und magisch begabte Gelehrte meldeten sich zu freiwilligen Patroullien zwischen den Ruinen. Was einst gut funktionierte und erhöhte Sicherheit bot, entwickelte sich schnell zu erhöhten Plünderungsmeldungen und der Entstehung eines Schwarzmarktes für Nomandar-Antiquitäten. Das Konzil erhöhte die Strafen für Diebstahl und Handel mit Relikten der Nomandar. Letztlich kam man überein, dass regelmäßige Kontrollgänge nicht ausreichend waren.
Als Folge einer Mischung aus Respekt vor Vergangenem, der Ungewissheit, wie alles miteinander zusammenhing und dem Verantwortungsbewusstsein des Konzils, erschuf dieses die Maridenliga. Eine Vereinigung, die sich dem Wissen und dem Schutz der Nomandar verschrieb. Es gab nur eine einzige Voraussetzung für die Aufnahme: Die Entsagung jeglicher materieller Werte. Nur so konnte gleichzeitig die Unterbindung von Schwarzmärkten und ein brauchbarer Schutz der alten Ruinen und Tempel sichergestellt werden. Ganze Scharen von Abenteurern meldeten sich freiwillig und teilweise verschrieben sich ganz Familien dem Schutz der Vergangenheit. Allein der Gedanke daran, dass Rassen jenseits der Ebenengrenzen miteinander verbunden waren, setzte einen Rausch in den Köpfen der Mariden frei, der nicht einmal magisch oder göttlich zu erklären war. Die meisten Angehörigen der Maridenliga verschwanden mit großer Euphorie in den tiefen Ruinen, die teilweise hunderte Bewohner aufnehmen konnten.
Ein Versorgungsnetz bildete sich. Mariden überführten Waren und Lebensmittel von der Wasserebene in die größten Tempel, welche von dort aus weiter verteilt wurde, bis die kleinsten Stätten versorgt waren. Im Gegenzug erhielten sie Informationen von entdeckten Schriften und Überlieferungen, die nicht nur von Lebensart und Tradition der Nomandar erzählten, sondern auch von Kämpfen gegen die Abolethen und Sichtungen ihrer antiken Runenmagie. In der Hauptstadt nahm man diese Informationen dankend an. Nach einigen Jahrzehnten ebbte der Informationsfluss stark ab, da neue Informationen immer seltener wurden oder die noch vereinzelt gemachten Entdeckungen den Gelehrten von Vialesk kaum mehr als ein müdes Lächeln entlocken konnte. Informationen über die Nomandar gab es nun reichlich, sodass mit der Zeit ein eigener Flügel der hiesigen Stadtbibliothek für deren Sammlung eingerichtet wurde. Sicherlich waren die Erkenntnisse nicht vollständig, aber viele der innersten Orte waren gar nicht erst zugänglich und schon seit vielen Generationen verschüttet, von starken Unterwasserbiestern bevölkert, magisch versiegelt oder durch schlichte Einwirkung der Natur und dem Lauf der Zeit unkenntlich gemacht worden. In der Hauptstadt wurden Stimmen laut, dass man ohne Gegenleistung keine weiteren Waren schicken sollte. Einige hatten den ursprünglichen Sinn der Maridenliga vergessen (oder wollten diesen vergessen) und forderten die Auflösung dieser Einrichtung. Im Konzil entbrannte Streit über dieses Thema, aber die Befürworter der Liga waren in der Minderheit. Einige Jahre später erklärte die Regierung von Vialesk die Maridenliga für nichtig. Der Versorgungsapparat wurde abgebaut und letztlich wurde der Kontakt für die Mariden der materiellen Ebene zu Vialesk immer dünner und dünner, bis er letztlich gänzlich ausblieb. Vialesk war zu beschäftigt mit eigenen Problemen in der Wasserebene und ließ alle zurück, die sich nach über zwei Jahrhunderten der Forschung und Geschichtsschreibung eher mit den Nomandar identifizieren konnten, als mit dem eigenen Volk. Tausende blieben zurück. Natürlich war die alte Heimatstadt durch eine Ebenenreise erreichbar, aber für die meisten gab es schlicht keinen Anlass dazu. Sie waren jetzt Mariden der materiellen Ebene. Für sie war die Wasserebene gleichermaßen Geschichte, wie die Nomandar.
Man gab sich der Götterlehre hin. Gemeinschaften bildeten sich, die Gozreh verehrten und nach den Lehren handelten, welche die Nomandar ihnen hinterlassen hatten. Splittergruppen bildeten sich, welche die heiligen Texte der Nomandar unterschiedlich interpretieren. Es kam letztlich zum Streit. Viele der unterschiedlichen Auffassungen ließen sich nicht in Einklang bringen und so entfernten sich viele Gruppen voneinander. Nicht nur gesellschaftlich, sondern auch örtlich. Die innere See war groß genug für viele verschiedene Ansichten und so begaben sich viele Mariden auf die Reise. Mit der Distanz wuchsen die Gerüchte. Manche Stätten der Nomandar waren erneut verlassen und zogen Abenteurer an, die sich in die Tiefe wagten, um nach Schätzen und Artefakten zu suchen. Angeblich verkauften manche Meeresbewohner sogar Informationen über Lage und Zustand der Ruinen. Sehr zum Unmut derer, die stets bemüht waren, das Vermächtnis der Nomandar in Ehren zu halten – und damit auch ihr eigenes. Man kam überein, dass die Stätten und Heime dauerhaft bewacht werden mussten. Gelehrte stellten Nachforschungen an und entdeckten eine Art magische Falle, ähnlich einer Beschwörungsfalle, die Kreaturen aus einer Stasis befreien und sie über einen magisch aufgeladenen Jadestein kontrollieren ließ. Das einzige gesetzte Ziel der erweckten Kreaturen war es, die Eindringlinge zu vernichten, um anschließend wieder an ihren angestammten Platz zurückzukehren und erneut in Stase versetzt zu werden. Ein scheinbar simpler Mechanismus, der von Maridenmagiern ausgenutzt wurde, um die Tempel zu sichern.
Südlich von Hinji, tief in der inneren See, lag am Meeresgrund der Fuxtanka, ein alter Tempel der Nomandar. Äußerlich kaum noch als solcher zu erkennen, zeigte die Eingangsseite auf das offene Meer hinaus. Taucher mussten also bis zum Rand des Riffs schwimmen und zufällig den Eingang finden. Oder sich Informationen erkaufen und hoffen, dass diese korrekt waren. In Hinji gab es einen kleinen Schwarzmarkt für derartige Hinweise. Dort konnte aber niemand ahnen, wer diese Informationen übermittelte oder die Frage nach dem Wahrheitsgehalt beantworten. Dennoch erkaufte sich eine Gruppe von Abenteurern im Suff eine Information über ›Fuxtankas Abgrund‹. Was sich eher wie der Titel eines Leitfadens für die Teufelsanbetung las, entpuppte sich als Hinweis, wie man in diesen Tempel gelangen konnte. Also machte sich die Gruppe am nächsten oder übernächsten Morgen auf den Weg und segelte mit einem kleinen Boot auf die innere See hinaus. Als die im Buch beschriebene Felsformation am Horizont auftauchte, bereitete sich die Gruppe mit Tränken und Zaubern zur Wasseratmung auf den Tauchgang vor und sprang todesmutig über Bord. Die Kämpferin in der Ritterrüstung sank, wie von der tiefen See gezogen, ohne jedes Zutun in Richtung Meeresgrund, während die anderen hinterher ins Dunkel tauchten. Lichtzauber erhellten die Ausrüstung und machten sie von weitem sichtbar. Wie im Buch angekündigt und von einem Zauberwirker der Gruppe bestätigt, waren die Seiten magisch wasserdicht. So ließ sich bequem mittels der aufgezeichneten Karte der Eingang zum Tempel finden. Sie landeten gar nicht weit entfernt davon am Ende des Riffes mit Blick hinab in das tiefe, immer dunkler werdende Meer. Nach einiger Orientierung passierten sie den Eingang zum Tempel. Kein Licht fiel hier hinein und die Natur hatte das Gemäuer längst zurückerobert. Diverse Wasserpflanzen und moosartiges Gewächs überzog die Mauern bis zur Eingangshalle. Fast gänzlich in graue und grüne Farben gehüllt zeugte die Stätte von längst vergangenen Tagen. Die Gruppe ahnte nicht, was sie im Inneren erwartete und erforschte mutig einen Raum nach dem anderen.
Nach Stunden des Suchens und Umherirrens gelangte die Gruppe schließlich in einen großen Saal. An der Wand gegenüber der Eingangstür befand sich Gemäuer, in welchem sich in Aussparungen eingelassene mannshohe Statuen befanden. Sechs Stück. Zwischen jeweils drei Statuen befand sich eine massive Steintür. In der Mitte des Raumes stand ein schmales, schmuckloses Podest. Darauf lag ein Gegenstand, der fast gänzlich mit Algen überwuchert war. Die Gruppe war sich zunächst unsicher, wie diese Situation zu lösen sei. Einige machten sich an der Steintür zu schaffen und versuchten einen Mechanismus zu finden oder sie durch schieben zu öffnen, was sich unter Wasser als schwierig erwies. Die Anderen untersuchten die Statuen, fanden aber keine geheimen Fächer oder Hebel. Sie untersuchten den ganzen Raum, kamen aber dann überein, dass der offensichtlichste Gegenstand im Raum zum Erfolg führen könnte. Einem Zauberkundigen der Gruppe war bereits aufgefallen, dass starke Beschwörungsmagie auf dem Gegenstand lag, weshalb sie zunächst zögerten. Beschwörungsmagie in einem Verlies bedeutete selten etwas Gutes. Der nächstbeste berührte das Objekt auf dem Podest. Für einen Moment schien es unheimlich still zu werden, dann leuchtete das Objekt hellgrün auf und die dunklen, massigen Türen begannen sich langsam zu schließen, begleitet von einem dumpfen, mahlenden Geräusch. Das erregte die Aufmerksamkeit der Gruppe und sie versuchten, durch den immer kleiner werdenden Spalt zu entkommen, aber sie waren nicht schnell genug. Als die Recken sich umdrehten, blätterte von der letzten Statue eine dünne Steinschicht ab. Die anderen fünf wirkten bereits Zauber. Die Gruppe wurde plötzlich von einem Strudel ergriffen, der sie wild umherwirbelte. Es wurde dunkel und die sie konnten plötzlich nicht mehr Unterwasser atmen. Antimagische Felder durchzogen den Raum! Die Statuen wandten Bannmagie an, um den Eindringlingen Sicht und Luft zu nehmen. Dann flogen magische Geschosse umher und Lichtblitze durchzuckten den Raum. Ein gleißender Strahl zog sich quer durch den Raum. Kurz darauf wirbelte nur noch Asche eines Gruppenmitglieds im Strudel. Eine weiterer schmetterte mit voller Wucht gegen das Podest und trieb danach regungslos im Wasser. Je weniger der Gruppe noch übrig waren, desto schneller fielen sie. Alle, ohne Gegenwehr.
Der Strudel beruhigte sich, das Wasser färbte sich rot. Leichenteile wurden von den letzten Zügen der Wasserbewegungen umhergetragen. Der Stein auf dem Podest blieb völlig unberührt. Nichts hatte ihn zum Fallen oder Kippeln gebracht. Nach einiger Zeit verblasste das fahle Leuchten des Steins und die Wächter traten zurück auf ihre Posten, wo ihnen langsam wieder eine dünne Schicht aus Stein über den gesamten Körper wuchs.
Nur einen ließen sie zurück. Er trieb im Wasser und schaute sich um. Ihn verschonte die steinerne Haut. Ihm war bewusst, dass ein Ausstieg aus der Tempelwache gar nicht vorgesehen war. Eigentlich sollte er hierbleiben und den Ort gegen Eindringlinge und Plünderpack verteidigen. Er spürte plötzlich Durst und sein Magen knurrte. Etwas hatte die Verbindung zwischen ihm und dem Jadestein gekappt. Als die Statuen wieder gänzlich mit der unnatürlichen Haut überzogen waren, öffnete sich die Steintür wieder. Die Kreatur griff nach einem Stock, der durch die noch anhaltende Wasserbewegung an ihm vorüber trieb. Ein simpler Spazierstock, der sich für ihn aber wie der Griff nach einem Rettungsanker anfühlte. Der Wächter nahm wieder bewusst wahr, dass er im dunkeln sehen und im Wasser atmen konnte. Schwimmhäute zwischen seinen Fingern und Zehen ließen ihn erkennen, dass er sich im richtigen Element befand. Er war ein Anhänger Gozrehs. Einer vom Volk der Undinen. Einer, dessen Vorfahren vor Jahrhunderten in die materielle Ebene kamen, um als Mitglieder der Maridenliga die Vergangenheit der Nomandar zu schützen.
»Radahz Ixinti«, sagte er in den Raum hinein. Er sah sich kurz ungläubig um. Seine eigene Stimme war ihm nach so langer Zeit fremd geworden, sodass er glaubte, von jemandem angesprochen zu werden. Irgendwo in seinem Unterbewusstsein war sein Name noch verankert.
Für einen Moment sah er zu seinem Platz zurück, an dem er jahrzehntelang Wache hielt und auf Eindringlinge wartete. Für ihn fühlte es sich nicht an, als sei viel Zeit vergangen. Für seine Angehörigen drehte sich die Welt aber weiter, sodass er jetzt vermutlich allein in der Welt war. Ob es wohl noch andere der Ixinti-Familie gab? Vielleicht Nachfahren seiner Geschwister? Fragen, denen er auf den Grund gehen wollte.
Ihm kam auch der Gedanke, dass er sich nicht freiwillig für diesen Wächterdienst gemeldet hatte. An die Jadesteine wurden vor allem Aussätzige und Verbrecher gebunden. Mörder, Diebe, Brackwassersöhne. War er selbst ein Taugenichts? Die Erinnerungen dazu fehlten, waren gänzlich ausgeblasst oder flossen wie Fetzen eines vor langer Zeit erlebten Traums vor seinem geistigen Auge.
Seine schwarzen Haare trieben scheinbar schwerelos im Wasser. Die seegrüne Haut lag in Kontrast zu den eisblauen Augen. Er nahm sich ein umherwirbelndes Hemd und zog es sich über den nackten Oberkörper. Um seine Hüfte schlang sich eine lange, mehrfach aufgewickelte Kette, welche mit vielen Haken bestückt war. Die Kette bedeckte und befestigte den üppigen Lendenschurz. Typische Maridenkleidung. An einem der Haken hing sein gepriesenes Zauberbuch. Ein flaches, mit Eisen beschlagenes und mehrfach verschlossenes Buch. Die Blätter waren wasserdicht und die Seiten so dünn, dass derer tausend Stück in das Buch passten. Als Radahz seine Ausrüstung überprüfte, fiel ihm ein Brandmal an der Innenseite seines linken Handgelenks auf. In Aqual stand dort ›Vashar‹ geschrieben, was in Gemeinsprache übersetzt in etwa ›Wasserteufel‹ bedeutete. Irgendwoher kannte er diesen Begriff. Radahz erstarrte und blickte auf das Brandmal. Dann weiteten sich seine Augen. Ihm wurde schlagartig bewusst, dass er nicht einfach dort hinaus schwimmen konnte und ein neues Leben anfangen durfte.
Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen. Ursprünglich hing er dem Glauben an, dass ein Ungleichgewicht von Himmel und See zu unabsehbaren Katastrophen führen konnte. Es war daher wichtig, die guten Anhänger Gozrehs in Schach zu halten. Sie durften sich nicht derart vermehren, dass sie die Rituale der Seevetteln oder die Raubzüge der Tiefenriesen vollends unterbinden konnten. Als Wasserteufel war es seine Pflicht gegen seine eigenen Glaubensbrüder und -schwestern zu kämpfen. Die ›Rahaste‹ waren eine Glaubensgemeinschaft von Gozreh, die davon überzeugt waren, dass nur die Auslöschung der bösartigen See- und Luftkreaturen langfristig Frieden bringen konnte. Und dieses Ziel verfolgten sie mit allen nötigen Mitteln. Die Vashar sind dagegen der Meinung, dass etwas noch Gefährlicheres die Plätze derer einnehmen werde, die von den Rahaste getötet wurden – und seien es nur so profane Dinge wie Größenwahnsinn und Machtgier. Von bösartigen Kreaturen, die aus Rachegelüsten plötzlich an Land gingen einmal abgesehen.
Warum Radahz als Wasserteufel in diesen Tempel an den Jadestein gebunden wurde, war für ihn nicht klar erkennbar. Er sah noch einmal zurück und tauchte langsam in Richtung Ausgang. Überraschenderweise kannte er die innere Struktur des Tempels so gut, als hätte er dort jahrelang gelebt. Viele seiner Erinnerungen waren immer noch verblasst und alles, was nicht unmittelbar dem Schutz der Stätte diente, wurde durch den Jadestein unterdrückt und ging somit in Vergessenheit, was für Radahz eine schmerzliche Erkenntnis war. Er hoffte inständig, dass er auf seinen Reisen zu mehr Informationen gelangen und seine Bestimmung erfüllen konnte.